Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.


XII.
Deutschländ.
1.

In den Provinzen von Niedersachsen zeigen die neuen Gartenanlagen in Hollstein
schon eine sehr merkwürdige Verbesserung des Geschmacks. Die wichtigsten
sind bereits in diesem Werk ausführlich beschrieben, *) und verschiedene jüngere nähern
sich allmählich ihrer Ausführung. Wenn der gute Geschmack und die Liebe zu schönen
Gärten sich hier einst mehr erheben sollte, so würde nicht leicht eine andre Gegend
von Deutschland den Vorzug der hollsteinischen übertreffen. Der weite Umfang
und die Fruchtbarkeit der Landgüter, der Reichthum ihrer Besitzer, die Schönheit
der Wälder und Wiesen, die Abwechselung der Seen, der Teiche, der Hügel und
beträchtlichen Weiden, alles dieß bietet sich zu den trefflichsten großen Anlagen und
einzelnen Verschönerungen an. Nach so manchen Reisen, die ich in und außer
Deutschland gemacht, muß ich doch gestehen, daß die hollsteinischen Gegenden
in manchem Betracht den Ruhm einer vorzüglichen Schönheit behaupten. Der ge-
wöhnliche Weg, den Reisende von Hamburg aus in dieses Herzogthum über
Bramstädt und Neumünster zu nehmen pflegen, stimmt gar nicht der Erwartung
zu, die sie sich von der Fruchtbarkeit und Anmuth dieses Landes machen dürfen. Fast
überall wird auf dieser Seite das Auge von dürren Heiden, von sumpfigten Moor-
feldern, und von der unbegränzten Flachheit der Gegenden ermüdet. Nur erst zu
Bordesholm, zwey Meilen vor Kiel, beginnt die Landschaft sich in der Anmuth
zu zeigen, die man in Hollstein zu sehen gewohnt ist. Fruchtbare Felder wechseln
mit Wäldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn sich die kleinen Hügel und
die Gebüsche spiegeln, die überall die Flächen unterbrechen. Der angenehmste Ein-
tritt in Hollstein geschieht durch die reizenden Landschaften von Plön und Eutin,
und auf diesem Wege trifft man gleich einige der schönsten Plätze, als Aschberg und
Sielbeck, an.

Im Mecklenburgischen ist das neue Schloß des Herzogs von Schwerin zu
Ludwigslust mit den benachbarten Anlagen am meisten berühmt. **) Das Schloß
gehört, einige Fehler abgerechnet, unstreitig zu den edelsten neuen Gebäuden dieser

Art
*) 1ter B. S. 75 -- 81. 2ter B. S. 137
bis 156. 4ter B. S. 206 -- 223.
**) Man hat davon 12 Vorstellungen in
[Spaltenumbruch] Kupfer unter dem Titel: Vues du Chateau
et du Jardin de Ludwigslust etc.
von
1782.
R r 2
Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.


XII.
Deutſchlaͤnd.
1.

In den Provinzen von Niederſachſen zeigen die neuen Gartenanlagen in Hollſtein
ſchon eine ſehr merkwuͤrdige Verbeſſerung des Geſchmacks. Die wichtigſten
ſind bereits in dieſem Werk ausfuͤhrlich beſchrieben, *) und verſchiedene juͤngere naͤhern
ſich allmaͤhlich ihrer Ausfuͤhrung. Wenn der gute Geſchmack und die Liebe zu ſchoͤnen
Gaͤrten ſich hier einſt mehr erheben ſollte, ſo wuͤrde nicht leicht eine andre Gegend
von Deutſchland den Vorzug der hollſteiniſchen uͤbertreffen. Der weite Umfang
und die Fruchtbarkeit der Landguͤter, der Reichthum ihrer Beſitzer, die Schoͤnheit
der Waͤlder und Wieſen, die Abwechſelung der Seen, der Teiche, der Huͤgel und
betraͤchtlichen Weiden, alles dieß bietet ſich zu den trefflichſten großen Anlagen und
einzelnen Verſchoͤnerungen an. Nach ſo manchen Reiſen, die ich in und außer
Deutſchland gemacht, muß ich doch geſtehen, daß die hollſteiniſchen Gegenden
in manchem Betracht den Ruhm einer vorzuͤglichen Schoͤnheit behaupten. Der ge-
woͤhnliche Weg, den Reiſende von Hamburg aus in dieſes Herzogthum uͤber
Bramſtaͤdt und Neumuͤnſter zu nehmen pflegen, ſtimmt gar nicht der Erwartung
zu, die ſie ſich von der Fruchtbarkeit und Anmuth dieſes Landes machen duͤrfen. Faſt
uͤberall wird auf dieſer Seite das Auge von duͤrren Heiden, von ſumpfigten Moor-
feldern, und von der unbegraͤnzten Flachheit der Gegenden ermuͤdet. Nur erſt zu
Bordesholm, zwey Meilen vor Kiel, beginnt die Landſchaft ſich in der Anmuth
zu zeigen, die man in Hollſtein zu ſehen gewohnt iſt. Fruchtbare Felder wechſeln
mit Waͤldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn ſich die kleinen Huͤgel und
die Gebuͤſche ſpiegeln, die uͤberall die Flaͤchen unterbrechen. Der angenehmſte Ein-
tritt in Hollſtein geſchieht durch die reizenden Landſchaften von Ploͤn und Eutin,
und auf dieſem Wege trifft man gleich einige der ſchoͤnſten Plaͤtze, als Aſchberg und
Sielbeck, an.

Im Mecklenburgiſchen iſt das neue Schloß des Herzogs von Schwerin zu
Ludwigsluſt mit den benachbarten Anlagen am meiſten beruͤhmt. **) Das Schloß
gehoͤrt, einige Fehler abgerechnet, unſtreitig zu den edelſten neuen Gebaͤuden dieſer

Art
*) 1ter B. S. 75 — 81. 2ter B. S. 137
bis 156. 4ter B. S. 206 — 223.
**) Man hat davon 12 Vorſtellungen in
[Spaltenumbruch] Kupfer unter dem Titel: Vues du Chateau
et du Jardin de Ludwigsluſt etc.
von
1782.
R r 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0323" n="315"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, Landha&#x0364;u&#x017F;ern, Gartengeba&#x0364;uden &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi><lb/><hi rendition="#g">Deut&#x017F;chla&#x0364;nd</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">1.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">I</hi>n den Provinzen von <hi rendition="#fr">Nieder&#x017F;ach&#x017F;en</hi> zeigen die neuen Gartenanlagen in <hi rendition="#fr">Holl&#x017F;tein</hi><lb/>
&#x017F;chon eine &#x017F;ehr merkwu&#x0364;rdige Verbe&#x017F;&#x017F;erung des Ge&#x017F;chmacks. Die wichtig&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ind bereits in die&#x017F;em Werk ausfu&#x0364;hrlich be&#x017F;chrieben, <note place="foot" n="*)">1ter B. S. 75 &#x2014; 81. 2ter B. S. 137<lb/>
bis 156. 4ter B. S. 206 &#x2014; 223.</note> und ver&#x017F;chiedene ju&#x0364;ngere na&#x0364;hern<lb/>
&#x017F;ich allma&#x0364;hlich ihrer Ausfu&#x0364;hrung. Wenn der gute Ge&#x017F;chmack und die Liebe zu &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Ga&#x0364;rten &#x017F;ich hier ein&#x017F;t mehr erheben &#x017F;ollte, &#x017F;o wu&#x0364;rde nicht leicht eine andre Gegend<lb/>
von <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland</hi> den Vorzug der <hi rendition="#fr">holl&#x017F;teini&#x017F;chen</hi> u&#x0364;bertreffen. Der weite Umfang<lb/>
und die Fruchtbarkeit der Landgu&#x0364;ter, der Reichthum ihrer Be&#x017F;itzer, die Scho&#x0364;nheit<lb/>
der Wa&#x0364;lder und Wie&#x017F;en, die Abwech&#x017F;elung der Seen, der Teiche, der Hu&#x0364;gel und<lb/>
betra&#x0364;chtlichen Weiden, alles dieß bietet &#x017F;ich zu den trefflich&#x017F;ten großen Anlagen und<lb/>
einzelnen Ver&#x017F;cho&#x0364;nerungen an. Nach &#x017F;o manchen Rei&#x017F;en, die ich in und außer<lb/><hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland</hi> gemacht, muß ich doch ge&#x017F;tehen, daß die <hi rendition="#fr">holl&#x017F;teini&#x017F;chen</hi> Gegenden<lb/>
in manchem Betracht den Ruhm einer vorzu&#x0364;glichen Scho&#x0364;nheit behaupten. Der ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche Weg, den Rei&#x017F;ende von <hi rendition="#fr">Hamburg</hi> aus in die&#x017F;es Herzogthum u&#x0364;ber<lb/><hi rendition="#fr">Bram&#x017F;ta&#x0364;dt</hi> und <hi rendition="#fr">Neumu&#x0364;n&#x017F;ter</hi> zu nehmen pflegen, &#x017F;timmt gar nicht der Erwartung<lb/>
zu, die &#x017F;ie &#x017F;ich von der Fruchtbarkeit und Anmuth die&#x017F;es Landes machen du&#x0364;rfen. Fa&#x017F;t<lb/>
u&#x0364;berall wird auf die&#x017F;er Seite das Auge von du&#x0364;rren Heiden, von &#x017F;umpfigten Moor-<lb/>
feldern, und von der unbegra&#x0364;nzten Flachheit der Gegenden ermu&#x0364;det. Nur er&#x017F;t zu<lb/><hi rendition="#fr">Bordesholm</hi>, zwey Meilen vor <hi rendition="#fr">Kiel</hi>, beginnt die Land&#x017F;chaft &#x017F;ich in der Anmuth<lb/>
zu zeigen, die man in <hi rendition="#fr">Holl&#x017F;tein</hi> zu &#x017F;ehen gewohnt i&#x017F;t. Fruchtbare Felder wech&#x017F;eln<lb/>
mit Wa&#x0364;ldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn &#x017F;ich die kleinen Hu&#x0364;gel und<lb/>
die Gebu&#x0364;&#x017F;che &#x017F;piegeln, die u&#x0364;berall die Fla&#x0364;chen unterbrechen. Der angenehm&#x017F;te Ein-<lb/>
tritt in <hi rendition="#fr">Holl&#x017F;tein</hi> ge&#x017F;chieht durch die reizenden Land&#x017F;chaften von <hi rendition="#fr">Plo&#x0364;n</hi> und <hi rendition="#fr">Eutin</hi>,<lb/>
und auf die&#x017F;em Wege trifft man gleich einige der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Pla&#x0364;tze, als <hi rendition="#fr">A&#x017F;chberg</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Sielbeck</hi>, an.</p><lb/>
            <p>Im <hi rendition="#fr">Mecklenburgi&#x017F;chen</hi> i&#x017F;t das neue Schloß des Herzogs von <hi rendition="#fr">Schwerin</hi> zu<lb/><hi rendition="#fr">Ludwigslu&#x017F;t</hi> mit den benachbarten Anlagen am mei&#x017F;ten beru&#x0364;hmt. <note place="foot" n="**)">Man hat davon 12 Vor&#x017F;tellungen in<lb/><cb/>
Kupfer unter dem Titel: <hi rendition="#aq">Vues du Chateau<lb/>
et du Jardin de Ludwigslu&#x017F;t etc.</hi> von<lb/>
1782.</note> Das Schloß<lb/>
geho&#x0364;rt, einige Fehler abgerechnet, un&#x017F;treitig zu den edel&#x017F;ten neuen Geba&#x0364;uden die&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Art</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0323] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. XII. Deutſchlaͤnd. 1. In den Provinzen von Niederſachſen zeigen die neuen Gartenanlagen in Hollſtein ſchon eine ſehr merkwuͤrdige Verbeſſerung des Geſchmacks. Die wichtigſten ſind bereits in dieſem Werk ausfuͤhrlich beſchrieben, *) und verſchiedene juͤngere naͤhern ſich allmaͤhlich ihrer Ausfuͤhrung. Wenn der gute Geſchmack und die Liebe zu ſchoͤnen Gaͤrten ſich hier einſt mehr erheben ſollte, ſo wuͤrde nicht leicht eine andre Gegend von Deutſchland den Vorzug der hollſteiniſchen uͤbertreffen. Der weite Umfang und die Fruchtbarkeit der Landguͤter, der Reichthum ihrer Beſitzer, die Schoͤnheit der Waͤlder und Wieſen, die Abwechſelung der Seen, der Teiche, der Huͤgel und betraͤchtlichen Weiden, alles dieß bietet ſich zu den trefflichſten großen Anlagen und einzelnen Verſchoͤnerungen an. Nach ſo manchen Reiſen, die ich in und außer Deutſchland gemacht, muß ich doch geſtehen, daß die hollſteiniſchen Gegenden in manchem Betracht den Ruhm einer vorzuͤglichen Schoͤnheit behaupten. Der ge- woͤhnliche Weg, den Reiſende von Hamburg aus in dieſes Herzogthum uͤber Bramſtaͤdt und Neumuͤnſter zu nehmen pflegen, ſtimmt gar nicht der Erwartung zu, die ſie ſich von der Fruchtbarkeit und Anmuth dieſes Landes machen duͤrfen. Faſt uͤberall wird auf dieſer Seite das Auge von duͤrren Heiden, von ſumpfigten Moor- feldern, und von der unbegraͤnzten Flachheit der Gegenden ermuͤdet. Nur erſt zu Bordesholm, zwey Meilen vor Kiel, beginnt die Landſchaft ſich in der Anmuth zu zeigen, die man in Hollſtein zu ſehen gewohnt iſt. Fruchtbare Felder wechſeln mit Waͤldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn ſich die kleinen Huͤgel und die Gebuͤſche ſpiegeln, die uͤberall die Flaͤchen unterbrechen. Der angenehmſte Ein- tritt in Hollſtein geſchieht durch die reizenden Landſchaften von Ploͤn und Eutin, und auf dieſem Wege trifft man gleich einige der ſchoͤnſten Plaͤtze, als Aſchberg und Sielbeck, an. Im Mecklenburgiſchen iſt das neue Schloß des Herzogs von Schwerin zu Ludwigsluſt mit den benachbarten Anlagen am meiſten beruͤhmt. **) Das Schloß gehoͤrt, einige Fehler abgerechnet, unſtreitig zu den edelſten neuen Gebaͤuden dieſer Art *) 1ter B. S. 75 — 81. 2ter B. S. 137 bis 156. 4ter B. S. 206 — 223. **) Man hat davon 12 Vorſtellungen in Kupfer unter dem Titel: Vues du Chateau et du Jardin de Ludwigsluſt etc. von 1782. R r 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/323
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/323>, abgerufen am 19.04.2024.