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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.

Unter den besondern Abbildungen neuer französischer Gärten ist vorzüglich
merkwürdig: Jardin de Monceau pres de Paris, appartenant a S. A. S. M. le Duc
de Chartres. Paris. fol.
1779. Weder die Vorrede oder kurze Beschreibung des
Gartens, noch die in diesen achtzehn großen Kupferstichen vorgestellten so sehr über-
häuften Anlagen können ganz die Gerechtigkeit einer ausführlichen Kritik aushalten,
obgleich einzelne Stellen viel Schönheit haben, die aber doch immer wieder unter
dem verschwenderischen Pomp der Verzierungen leidet. Die Erfindungen und
Zeichnungen sind von M. de Carmontelle.

Den schon angeführten Architecturwerken können noch beygefügt werden:

Recueil Elementaire d' Architecture etc. compose par M. de Neufforge,
Architecte. fol. Paris. 1757 -- 68. 8 Vol.
mit 2 Vol. Supplem. Verschiedene
symmetrische Gartenanlagen im alten steifen Geschmack werden hier noch als Muster
vorgezeichnet, wie man bey Architecturlehrern gewöhnlich sieht. Allein die Ge-
bäude, besonders für Gärten, und die Landhäuser und Lustschlösser sind in einem
guten Stil. Einige Tempel und Pavillons haben ein zu schwerfälliges Ansehen,
und sind mit Verzierungen etwas überladen; die Grotten sind gegen die Natur voll
Pomp der Baukunst. Neufforge unterscheidet sich von den Architecten seiner Na-
tion durch einen Reichthum von Erfindungen.
Architecture moderne par M. Jombert. 4. 2 Vol. Paris. 1764. enthält
einige gute Entwürfe zu Landhäusern, die größtentheils im Geschmack der Blondel-
schen,
aber doch simpler sind. Es ist merkwürdig, daß die Landhäuser der berühm-
testen französischen Architecturlehrer, z. B. des Blondel, Briseux und Jom-
bert,
fast alle in einer Manier angegeben sind, und nichts von der reichen Mannich-
faltigkeit der italiänischen und englischen Baumeister haben.

Die merkwürdigste Erscheinung in der neuern Gartenlitteratur der Franzosen ist
das Lehrgedicht des Hrn. Delille; Les Jardins, ou l' art d' embellir les Paysages.
Poeme. 8. Paris. 4me Edit.
1782. Es verdient unter den Lehrgedichten der Gar-
tenkunst unstreitig den ersten Rang. *) Vielleicht findet man die Einbildungskraft
des Dichters weniger glühend, seine Bilder weniger erhaben, ihre Zusammensetzun-
gen weniger kühn, die Farben seiner Gemälde weniger glänzend, als bey Mason. **)
Aber gewiß ist seine Phantasie reich und blühend, sein Geschmack fein, durch
Beobachtung der Natur und das Studium der besten Muster gebildet. Man sieht

bey
*) 1ster B. S. 132 -- 133.
**) 1ster B. S. 128.
L l 2
Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.

Unter den beſondern Abbildungen neuer franzoͤſiſcher Gaͤrten iſt vorzuͤglich
merkwuͤrdig: Jardin de Monceau près de Paris, appartenant à S. A. S. M. le Duc
de Chartres. Paris. fol.
1779. Weder die Vorrede oder kurze Beſchreibung des
Gartens, noch die in dieſen achtzehn großen Kupferſtichen vorgeſtellten ſo ſehr uͤber-
haͤuften Anlagen koͤnnen ganz die Gerechtigkeit einer ausfuͤhrlichen Kritik aushalten,
obgleich einzelne Stellen viel Schoͤnheit haben, die aber doch immer wieder unter
dem verſchwenderiſchen Pomp der Verzierungen leidet. Die Erfindungen und
Zeichnungen ſind von M. de Carmontelle.

Den ſchon angefuͤhrten Architecturwerken koͤnnen noch beygefuͤgt werden:

Recueil Elémentaire d’ Architecture etc. compoſé par M. de Neufforge,
Architecte. fol. Paris. 1757 — 68. 8 Vol.
mit 2 Vol. Supplem. Verſchiedene
ſymmetriſche Gartenanlagen im alten ſteifen Geſchmack werden hier noch als Muſter
vorgezeichnet, wie man bey Architecturlehrern gewoͤhnlich ſieht. Allein die Ge-
baͤude, beſonders fuͤr Gaͤrten, und die Landhaͤuſer und Luſtſchloͤſſer ſind in einem
guten Stil. Einige Tempel und Pavillons haben ein zu ſchwerfaͤlliges Anſehen,
und ſind mit Verzierungen etwas uͤberladen; die Grotten ſind gegen die Natur voll
Pomp der Baukunſt. Neufforge unterſcheidet ſich von den Architecten ſeiner Na-
tion durch einen Reichthum von Erfindungen.
Architecture moderne par M. Jombert. 4. 2 Vol. Paris. 1764. enthaͤlt
einige gute Entwuͤrfe zu Landhaͤuſern, die groͤßtentheils im Geſchmack der Blondel-
ſchen,
aber doch ſimpler ſind. Es iſt merkwuͤrdig, daß die Landhaͤuſer der beruͤhm-
teſten franzoͤſiſchen Architecturlehrer, z. B. des Blondel, Briſeux und Jom-
bert,
faſt alle in einer Manier angegeben ſind, und nichts von der reichen Mannich-
faltigkeit der italiaͤniſchen und engliſchen Baumeiſter haben.

Die merkwuͤrdigſte Erſcheinung in der neuern Gartenlitteratur der Franzoſen iſt
das Lehrgedicht des Hrn. Delille; Les Jardins, ou l’ art d’ embellir les Payſages.
Poëme. 8. Paris. 4me Edit.
1782. Es verdient unter den Lehrgedichten der Gar-
tenkunſt unſtreitig den erſten Rang. *) Vielleicht findet man die Einbildungskraft
des Dichters weniger gluͤhend, ſeine Bilder weniger erhaben, ihre Zuſammenſetzun-
gen weniger kuͤhn, die Farben ſeiner Gemaͤlde weniger glaͤnzend, als bey Maſon. **)
Aber gewiß iſt ſeine Phantaſie reich und bluͤhend, ſein Geſchmack fein, durch
Beobachtung der Natur und das Studium der beſten Muſter gebildet. Man ſieht

bey
*) 1ſter B. S. 132 — 133.
**) 1ſter B. S. 128.
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[267/0275] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Unter den beſondern Abbildungen neuer franzoͤſiſcher Gaͤrten iſt vorzuͤglich merkwuͤrdig: Jardin de Monceau près de Paris, appartenant à S. A. S. M. le Duc de Chartres. Paris. fol. 1779. Weder die Vorrede oder kurze Beſchreibung des Gartens, noch die in dieſen achtzehn großen Kupferſtichen vorgeſtellten ſo ſehr uͤber- haͤuften Anlagen koͤnnen ganz die Gerechtigkeit einer ausfuͤhrlichen Kritik aushalten, obgleich einzelne Stellen viel Schoͤnheit haben, die aber doch immer wieder unter dem verſchwenderiſchen Pomp der Verzierungen leidet. Die Erfindungen und Zeichnungen ſind von M. de Carmontelle. Den ſchon angefuͤhrten Architecturwerken koͤnnen noch beygefuͤgt werden: Recueil Elémentaire d’ Architecture etc. compoſé par M. de Neufforge, Architecte. fol. Paris. 1757 — 68. 8 Vol. mit 2 Vol. Supplem. Verſchiedene ſymmetriſche Gartenanlagen im alten ſteifen Geſchmack werden hier noch als Muſter vorgezeichnet, wie man bey Architecturlehrern gewoͤhnlich ſieht. Allein die Ge- baͤude, beſonders fuͤr Gaͤrten, und die Landhaͤuſer und Luſtſchloͤſſer ſind in einem guten Stil. Einige Tempel und Pavillons haben ein zu ſchwerfaͤlliges Anſehen, und ſind mit Verzierungen etwas uͤberladen; die Grotten ſind gegen die Natur voll Pomp der Baukunſt. Neufforge unterſcheidet ſich von den Architecten ſeiner Na- tion durch einen Reichthum von Erfindungen. Architecture moderne par M. Jombert. 4. 2 Vol. Paris. 1764. enthaͤlt einige gute Entwuͤrfe zu Landhaͤuſern, die groͤßtentheils im Geſchmack der Blondel- ſchen, aber doch ſimpler ſind. Es iſt merkwuͤrdig, daß die Landhaͤuſer der beruͤhm- teſten franzoͤſiſchen Architecturlehrer, z. B. des Blondel, Briſeux und Jom- bert, faſt alle in einer Manier angegeben ſind, und nichts von der reichen Mannich- faltigkeit der italiaͤniſchen und engliſchen Baumeiſter haben. Die merkwuͤrdigſte Erſcheinung in der neuern Gartenlitteratur der Franzoſen iſt das Lehrgedicht des Hrn. Delille; Les Jardins, ou l’ art d’ embellir les Payſages. Poëme. 8. Paris. 4me Edit. 1782. Es verdient unter den Lehrgedichten der Gar- tenkunſt unſtreitig den erſten Rang. *) Vielleicht findet man die Einbildungskraft des Dichters weniger gluͤhend, ſeine Bilder weniger erhaben, ihre Zuſammenſetzun- gen weniger kuͤhn, die Farben ſeiner Gemaͤlde weniger glaͤnzend, als bey Maſon. **) Aber gewiß iſt ſeine Phantaſie reich und bluͤhend, ſein Geſchmack fein, durch Beobachtung der Natur und das Studium der beſten Muſter gebildet. Man ſieht bey *) 1ſter B. S. 132 — 133. **) 1ſter B. S. 128. L l 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/275>, abgerufen am 24.04.2024.