Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite
nach dem Charakter der Gegenden.

So wie man vorwärts geht, wechselt auch der Prospect ab. Links zeigt sich eine
feine Reihe angebaueter Hügel, und das gothische Wirthschaftsbaus giebt der gan-
zen Gegend eine Zierde. Indem man in das Thal hinabgeht, liegt der Flecken und
der Thurm von Staindrop sehr malerisch zwischen den Bäumen. Noch tiefer geht
der Weg durch den Wald, und das Wohngebäude erhebt sich prächtig über den wal-
digten Vorgrund. Wenn man hier queer über die freye Ebene bis zur untern Ter-
rasse geht, sieht man schön angelegte Gründe, die man bisher noch nicht wahrgenom-
men hat.

Ueberhaupt hat Young nirgends Anpflanzungen mit so vielem Geschmack ange-
legt gefunden. Die natürliche Ungleichheit des Bodens ist meisterhaft genutzt, und
ein mäßiger Umfang ist so künstlich eingetheilt, daß er dem Auge weit größer zu seyn
scheint. Nichts kann schöner seyn, als der große, freye, grüne Rasen, der sich über
die Hügel und zwischen der Waldung ausbreitet, an einigen Stellen in den Wald hin-
eingeht, und an andern wieder unvermuthet hervorkommt.

f.
Hestercomb.

Der Park zu Hestercomb nicht weit von Bridgewater besteht aus einem ein-
samen Thal, das viel Holz und an manchen Stellen ein wildes Ansehen hat. Der
Geschmack, womit es angelegt ist, macht dem Besitzer, Herrn Bampfield, Ehre.
Rings umher läuft ein Weg längst den Seiten der Hügel hin; an manchen Stellen
zieht er sich in einen entfernten Grund, und erhebt sich daraus wieder auf Anhöhen,
wovon man die Aussicht über einen weiten Umfang von Ländereyen hat. Das Wasser,
das sonst fehlte, ist aus hochliegenden Gegenden hergeführt, und in verschiedene For-
men gebracht. Die Gehölze sind mit so vieler Wahl und Einsicht angelegt, daß der
Platz weit größer scheint, als er wirklich ist.

Vom Hause führt der Weg erst hinter einen dicken Wald an ein sich sanft senken-
des Thal zu einer artig liegenden Bank. An einem steilen Abgrund liegt ein kleiner
See, mit einem Amphitheater von überhängenden Bäumen umgeben, und hin und
wieder brechen schmale Streifen des schönsten Grüns zwischen dem dunkeln Wald her-
vor. Eine erhaben liegende und vom Schatten der Bäume halbverdunkelte Höhle,
und ein kleiner zwischen Moos und dicken Gebüschen hervorbrechender Wasserfall,
stellen eine angenehme Scene dar. In der Höhe steht an der Spitze eines hervorra-
genden Hügels eine Einsiedlerwohnung, von der man alle tiefliegende Gegenstände
übersieht. Die größte Abwechselung ist hier auf eine angenehme Art verbunden.

Indem
IV Band. K
nach dem Charakter der Gegenden.

So wie man vorwaͤrts geht, wechſelt auch der Proſpect ab. Links zeigt ſich eine
feine Reihe angebaueter Huͤgel, und das gothiſche Wirthſchaftsbaus giebt der gan-
zen Gegend eine Zierde. Indem man in das Thal hinabgeht, liegt der Flecken und
der Thurm von Staindrop ſehr maleriſch zwiſchen den Baͤumen. Noch tiefer geht
der Weg durch den Wald, und das Wohngebaͤude erhebt ſich praͤchtig uͤber den wal-
digten Vorgrund. Wenn man hier queer uͤber die freye Ebene bis zur untern Ter-
raſſe geht, ſieht man ſchoͤn angelegte Gruͤnde, die man bisher noch nicht wahrgenom-
men hat.

Ueberhaupt hat Young nirgends Anpflanzungen mit ſo vielem Geſchmack ange-
legt gefunden. Die natuͤrliche Ungleichheit des Bodens iſt meiſterhaft genutzt, und
ein maͤßiger Umfang iſt ſo kuͤnſtlich eingetheilt, daß er dem Auge weit groͤßer zu ſeyn
ſcheint. Nichts kann ſchoͤner ſeyn, als der große, freye, gruͤne Raſen, der ſich uͤber
die Huͤgel und zwiſchen der Waldung ausbreitet, an einigen Stellen in den Wald hin-
eingeht, und an andern wieder unvermuthet hervorkommt.

f.
Heſtercomb.

Der Park zu Heſtercomb nicht weit von Bridgewater beſteht aus einem ein-
ſamen Thal, das viel Holz und an manchen Stellen ein wildes Anſehen hat. Der
Geſchmack, womit es angelegt iſt, macht dem Beſitzer, Herrn Bampfield, Ehre.
Rings umher laͤuft ein Weg laͤngſt den Seiten der Huͤgel hin; an manchen Stellen
zieht er ſich in einen entfernten Grund, und erhebt ſich daraus wieder auf Anhoͤhen,
wovon man die Ausſicht uͤber einen weiten Umfang von Laͤndereyen hat. Das Waſſer,
das ſonſt fehlte, iſt aus hochliegenden Gegenden hergefuͤhrt, und in verſchiedene For-
men gebracht. Die Gehoͤlze ſind mit ſo vieler Wahl und Einſicht angelegt, daß der
Platz weit groͤßer ſcheint, als er wirklich iſt.

Vom Hauſe fuͤhrt der Weg erſt hinter einen dicken Wald an ein ſich ſanft ſenken-
des Thal zu einer artig liegenden Bank. An einem ſteilen Abgrund liegt ein kleiner
See, mit einem Amphitheater von uͤberhaͤngenden Baͤumen umgeben, und hin und
wieder brechen ſchmale Streifen des ſchoͤnſten Gruͤns zwiſchen dem dunkeln Wald her-
vor. Eine erhaben liegende und vom Schatten der Baͤume halbverdunkelte Hoͤhle,
und ein kleiner zwiſchen Moos und dicken Gebuͤſchen hervorbrechender Waſſerfall,
ſtellen eine angenehme Scene dar. In der Hoͤhe ſteht an der Spitze eines hervorra-
genden Huͤgels eine Einſiedlerwohnung, von der man alle tiefliegende Gegenſtaͤnde
uͤberſieht. Die groͤßte Abwechſelung iſt hier auf eine angenehme Art verbunden.

Indem
IV Band. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <pb facs="#f0077" n="73"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">nach dem Charakter der Gegenden.</hi> </fw><lb/>
              <p>So wie man vorwa&#x0364;rts geht, wech&#x017F;elt auch der Pro&#x017F;pect ab. Links zeigt &#x017F;ich eine<lb/>
feine Reihe angebaueter Hu&#x0364;gel, und das <hi rendition="#fr">gothi&#x017F;che</hi> Wirth&#x017F;chaftsbaus giebt der gan-<lb/>
zen Gegend eine Zierde. Indem man in das Thal hinabgeht, liegt der Flecken und<lb/>
der Thurm von <hi rendition="#fr">Staindrop</hi> &#x017F;ehr maleri&#x017F;ch zwi&#x017F;chen den Ba&#x0364;umen. Noch tiefer geht<lb/>
der Weg durch den Wald, und das Wohngeba&#x0364;ude erhebt &#x017F;ich pra&#x0364;chtig u&#x0364;ber den wal-<lb/>
digten Vorgrund. Wenn man hier queer u&#x0364;ber die freye Ebene bis zur untern Ter-<lb/>
ra&#x017F;&#x017F;e geht, &#x017F;ieht man &#x017F;cho&#x0364;n angelegte Gru&#x0364;nde, die man bisher noch nicht wahrgenom-<lb/>
men hat.</p><lb/>
              <p>Ueberhaupt hat <hi rendition="#fr">Young</hi> nirgends Anpflanzungen mit &#x017F;o vielem Ge&#x017F;chmack ange-<lb/>
legt gefunden. Die natu&#x0364;rliche Ungleichheit des Bodens i&#x017F;t mei&#x017F;terhaft genutzt, und<lb/>
ein ma&#x0364;ßiger Umfang i&#x017F;t &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tlich eingetheilt, daß er dem Auge weit gro&#x0364;ßer zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheint. Nichts kann &#x017F;cho&#x0364;ner &#x017F;eyn, als der große, freye, gru&#x0364;ne Ra&#x017F;en, der &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
die Hu&#x0364;gel und zwi&#x017F;chen der Waldung ausbreitet, an einigen Stellen in den Wald hin-<lb/>
eingeht, und an andern wieder unvermuthet hervorkommt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="5">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">f.</hi><lb/><hi rendition="#g">He&#x017F;tercomb</hi>.</hi> </head><lb/>
              <p>Der Park zu <hi rendition="#fr">He&#x017F;tercomb</hi> nicht weit von <hi rendition="#fr">Bridgewater</hi> be&#x017F;teht aus einem ein-<lb/>
&#x017F;amen Thal, das viel Holz und an manchen Stellen ein wildes An&#x017F;ehen hat. Der<lb/>
Ge&#x017F;chmack, womit es angelegt i&#x017F;t, macht dem Be&#x017F;itzer, Herrn <hi rendition="#fr">Bampfield</hi>, Ehre.<lb/>
Rings umher la&#x0364;uft ein Weg la&#x0364;ng&#x017F;t den Seiten der Hu&#x0364;gel hin; an manchen Stellen<lb/>
zieht er &#x017F;ich in einen entfernten Grund, und erhebt &#x017F;ich daraus wieder auf Anho&#x0364;hen,<lb/>
wovon man die Aus&#x017F;icht u&#x0364;ber einen weiten Umfang von La&#x0364;ndereyen hat. Das Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
das &#x017F;on&#x017F;t fehlte, i&#x017F;t aus hochliegenden Gegenden hergefu&#x0364;hrt, und in ver&#x017F;chiedene For-<lb/>
men gebracht. Die Geho&#x0364;lze &#x017F;ind mit &#x017F;o vieler Wahl und Ein&#x017F;icht angelegt, daß der<lb/>
Platz weit gro&#x0364;ßer &#x017F;cheint, als er wirklich i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Vom Hau&#x017F;e fu&#x0364;hrt der Weg er&#x017F;t hinter einen dicken Wald an ein &#x017F;ich &#x017F;anft &#x017F;enken-<lb/>
des Thal zu einer artig liegenden Bank. An einem &#x017F;teilen Abgrund liegt ein kleiner<lb/>
See, mit einem Amphitheater von u&#x0364;berha&#x0364;ngenden Ba&#x0364;umen umgeben, und hin und<lb/>
wieder brechen &#x017F;chmale Streifen des &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Gru&#x0364;ns zwi&#x017F;chen dem dunkeln Wald her-<lb/>
vor. Eine erhaben liegende und vom Schatten der Ba&#x0364;ume halbverdunkelte Ho&#x0364;hle,<lb/>
und ein kleiner zwi&#x017F;chen Moos und dicken Gebu&#x0364;&#x017F;chen hervorbrechender Wa&#x017F;&#x017F;erfall,<lb/>
&#x017F;tellen eine angenehme Scene dar. In der Ho&#x0364;he &#x017F;teht an der Spitze eines hervorra-<lb/>
genden Hu&#x0364;gels eine Ein&#x017F;iedlerwohnung, von der man alle tiefliegende Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;ieht. Die gro&#x0364;ßte Abwech&#x017F;elung i&#x017F;t hier auf eine angenehme Art verbunden.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">IV</hi><hi rendition="#fr">Band.</hi> K</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Indem</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0077] nach dem Charakter der Gegenden. So wie man vorwaͤrts geht, wechſelt auch der Proſpect ab. Links zeigt ſich eine feine Reihe angebaueter Huͤgel, und das gothiſche Wirthſchaftsbaus giebt der gan- zen Gegend eine Zierde. Indem man in das Thal hinabgeht, liegt der Flecken und der Thurm von Staindrop ſehr maleriſch zwiſchen den Baͤumen. Noch tiefer geht der Weg durch den Wald, und das Wohngebaͤude erhebt ſich praͤchtig uͤber den wal- digten Vorgrund. Wenn man hier queer uͤber die freye Ebene bis zur untern Ter- raſſe geht, ſieht man ſchoͤn angelegte Gruͤnde, die man bisher noch nicht wahrgenom- men hat. Ueberhaupt hat Young nirgends Anpflanzungen mit ſo vielem Geſchmack ange- legt gefunden. Die natuͤrliche Ungleichheit des Bodens iſt meiſterhaft genutzt, und ein maͤßiger Umfang iſt ſo kuͤnſtlich eingetheilt, daß er dem Auge weit groͤßer zu ſeyn ſcheint. Nichts kann ſchoͤner ſeyn, als der große, freye, gruͤne Raſen, der ſich uͤber die Huͤgel und zwiſchen der Waldung ausbreitet, an einigen Stellen in den Wald hin- eingeht, und an andern wieder unvermuthet hervorkommt. f. Heſtercomb. Der Park zu Heſtercomb nicht weit von Bridgewater beſteht aus einem ein- ſamen Thal, das viel Holz und an manchen Stellen ein wildes Anſehen hat. Der Geſchmack, womit es angelegt iſt, macht dem Beſitzer, Herrn Bampfield, Ehre. Rings umher laͤuft ein Weg laͤngſt den Seiten der Huͤgel hin; an manchen Stellen zieht er ſich in einen entfernten Grund, und erhebt ſich daraus wieder auf Anhoͤhen, wovon man die Ausſicht uͤber einen weiten Umfang von Laͤndereyen hat. Das Waſſer, das ſonſt fehlte, iſt aus hochliegenden Gegenden hergefuͤhrt, und in verſchiedene For- men gebracht. Die Gehoͤlze ſind mit ſo vieler Wahl und Einſicht angelegt, daß der Platz weit groͤßer ſcheint, als er wirklich iſt. Vom Hauſe fuͤhrt der Weg erſt hinter einen dicken Wald an ein ſich ſanft ſenken- des Thal zu einer artig liegenden Bank. An einem ſteilen Abgrund liegt ein kleiner See, mit einem Amphitheater von uͤberhaͤngenden Baͤumen umgeben, und hin und wieder brechen ſchmale Streifen des ſchoͤnſten Gruͤns zwiſchen dem dunkeln Wald her- vor. Eine erhaben liegende und vom Schatten der Baͤume halbverdunkelte Hoͤhle, und ein kleiner zwiſchen Moos und dicken Gebuͤſchen hervorbrechender Waſſerfall, ſtellen eine angenehme Scene dar. In der Hoͤhe ſteht an der Spitze eines hervorra- genden Huͤgels eine Einſiedlerwohnung, von der man alle tiefliegende Gegenſtaͤnde uͤberſieht. Die groͤßte Abwechſelung iſt hier auf eine angenehme Art verbunden. Indem IV Band. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/77
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/77>, abgerufen am 19.04.2024.