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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung
Feld, seine Wiesen, sein Weinberg, seine Milchkühe, seine Schaafe, seine
Ziegen, sein ganzes belebtes und unbelebtes Eigenthum! Wie einnehmend
fällt nicht eine solche Lage, ein kleines, aber vollständiges Gemälde von menschli-
cher Glückseligkeit, ins Auge! Sie erleichtert zugleich die Verschönerung des
Platzes um die Wohnung mit umher gepflanzten Gruppen von Fruchtbäumen
und mit geräumigern Gärten, in deren Anlage der Landmann hier freyere Wahl
gewinnt.

Die Bauart der Wohnung richtet sich nach ihrer Bestimmung. Sie dient
dem Landmanne und seiner Familie zum Aufenthalt, und muß seiner Lebensart,
seinen Geschäften und Bedürfnissen, die verschiedene Abstufungen leiden, gemäß
eingerichtet seyn. Auch auf das Klima und auf die besondre Lage muß bey der
Einrichtung Rücksicht genommen werden. Mit der Bequemlichkeit und Rein-
lichkeit des Innern muß sich ein gefälliges und munteres äußeres Ansehen verei-
nigen. Die Scheune und der Stall werden, wo es seyn kann, als besondere
Gebäude hinter der eigentlichen Wohnung aufgeführt und von ihr abgesondert,
aber nicht weit entfernt.

Gesundes und reines Wasser ist sowohl in Dörfern, als auch bey einzelnen
Landwohnungen, ein unentbehrliches Bedürfniß. Jedes Haus muß seinen Brun-
nen im Hofe, oder sein Wasserbehältniß zum häuslichen Gebrauch und zur Trän-
kung der Thiere in der Nähe haben; plätschert eine laufende Trinkquelle unter
dem Schatten hoher Bäume vor der Thüre, so gesellt sich zugleich die Anmuth
zu dem Nutzen. Die Schweiz hat wegen ihrer vielen Bäche und Quellen,
die überall von den Bergen sich ergießen, von dieser Seite einen beneidenswer-
then Vorzug. Fast jede Landwohnung hat ihren Springbrunnen, der zuweilen
artig verziert ist, und den ablaufenden Ueberfluß seines Wassers einen Bach bil-
den läßt, der sich zwischen den benachbarten Hütten hinschlängelt, sich verstärkt
und anmuthig fortrauscht, oft mit umhergepflanzten Bäumen verschönert. Flies-
sende Bäche oder kleine Arme von Flüssen sind in mancher Rücksicht ein so wich-
tiges Bedürfniß für Dörfer, daß man, so weit es nur andere Umstände ver-
statten, sie suchen, in ihrer Nähe hinbauen, oder sie herbeyleiten sollte. Sie
geben zugleich die anmuthigste Verschönerung, rauschen Leben und Vergnügen
daher, nehmen ländliche Brücken auf, wässern die Pflanzungen, und bieten
Gänsen und Enten ihre geliebte Wasserfahrt an.

Die Hütten des Landmanns können keine anständigere und schönere Ver-
zierung ihres nächsten Bezirks haben, als wohl unterhaltene Gemüsgärten und

Frucht-

Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Feld, ſeine Wieſen, ſein Weinberg, ſeine Milchkuͤhe, ſeine Schaafe, ſeine
Ziegen, ſein ganzes belebtes und unbelebtes Eigenthum! Wie einnehmend
faͤllt nicht eine ſolche Lage, ein kleines, aber vollſtaͤndiges Gemaͤlde von menſchli-
cher Gluͤckſeligkeit, ins Auge! Sie erleichtert zugleich die Verſchoͤnerung des
Platzes um die Wohnung mit umher gepflanzten Gruppen von Fruchtbaͤumen
und mit geraͤumigern Gaͤrten, in deren Anlage der Landmann hier freyere Wahl
gewinnt.

Die Bauart der Wohnung richtet ſich nach ihrer Beſtimmung. Sie dient
dem Landmanne und ſeiner Familie zum Aufenthalt, und muß ſeiner Lebensart,
ſeinen Geſchaͤften und Beduͤrfniſſen, die verſchiedene Abſtufungen leiden, gemaͤß
eingerichtet ſeyn. Auch auf das Klima und auf die beſondre Lage muß bey der
Einrichtung Ruͤckſicht genommen werden. Mit der Bequemlichkeit und Rein-
lichkeit des Innern muß ſich ein gefaͤlliges und munteres aͤußeres Anſehen verei-
nigen. Die Scheune und der Stall werden, wo es ſeyn kann, als beſondere
Gebaͤude hinter der eigentlichen Wohnung aufgefuͤhrt und von ihr abgeſondert,
aber nicht weit entfernt.

Geſundes und reines Waſſer iſt ſowohl in Doͤrfern, als auch bey einzelnen
Landwohnungen, ein unentbehrliches Beduͤrfniß. Jedes Haus muß ſeinen Brun-
nen im Hofe, oder ſein Waſſerbehaͤltniß zum haͤuslichen Gebrauch und zur Traͤn-
kung der Thiere in der Naͤhe haben; plaͤtſchert eine laufende Trinkquelle unter
dem Schatten hoher Baͤume vor der Thuͤre, ſo geſellt ſich zugleich die Anmuth
zu dem Nutzen. Die Schweiz hat wegen ihrer vielen Baͤche und Quellen,
die uͤberall von den Bergen ſich ergießen, von dieſer Seite einen beneidenswer-
then Vorzug. Faſt jede Landwohnung hat ihren Springbrunnen, der zuweilen
artig verziert iſt, und den ablaufenden Ueberfluß ſeines Waſſers einen Bach bil-
den laͤßt, der ſich zwiſchen den benachbarten Huͤtten hinſchlaͤngelt, ſich verſtaͤrkt
und anmuthig fortrauſcht, oft mit umhergepflanzten Baͤumen verſchoͤnert. Flieſ-
ſende Baͤche oder kleine Arme von Fluͤſſen ſind in mancher Ruͤckſicht ein ſo wich-
tiges Beduͤrfniß fuͤr Doͤrfer, daß man, ſo weit es nur andere Umſtaͤnde ver-
ſtatten, ſie ſuchen, in ihrer Naͤhe hinbauen, oder ſie herbeyleiten ſollte. Sie
geben zugleich die anmuthigſte Verſchoͤnerung, rauſchen Leben und Vergnuͤgen
daher, nehmen laͤndliche Bruͤcken auf, waͤſſern die Pflanzungen, und bieten
Gaͤnſen und Enten ihre geliebte Waſſerfahrt an.

Die Huͤtten des Landmanns koͤnnen keine anſtaͤndigere und ſchoͤnere Ver-
zierung ihres naͤchſten Bezirks haben, als wohl unterhaltene Gemuͤsgaͤrten und

Frucht-
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[168/0176] Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Feld, ſeine Wieſen, ſein Weinberg, ſeine Milchkuͤhe, ſeine Schaafe, ſeine Ziegen, ſein ganzes belebtes und unbelebtes Eigenthum! Wie einnehmend faͤllt nicht eine ſolche Lage, ein kleines, aber vollſtaͤndiges Gemaͤlde von menſchli- cher Gluͤckſeligkeit, ins Auge! Sie erleichtert zugleich die Verſchoͤnerung des Platzes um die Wohnung mit umher gepflanzten Gruppen von Fruchtbaͤumen und mit geraͤumigern Gaͤrten, in deren Anlage der Landmann hier freyere Wahl gewinnt. Die Bauart der Wohnung richtet ſich nach ihrer Beſtimmung. Sie dient dem Landmanne und ſeiner Familie zum Aufenthalt, und muß ſeiner Lebensart, ſeinen Geſchaͤften und Beduͤrfniſſen, die verſchiedene Abſtufungen leiden, gemaͤß eingerichtet ſeyn. Auch auf das Klima und auf die beſondre Lage muß bey der Einrichtung Ruͤckſicht genommen werden. Mit der Bequemlichkeit und Rein- lichkeit des Innern muß ſich ein gefaͤlliges und munteres aͤußeres Anſehen verei- nigen. Die Scheune und der Stall werden, wo es ſeyn kann, als beſondere Gebaͤude hinter der eigentlichen Wohnung aufgefuͤhrt und von ihr abgeſondert, aber nicht weit entfernt. Geſundes und reines Waſſer iſt ſowohl in Doͤrfern, als auch bey einzelnen Landwohnungen, ein unentbehrliches Beduͤrfniß. Jedes Haus muß ſeinen Brun- nen im Hofe, oder ſein Waſſerbehaͤltniß zum haͤuslichen Gebrauch und zur Traͤn- kung der Thiere in der Naͤhe haben; plaͤtſchert eine laufende Trinkquelle unter dem Schatten hoher Baͤume vor der Thuͤre, ſo geſellt ſich zugleich die Anmuth zu dem Nutzen. Die Schweiz hat wegen ihrer vielen Baͤche und Quellen, die uͤberall von den Bergen ſich ergießen, von dieſer Seite einen beneidenswer- then Vorzug. Faſt jede Landwohnung hat ihren Springbrunnen, der zuweilen artig verziert iſt, und den ablaufenden Ueberfluß ſeines Waſſers einen Bach bil- den laͤßt, der ſich zwiſchen den benachbarten Huͤtten hinſchlaͤngelt, ſich verſtaͤrkt und anmuthig fortrauſcht, oft mit umhergepflanzten Baͤumen verſchoͤnert. Flieſ- ſende Baͤche oder kleine Arme von Fluͤſſen ſind in mancher Ruͤckſicht ein ſo wich- tiges Beduͤrfniß fuͤr Doͤrfer, daß man, ſo weit es nur andere Umſtaͤnde ver- ſtatten, ſie ſuchen, in ihrer Naͤhe hinbauen, oder ſie herbeyleiten ſollte. Sie geben zugleich die anmuthigſte Verſchoͤnerung, rauſchen Leben und Vergnuͤgen daher, nehmen laͤndliche Bruͤcken auf, waͤſſern die Pflanzungen, und bieten Gaͤnſen und Enten ihre geliebte Waſſerfahrt an. Die Huͤtten des Landmanns koͤnnen keine anſtaͤndigere und ſchoͤnere Ver- zierung ihres naͤchſten Bezirks haben, als wohl unterhaltene Gemuͤsgaͤrten und Frucht-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/176>, abgerufen am 23.04.2024.