Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang. Beschreibungen
wie viel könnte ich Ihnen noch vom Schlosse und hundert andern Dingen schreiben,
die Ihnen neue Beweise von dem seinen Geschmack einer Fürstinn seyn würden, deren
Andenken den Künsten ewig heilig bleiben wird, wenn dergleichen in den Plan Ihres
Werkes gehörte!


IX.
Harbke
.
*)

Nicht allein dem Kenner sind der Garten und die Pflanzungen zu Harbke im
Magdeburgischen wegen der Mannigfaltigkeit und des Reichthums der darinn
befindlichen Seltenheiten des Pflanzenreichs schätzbar, sie vergnügen eben so durch
ihre Lage und Schönheiten den Liebhaber der blühenden lachenden Natur. Diese
Lage läßt auch noch beständig neue Verbesserungen erwarten, und sie wird solche so sehr
begünstigen, daß es nur des schaffenden Genies bedarf, um dessen schon vorhandene
Reize zu erhöhen.

Beym Eintritt in den Garten über eine Brücke des Wohnhauses, dessen Zim-
mer von dem jetzigen Besitzer geschmackvoll eingerichtet sind, herrscht für das Auge
reiche Aerndte.

Ein weiter offener Platz, den am Ende eine runde Einfassung von Strauchwerk
begränzet, ladet zuerst ein. Eine Einfassung, einfach in ihrer Erfindung, die beym
Eingange mit zwey Sphinxen und in der Mitte mit einer Urne gezieret werden soll,
indem schon itzt daran gearbeitet wird, und die das Ganze der Anlage erhebt, da hin-
ter ihr höheres Gebüsch, mit noch höheren Wipfeln hervorragende edle alte Lerchen-
bäume, und auf einer Anhöhe ein von Steinen erbauetes Lusthaus sich sehen lassen.
Der dieser Beschreibung beygefügte Kupferstich wird die reizende Aussicht deutlicher
machen, er zeigt zugleich, wie natürliche einfache Bearbeitung der Natur eigentlich
schöne Natur ist. Je mehr Gärten davon abweichen, desto eher ermüden sie und
verlieren ihren Reiz: hierinn liegt der Grund, weswegen jetzt alle Gärten mit Par-

terren,
*) [Spaltenumbruch] Ein sehr bekannter Landsitz nahe bey
Helmstädt, an der magdeburgischen Grän-
ze, jetzt dem Herrn Berghauptmann von
Veltheim zugehörig. Die Beschreibung
verdankt das Publikum dem Herrn Hof-
medicus dü Roi zu Braunschweig, einem
[Spaltenumbruch] unsrer berühmtesten Botaniker, der die
Pflanzungen verschiedene Jahre unter sei-
nen Augen gehabt, und darüber ein vor-
treffliches Werk von classischer Güte her-
ausgegeben hat.

Anhang. Beſchreibungen
wie viel koͤnnte ich Ihnen noch vom Schloſſe und hundert andern Dingen ſchreiben,
die Ihnen neue Beweiſe von dem ſeinen Geſchmack einer Fuͤrſtinn ſeyn wuͤrden, deren
Andenken den Kuͤnſten ewig heilig bleiben wird, wenn dergleichen in den Plan Ihres
Werkes gehoͤrte!


IX.
Harbke
.
*)

Nicht allein dem Kenner ſind der Garten und die Pflanzungen zu Harbke im
Magdeburgiſchen wegen der Mannigfaltigkeit und des Reichthums der darinn
befindlichen Seltenheiten des Pflanzenreichs ſchaͤtzbar, ſie vergnuͤgen eben ſo durch
ihre Lage und Schoͤnheiten den Liebhaber der bluͤhenden lachenden Natur. Dieſe
Lage laͤßt auch noch beſtaͤndig neue Verbeſſerungen erwarten, und ſie wird ſolche ſo ſehr
beguͤnſtigen, daß es nur des ſchaffenden Genies bedarf, um deſſen ſchon vorhandene
Reize zu erhoͤhen.

Beym Eintritt in den Garten uͤber eine Bruͤcke des Wohnhauſes, deſſen Zim-
mer von dem jetzigen Beſitzer geſchmackvoll eingerichtet ſind, herrſcht fuͤr das Auge
reiche Aerndte.

Ein weiter offener Platz, den am Ende eine runde Einfaſſung von Strauchwerk
begraͤnzet, ladet zuerſt ein. Eine Einfaſſung, einfach in ihrer Erfindung, die beym
Eingange mit zwey Sphinxen und in der Mitte mit einer Urne gezieret werden ſoll,
indem ſchon itzt daran gearbeitet wird, und die das Ganze der Anlage erhebt, da hin-
ter ihr hoͤheres Gebuͤſch, mit noch hoͤheren Wipfeln hervorragende edle alte Lerchen-
baͤume, und auf einer Anhoͤhe ein von Steinen erbauetes Luſthaus ſich ſehen laſſen.
Der dieſer Beſchreibung beygefuͤgte Kupferſtich wird die reizende Ausſicht deutlicher
machen, er zeigt zugleich, wie natuͤrliche einfache Bearbeitung der Natur eigentlich
ſchoͤne Natur iſt. Je mehr Gaͤrten davon abweichen, deſto eher ermuͤden ſie und
verlieren ihren Reiz: hierinn liegt der Grund, weswegen jetzt alle Gaͤrten mit Par-

terren,
*) [Spaltenumbruch] Ein ſehr bekannter Landſitz nahe bey
Helmſtaͤdt, an der magdeburgiſchen Graͤn-
ze, jetzt dem Herrn Berghauptmann von
Veltheim zugehoͤrig. Die Beſchreibung
verdankt das Publikum dem Herrn Hof-
medicus duͤ Roi zu Braunſchweig, einem
[Spaltenumbruch] unſrer beruͤhmteſten Botaniker, der die
Pflanzungen verſchiedene Jahre unter ſei-
nen Augen gehabt, und daruͤber ein vor-
treffliches Werk von claſſiſcher Guͤte her-
ausgegeben hat.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0244" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang. Be&#x017F;chreibungen</hi></fw><lb/>
wie viel ko&#x0364;nnte ich Ihnen noch vom Schlo&#x017F;&#x017F;e und hundert andern Dingen &#x017F;chreiben,<lb/>
die Ihnen neue Bewei&#x017F;e von dem &#x017F;einen Ge&#x017F;chmack einer Fu&#x0364;r&#x017F;tinn &#x017F;eyn wu&#x0364;rden, deren<lb/>
Andenken den Ku&#x0364;n&#x017F;ten ewig heilig bleiben wird, wenn dergleichen in den Plan Ihres<lb/>
Werkes geho&#x0364;rte!</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">IX.</hi><lb/>
Harbke</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)"><cb/>
Ein &#x017F;ehr bekannter Land&#x017F;itz nahe bey<lb/>
Helm&#x017F;ta&#x0364;dt, an der magdeburgi&#x017F;chen Gra&#x0364;n-<lb/>
ze, jetzt dem Herrn Berghauptmann von<lb/>
Veltheim zugeho&#x0364;rig. Die Be&#x017F;chreibung<lb/>
verdankt das Publikum dem Herrn Hof-<lb/>
medicus du&#x0364; Roi zu Braun&#x017F;chweig, einem<lb/><cb/>
un&#x017F;rer beru&#x0364;hmte&#x017F;ten Botaniker, der die<lb/>
Pflanzungen ver&#x017F;chiedene Jahre unter &#x017F;ei-<lb/>
nen Augen gehabt, und daru&#x0364;ber ein vor-<lb/>
treffliches Werk von cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Gu&#x0364;te her-<lb/>
ausgegeben hat.</note>
          </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">N</hi>icht allein dem Kenner &#x017F;ind der Garten und die Pflanzungen zu <hi rendition="#fr">Harbke</hi> im<lb/>
Magdeburgi&#x017F;chen wegen der Mannigfaltigkeit und des Reichthums der darinn<lb/>
befindlichen Seltenheiten des Pflanzenreichs &#x017F;cha&#x0364;tzbar, &#x017F;ie vergnu&#x0364;gen eben &#x017F;o durch<lb/>
ihre Lage und Scho&#x0364;nheiten den Liebhaber der blu&#x0364;henden lachenden Natur. Die&#x017F;e<lb/>
Lage la&#x0364;ßt auch noch be&#x017F;ta&#x0364;ndig neue Verbe&#x017F;&#x017F;erungen erwarten, und &#x017F;ie wird &#x017F;olche &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
begu&#x0364;n&#x017F;tigen, daß es nur des &#x017F;chaffenden Genies bedarf, um de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chon vorhandene<lb/>
Reize zu erho&#x0364;hen.</p><lb/>
          <p>Beym Eintritt in den Garten u&#x0364;ber eine Bru&#x0364;cke des Wohnhau&#x017F;es, de&#x017F;&#x017F;en Zim-<lb/>
mer von dem jetzigen Be&#x017F;itzer ge&#x017F;chmackvoll eingerichtet &#x017F;ind, herr&#x017F;cht fu&#x0364;r das Auge<lb/>
reiche Aerndte.</p><lb/>
          <p>Ein weiter offener Platz, den am Ende eine runde Einfa&#x017F;&#x017F;ung von Strauchwerk<lb/>
begra&#x0364;nzet, ladet zuer&#x017F;t ein. Eine Einfa&#x017F;&#x017F;ung, einfach in ihrer Erfindung, die beym<lb/>
Eingange mit zwey Sphinxen und in der Mitte mit einer Urne gezieret werden &#x017F;oll,<lb/>
indem &#x017F;chon itzt daran gearbeitet wird, und die das Ganze der Anlage erhebt, da hin-<lb/>
ter ihr ho&#x0364;heres Gebu&#x0364;&#x017F;ch, mit noch ho&#x0364;heren Wipfeln hervorragende edle alte Lerchen-<lb/>
ba&#x0364;ume, und auf einer Anho&#x0364;he ein von Steinen erbauetes <choice><sic>Lufthaus</sic><corr>Lu&#x017F;thaus</corr></choice> &#x017F;ich &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Der die&#x017F;er Be&#x017F;chreibung beygefu&#x0364;gte Kupfer&#x017F;tich wird die reizende Aus&#x017F;icht deutlicher<lb/>
machen, er zeigt zugleich, wie natu&#x0364;rliche einfache Bearbeitung der Natur eigentlich<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Natur i&#x017F;t. Je mehr Ga&#x0364;rten davon abweichen, de&#x017F;to eher ermu&#x0364;den &#x017F;ie und<lb/>
verlieren ihren Reiz: hierinn liegt der Grund, weswegen jetzt alle Ga&#x0364;rten mit Par-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">terren,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0244] Anhang. Beſchreibungen wie viel koͤnnte ich Ihnen noch vom Schloſſe und hundert andern Dingen ſchreiben, die Ihnen neue Beweiſe von dem ſeinen Geſchmack einer Fuͤrſtinn ſeyn wuͤrden, deren Andenken den Kuͤnſten ewig heilig bleiben wird, wenn dergleichen in den Plan Ihres Werkes gehoͤrte! IX. Harbke. *) Nicht allein dem Kenner ſind der Garten und die Pflanzungen zu Harbke im Magdeburgiſchen wegen der Mannigfaltigkeit und des Reichthums der darinn befindlichen Seltenheiten des Pflanzenreichs ſchaͤtzbar, ſie vergnuͤgen eben ſo durch ihre Lage und Schoͤnheiten den Liebhaber der bluͤhenden lachenden Natur. Dieſe Lage laͤßt auch noch beſtaͤndig neue Verbeſſerungen erwarten, und ſie wird ſolche ſo ſehr beguͤnſtigen, daß es nur des ſchaffenden Genies bedarf, um deſſen ſchon vorhandene Reize zu erhoͤhen. Beym Eintritt in den Garten uͤber eine Bruͤcke des Wohnhauſes, deſſen Zim- mer von dem jetzigen Beſitzer geſchmackvoll eingerichtet ſind, herrſcht fuͤr das Auge reiche Aerndte. Ein weiter offener Platz, den am Ende eine runde Einfaſſung von Strauchwerk begraͤnzet, ladet zuerſt ein. Eine Einfaſſung, einfach in ihrer Erfindung, die beym Eingange mit zwey Sphinxen und in der Mitte mit einer Urne gezieret werden ſoll, indem ſchon itzt daran gearbeitet wird, und die das Ganze der Anlage erhebt, da hin- ter ihr hoͤheres Gebuͤſch, mit noch hoͤheren Wipfeln hervorragende edle alte Lerchen- baͤume, und auf einer Anhoͤhe ein von Steinen erbauetes Luſthaus ſich ſehen laſſen. Der dieſer Beſchreibung beygefuͤgte Kupferſtich wird die reizende Ausſicht deutlicher machen, er zeigt zugleich, wie natuͤrliche einfache Bearbeitung der Natur eigentlich ſchoͤne Natur iſt. Je mehr Gaͤrten davon abweichen, deſto eher ermuͤden ſie und verlieren ihren Reiz: hierinn liegt der Grund, weswegen jetzt alle Gaͤrten mit Par- terren, *) Ein ſehr bekannter Landſitz nahe bey Helmſtaͤdt, an der magdeburgiſchen Graͤn- ze, jetzt dem Herrn Berghauptmann von Veltheim zugehoͤrig. Die Beſchreibung verdankt das Publikum dem Herrn Hof- medicus duͤ Roi zu Braunſchweig, einem unſrer beruͤhmteſten Botaniker, der die Pflanzungen verſchiedene Jahre unter ſei- nen Augen gehabt, und daruͤber ein vor- treffliches Werk von claſſiſcher Guͤte her- ausgegeben hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/244
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/244>, abgerufen am 28.03.2024.