Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
von Stirling bis nach der Baß-Insel vor sich. Auf der andern Seite sieht man
Fifeshire und mehr als 20 kleine Städte und alte verfallene Schlösser. Die
Scene wird durch die beständig auf und nieder segelnden Schiffe belebt. Die innern
Verzierungen des Hauses sind mit Geschmack gemacht.

Der Garten zu Alloa oder Alloway in Perthshire gehört den Grafen von
Marr, die hier ihren Landsitz haben, und ist einer der schönsten und größten
in Schottland. Der Garten von Kinroß stößt an das Ufer des Sees. Das
Haus, das dem Baronet Hope Bruce gehört, ist ein schönes und regelmäßiges
Gebäude, das William Bruce, der schottische Vitruv, zu Carls II. Zeit
auf seine Kosten gebauet; es ist von feinem weißen Stein, die Arbeit zeigt Ge-
schmack und das Ganze ist schön. Er legte zugleich viel Waldung an, und sein
Enkel, der jetzige Besitzer, hat sie noch vermehrt. Der Landsitz des Herzogs von
Athol liegt an der Tay, mit einem angenehmen Garten. Aus verschiedenen Gängen
giebt er sehr malerische Aussichten der wilden finstern Natur. In seinem Bezirk lie-
gen die Ruinen der vormaligen prächtigen Kathedralkirche, deren Thor noch zum
Gottesdienst gebraucht wird. Jenseit des Flusses ist ein angenehmer Gang am
User der Bren, eines reißenden Stroms voll kleiner Steine. An seinem Ende
steht auf einem Felsen ein artiges Gebäude, das über eine Klust hängt, wohin sich
der Fluß mit großer Hestigkeit von einer Höhe hinabstürzt. Einige Scheiden der
Fenster des Saals sind von rothem Glase, und dadurch macht der Wasserfall die
Wirkung, als ob Feuer niederfiele.

Auf der Insel Bute haben die Grafen dieses Namens zu Mount-Steward
an der Küste ein neues Landhaus. Es beherrscht eine angenehme Aussicht auf einer
Höhe im Gehölze, wovon die Bäume hier so gut, als in den südlichen Landschaften
Englands, fortkommen.

Viele andre Gegenden von Schottland, z. B. in der Nachbarschaft von
Edinburg, von Cramond, die Ufer des Meerbusens von Forth, sind mit einer
Menge von schönen Landsitzen des Adels und andrer wohlhabender Einwohner ge-
ziert. *)

3.

In Irland trägt die feuchte Luft, so viel Unbequemlichkeit sie hat, doch sehr
zur Schönheit der Wiesen und Rasen bey. Das Gras erscheint beständig in dem
lebhaftesten Grün, und hat nie das dürre und versengte Ansehen, das es sehr oft in
andern Ländern bekömmt.

Das
*) Volkmanns neueste Reisen durch Schottland und Irland. (Ein Auszug aus den
besten Quellen) 8. Leipzig, 1784.

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
von Stirling bis nach der Baß-Inſel vor ſich. Auf der andern Seite ſieht man
Fifeshire und mehr als 20 kleine Staͤdte und alte verfallene Schloͤſſer. Die
Scene wird durch die beſtaͤndig auf und nieder ſegelnden Schiffe belebt. Die innern
Verzierungen des Hauſes ſind mit Geſchmack gemacht.

Der Garten zu Alloa oder Alloway in Perthſhire gehoͤrt den Grafen von
Marr, die hier ihren Landſitz haben, und iſt einer der ſchoͤnſten und groͤßten
in Schottland. Der Garten von Kinroß ſtoͤßt an das Ufer des Sees. Das
Haus, das dem Baronet Hope Bruce gehoͤrt, iſt ein ſchoͤnes und regelmaͤßiges
Gebaͤude, das William Bruce, der ſchottiſche Vitruv, zu Carls II. Zeit
auf ſeine Koſten gebauet; es iſt von feinem weißen Stein, die Arbeit zeigt Ge-
ſchmack und das Ganze iſt ſchoͤn. Er legte zugleich viel Waldung an, und ſein
Enkel, der jetzige Beſitzer, hat ſie noch vermehrt. Der Landſitz des Herzogs von
Athol liegt an der Tay, mit einem angenehmen Garten. Aus verſchiedenen Gaͤngen
giebt er ſehr maleriſche Ausſichten der wilden finſtern Natur. In ſeinem Bezirk lie-
gen die Ruinen der vormaligen praͤchtigen Kathedralkirche, deren Thor noch zum
Gottesdienſt gebraucht wird. Jenſeit des Fluſſes iſt ein angenehmer Gang am
Uſer der Bren, eines reißenden Stroms voll kleiner Steine. An ſeinem Ende
ſteht auf einem Felſen ein artiges Gebaͤude, das uͤber eine Kluſt haͤngt, wohin ſich
der Fluß mit großer Heſtigkeit von einer Hoͤhe hinabſtuͤrzt. Einige Scheiden der
Fenſter des Saals ſind von rothem Glaſe, und dadurch macht der Waſſerfall die
Wirkung, als ob Feuer niederfiele.

Auf der Inſel Bute haben die Grafen dieſes Namens zu Mount-Steward
an der Kuͤſte ein neues Landhaus. Es beherrſcht eine angenehme Ausſicht auf einer
Hoͤhe im Gehoͤlze, wovon die Baͤume hier ſo gut, als in den ſuͤdlichen Landſchaften
Englands, fortkommen.

Viele andre Gegenden von Schottland, z. B. in der Nachbarſchaft von
Edinburg, von Cramond, die Ufer des Meerbuſens von Forth, ſind mit einer
Menge von ſchoͤnen Landſitzen des Adels und andrer wohlhabender Einwohner ge-
ziert. *)

3.

In Irland traͤgt die feuchte Luft, ſo viel Unbequemlichkeit ſie hat, doch ſehr
zur Schoͤnheit der Wieſen und Raſen bey. Das Gras erſcheint beſtaͤndig in dem
lebhafteſten Gruͤn, und hat nie das duͤrre und verſengte Anſehen, das es ſehr oft in
andern Laͤndern bekoͤmmt.

Das
*) Volkmanns neueſte Reiſen durch Schottland und Irland. (Ein Auszug aus den
beſten Quellen) 8. Leipzig, 1784.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0288" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Ga&#x0364;rten,</hi></fw><lb/>
von <hi rendition="#fr">Stirling</hi> bis nach der <hi rendition="#fr">Baß-In&#x017F;el</hi> vor &#x017F;ich. Auf der andern Seite &#x017F;ieht man<lb/><hi rendition="#fr">Fifeshire</hi> und mehr als 20 kleine Sta&#x0364;dte und alte verfallene Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er. Die<lb/>
Scene wird durch die be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf und nieder &#x017F;egelnden Schiffe belebt. Die innern<lb/>
Verzierungen des Hau&#x017F;es &#x017F;ind mit Ge&#x017F;chmack gemacht.</p><lb/>
            <p>Der Garten zu <hi rendition="#fr">Alloa</hi> oder <hi rendition="#fr">Alloway</hi> in <hi rendition="#fr">Perth&#x017F;hire</hi> geho&#x0364;rt den Grafen von<lb/><hi rendition="#fr">Marr,</hi> die hier ihren Land&#x017F;itz haben, und i&#x017F;t einer der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten und gro&#x0364;ßten<lb/>
in <hi rendition="#fr">Schottland.</hi> Der Garten von <hi rendition="#fr">Kinroß</hi> &#x017F;to&#x0364;ßt an das Ufer des Sees. Das<lb/>
Haus, das dem Baronet <hi rendition="#fr">Hope Bruce</hi> geho&#x0364;rt, i&#x017F;t ein &#x017F;cho&#x0364;nes und regelma&#x0364;ßiges<lb/>
Geba&#x0364;ude, das <hi rendition="#fr">William Bruce,</hi> der <hi rendition="#fr">&#x017F;chotti&#x017F;che Vitruv,</hi> zu <hi rendition="#fr">Carls</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> Zeit<lb/>
auf &#x017F;eine Ko&#x017F;ten gebauet; es i&#x017F;t von feinem weißen Stein, die Arbeit zeigt Ge-<lb/>
&#x017F;chmack und das Ganze i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n. Er legte zugleich viel Waldung an, und &#x017F;ein<lb/>
Enkel, der jetzige Be&#x017F;itzer, hat &#x017F;ie noch vermehrt. Der Land&#x017F;itz des Herzogs von<lb/><hi rendition="#fr">Athol</hi> liegt an der <hi rendition="#fr">Tay,</hi> mit einem angenehmen Garten. Aus ver&#x017F;chiedenen Ga&#x0364;ngen<lb/>
giebt er &#x017F;ehr maleri&#x017F;che Aus&#x017F;ichten der wilden fin&#x017F;tern Natur. In &#x017F;einem Bezirk lie-<lb/>
gen die Ruinen der vormaligen pra&#x0364;chtigen Kathedralkirche, deren Thor noch zum<lb/>
Gottesdien&#x017F;t gebraucht wird. Jen&#x017F;eit des Flu&#x017F;&#x017F;es i&#x017F;t ein angenehmer Gang am<lb/>
U&#x017F;er der <hi rendition="#fr">Bren,</hi> eines reißenden Stroms voll kleiner Steine. An &#x017F;einem Ende<lb/>
&#x017F;teht auf einem Fel&#x017F;en ein artiges Geba&#x0364;ude, das u&#x0364;ber eine Klu&#x017F;t ha&#x0364;ngt, wohin &#x017F;ich<lb/>
der Fluß mit großer He&#x017F;tigkeit von einer Ho&#x0364;he hinab&#x017F;tu&#x0364;rzt. Einige Scheiden der<lb/>
Fen&#x017F;ter des Saals &#x017F;ind von rothem Gla&#x017F;e, und dadurch macht der Wa&#x017F;&#x017F;erfall die<lb/>
Wirkung, als ob Feuer niederfiele.</p><lb/>
            <p>Auf der In&#x017F;el <hi rendition="#fr">Bute</hi> haben die Grafen die&#x017F;es Namens zu <hi rendition="#fr">Mount-Steward</hi><lb/>
an der Ku&#x0364;&#x017F;te ein neues Landhaus. Es beherr&#x017F;cht eine angenehme Aus&#x017F;icht auf einer<lb/>
Ho&#x0364;he im Geho&#x0364;lze, wovon die Ba&#x0364;ume hier &#x017F;o gut, als in den &#x017F;u&#x0364;dlichen Land&#x017F;chaften<lb/><hi rendition="#fr">Englands,</hi> fortkommen.</p><lb/>
            <p>Viele andre Gegenden von <hi rendition="#fr">Schottland,</hi> z. B. in der Nachbar&#x017F;chaft von<lb/><hi rendition="#fr">Edinburg,</hi> von <hi rendition="#fr">Cramond,</hi> die Ufer des Meerbu&#x017F;ens von <hi rendition="#fr">Forth,</hi> &#x017F;ind mit einer<lb/>
Menge von &#x017F;cho&#x0364;nen Land&#x017F;itzen des Adels und andrer wohlhabender Einwohner ge-<lb/>
ziert. <note place="foot" n="*)">Volkmanns neue&#x017F;te Rei&#x017F;en durch Schottland und Irland. (Ein Auszug aus den<lb/>
be&#x017F;ten Quellen) 8. Leipzig, 1784.</note></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">3.</hi> </head><lb/>
            <p>In <hi rendition="#fr">Irland</hi> tra&#x0364;gt die feuchte Luft, &#x017F;o viel Unbequemlichkeit &#x017F;ie hat, doch &#x017F;ehr<lb/>
zur Scho&#x0364;nheit der Wie&#x017F;en und Ra&#x017F;en bey. Das Gras er&#x017F;cheint be&#x017F;ta&#x0364;ndig in dem<lb/>
lebhafte&#x017F;ten Gru&#x0364;n, und hat nie das du&#x0364;rre und ver&#x017F;engte An&#x017F;ehen, das es &#x017F;ehr oft in<lb/>
andern La&#x0364;ndern beko&#x0364;mmt.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0288] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, von Stirling bis nach der Baß-Inſel vor ſich. Auf der andern Seite ſieht man Fifeshire und mehr als 20 kleine Staͤdte und alte verfallene Schloͤſſer. Die Scene wird durch die beſtaͤndig auf und nieder ſegelnden Schiffe belebt. Die innern Verzierungen des Hauſes ſind mit Geſchmack gemacht. Der Garten zu Alloa oder Alloway in Perthſhire gehoͤrt den Grafen von Marr, die hier ihren Landſitz haben, und iſt einer der ſchoͤnſten und groͤßten in Schottland. Der Garten von Kinroß ſtoͤßt an das Ufer des Sees. Das Haus, das dem Baronet Hope Bruce gehoͤrt, iſt ein ſchoͤnes und regelmaͤßiges Gebaͤude, das William Bruce, der ſchottiſche Vitruv, zu Carls II. Zeit auf ſeine Koſten gebauet; es iſt von feinem weißen Stein, die Arbeit zeigt Ge- ſchmack und das Ganze iſt ſchoͤn. Er legte zugleich viel Waldung an, und ſein Enkel, der jetzige Beſitzer, hat ſie noch vermehrt. Der Landſitz des Herzogs von Athol liegt an der Tay, mit einem angenehmen Garten. Aus verſchiedenen Gaͤngen giebt er ſehr maleriſche Ausſichten der wilden finſtern Natur. In ſeinem Bezirk lie- gen die Ruinen der vormaligen praͤchtigen Kathedralkirche, deren Thor noch zum Gottesdienſt gebraucht wird. Jenſeit des Fluſſes iſt ein angenehmer Gang am Uſer der Bren, eines reißenden Stroms voll kleiner Steine. An ſeinem Ende ſteht auf einem Felſen ein artiges Gebaͤude, das uͤber eine Kluſt haͤngt, wohin ſich der Fluß mit großer Heſtigkeit von einer Hoͤhe hinabſtuͤrzt. Einige Scheiden der Fenſter des Saals ſind von rothem Glaſe, und dadurch macht der Waſſerfall die Wirkung, als ob Feuer niederfiele. Auf der Inſel Bute haben die Grafen dieſes Namens zu Mount-Steward an der Kuͤſte ein neues Landhaus. Es beherrſcht eine angenehme Ausſicht auf einer Hoͤhe im Gehoͤlze, wovon die Baͤume hier ſo gut, als in den ſuͤdlichen Landſchaften Englands, fortkommen. Viele andre Gegenden von Schottland, z. B. in der Nachbarſchaft von Edinburg, von Cramond, die Ufer des Meerbuſens von Forth, ſind mit einer Menge von ſchoͤnen Landſitzen des Adels und andrer wohlhabender Einwohner ge- ziert. *) 3. In Irland traͤgt die feuchte Luft, ſo viel Unbequemlichkeit ſie hat, doch ſehr zur Schoͤnheit der Wieſen und Raſen bey. Das Gras erſcheint beſtaͤndig in dem lebhafteſten Gruͤn, und hat nie das duͤrre und verſengte Anſehen, das es ſehr oft in andern Laͤndern bekoͤmmt. Das *) Volkmanns neueſte Reiſen durch Schottland und Irland. (Ein Auszug aus den beſten Quellen) 8. Leipzig, 1784.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/288
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/288>, abgerufen am 20.04.2024.