Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung
und Geßner schildern. Sie entfernt alles, was auf Schmutz und Niedrigkeit fällt,
was Armuth oder Unterdrückung ankündigt; sie bestreuet alles mit den Blumen der
Anmuth. Sie stellt Denkmäler und an ihnen Inschriften auf, die sich auf die Fa-
bel des Alterthums oder die Erzählungen der Idyllendichter beziehen. Sie mischt
aber diese Gegenstände, Anspielungen und Inschriften nicht mit solchen, die aus
neuern Zeiten und Ländern entlehnt sind; sie stellt Thomsons Urne nicht neben der
Denksäule des Virgil. Sie giebt ihren Gebäuden kein gothisches, kein holländi-
sches
Gepräge, sondern den Stil der alten Architektur. Sie führt den Tempel des
Pan in der länglichen Gestalt und in der Einfalt der dorischen Säulen auf, ver-
ziert seinen Eingang blos mit einer kleinen Hirtenflöte oder einem Schäferstock, und
breitet über sein ganzes Ansehen Bescheidenheit und ländliche Einfachheit aus. Kurz,
sie sucht eine reine und unvermischte Nachahmung des alten Hirtenlebens darzustellen,
und, indem sie die lieblichen Bilder der Idyllendichter zurückbringt, die Einbildungs-
kraft zu erfrischen, und durch die sanften Empfindungen zu rühren, die ein Eigen-
thum dieser Scenen sind. Ein schöner Versuch dieser Art waren die Leasowes oder
Hirtenfelder des berühmten Shenstone; aber sie hatten noch manche Fehler und
Mängel in der Ausbildung, als daß sie auf das Verdienst eines vollkommenen Mu-
sters Anspruch machen konnten.

[Abbildung]

IV. Thier-

Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
und Geßner ſchildern. Sie entfernt alles, was auf Schmutz und Niedrigkeit faͤllt,
was Armuth oder Unterdruͤckung ankuͤndigt; ſie beſtreuet alles mit den Blumen der
Anmuth. Sie ſtellt Denkmaͤler und an ihnen Inſchriften auf, die ſich auf die Fa-
bel des Alterthums oder die Erzaͤhlungen der Idyllendichter beziehen. Sie miſcht
aber dieſe Gegenſtaͤnde, Anſpielungen und Inſchriften nicht mit ſolchen, die aus
neuern Zeiten und Laͤndern entlehnt ſind; ſie ſtellt Thomſons Urne nicht neben der
Denkſaͤule des Virgil. Sie giebt ihren Gebaͤuden kein gothiſches, kein hollaͤndi-
ſches
Gepraͤge, ſondern den Stil der alten Architektur. Sie fuͤhrt den Tempel des
Pan in der laͤnglichen Geſtalt und in der Einfalt der doriſchen Saͤulen auf, ver-
ziert ſeinen Eingang blos mit einer kleinen Hirtenfloͤte oder einem Schaͤferſtock, und
breitet uͤber ſein ganzes Anſehen Beſcheidenheit und laͤndliche Einfachheit aus. Kurz,
ſie ſucht eine reine und unvermiſchte Nachahmung des alten Hirtenlebens darzuſtellen,
und, indem ſie die lieblichen Bilder der Idyllendichter zuruͤckbringt, die Einbildungs-
kraft zu erfriſchen, und durch die ſanften Empfindungen zu ruͤhren, die ein Eigen-
thum dieſer Scenen ſind. Ein ſchoͤner Verſuch dieſer Art waren die Leaſowes oder
Hirtenfelder des beruͤhmten Shenſtone; aber ſie hatten noch manche Fehler und
Maͤngel in der Ausbildung, als daß ſie auf das Verdienſt eines vollkommenen Mu-
ſters Anſpruch machen konnten.

[Abbildung]

IV. Thier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0160" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achter Ab&#x017F;chnitt. Gartenma&#x0364;ßige Ver&#x017F;cho&#x0364;nerung</hi></fw><lb/>
und Geßner &#x017F;childern. Sie entfernt alles, was auf Schmutz und Niedrigkeit fa&#x0364;llt,<lb/>
was Armuth oder Unterdru&#x0364;ckung anku&#x0364;ndigt; &#x017F;ie be&#x017F;treuet alles mit den Blumen der<lb/>
Anmuth. Sie &#x017F;tellt Denkma&#x0364;ler und an ihnen In&#x017F;chriften auf, die &#x017F;ich auf die Fa-<lb/>
bel des Alterthums oder die Erza&#x0364;hlungen der Idyllendichter beziehen. Sie mi&#x017F;cht<lb/>
aber die&#x017F;e Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, An&#x017F;pielungen und In&#x017F;chriften nicht mit &#x017F;olchen, die aus<lb/>
neuern Zeiten und La&#x0364;ndern entlehnt &#x017F;ind; &#x017F;ie &#x017F;tellt <hi rendition="#fr">Thom&#x017F;ons</hi> Urne nicht neben der<lb/>
Denk&#x017F;a&#x0364;ule des <hi rendition="#fr">Virgil.</hi> Sie giebt ihren Geba&#x0364;uden kein <hi rendition="#fr">gothi&#x017F;ches,</hi> kein <hi rendition="#fr">holla&#x0364;ndi-<lb/>
&#x017F;ches</hi> Gepra&#x0364;ge, &#x017F;ondern den Stil der alten Architektur. Sie fu&#x0364;hrt den Tempel des<lb/><hi rendition="#fr">Pan</hi> in der la&#x0364;nglichen Ge&#x017F;talt und in der Einfalt der <hi rendition="#fr">dori&#x017F;chen</hi> Sa&#x0364;ulen auf, ver-<lb/>
ziert &#x017F;einen Eingang blos mit einer kleinen Hirtenflo&#x0364;te oder einem Scha&#x0364;fer&#x017F;tock, und<lb/>
breitet u&#x0364;ber &#x017F;ein ganzes An&#x017F;ehen Be&#x017F;cheidenheit und la&#x0364;ndliche Einfachheit aus. Kurz,<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ucht eine reine und unvermi&#x017F;chte Nachahmung des alten Hirtenlebens darzu&#x017F;tellen,<lb/>
und, indem &#x017F;ie die lieblichen Bilder der Idyllendichter zuru&#x0364;ckbringt, die Einbildungs-<lb/>
kraft zu erfri&#x017F;chen, und durch die &#x017F;anften Empfindungen zu ru&#x0364;hren, die ein Eigen-<lb/>
thum die&#x017F;er Scenen &#x017F;ind. Ein &#x017F;cho&#x0364;ner Ver&#x017F;uch die&#x017F;er Art waren die <hi rendition="#fr">Lea&#x017F;owes</hi> oder<lb/>
Hirtenfelder des beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Shen&#x017F;tone;</hi> aber &#x017F;ie hatten noch manche Fehler und<lb/>
Ma&#x0364;ngel in der Ausbildung, als daß &#x017F;ie auf das Verdien&#x017F;t eines vollkommenen Mu-<lb/>
&#x017F;ters An&#x017F;pruch machen konnten.</p><lb/>
              <figure/>
            </div>
          </div>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Thier-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0160] Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung und Geßner ſchildern. Sie entfernt alles, was auf Schmutz und Niedrigkeit faͤllt, was Armuth oder Unterdruͤckung ankuͤndigt; ſie beſtreuet alles mit den Blumen der Anmuth. Sie ſtellt Denkmaͤler und an ihnen Inſchriften auf, die ſich auf die Fa- bel des Alterthums oder die Erzaͤhlungen der Idyllendichter beziehen. Sie miſcht aber dieſe Gegenſtaͤnde, Anſpielungen und Inſchriften nicht mit ſolchen, die aus neuern Zeiten und Laͤndern entlehnt ſind; ſie ſtellt Thomſons Urne nicht neben der Denkſaͤule des Virgil. Sie giebt ihren Gebaͤuden kein gothiſches, kein hollaͤndi- ſches Gepraͤge, ſondern den Stil der alten Architektur. Sie fuͤhrt den Tempel des Pan in der laͤnglichen Geſtalt und in der Einfalt der doriſchen Saͤulen auf, ver- ziert ſeinen Eingang blos mit einer kleinen Hirtenfloͤte oder einem Schaͤferſtock, und breitet uͤber ſein ganzes Anſehen Beſcheidenheit und laͤndliche Einfachheit aus. Kurz, ſie ſucht eine reine und unvermiſchte Nachahmung des alten Hirtenlebens darzuſtellen, und, indem ſie die lieblichen Bilder der Idyllendichter zuruͤckbringt, die Einbildungs- kraft zu erfriſchen, und durch die ſanften Empfindungen zu ruͤhren, die ein Eigen- thum dieſer Scenen ſind. Ein ſchoͤner Verſuch dieſer Art waren die Leaſowes oder Hirtenfelder des beruͤhmten Shenſtone; aber ſie hatten noch manche Fehler und Maͤngel in der Ausbildung, als daß ſie auf das Verdienſt eines vollkommenen Mu- ſters Anſpruch machen konnten. [Abbildung] IV. Thier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/160
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/160>, abgerufen am 28.03.2024.