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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
alle Decken mit Malereyen, Stukarbeit und Vergoldungen überladen, und die Wände
mit reichen Tapeten bekleidet. Die an den Garten stoßende Seite des Schlosses
hat offene mit jonischen Säulen und Arcaden gezierte Gänge mit leidlichen Fresco-
gemälden, und ist ebenfalls mit Statuen, Büsten, Basreliefs und reichem Sims-
werk verziert; selbst stark a la grec, welches am Anfang der jetzigen Regierung so
stark wieder in allem zur Mode geworden war, daß es fast in den Geschmack der
Schnirkeleyen und Bambosagen verfiel, nun aber schon fast wieder vergessen ist.
Unter den Statuen da herum sind einige von Bronze von gutem Stil. Zwey auch
daselbst angebrachte runde Bilder von musivischer Arbeit, und die unter dem Säulen-
gange stehende Statue zu Pferde des Königs Johann Sobieski mit besiegten Tür-
ken, sind schön.

Der Garten hat drey Abtheilungen. Die dem Schlosse am nächsten be-
stehet aus Blumenbeeten mit Orangerie, Statuen und Vasen von Bronze besetzt,
größtentheils mittelmäßigen bleyernen Abgüssen von Antiken, und ist von bedeckten
dicht verwachsenen Gängen eingefaßt. Aus dieser steigt man eine steinerne Doppel-
treppe hinunter in ein zweytes Parterre, mit Roenstücken und allerhand Gewächsen
besetzt; an dieses stoßen auf beyden Seiten schattigte Gänge und Hecken. Unter
der Treppe ist ein Sälchen angebracht. Ein breiter Arm der Weichsel begränzt
den Garten von dieser Seite, an dessen Ufern eine aus verschiedenen Gängen beste-
hende Abtheilung von außerordentlich hohen Pappeln Ehrfurcht erregt; einige Stämme
derselben haben bey dreyzehn Ellen im Umkreis. Das jenseitige Ufer des Weichsel-
arms bestehet in einer schönen Wiese, die sich in einer großen Entfernung mit einem
im Gehölze liegenden Vorwerk endet, welches auf die Hauptöffnung der Heckenpartie
und das Mittel des Schlosses trifft. Aus diesem Untertheile des Gartens, der oft
bey großen Ergießungen des Stroms unter Wasser steht, kann man in die durch
eine Brustmauer abgesonderten neu angelegten wilden Spaziergänge kommen, die
aber noch in ihrer Kindheit sind; unterdessen ist doch alles benutzt, was die Lage des
Orts vortheilhaftes dargeboten hat.

Von hier kann man seinen Rückweg nach der Stadt entweder durch die Allee
nehmen, die nach obgedachtem Dorfe Sluszewo führt, oder durch die neue Allee,
die bis zum königl. Thiergarten angelegt worden, auch die Allee wählen, welche
durch das Dorf Czerniakow ans Ufer der Weichsel und dann über die Solec zu-
rückführt. Letztere ist zwar die sandigste, hat aber das Angenehme, daß man in
einer gewissen Entfernung alle bisher besuchte Anlagen nochmals aus einem ganz
andern Gesichtspunkte übersieht.

3. Wenn
V Band. Q q

Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
alle Decken mit Malereyen, Stukarbeit und Vergoldungen uͤberladen, und die Waͤnde
mit reichen Tapeten bekleidet. Die an den Garten ſtoßende Seite des Schloſſes
hat offene mit joniſchen Saͤulen und Arcaden gezierte Gaͤnge mit leidlichen Freſco-
gemaͤlden, und iſt ebenfalls mit Statuen, Buͤſten, Basreliefs und reichem Sims-
werk verziert; ſelbſt ſtark à la grec, welches am Anfang der jetzigen Regierung ſo
ſtark wieder in allem zur Mode geworden war, daß es faſt in den Geſchmack der
Schnirkeleyen und Bamboſagen verfiel, nun aber ſchon faſt wieder vergeſſen iſt.
Unter den Statuen da herum ſind einige von Bronze von gutem Stil. Zwey auch
daſelbſt angebrachte runde Bilder von muſiviſcher Arbeit, und die unter dem Saͤulen-
gange ſtehende Statue zu Pferde des Koͤnigs Johann Sobieski mit beſiegten Tuͤr-
ken, ſind ſchoͤn.

Der Garten hat drey Abtheilungen. Die dem Schloſſe am naͤchſten be-
ſtehet aus Blumenbeeten mit Orangerie, Statuen und Vaſen von Bronze beſetzt,
groͤßtentheils mittelmaͤßigen bleyernen Abguͤſſen von Antiken, und iſt von bedeckten
dicht verwachſenen Gaͤngen eingefaßt. Aus dieſer ſteigt man eine ſteinerne Doppel-
treppe hinunter in ein zweytes Parterre, mit Roenſtuͤcken und allerhand Gewaͤchſen
beſetzt; an dieſes ſtoßen auf beyden Seiten ſchattigte Gaͤnge und Hecken. Unter
der Treppe iſt ein Saͤlchen angebracht. Ein breiter Arm der Weichſel begraͤnzt
den Garten von dieſer Seite, an deſſen Ufern eine aus verſchiedenen Gaͤngen beſte-
hende Abtheilung von außerordentlich hohen Pappeln Ehrfurcht erregt; einige Staͤmme
derſelben haben bey dreyzehn Ellen im Umkreis. Das jenſeitige Ufer des Weichſel-
arms beſtehet in einer ſchoͤnen Wieſe, die ſich in einer großen Entfernung mit einem
im Gehoͤlze liegenden Vorwerk endet, welches auf die Hauptoͤffnung der Heckenpartie
und das Mittel des Schloſſes trifft. Aus dieſem Untertheile des Gartens, der oft
bey großen Ergießungen des Stroms unter Waſſer ſteht, kann man in die durch
eine Bruſtmauer abgeſonderten neu angelegten wilden Spaziergaͤnge kommen, die
aber noch in ihrer Kindheit ſind; unterdeſſen iſt doch alles benutzt, was die Lage des
Orts vortheilhaftes dargeboten hat.

Von hier kann man ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt entweder durch die Allee
nehmen, die nach obgedachtem Dorfe Sluszewo fuͤhrt, oder durch die neue Allee,
die bis zum koͤnigl. Thiergarten angelegt worden, auch die Allee waͤhlen, welche
durch das Dorf Czerniakow ans Ufer der Weichſel und dann uͤber die Solec zu-
ruͤckfuͤhrt. Letztere iſt zwar die ſandigſte, hat aber das Angenehme, daß man in
einer gewiſſen Entfernung alle bisher beſuchte Anlagen nochmals aus einem ganz
andern Geſichtspunkte uͤberſieht.

3. Wenn
V Band. Q q
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[305/0313] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. alle Decken mit Malereyen, Stukarbeit und Vergoldungen uͤberladen, und die Waͤnde mit reichen Tapeten bekleidet. Die an den Garten ſtoßende Seite des Schloſſes hat offene mit joniſchen Saͤulen und Arcaden gezierte Gaͤnge mit leidlichen Freſco- gemaͤlden, und iſt ebenfalls mit Statuen, Buͤſten, Basreliefs und reichem Sims- werk verziert; ſelbſt ſtark à la grec, welches am Anfang der jetzigen Regierung ſo ſtark wieder in allem zur Mode geworden war, daß es faſt in den Geſchmack der Schnirkeleyen und Bamboſagen verfiel, nun aber ſchon faſt wieder vergeſſen iſt. Unter den Statuen da herum ſind einige von Bronze von gutem Stil. Zwey auch daſelbſt angebrachte runde Bilder von muſiviſcher Arbeit, und die unter dem Saͤulen- gange ſtehende Statue zu Pferde des Koͤnigs Johann Sobieski mit beſiegten Tuͤr- ken, ſind ſchoͤn. Der Garten hat drey Abtheilungen. Die dem Schloſſe am naͤchſten be- ſtehet aus Blumenbeeten mit Orangerie, Statuen und Vaſen von Bronze beſetzt, groͤßtentheils mittelmaͤßigen bleyernen Abguͤſſen von Antiken, und iſt von bedeckten dicht verwachſenen Gaͤngen eingefaßt. Aus dieſer ſteigt man eine ſteinerne Doppel- treppe hinunter in ein zweytes Parterre, mit Roenſtuͤcken und allerhand Gewaͤchſen beſetzt; an dieſes ſtoßen auf beyden Seiten ſchattigte Gaͤnge und Hecken. Unter der Treppe iſt ein Saͤlchen angebracht. Ein breiter Arm der Weichſel begraͤnzt den Garten von dieſer Seite, an deſſen Ufern eine aus verſchiedenen Gaͤngen beſte- hende Abtheilung von außerordentlich hohen Pappeln Ehrfurcht erregt; einige Staͤmme derſelben haben bey dreyzehn Ellen im Umkreis. Das jenſeitige Ufer des Weichſel- arms beſtehet in einer ſchoͤnen Wieſe, die ſich in einer großen Entfernung mit einem im Gehoͤlze liegenden Vorwerk endet, welches auf die Hauptoͤffnung der Heckenpartie und das Mittel des Schloſſes trifft. Aus dieſem Untertheile des Gartens, der oft bey großen Ergießungen des Stroms unter Waſſer ſteht, kann man in die durch eine Bruſtmauer abgeſonderten neu angelegten wilden Spaziergaͤnge kommen, die aber noch in ihrer Kindheit ſind; unterdeſſen iſt doch alles benutzt, was die Lage des Orts vortheilhaftes dargeboten hat. Von hier kann man ſeinen Ruͤckweg nach der Stadt entweder durch die Allee nehmen, die nach obgedachtem Dorfe Sluszewo fuͤhrt, oder durch die neue Allee, die bis zum koͤnigl. Thiergarten angelegt worden, auch die Allee waͤhlen, welche durch das Dorf Czerniakow ans Ufer der Weichſel und dann uͤber die Solec zu- ruͤckfuͤhrt. Letztere iſt zwar die ſandigſte, hat aber das Angenehme, daß man in einer gewiſſen Entfernung alle bisher beſuchte Anlagen nochmals aus einem ganz andern Geſichtspunkte uͤberſieht. 3. Wenn V Band. Q q

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/313>, abgerufen am 23.04.2024.