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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
ziert. *) Ein den Ruinen gegenüber am Wasser sich erhebender Berg, der mit
Wein bepflanzt ist, unterbricht das Ganza, welches man sonst mit einem male über-
sehen würde; nur ist der Berg zu geradelinigt angelegt. Bey dem vorigen Besitzer
war hier eine starke Treiberey und bey 5000 Ananas in den 200 Ellen langen
hierzu erbauten Häusern anzutreffen. Der erste Berg, von welchem wir dieses alles
in einer Entfernung sehen, wird durch eine in einem Hohlwege fortgehende Straße
von einem andern etwas höhern abgesondert, auf welchem der Fürst Poniatowski
anjetzt wohnt, und solchen auch mit Pflanzungen und verschiedeneu Gebäuden besetzt
hat. Sein jetziges Wohngebäude war zu einem öffentlichen Wirthshaus angelegt,
das ihm die Aussicht jenes Berges, wo er anfänglich wohnen wollte, beleben sollte;
und als es beynahe fertig war, entschloß er sich, selbst darinn zu wohnen. Es
wurde also, so gut es seyn konnte, ohne das Ganze zu verändern, zu dem Behuf
eingerichtet, und mit den nöthigen Nebengebäuden vesehen, auch eine große Reit-
bahn angelegt, die innerlich auf Kalk, wie ein Wald, ausgemalt ist. Noch vor
zwey Jahren erbauete er daselbst ein Gebäude mit zwey Sälen und ein großes Ana-
nashaus. Auf alle diese hier übersehene Anlagen hat dieser lebhafte Herr in einer
Zeit von zwölf Jahren bey zweyhunderttausend Dukaten verbauet.

Zwischen dem Berge, wo jetzt der Fürst wohnt, und dem eben beschriebenen
Kjasdower Schlosse hat der Sohn dieses Herrn, der jetzige Großschatzmeister von
Litthauen, Fürst Stanislaus Poniatowski, auf eben dem sich in einigen
Krümmungen fortziehenden Berge vor fünf Jahren einen Garten und Wohnge-
bäude angelegt. Der Garten ist eine Mischung von Regelmäßigem und Wildem, und
hilft im Ganzen zur Verschönerung der hier befchriebenen Höhe, die vorher mit nichts
als Ziegelscheunen, Leimgruben und Abgründen bedeckt war. Die Treibereyen in
diesem Garten sind die ansehnlichsten dieser Stadt.

Der von der verstorbenen Gräfinn von Brühl, Gemahlinn des sächsischen
Ministers, auf der Neuenwelt angelegte Garten ist in dem damaligen herrschenden
Geschmack geradelinigt, hat aber schöne schattigte Gänge; jetzt besitzt ihn ebenfalls
der obgedachte Fürst Großkanz er Sapieha. Wegen seiner schönen Lage und Größe
könnte er einen trefflichen Spaziergang für das Publicum abgeben, allein er ist ver-
schlossen, weil er viele Fruchtbäume enthält, und der Besitzer Nutzen davon
ziehen will.

Der
*) Von diesem Theile des Gartens hat man ein 1775 herausgekommenes radiertes
Blatt.
V Band. P p

Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
ziert. *) Ein den Ruinen gegenuͤber am Waſſer ſich erhebender Berg, der mit
Wein bepflanzt iſt, unterbricht das Ganza, welches man ſonſt mit einem male uͤber-
ſehen wuͤrde; nur iſt der Berg zu geradelinigt angelegt. Bey dem vorigen Beſitzer
war hier eine ſtarke Treiberey und bey 5000 Ananas in den 200 Ellen langen
hierzu erbauten Haͤuſern anzutreffen. Der erſte Berg, von welchem wir dieſes alles
in einer Entfernung ſehen, wird durch eine in einem Hohlwege fortgehende Straße
von einem andern etwas hoͤhern abgeſondert, auf welchem der Fuͤrſt Poniatowski
anjetzt wohnt, und ſolchen auch mit Pflanzungen und verſchiedeneu Gebaͤuden beſetzt
hat. Sein jetziges Wohngebaͤude war zu einem oͤffentlichen Wirthshaus angelegt,
das ihm die Ausſicht jenes Berges, wo er anfaͤnglich wohnen wollte, beleben ſollte;
und als es beynahe fertig war, entſchloß er ſich, ſelbſt darinn zu wohnen. Es
wurde alſo, ſo gut es ſeyn konnte, ohne das Ganze zu veraͤndern, zu dem Behuf
eingerichtet, und mit den noͤthigen Nebengebaͤuden veſehen, auch eine große Reit-
bahn angelegt, die innerlich auf Kalk, wie ein Wald, ausgemalt iſt. Noch vor
zwey Jahren erbauete er daſelbſt ein Gebaͤude mit zwey Saͤlen und ein großes Ana-
nashaus. Auf alle dieſe hier uͤberſehene Anlagen hat dieſer lebhafte Herr in einer
Zeit von zwoͤlf Jahren bey zweyhunderttauſend Dukaten verbauet.

Zwiſchen dem Berge, wo jetzt der Fuͤrſt wohnt, und dem eben beſchriebenen
Kjasdower Schloſſe hat der Sohn dieſes Herrn, der jetzige Großſchatzmeiſter von
Litthauen, Fuͤrſt Stanislaus Poniatowski, auf eben dem ſich in einigen
Kruͤmmungen fortziehenden Berge vor fuͤnf Jahren einen Garten und Wohnge-
baͤude angelegt. Der Garten iſt eine Miſchung von Regelmaͤßigem und Wildem, und
hilft im Ganzen zur Verſchoͤnerung der hier befchriebenen Hoͤhe, die vorher mit nichts
als Ziegelſcheunen, Leimgruben und Abgruͤnden bedeckt war. Die Treibereyen in
dieſem Garten ſind die anſehnlichſten dieſer Stadt.

Der von der verſtorbenen Graͤfinn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſaͤchſiſchen
Miniſters, auf der Neuenwelt angelegte Garten iſt in dem damaligen herrſchenden
Geſchmack geradelinigt, hat aber ſchoͤne ſchattigte Gaͤnge; jetzt beſitzt ihn ebenfalls
der obgedachte Fuͤrſt Großkanz er Sapieha. Wegen ſeiner ſchoͤnen Lage und Groͤße
koͤnnte er einen trefflichen Spaziergang fuͤr das Publicum abgeben, allein er iſt ver-
ſchloſſen, weil er viele Fruchtbaͤume enthaͤlt, und der Beſitzer Nutzen davon
ziehen will.

Der
*) Von dieſem Theile des Gartens hat man ein 1775 herausgekommenes radiertes
Blatt.
V Band. P p
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[297/0305] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ziert. *) Ein den Ruinen gegenuͤber am Waſſer ſich erhebender Berg, der mit Wein bepflanzt iſt, unterbricht das Ganza, welches man ſonſt mit einem male uͤber- ſehen wuͤrde; nur iſt der Berg zu geradelinigt angelegt. Bey dem vorigen Beſitzer war hier eine ſtarke Treiberey und bey 5000 Ananas in den 200 Ellen langen hierzu erbauten Haͤuſern anzutreffen. Der erſte Berg, von welchem wir dieſes alles in einer Entfernung ſehen, wird durch eine in einem Hohlwege fortgehende Straße von einem andern etwas hoͤhern abgeſondert, auf welchem der Fuͤrſt Poniatowski anjetzt wohnt, und ſolchen auch mit Pflanzungen und verſchiedeneu Gebaͤuden beſetzt hat. Sein jetziges Wohngebaͤude war zu einem oͤffentlichen Wirthshaus angelegt, das ihm die Ausſicht jenes Berges, wo er anfaͤnglich wohnen wollte, beleben ſollte; und als es beynahe fertig war, entſchloß er ſich, ſelbſt darinn zu wohnen. Es wurde alſo, ſo gut es ſeyn konnte, ohne das Ganze zu veraͤndern, zu dem Behuf eingerichtet, und mit den noͤthigen Nebengebaͤuden veſehen, auch eine große Reit- bahn angelegt, die innerlich auf Kalk, wie ein Wald, ausgemalt iſt. Noch vor zwey Jahren erbauete er daſelbſt ein Gebaͤude mit zwey Saͤlen und ein großes Ana- nashaus. Auf alle dieſe hier uͤberſehene Anlagen hat dieſer lebhafte Herr in einer Zeit von zwoͤlf Jahren bey zweyhunderttauſend Dukaten verbauet. Zwiſchen dem Berge, wo jetzt der Fuͤrſt wohnt, und dem eben beſchriebenen Kjasdower Schloſſe hat der Sohn dieſes Herrn, der jetzige Großſchatzmeiſter von Litthauen, Fuͤrſt Stanislaus Poniatowski, auf eben dem ſich in einigen Kruͤmmungen fortziehenden Berge vor fuͤnf Jahren einen Garten und Wohnge- baͤude angelegt. Der Garten iſt eine Miſchung von Regelmaͤßigem und Wildem, und hilft im Ganzen zur Verſchoͤnerung der hier befchriebenen Hoͤhe, die vorher mit nichts als Ziegelſcheunen, Leimgruben und Abgruͤnden bedeckt war. Die Treibereyen in dieſem Garten ſind die anſehnlichſten dieſer Stadt. Der von der verſtorbenen Graͤfinn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſaͤchſiſchen Miniſters, auf der Neuenwelt angelegte Garten iſt in dem damaligen herrſchenden Geſchmack geradelinigt, hat aber ſchoͤne ſchattigte Gaͤnge; jetzt beſitzt ihn ebenfalls der obgedachte Fuͤrſt Großkanz er Sapieha. Wegen ſeiner ſchoͤnen Lage und Groͤße koͤnnte er einen trefflichen Spaziergang fuͤr das Publicum abgeben, allein er iſt ver- ſchloſſen, weil er viele Fruchtbaͤume enthaͤlt, und der Beſitzer Nutzen davon ziehen will. Der *) Von dieſem Theile des Gartens hat man ein 1775 herausgekommenes radiertes Blatt. V Band. P p

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/305>, abgerufen am 23.04.2024.