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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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nach dem verschiedenen Charakter ihrer Besitzer.
durch einen angenehmen Wald von Eichen ins Thal zur Trent hinab, und lenket
sich wieder auf einen mit Holz besetzten Felsen, der unter das Sonderbarste in dieser
Gegend gehört. Der Fluß hat nirgends ein so romantisches Ufer. Die Felsen ste-
hen ziemlich hoch und senkrecht; an einigen Stellen hängen die Bäume von den Spi-
tzen auf eine etwas fürchterliche Art herab, und überschatten das Wasser. Der Gang
läuft vom Rande dieses Abgrundes fort, und man sieht auf eine malerische Weise
durch die Bäume auf den unten sich fortkrümmenden Fluß hinab. Hin und wieder
sind natürliche Durchsichten durch die Bäume, wodurch man die Landschaft mit den
darinn abwechselnd liegenden Dörfern erblickt. Der Gang läuft längs diesem jähen
Abhange, und durch ein Thal fort, dessen Ende mit dicker Waldung besetzt ist. Man
steigt darauf einen steilen Hügel ohne Felsen hinan, der dick genug bepflanzt ist, um
den Anblick des Wassers so lange zu verbergen, bis man die Spitze erreicht, und aus
dem Schatten in einen Tempel tritt, wo einer der herrlichsten Prospecte auf einmal
hervorbricht. In einer großen Tiefe sieht man die Trent sich in kühnen Wendun-
gen durch das Thal krümmen, das aus eingezäunten Wiesen von dem schönsten Grün
besteht. Zur Linken läuft sie nach einem Dorfe, aus dessen Mitte sich eine weiße
Kirche erhebt, und hinter den Häusern schleicht sie sich wieder durch Umzäunungen
von Hecken und einzelnen Bäumen fort. Hinterwärts erblickt man den vorher ge-
dachten Felsen, und geht durch verschiedene mit einander verbundene Pflanzungen
zurück.

Sandbec. *)

Dieser Park ist mit großem Geschmack angelegt. Ein mit Wasser versehenes
Thal ist mit verschiedenen Abhängen umgeben, die sich sanft senken und oben mit einem
dicken Walde bepflanzt sind. Rings herum geht ein mit Kies befahrner Weg durch
ein großes Rasenstück, das durch die neuen Anpflanzungen viele Abwechselungen be-
kommen hat. An einigen Orten stehen die Bäume in Klumpen, an andern einzeln
zerstreut. Die Schattirungen sind durch die Pflanzung der Bäume am rechten Ort
abwechselnd und mit Geschmack angebracht. An einigen Stellen zeigt sich das Was-
ser in breiten Flächen, an andern wird es durch die sich hineinstreckenden Rasenstücke
unterbrochen, und dadurch scheinen Flüsse nach verschiedenen Richtungen zu entste-
hen. Kleine Meerbusen verlieren sich zuletzt in den Wald. Zuweilen ist das Ufer mit
einzelnen Bäumen besetzt, durch deren Zweige man das Wasser sieht; zuweilen stehen
sie so dick, daß sie einen schwarzen Schatten auf das Wasser werfen; mit einem Worte,
man übersieht ein schönes mit Bäumen besetztes Ufer.

Der
*) In Yorkshire. Das Landhaus steht im 4ten B. S. 13.
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nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
durch einen angenehmen Wald von Eichen ins Thal zur Trent hinab, und lenket
ſich wieder auf einen mit Holz beſetzten Felſen, der unter das Sonderbarſte in dieſer
Gegend gehoͤrt. Der Fluß hat nirgends ein ſo romantiſches Ufer. Die Felſen ſte-
hen ziemlich hoch und ſenkrecht; an einigen Stellen haͤngen die Baͤume von den Spi-
tzen auf eine etwas fuͤrchterliche Art herab, und uͤberſchatten das Waſſer. Der Gang
laͤuft vom Rande dieſes Abgrundes fort, und man ſieht auf eine maleriſche Weiſe
durch die Baͤume auf den unten ſich fortkruͤmmenden Fluß hinab. Hin und wieder
ſind natuͤrliche Durchſichten durch die Baͤume, wodurch man die Landſchaft mit den
darinn abwechſelnd liegenden Doͤrfern erblickt. Der Gang laͤuft laͤngs dieſem jaͤhen
Abhange, und durch ein Thal fort, deſſen Ende mit dicker Waldung beſetzt iſt. Man
ſteigt darauf einen ſteilen Huͤgel ohne Felſen hinan, der dick genug bepflanzt iſt, um
den Anblick des Waſſers ſo lange zu verbergen, bis man die Spitze erreicht, und aus
dem Schatten in einen Tempel tritt, wo einer der herrlichſten Proſpecte auf einmal
hervorbricht. In einer großen Tiefe ſieht man die Trent ſich in kuͤhnen Wendun-
gen durch das Thal kruͤmmen, das aus eingezaͤunten Wieſen von dem ſchoͤnſten Gruͤn
beſteht. Zur Linken laͤuft ſie nach einem Dorfe, aus deſſen Mitte ſich eine weiße
Kirche erhebt, und hinter den Haͤuſern ſchleicht ſie ſich wieder durch Umzaͤunungen
von Hecken und einzelnen Baͤumen fort. Hinterwaͤrts erblickt man den vorher ge-
dachten Felſen, und geht durch verſchiedene mit einander verbundene Pflanzungen
zuruͤck.

Sandbec. *)

Dieſer Park iſt mit großem Geſchmack angelegt. Ein mit Waſſer verſehenes
Thal iſt mit verſchiedenen Abhaͤngen umgeben, die ſich ſanft ſenken und oben mit einem
dicken Walde bepflanzt ſind. Rings herum geht ein mit Kies befahrner Weg durch
ein großes Raſenſtuͤck, das durch die neuen Anpflanzungen viele Abwechſelungen be-
kommen hat. An einigen Orten ſtehen die Baͤume in Klumpen, an andern einzeln
zerſtreut. Die Schattirungen ſind durch die Pflanzung der Baͤume am rechten Ort
abwechſelnd und mit Geſchmack angebracht. An einigen Stellen zeigt ſich das Waſ-
ſer in breiten Flaͤchen, an andern wird es durch die ſich hineinſtreckenden Raſenſtuͤcke
unterbrochen, und dadurch ſcheinen Fluͤſſe nach verſchiedenen Richtungen zu entſte-
hen. Kleine Meerbuſen verlieren ſich zuletzt in den Wald. Zuweilen iſt das Ufer mit
einzelnen Baͤumen beſetzt, durch deren Zweige man das Waſſer ſieht; zuweilen ſtehen
ſie ſo dick, daß ſie einen ſchwarzen Schatten auf das Waſſer werfen; mit einem Worte,
man uͤberſieht ein ſchoͤnes mit Baͤumen beſetztes Ufer.

Der
*) In Yorkſhire. Das Landhaus ſteht im 4ten B. S. 13.
F 3
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[45/0053] nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. durch einen angenehmen Wald von Eichen ins Thal zur Trent hinab, und lenket ſich wieder auf einen mit Holz beſetzten Felſen, der unter das Sonderbarſte in dieſer Gegend gehoͤrt. Der Fluß hat nirgends ein ſo romantiſches Ufer. Die Felſen ſte- hen ziemlich hoch und ſenkrecht; an einigen Stellen haͤngen die Baͤume von den Spi- tzen auf eine etwas fuͤrchterliche Art herab, und uͤberſchatten das Waſſer. Der Gang laͤuft vom Rande dieſes Abgrundes fort, und man ſieht auf eine maleriſche Weiſe durch die Baͤume auf den unten ſich fortkruͤmmenden Fluß hinab. Hin und wieder ſind natuͤrliche Durchſichten durch die Baͤume, wodurch man die Landſchaft mit den darinn abwechſelnd liegenden Doͤrfern erblickt. Der Gang laͤuft laͤngs dieſem jaͤhen Abhange, und durch ein Thal fort, deſſen Ende mit dicker Waldung beſetzt iſt. Man ſteigt darauf einen ſteilen Huͤgel ohne Felſen hinan, der dick genug bepflanzt iſt, um den Anblick des Waſſers ſo lange zu verbergen, bis man die Spitze erreicht, und aus dem Schatten in einen Tempel tritt, wo einer der herrlichſten Proſpecte auf einmal hervorbricht. In einer großen Tiefe ſieht man die Trent ſich in kuͤhnen Wendun- gen durch das Thal kruͤmmen, das aus eingezaͤunten Wieſen von dem ſchoͤnſten Gruͤn beſteht. Zur Linken laͤuft ſie nach einem Dorfe, aus deſſen Mitte ſich eine weiße Kirche erhebt, und hinter den Haͤuſern ſchleicht ſie ſich wieder durch Umzaͤunungen von Hecken und einzelnen Baͤumen fort. Hinterwaͤrts erblickt man den vorher ge- dachten Felſen, und geht durch verſchiedene mit einander verbundene Pflanzungen zuruͤck. Sandbec. *) Dieſer Park iſt mit großem Geſchmack angelegt. Ein mit Waſſer verſehenes Thal iſt mit verſchiedenen Abhaͤngen umgeben, die ſich ſanft ſenken und oben mit einem dicken Walde bepflanzt ſind. Rings herum geht ein mit Kies befahrner Weg durch ein großes Raſenſtuͤck, das durch die neuen Anpflanzungen viele Abwechſelungen be- kommen hat. An einigen Orten ſtehen die Baͤume in Klumpen, an andern einzeln zerſtreut. Die Schattirungen ſind durch die Pflanzung der Baͤume am rechten Ort abwechſelnd und mit Geſchmack angebracht. An einigen Stellen zeigt ſich das Waſ- ſer in breiten Flaͤchen, an andern wird es durch die ſich hineinſtreckenden Raſenſtuͤcke unterbrochen, und dadurch ſcheinen Fluͤſſe nach verſchiedenen Richtungen zu entſte- hen. Kleine Meerbuſen verlieren ſich zuletzt in den Wald. Zuweilen iſt das Ufer mit einzelnen Baͤumen beſetzt, durch deren Zweige man das Waſſer ſieht; zuweilen ſtehen ſie ſo dick, daß ſie einen ſchwarzen Schatten auf das Waſſer werfen; mit einem Worte, man uͤberſieht ein ſchoͤnes mit Baͤumen beſetztes Ufer. Der *) In Yorkſhire. Das Landhaus ſteht im 4ten B. S. 13. F 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/53>, abgerufen am 29.03.2024.