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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
Die Ocker windet sich in anmuthigen Krümmungen durch einen großen Wiesen
grund. Hier folgte der kleine Fluß gern der leitenden Hand der Kunst; er machte
willig einen breitern Strom, oder vertheilte sich in mehr Wendungen, wozu die nie-
brige sumpfigte Gegend behülflich seyn würde; er bildete Inseln, die, so wie hie und
da seine Ufer, mit Bäumen oder niedrigem Gebüsch verschönert würden; auch könnte
die Flachheit der jenseitigen Ebene durch Gruppen belebt, und zu kleinen perspectivi-
schen Landschaftsstücken verbessert werden. Den westlichen Abhang von dem Lust-
schloß nach dem Wiesengrund hinab könnte ein schöner Rasen kleiden, worauf die
Abendsonne zu spielen sich freuen würde; und die Plätze nach dem obern Eingange zu
wären mit Haynen von edlen Stämmen und leichten Beschattungen zu bepflanzen.
Diese Gedanken fielen mir gleich ein, als ich vor etlichen Jahren diese schöne, aber
noch zu wenig benutzte Lage sah.

Die neuen sehr anmuthigen Gärten zu Luklum und Destedt bey Braun-
schweig
sind, sowohl der Menge und Auswahl der schönsten und seltensten ausländi-
schen und besonders amerikanischen Bäume, als auch des feinen Geschmacks ihrer
jetzigen Besitzer wegen merkwürdig. *)

3.

Nach der genauen Verbindung, die der hannöversche Adel mit England
hat, und nach den häufigen Reisen dahin, sollte man allerdings wohl größere Fort-
schritte der Kunst hier erwarten. Indessen zeichnen sich die meisten Gärten im Han-
növerschen
doch durch vortreffliche Sammlungen nordamerikanischer und anderer
ausländischen Bäume und Sträucher aus. Außer den bereits beschriebenen Anla-
gen, **) verdient der wangenheimische Garten bey Hannover, der zu Eldagsen,
der hakische in Ohr, der münchhausische zu Schwöbbern vorzüglich genannt
zu werden.

Das königliche Lustschloß Monbrillant ist von guter und einfacher Architectur,
und es würde sich bey der Vorüberfahrt nach Herrnhausen dem Auge vortheilhaft
darstellen, wenn die vorliegende Allee etwas eröffnet würde. Das Gebäude ist auf
beyden Seiten von zwey schattigten Haynen von Roßkastanien eingefaßt, die es wohl
verdienten, noch verschont zu werden, als man den Garten umzuschaffen anfieng.
An den Hayn zur Rechten stößt ein Rasen mit Tannen unterbrochen, und dann
erscheint ein großer, runder, mit Orangerie besetzter Blumengarten, der noch zu viel
Symmetrie in seiner Anordnung zeigt. Die neue Anlage, die erst seit einigen Jahren

ausge-
*) Eine Beschreibung von ihnen findet
man im Gartenkalender auf 1782. S. 153
u. s. w., die hier nicht wiederholt werden darf.
**) 3ter B. S. 231 -- 251. 5ter B. S.
197 -- 231.

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Die Ocker windet ſich in anmuthigen Kruͤmmungen durch einen großen Wieſen
grund. Hier folgte der kleine Fluß gern der leitenden Hand der Kunſt; er machte
willig einen breitern Strom, oder vertheilte ſich in mehr Wendungen, wozu die nie-
brige ſumpfigte Gegend behuͤlflich ſeyn wuͤrde; er bildete Inſeln, die, ſo wie hie und
da ſeine Ufer, mit Baͤumen oder niedrigem Gebuͤſch verſchoͤnert wuͤrden; auch koͤnnte
die Flachheit der jenſeitigen Ebene durch Gruppen belebt, und zu kleinen perſpectivi-
ſchen Landſchaftsſtuͤcken verbeſſert werden. Den weſtlichen Abhang von dem Luſt-
ſchloß nach dem Wieſengrund hinab koͤnnte ein ſchoͤner Raſen kleiden, worauf die
Abendſonne zu ſpielen ſich freuen wuͤrde; und die Plaͤtze nach dem obern Eingange zu
waͤren mit Haynen von edlen Staͤmmen und leichten Beſchattungen zu bepflanzen.
Dieſe Gedanken fielen mir gleich ein, als ich vor etlichen Jahren dieſe ſchoͤne, aber
noch zu wenig benutzte Lage ſah.

Die neuen ſehr anmuthigen Gaͤrten zu Luklum und Deſtedt bey Braun-
ſchweig
ſind, ſowohl der Menge und Auswahl der ſchoͤnſten und ſeltenſten auslaͤndi-
ſchen und beſonders amerikaniſchen Baͤume, als auch des feinen Geſchmacks ihrer
jetzigen Beſitzer wegen merkwuͤrdig. *)

3.

Nach der genauen Verbindung, die der hannoͤverſche Adel mit England
hat, und nach den haͤufigen Reiſen dahin, ſollte man allerdings wohl groͤßere Fort-
ſchritte der Kunſt hier erwarten. Indeſſen zeichnen ſich die meiſten Gaͤrten im Han-
noͤverſchen
doch durch vortreffliche Sammlungen nordamerikaniſcher und anderer
auslaͤndiſchen Baͤume und Straͤucher aus. Außer den bereits beſchriebenen Anla-
gen, **) verdient der wangenheimiſche Garten bey Hannover, der zu Eldagſen,
der hakiſche in Ohr, der muͤnchhauſiſche zu Schwoͤbbern vorzuͤglich genannt
zu werden.

Das koͤnigliche Luſtſchloß Monbrillant iſt von guter und einfacher Architectur,
und es wuͤrde ſich bey der Voruͤberfahrt nach Herrnhauſen dem Auge vortheilhaft
darſtellen, wenn die vorliegende Allee etwas eroͤffnet wuͤrde. Das Gebaͤude iſt auf
beyden Seiten von zwey ſchattigten Haynen von Roßkaſtanien eingefaßt, die es wohl
verdienten, noch verſchont zu werden, als man den Garten umzuſchaffen anfieng.
An den Hayn zur Rechten ſtoͤßt ein Raſen mit Tannen unterbrochen, und dann
erſcheint ein großer, runder, mit Orangerie beſetzter Blumengarten, der noch zu viel
Symmetrie in ſeiner Anordnung zeigt. Die neue Anlage, die erſt ſeit einigen Jahren

ausge-
*) Eine Beſchreibung von ihnen findet
man im Gartenkalender auf 1782. S. 153
u. ſ. w., die hier nicht wiederholt werden darf.
**) 3ter B. S. 231 — 251. 5ter B. S.
197 — 231.
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[318/0326] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, Die Ocker windet ſich in anmuthigen Kruͤmmungen durch einen großen Wieſen grund. Hier folgte der kleine Fluß gern der leitenden Hand der Kunſt; er machte willig einen breitern Strom, oder vertheilte ſich in mehr Wendungen, wozu die nie- brige ſumpfigte Gegend behuͤlflich ſeyn wuͤrde; er bildete Inſeln, die, ſo wie hie und da ſeine Ufer, mit Baͤumen oder niedrigem Gebuͤſch verſchoͤnert wuͤrden; auch koͤnnte die Flachheit der jenſeitigen Ebene durch Gruppen belebt, und zu kleinen perſpectivi- ſchen Landſchaftsſtuͤcken verbeſſert werden. Den weſtlichen Abhang von dem Luſt- ſchloß nach dem Wieſengrund hinab koͤnnte ein ſchoͤner Raſen kleiden, worauf die Abendſonne zu ſpielen ſich freuen wuͤrde; und die Plaͤtze nach dem obern Eingange zu waͤren mit Haynen von edlen Staͤmmen und leichten Beſchattungen zu bepflanzen. Dieſe Gedanken fielen mir gleich ein, als ich vor etlichen Jahren dieſe ſchoͤne, aber noch zu wenig benutzte Lage ſah. Die neuen ſehr anmuthigen Gaͤrten zu Luklum und Deſtedt bey Braun- ſchweig ſind, ſowohl der Menge und Auswahl der ſchoͤnſten und ſeltenſten auslaͤndi- ſchen und beſonders amerikaniſchen Baͤume, als auch des feinen Geſchmacks ihrer jetzigen Beſitzer wegen merkwuͤrdig. *) 3. Nach der genauen Verbindung, die der hannoͤverſche Adel mit England hat, und nach den haͤufigen Reiſen dahin, ſollte man allerdings wohl groͤßere Fort- ſchritte der Kunſt hier erwarten. Indeſſen zeichnen ſich die meiſten Gaͤrten im Han- noͤverſchen doch durch vortreffliche Sammlungen nordamerikaniſcher und anderer auslaͤndiſchen Baͤume und Straͤucher aus. Außer den bereits beſchriebenen Anla- gen, **) verdient der wangenheimiſche Garten bey Hannover, der zu Eldagſen, der hakiſche in Ohr, der muͤnchhauſiſche zu Schwoͤbbern vorzuͤglich genannt zu werden. Das koͤnigliche Luſtſchloß Monbrillant iſt von guter und einfacher Architectur, und es wuͤrde ſich bey der Voruͤberfahrt nach Herrnhauſen dem Auge vortheilhaft darſtellen, wenn die vorliegende Allee etwas eroͤffnet wuͤrde. Das Gebaͤude iſt auf beyden Seiten von zwey ſchattigten Haynen von Roßkaſtanien eingefaßt, die es wohl verdienten, noch verſchont zu werden, als man den Garten umzuſchaffen anfieng. An den Hayn zur Rechten ſtoͤßt ein Raſen mit Tannen unterbrochen, und dann erſcheint ein großer, runder, mit Orangerie beſetzter Blumengarten, der noch zu viel Symmetrie in ſeiner Anordnung zeigt. Die neue Anlage, die erſt ſeit einigen Jahren ausge- *) Eine Beſchreibung von ihnen findet man im Gartenkalender auf 1782. S. 153 u. ſ. w., die hier nicht wiederholt werden darf. **) 3ter B. S. 231 — 251. 5ter B. S. 197 — 231.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/326>, abgerufen am 29.03.2024.