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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
vorbemeldeten Inseln, die mit einigen Bergen abwechseln. Man fährt dem soge-
nannten Malm vorbey, der aus vielen Häusern für den Hofstaat und etlichen
Wirthshäusern besteht, und eine malerische Aussicht darstellt; die Häuser sind von
verschiedener Farbe und Bauart, welches unter dem verschiedenen Grün der Bäume
und Berge sehr angenehm hervorsticht.

Von dem Schlosse findet man in Dahlbergs Svecia antiqua & hodierna *)
eine genaue Abzeichnung, ausgenommen, daß zur linken Seite des Schlosses vier
Pavillons aufgeführt sind, von denen zwey für die Herzoge und einer zum Opern-
hause eingerichtet ist. Die Aussicht des Schlosses ist auf einer Seite, vorne, von
oberwähntem Malm und den Inseln begränzt, auf der andern, hinten, ist der
alte oder französische Garten, worinn die ersten Anlagen meistentheils beybehalten
sind, und der sich mit vielen kleinen Gebäuden, die zusammen Canton genannt
werden, endigt. Von da geht zur linken Hand eine gerade Allee durch den Thier-
garten nach China, welches ein angenehmer mit Nadelholzung umgebener Ort ist,
der mit etlichen zierlichen Häusern im chinesischen Geschmacke von der Königinn
Louise Ulrike angeleget worden. Ein jedes dieser Gebäude hat beynahe eine beson-
dere Lage und Verzierung, doch alle sind von einerley Charakter, und geben dem
Orte einen Anstand, der für die Bewohner beruhigend ist.

Im Thiergarten findet man oft Schaaren von Hirschen und Rehen, die so
zahm sind, daß sie sich ohne großes Getöse oft nicht scheuchen lassen. Weiter geht
man durch einen anmuthigen Wald, wo zwey mit Staketten eingeschränkte Plätze,
unter den Schatten verschiedener Arten Bäume, kleine Wohnungen für Gevögel
enthalten, die eine sehr ruhige Lage haben, bis der Weg sich jählings mit einer
freyen Aussicht über den Mäler endigt.

Ein andrer Weg führt durch grüne und von gruppirten Tannen gezierte Felder
gerade auf den französischen Garten zu, wodurch man alsdann seitwärts zur Linken
hineinkömmt, und gerade gegenüber den englischen Garten antrifft. Dieser ist
nur erst in seinem Anfange, und man kann daher nichts vollständiges von ihm sagen.
Doch aber, einige Kenntniß seiner Lage zu geben, wollen wir den Spaziergang wie-
der bey dem Schlosse anfangen. Wenn man von diesem in die Allee des französi-
schen
Gartens hinabgeht, steht der Papillon des Herzogs von Südermannland
rechter Hand im Winkel des Gartens. Man geht alsdann weiter die Orangerie
vorbey und nähert sich einem sehr lieblichen Hayne, wo der englische Garten

anfängt,
*) Man findet darinn schwedische Lust-
schlösser und Gärten abgebildet. Zwey
[Spaltenumbruch] Vorstellungen davon s. im 2ten B. dieser
Theorie S. 24 u. 30.

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
vorbemeldeten Inſeln, die mit einigen Bergen abwechſeln. Man faͤhrt dem ſoge-
nannten Malm vorbey, der aus vielen Haͤuſern fuͤr den Hofſtaat und etlichen
Wirthshaͤuſern beſteht, und eine maleriſche Ausſicht darſtellt; die Haͤuſer ſind von
verſchiedener Farbe und Bauart, welches unter dem verſchiedenen Gruͤn der Baͤume
und Berge ſehr angenehm hervorſticht.

Von dem Schloſſe findet man in Dahlbergs Svecia antiqua & hodierna *)
eine genaue Abzeichnung, ausgenommen, daß zur linken Seite des Schloſſes vier
Pavillons aufgefuͤhrt ſind, von denen zwey fuͤr die Herzoge und einer zum Opern-
hauſe eingerichtet iſt. Die Ausſicht des Schloſſes iſt auf einer Seite, vorne, von
oberwaͤhntem Malm und den Inſeln begraͤnzt, auf der andern, hinten, iſt der
alte oder franzoͤſiſche Garten, worinn die erſten Anlagen meiſtentheils beybehalten
ſind, und der ſich mit vielen kleinen Gebaͤuden, die zuſammen Canton genannt
werden, endigt. Von da geht zur linken Hand eine gerade Allee durch den Thier-
garten nach China, welches ein angenehmer mit Nadelholzung umgebener Ort iſt,
der mit etlichen zierlichen Haͤuſern im chineſiſchen Geſchmacke von der Koͤniginn
Louiſe Ulrike angeleget worden. Ein jedes dieſer Gebaͤude hat beynahe eine beſon-
dere Lage und Verzierung, doch alle ſind von einerley Charakter, und geben dem
Orte einen Anſtand, der fuͤr die Bewohner beruhigend iſt.

Im Thiergarten findet man oft Schaaren von Hirſchen und Rehen, die ſo
zahm ſind, daß ſie ſich ohne großes Getoͤſe oft nicht ſcheuchen laſſen. Weiter geht
man durch einen anmuthigen Wald, wo zwey mit Staketten eingeſchraͤnkte Plaͤtze,
unter den Schatten verſchiedener Arten Baͤume, kleine Wohnungen fuͤr Gevoͤgel
enthalten, die eine ſehr ruhige Lage haben, bis der Weg ſich jaͤhlings mit einer
freyen Ausſicht uͤber den Maͤler endigt.

Ein andrer Weg fuͤhrt durch gruͤne und von gruppirten Tannen gezierte Felder
gerade auf den franzoͤſiſchen Garten zu, wodurch man alsdann ſeitwaͤrts zur Linken
hineinkoͤmmt, und gerade gegenuͤber den engliſchen Garten antrifft. Dieſer iſt
nur erſt in ſeinem Anfange, und man kann daher nichts vollſtaͤndiges von ihm ſagen.
Doch aber, einige Kenntniß ſeiner Lage zu geben, wollen wir den Spaziergang wie-
der bey dem Schloſſe anfangen. Wenn man von dieſem in die Allee des franzoͤſi-
ſchen
Gartens hinabgeht, ſteht der Papillon des Herzogs von Suͤdermannland
rechter Hand im Winkel des Gartens. Man geht alsdann weiter die Orangerie
vorbey und naͤhert ſich einem ſehr lieblichen Hayne, wo der engliſche Garten

anfaͤngt,
*) Man findet darinn ſchwediſche Luſt-
ſchloͤſſer und Gaͤrten abgebildet. Zwey
[Spaltenumbruch] Vorſtellungen davon ſ. im 2ten B. dieſer
Theorie S. 24 u. 30.
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[284/0292] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, vorbemeldeten Inſeln, die mit einigen Bergen abwechſeln. Man faͤhrt dem ſoge- nannten Malm vorbey, der aus vielen Haͤuſern fuͤr den Hofſtaat und etlichen Wirthshaͤuſern beſteht, und eine maleriſche Ausſicht darſtellt; die Haͤuſer ſind von verſchiedener Farbe und Bauart, welches unter dem verſchiedenen Gruͤn der Baͤume und Berge ſehr angenehm hervorſticht. Von dem Schloſſe findet man in Dahlbergs Svecia antiqua & hodierna *) eine genaue Abzeichnung, ausgenommen, daß zur linken Seite des Schloſſes vier Pavillons aufgefuͤhrt ſind, von denen zwey fuͤr die Herzoge und einer zum Opern- hauſe eingerichtet iſt. Die Ausſicht des Schloſſes iſt auf einer Seite, vorne, von oberwaͤhntem Malm und den Inſeln begraͤnzt, auf der andern, hinten, iſt der alte oder franzoͤſiſche Garten, worinn die erſten Anlagen meiſtentheils beybehalten ſind, und der ſich mit vielen kleinen Gebaͤuden, die zuſammen Canton genannt werden, endigt. Von da geht zur linken Hand eine gerade Allee durch den Thier- garten nach China, welches ein angenehmer mit Nadelholzung umgebener Ort iſt, der mit etlichen zierlichen Haͤuſern im chineſiſchen Geſchmacke von der Koͤniginn Louiſe Ulrike angeleget worden. Ein jedes dieſer Gebaͤude hat beynahe eine beſon- dere Lage und Verzierung, doch alle ſind von einerley Charakter, und geben dem Orte einen Anſtand, der fuͤr die Bewohner beruhigend iſt. Im Thiergarten findet man oft Schaaren von Hirſchen und Rehen, die ſo zahm ſind, daß ſie ſich ohne großes Getoͤſe oft nicht ſcheuchen laſſen. Weiter geht man durch einen anmuthigen Wald, wo zwey mit Staketten eingeſchraͤnkte Plaͤtze, unter den Schatten verſchiedener Arten Baͤume, kleine Wohnungen fuͤr Gevoͤgel enthalten, die eine ſehr ruhige Lage haben, bis der Weg ſich jaͤhlings mit einer freyen Ausſicht uͤber den Maͤler endigt. Ein andrer Weg fuͤhrt durch gruͤne und von gruppirten Tannen gezierte Felder gerade auf den franzoͤſiſchen Garten zu, wodurch man alsdann ſeitwaͤrts zur Linken hineinkoͤmmt, und gerade gegenuͤber den engliſchen Garten antrifft. Dieſer iſt nur erſt in ſeinem Anfange, und man kann daher nichts vollſtaͤndiges von ihm ſagen. Doch aber, einige Kenntniß ſeiner Lage zu geben, wollen wir den Spaziergang wie- der bey dem Schloſſe anfangen. Wenn man von dieſem in die Allee des franzoͤſi- ſchen Gartens hinabgeht, ſteht der Papillon des Herzogs von Suͤdermannland rechter Hand im Winkel des Gartens. Man geht alsdann weiter die Orangerie vorbey und naͤhert ſich einem ſehr lieblichen Hayne, wo der engliſche Garten anfaͤngt, *) Man findet darinn ſchwediſche Luſt- ſchloͤſſer und Gaͤrten abgebildet. Zwey Vorſtellungen davon ſ. im 2ten B. dieſer Theorie S. 24 u. 30.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/292>, abgerufen am 24.04.2024.