Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung

Um Florenz sind die Wohnungen der Landleute weit netter und bequemer,
als in irgend einem Theil von Italien. Das ganze Land umher ist in kleine Pach-
tungen vertheilt, und jede mit einem artigen Landhause versehen. Die Landleute
haben ein gesundes und fröhliches Ansehen. Die natürliche Schönheit der Bäue-
rinnen wird weder durch Schmutz noch durch Elend verunstaltet; ihr Haar ist auf
eine anständige Art geordnet und mit Blumen geziert; und auf der Scheitel ein klei-
ner Strohhut befestigt. -- Auch die Gegend von Mayland, die von ausnehmen-
der Schönheit und Fruchtbarkeit ist, fällt, nach Sulzers*) Beobachtung, wie ein
einziger unermeßlicher Lustgarten ins Auge. Alle Felder tragen außer dem Getraide
auch Wein, der aber nur in der Höhe über dem Acker gezogen wird, und Maul-
beerbäume, die auf den Aeckern zerstreut stehen. Die Dörfer sind groß und schön,
die Bauerhäuser weitläuftig, an weiten mit Wirthschaftsgebäuden umgebenen Hö-
fen, und durchgehends massiv und gut gebaut.

Die Dörfer in Holland sind wegen ihrer Reinlichkeit und Anmuth bekannt.
Die wohlgebaueten Häuser sind angenehm umpflanzt; fast ein jedes hat einen Gar-
ten, den der Landmann ungemein sorgfältig unterhält. Die Maler des Landes ha-
ben uns Aussichten von Dörfern geliefert, die bloße Nachbildungen sind, und doch
so sehr einnehmen, als wenn sie von einer verschönernden Phantasie ausgeführt wä-
ren. Man hat hin und wieder die holländische Bauart und Einrichtung der Dör-
fer in andern Ländern nachgeahmt. In der Nachbarschaft von Wien z. B. ist ein
schönes Dorf, Theresienfeld in diesem Geschmack angelegt; die Häuser sind alle
von einem Stockwerk; jedes ist umkränzt von einem umzäunten Garten.

Man kann leicht denken, daß es in England, wo der Geist der Verschöne-
rung sich schon so weit verbreitet hat, an reizenden Dörfern nicht fehlt. Young**)
rühmt besonders die Gegend von Rye bis Hawkhurst in Sussex, wo der Weg,
funfzehn (engl.) Meilen, über Hügel und Thäler, und unter der Aussicht über sehr
angenehme waldigte Gegenden, durch viele Dörfer und bey einzelnen Häusern vorbey-
führt. Diese Landwohnungen sind artig gebauet und haben ein reinliches Ansehen.
Die kleinen Gärten sind wohl unterhalten und mit Zäunen eingefaßt. Viele Wände
sind geweißt, und so gar die Taubenhäuser mit Ziegeln gedeckt, sehr reinlich und
fest gebauet. Alles verräth wohlhabende Einwohner. Es ist ein angenehmer und
beruhigender Anblick, hier Zufriedenheit und Fröhlichkeit in Hütten wohnen zu se.

hen.
*) S. 324.
**) Reisen durch die östlichen Provinzen von England 4 Th. S. 69.
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung

Um Florenz ſind die Wohnungen der Landleute weit netter und bequemer,
als in irgend einem Theil von Italien. Das ganze Land umher iſt in kleine Pach-
tungen vertheilt, und jede mit einem artigen Landhauſe verſehen. Die Landleute
haben ein geſundes und froͤhliches Anſehen. Die natuͤrliche Schoͤnheit der Baͤue-
rinnen wird weder durch Schmutz noch durch Elend verunſtaltet; ihr Haar iſt auf
eine anſtaͤndige Art geordnet und mit Blumen geziert; und auf der Scheitel ein klei-
ner Strohhut befeſtigt. — Auch die Gegend von Mayland, die von ausnehmen-
der Schoͤnheit und Fruchtbarkeit iſt, faͤllt, nach Sulzers*) Beobachtung, wie ein
einziger unermeßlicher Luſtgarten ins Auge. Alle Felder tragen außer dem Getraide
auch Wein, der aber nur in der Hoͤhe uͤber dem Acker gezogen wird, und Maul-
beerbaͤume, die auf den Aeckern zerſtreut ſtehen. Die Doͤrfer ſind groß und ſchoͤn,
die Bauerhaͤuſer weitlaͤuftig, an weiten mit Wirthſchaftsgebaͤuden umgebenen Hoͤ-
fen, und durchgehends maſſiv und gut gebaut.

Die Doͤrfer in Holland ſind wegen ihrer Reinlichkeit und Anmuth bekannt.
Die wohlgebaueten Haͤuſer ſind angenehm umpflanzt; faſt ein jedes hat einen Gar-
ten, den der Landmann ungemein ſorgfaͤltig unterhaͤlt. Die Maler des Landes ha-
ben uns Ausſichten von Doͤrfern geliefert, die bloße Nachbildungen ſind, und doch
ſo ſehr einnehmen, als wenn ſie von einer verſchoͤnernden Phantaſie ausgefuͤhrt waͤ-
ren. Man hat hin und wieder die hollaͤndiſche Bauart und Einrichtung der Doͤr-
fer in andern Laͤndern nachgeahmt. In der Nachbarſchaft von Wien z. B. iſt ein
ſchoͤnes Dorf, Thereſienfeld in dieſem Geſchmack angelegt; die Haͤuſer ſind alle
von einem Stockwerk; jedes iſt umkraͤnzt von einem umzaͤunten Garten.

Man kann leicht denken, daß es in England, wo der Geiſt der Verſchoͤne-
rung ſich ſchon ſo weit verbreitet hat, an reizenden Doͤrfern nicht fehlt. Young**)
ruͤhmt beſonders die Gegend von Rye bis Hawkhurſt in Suſſex, wo der Weg,
funfzehn (engl.) Meilen, uͤber Huͤgel und Thaͤler, und unter der Ausſicht uͤber ſehr
angenehme waldigte Gegenden, durch viele Doͤrfer und bey einzelnen Haͤuſern vorbey-
fuͤhrt. Dieſe Landwohnungen ſind artig gebauet und haben ein reinliches Anſehen.
Die kleinen Gaͤrten ſind wohl unterhalten und mit Zaͤunen eingefaßt. Viele Waͤnde
ſind geweißt, und ſo gar die Taubenhaͤuſer mit Ziegeln gedeckt, ſehr reinlich und
feſt gebauet. Alles verraͤth wohlhabende Einwohner. Es iſt ein angenehmer und
beruhigender Anblick, hier Zufriedenheit und Froͤhlichkeit in Huͤtten wohnen zu ſe.

hen.
*) S. 324.
**) Reiſen durch die oͤſtlichen Provinzen von England 4 Th. S. 69.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0174" n="166"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achter Ab&#x017F;chnitt. Gartenma&#x0364;ßige Ver&#x017F;cho&#x0364;nerung</hi> </fw><lb/>
              <p>Um Florenz &#x017F;ind die Wohnungen der Landleute weit netter und bequemer,<lb/>
als in irgend einem Theil von <hi rendition="#fr">Italien.</hi> Das ganze Land umher i&#x017F;t in kleine Pach-<lb/>
tungen vertheilt, und jede mit einem artigen Landhau&#x017F;e ver&#x017F;ehen. Die Landleute<lb/>
haben ein ge&#x017F;undes und fro&#x0364;hliches An&#x017F;ehen. Die natu&#x0364;rliche Scho&#x0364;nheit der Ba&#x0364;ue-<lb/>
rinnen wird weder durch Schmutz noch durch Elend verun&#x017F;taltet; ihr Haar i&#x017F;t auf<lb/>
eine an&#x017F;ta&#x0364;ndige Art geordnet und mit Blumen geziert; und auf der Scheitel ein klei-<lb/>
ner Strohhut befe&#x017F;tigt. &#x2014; Auch die Gegend von <hi rendition="#fr">Mayland,</hi> die von ausnehmen-<lb/>
der Scho&#x0364;nheit und Fruchtbarkeit i&#x017F;t, fa&#x0364;llt, nach <hi rendition="#fr">Sulzers</hi><note place="foot" n="*)">S. 324.</note> Beobachtung, wie ein<lb/>
einziger unermeßlicher Lu&#x017F;tgarten ins Auge. Alle Felder tragen außer dem Getraide<lb/>
auch Wein, der aber nur in der Ho&#x0364;he u&#x0364;ber dem Acker gezogen wird, und Maul-<lb/>
beerba&#x0364;ume, die auf den Aeckern zer&#x017F;treut &#x017F;tehen. Die Do&#x0364;rfer &#x017F;ind groß und &#x017F;cho&#x0364;n,<lb/>
die Bauerha&#x0364;u&#x017F;er weitla&#x0364;uftig, an weiten mit Wirth&#x017F;chaftsgeba&#x0364;uden umgebenen Ho&#x0364;-<lb/>
fen, und durchgehends ma&#x017F;&#x017F;iv und gut gebaut.</p><lb/>
              <p>Die Do&#x0364;rfer in <hi rendition="#fr">Holland</hi> &#x017F;ind wegen ihrer Reinlichkeit und Anmuth bekannt.<lb/>
Die wohlgebaueten Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ind angenehm umpflanzt; fa&#x017F;t ein jedes hat einen Gar-<lb/>
ten, den der Landmann ungemein &#x017F;orgfa&#x0364;ltig unterha&#x0364;lt. Die Maler des Landes ha-<lb/>
ben uns Aus&#x017F;ichten von Do&#x0364;rfern geliefert, die bloße Nachbildungen &#x017F;ind, und doch<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr einnehmen, als wenn &#x017F;ie von einer ver&#x017F;cho&#x0364;nernden Phanta&#x017F;ie ausgefu&#x0364;hrt wa&#x0364;-<lb/>
ren. Man hat hin und wieder die <hi rendition="#fr">holla&#x0364;ndi&#x017F;che</hi> Bauart und Einrichtung der Do&#x0364;r-<lb/>
fer in andern La&#x0364;ndern nachgeahmt. In der Nachbar&#x017F;chaft von <hi rendition="#fr">Wien</hi> z. B. i&#x017F;t ein<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nes Dorf, <hi rendition="#fr">There&#x017F;ienfeld</hi> in die&#x017F;em Ge&#x017F;chmack angelegt; die Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ind alle<lb/>
von einem Stockwerk; jedes i&#x017F;t umkra&#x0364;nzt von einem umza&#x0364;unten Garten.</p><lb/>
              <p>Man kann leicht denken, daß es in <hi rendition="#fr">England,</hi> wo der Gei&#x017F;t der Ver&#x017F;cho&#x0364;ne-<lb/>
rung &#x017F;ich &#x017F;chon &#x017F;o weit verbreitet hat, an reizenden Do&#x0364;rfern nicht fehlt. <hi rendition="#fr">Young</hi><note place="foot" n="**)">Rei&#x017F;en durch die o&#x0364;&#x017F;tlichen Provinzen von England 4 Th. S. 69.</note><lb/>
ru&#x0364;hmt be&#x017F;onders die Gegend von <hi rendition="#fr">Rye</hi> bis <hi rendition="#fr">Hawkhur&#x017F;t</hi> in <hi rendition="#fr">Su&#x017F;&#x017F;ex,</hi> wo der Weg,<lb/>
funfzehn (engl.) Meilen, u&#x0364;ber Hu&#x0364;gel und Tha&#x0364;ler, und unter der Aus&#x017F;icht u&#x0364;ber &#x017F;ehr<lb/>
angenehme waldigte Gegenden, durch viele Do&#x0364;rfer und bey einzelnen Ha&#x0364;u&#x017F;ern vorbey-<lb/>
fu&#x0364;hrt. Die&#x017F;e Landwohnungen &#x017F;ind artig gebauet und haben ein reinliches An&#x017F;ehen.<lb/>
Die kleinen Ga&#x0364;rten &#x017F;ind wohl unterhalten und mit Za&#x0364;unen eingefaßt. Viele Wa&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;ind geweißt, und &#x017F;o gar die Taubenha&#x0364;u&#x017F;er mit Ziegeln gedeckt, &#x017F;ehr reinlich und<lb/>
fe&#x017F;t gebauet. Alles verra&#x0364;th wohlhabende Einwohner. Es i&#x017F;t ein angenehmer und<lb/>
beruhigender Anblick, hier Zufriedenheit und Fro&#x0364;hlichkeit in Hu&#x0364;tten wohnen zu &#x017F;e.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hen.</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Um Florenz ſind die Wohnungen der Landleute weit netter und bequemer, als in irgend einem Theil von Italien. Das ganze Land umher iſt in kleine Pach- tungen vertheilt, und jede mit einem artigen Landhauſe verſehen. Die Landleute haben ein geſundes und froͤhliches Anſehen. Die natuͤrliche Schoͤnheit der Baͤue- rinnen wird weder durch Schmutz noch durch Elend verunſtaltet; ihr Haar iſt auf eine anſtaͤndige Art geordnet und mit Blumen geziert; und auf der Scheitel ein klei- ner Strohhut befeſtigt. — Auch die Gegend von Mayland, die von ausnehmen- der Schoͤnheit und Fruchtbarkeit iſt, faͤllt, nach Sulzers *) Beobachtung, wie ein einziger unermeßlicher Luſtgarten ins Auge. Alle Felder tragen außer dem Getraide auch Wein, der aber nur in der Hoͤhe uͤber dem Acker gezogen wird, und Maul- beerbaͤume, die auf den Aeckern zerſtreut ſtehen. Die Doͤrfer ſind groß und ſchoͤn, die Bauerhaͤuſer weitlaͤuftig, an weiten mit Wirthſchaftsgebaͤuden umgebenen Hoͤ- fen, und durchgehends maſſiv und gut gebaut. Die Doͤrfer in Holland ſind wegen ihrer Reinlichkeit und Anmuth bekannt. Die wohlgebaueten Haͤuſer ſind angenehm umpflanzt; faſt ein jedes hat einen Gar- ten, den der Landmann ungemein ſorgfaͤltig unterhaͤlt. Die Maler des Landes ha- ben uns Ausſichten von Doͤrfern geliefert, die bloße Nachbildungen ſind, und doch ſo ſehr einnehmen, als wenn ſie von einer verſchoͤnernden Phantaſie ausgefuͤhrt waͤ- ren. Man hat hin und wieder die hollaͤndiſche Bauart und Einrichtung der Doͤr- fer in andern Laͤndern nachgeahmt. In der Nachbarſchaft von Wien z. B. iſt ein ſchoͤnes Dorf, Thereſienfeld in dieſem Geſchmack angelegt; die Haͤuſer ſind alle von einem Stockwerk; jedes iſt umkraͤnzt von einem umzaͤunten Garten. Man kann leicht denken, daß es in England, wo der Geiſt der Verſchoͤne- rung ſich ſchon ſo weit verbreitet hat, an reizenden Doͤrfern nicht fehlt. Young **) ruͤhmt beſonders die Gegend von Rye bis Hawkhurſt in Suſſex, wo der Weg, funfzehn (engl.) Meilen, uͤber Huͤgel und Thaͤler, und unter der Ausſicht uͤber ſehr angenehme waldigte Gegenden, durch viele Doͤrfer und bey einzelnen Haͤuſern vorbey- fuͤhrt. Dieſe Landwohnungen ſind artig gebauet und haben ein reinliches Anſehen. Die kleinen Gaͤrten ſind wohl unterhalten und mit Zaͤunen eingefaßt. Viele Waͤnde ſind geweißt, und ſo gar die Taubenhaͤuſer mit Ziegeln gedeckt, ſehr reinlich und feſt gebauet. Alles verraͤth wohlhabende Einwohner. Es iſt ein angenehmer und beruhigender Anblick, hier Zufriedenheit und Froͤhlichkeit in Huͤtten wohnen zu ſe. hen. *) S. 324. **) Reiſen durch die oͤſtlichen Provinzen von England 4 Th. S. 69.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/174
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/174>, abgerufen am 18.04.2024.