Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
der Wohngebäude, um das Brunnenhaus, oder um die Bäder, in diese Anlagen
kommen. Sie sind hier nicht allein als Zugänge schicklich, sondern auch bequem
zum gesellschaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengäste und zur Un-
terhaltung. Man ist an diesen Oertern vergnügt, sogleich aus dem Hause oder von
dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier müssen demnach hohe und laubreiche
Bäume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengast, ohne ihn im geringsten von
der Sonne leiden zu lassen, mit ihren kühlen Schattengewölben beschirmen. Diese
geraden Alleen können sowohl mit erweiterten, doch immer beschatteten, Versamm-
lungsplätzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit schlängelnden Gängen
wechseln, die in die übrigen Anlagen führen. Hohe Hecken, die schon an sich so
verwerflich sind, werden an Brunnenörtern noch unerträglicher, indem sie zwischen
ihren Wänden die Luft, wie den Menschen, einsperren, und in manchen Stunden
des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verständige Pflanzung giebt ei-
nen weit sicherern und reichern Schatten. Auch lange künstliche Bogengänge sind
hier zu vermeiden, weil sie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in sich
schließen.

Einheimische und ausländische Bäume und Sträucher mit mancherley Stau-
den und Blumenpflanzen vermischt, können die Alleen, oder die mehr freyen und
natürlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattengänge bilden. Von den Bäu-
men sind solche Gattungen zu wählen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten,
als Roßkastanien, Platanen, Ahornen, italiänische und carolinische Pappeln,
Tulpenbäume, Katalpen, u. f. sondern auch wohlriechendes Laub und Blüthen ha-
ben, als Balsampappeln, Linden, virginische Robinien (Robinia Pseudoacacia, L.),
blühende Eschen (Fraxinus ornus, L.) u. a. Die Sträucher, die zu diesen Pflan-
zungen gehören, blühen entweder fast den ganzen Sommer hindurch, oder sie em-
pfehlen sich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit
ihrer Blumen. *) Mit diesen Bäumen und Sträuchern können nicht allein solche
Stauden, die in den Sommermonaten lange blühen, und besonders wohlriechende,
sondern auch Arzeneykräuter von einem angenehmen gewürzhaften und stärkenden
Geruch, als die römische Chamille (Anthemis nobilis, L.), Krausemünze, Melisse,
Salvey, Lavendel u. s. w. zur Bereicherung der Gebüsche verbunden werden. Die
niedrigen Sträucher, besonders die schönblühenden, demnächst die feinsten Blumen
und die angenehmsten Pflanzen erscheinen an dem Rande der Gebüsche und bekränzen

die
*) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
der Wohngebaͤude, um das Brunnenhaus, oder um die Baͤder, in dieſe Anlagen
kommen. Sie ſind hier nicht allein als Zugaͤnge ſchicklich, ſondern auch bequem
zum geſellſchaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengaͤſte und zur Un-
terhaltung. Man iſt an dieſen Oertern vergnuͤgt, ſogleich aus dem Hauſe oder von
dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier muͤſſen demnach hohe und laubreiche
Baͤume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengaſt, ohne ihn im geringſten von
der Sonne leiden zu laſſen, mit ihren kuͤhlen Schattengewoͤlben beſchirmen. Dieſe
geraden Alleen koͤnnen ſowohl mit erweiterten, doch immer beſchatteten, Verſamm-
lungsplaͤtzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen
wechſeln, die in die uͤbrigen Anlagen fuͤhren. Hohe Hecken, die ſchon an ſich ſo
verwerflich ſind, werden an Brunnenoͤrtern noch unertraͤglicher, indem ſie zwiſchen
ihren Waͤnden die Luft, wie den Menſchen, einſperren, und in manchen Stunden
des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verſtaͤndige Pflanzung giebt ei-
nen weit ſicherern und reichern Schatten. Auch lange kuͤnſtliche Bogengaͤnge ſind
hier zu vermeiden, weil ſie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in ſich
ſchließen.

Einheimiſche und auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher mit mancherley Stau-
den und Blumenpflanzen vermiſcht, koͤnnen die Alleen, oder die mehr freyen und
natuͤrlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattengaͤnge bilden. Von den Baͤu-
men ſind ſolche Gattungen zu waͤhlen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten,
als Roßkaſtanien, Platanen, Ahornen, italiaͤniſche und caroliniſche Pappeln,
Tulpenbaͤume, Katalpen, u. f. ſondern auch wohlriechendes Laub und Bluͤthen ha-
ben, als Balſampappeln, Linden, virginiſche Robinien (Robinia Pſeudoacacia, L.),
bluͤhende Eſchen (Fraxinus ornus, L.) u. a. Die Straͤucher, die zu dieſen Pflan-
zungen gehoͤren, bluͤhen entweder faſt den ganzen Sommer hindurch, oder ſie em-
pfehlen ſich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit
ihrer Blumen. *) Mit dieſen Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen nicht allein ſolche
Stauden, die in den Sommermonaten lange bluͤhen, und beſonders wohlriechende,
ſondern auch Arzeneykraͤuter von einem angenehmen gewuͤrzhaften und ſtaͤrkenden
Geruch, als die roͤmiſche Chamille (Anthemis nobilis, L.), Krauſemuͤnze, Meliſſe,
Salvey, Lavendel u. ſ. w. zur Bereicherung der Gebuͤſche verbunden werden. Die
niedrigen Straͤucher, beſonders die ſchoͤnbluͤhenden, demnaͤchſt die feinſten Blumen
und die angenehmſten Pflanzen erſcheinen an dem Rande der Gebuͤſche und bekraͤnzen

die
*) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0094" n="86"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenter Ab&#x017F;chnitt. Ga&#x0364;rten, deren Charakter</hi></fw><lb/>
der Wohngeba&#x0364;ude, um das Brunnenhaus, oder um die Ba&#x0364;der, in die&#x017F;e Anlagen<lb/>
kommen. Sie &#x017F;ind hier nicht allein als Zuga&#x0364;nge &#x017F;chicklich, &#x017F;ondern auch bequem<lb/>
zum ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnenga&#x0364;&#x017F;te und zur Un-<lb/>
terhaltung. Man i&#x017F;t an die&#x017F;en Oertern vergnu&#x0364;gt, &#x017F;ogleich aus dem Hau&#x017F;e oder von<lb/>
dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en demnach hohe und laubreiche<lb/>
Ba&#x0364;ume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnenga&#x017F;t, ohne ihn im gering&#x017F;ten von<lb/>
der Sonne leiden zu la&#x017F;&#x017F;en, mit ihren ku&#x0364;hlen Schattengewo&#x0364;lben be&#x017F;chirmen. Die&#x017F;e<lb/>
geraden Alleen ko&#x0364;nnen &#x017F;owohl mit erweiterten, doch immer be&#x017F;chatteten, Ver&#x017F;amm-<lb/>
lungspla&#x0364;tzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit &#x017F;chla&#x0364;ngelnden Ga&#x0364;ngen<lb/>
wech&#x017F;eln, die in die u&#x0364;brigen Anlagen fu&#x0364;hren. Hohe Hecken, die &#x017F;chon an &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
verwerflich &#x017F;ind, werden an Brunneno&#x0364;rtern noch unertra&#x0364;glicher, indem &#x017F;ie zwi&#x017F;chen<lb/>
ihren Wa&#x0364;nden die Luft, wie den Men&#x017F;chen, ein&#x017F;perren, und in manchen Stunden<lb/>
des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Pflanzung giebt ei-<lb/>
nen weit &#x017F;icherern und reichern Schatten. Auch lange ku&#x0364;n&#x017F;tliche Bogenga&#x0364;nge &#x017F;ind<lb/>
hier zu vermeiden, weil &#x017F;ie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chließen.</p><lb/>
              <p>Einheimi&#x017F;che und ausla&#x0364;ndi&#x017F;che Ba&#x0364;ume und Stra&#x0364;ucher mit mancherley Stau-<lb/>
den und Blumenpflanzen vermi&#x017F;cht, ko&#x0364;nnen die Alleen, oder die mehr freyen und<lb/>
natu&#x0364;rlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattenga&#x0364;nge bilden. Von den Ba&#x0364;u-<lb/>
men &#x017F;ind &#x017F;olche Gattungen zu wa&#x0364;hlen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten,<lb/>
als Roßka&#x017F;tanien, Platanen, Ahornen, <hi rendition="#fr">italia&#x0364;ni&#x017F;che</hi> und <hi rendition="#fr">carolini&#x017F;che</hi> Pappeln,<lb/>
Tulpenba&#x0364;ume, Katalpen, u. f. &#x017F;ondern auch wohlriechendes Laub und Blu&#x0364;then ha-<lb/>
ben, als Bal&#x017F;ampappeln, Linden, <hi rendition="#fr">virgini&#x017F;che</hi> Robinien <hi rendition="#aq">(Robinia P&#x017F;eudoacacia, L.)</hi>,<lb/>
blu&#x0364;hende E&#x017F;chen <hi rendition="#aq">(Fraxinus ornus, L.)</hi> u. a. Die Stra&#x0364;ucher, die zu die&#x017F;en Pflan-<lb/>
zungen geho&#x0364;ren, blu&#x0364;hen entweder fa&#x017F;t den ganzen Sommer hindurch, oder &#x017F;ie em-<lb/>
pfehlen &#x017F;ich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit<lb/>
ihrer Blumen. <note place="foot" n="*)">S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.</note> Mit die&#x017F;en Ba&#x0364;umen und Stra&#x0364;uchern ko&#x0364;nnen nicht allein &#x017F;olche<lb/>
Stauden, die in den Sommermonaten lange blu&#x0364;hen, und be&#x017F;onders wohlriechende,<lb/>
&#x017F;ondern auch Arzeneykra&#x0364;uter von einem angenehmen gewu&#x0364;rzhaften und &#x017F;ta&#x0364;rkenden<lb/>
Geruch, als die ro&#x0364;mi&#x017F;che Chamille <hi rendition="#aq">(Anthemis nobilis, L.)</hi>, Krau&#x017F;emu&#x0364;nze, Meli&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
Salvey, Lavendel u. &#x017F;. w. zur Bereicherung der Gebu&#x0364;&#x017F;che verbunden werden. Die<lb/>
niedrigen Stra&#x0364;ucher, be&#x017F;onders die &#x017F;cho&#x0364;nblu&#x0364;henden, demna&#x0364;ch&#x017F;t die fein&#x017F;ten Blumen<lb/>
und die angenehm&#x017F;ten Pflanzen er&#x017F;cheinen an dem Rande der Gebu&#x0364;&#x017F;che und bekra&#x0364;nzen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0094] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter der Wohngebaͤude, um das Brunnenhaus, oder um die Baͤder, in dieſe Anlagen kommen. Sie ſind hier nicht allein als Zugaͤnge ſchicklich, ſondern auch bequem zum geſellſchaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengaͤſte und zur Un- terhaltung. Man iſt an dieſen Oertern vergnuͤgt, ſogleich aus dem Hauſe oder von dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier muͤſſen demnach hohe und laubreiche Baͤume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengaſt, ohne ihn im geringſten von der Sonne leiden zu laſſen, mit ihren kuͤhlen Schattengewoͤlben beſchirmen. Dieſe geraden Alleen koͤnnen ſowohl mit erweiterten, doch immer beſchatteten, Verſamm- lungsplaͤtzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen wechſeln, die in die uͤbrigen Anlagen fuͤhren. Hohe Hecken, die ſchon an ſich ſo verwerflich ſind, werden an Brunnenoͤrtern noch unertraͤglicher, indem ſie zwiſchen ihren Waͤnden die Luft, wie den Menſchen, einſperren, und in manchen Stunden des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verſtaͤndige Pflanzung giebt ei- nen weit ſicherern und reichern Schatten. Auch lange kuͤnſtliche Bogengaͤnge ſind hier zu vermeiden, weil ſie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in ſich ſchließen. Einheimiſche und auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher mit mancherley Stau- den und Blumenpflanzen vermiſcht, koͤnnen die Alleen, oder die mehr freyen und natuͤrlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattengaͤnge bilden. Von den Baͤu- men ſind ſolche Gattungen zu waͤhlen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten, als Roßkaſtanien, Platanen, Ahornen, italiaͤniſche und caroliniſche Pappeln, Tulpenbaͤume, Katalpen, u. f. ſondern auch wohlriechendes Laub und Bluͤthen ha- ben, als Balſampappeln, Linden, virginiſche Robinien (Robinia Pſeudoacacia, L.), bluͤhende Eſchen (Fraxinus ornus, L.) u. a. Die Straͤucher, die zu dieſen Pflan- zungen gehoͤren, bluͤhen entweder faſt den ganzen Sommer hindurch, oder ſie em- pfehlen ſich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit ihrer Blumen. *) Mit dieſen Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen nicht allein ſolche Stauden, die in den Sommermonaten lange bluͤhen, und beſonders wohlriechende, ſondern auch Arzeneykraͤuter von einem angenehmen gewuͤrzhaften und ſtaͤrkenden Geruch, als die roͤmiſche Chamille (Anthemis nobilis, L.), Krauſemuͤnze, Meliſſe, Salvey, Lavendel u. ſ. w. zur Bereicherung der Gebuͤſche verbunden werden. Die niedrigen Straͤucher, beſonders die ſchoͤnbluͤhenden, demnaͤchſt die feinſten Blumen und die angenehmſten Pflanzen erſcheinen an dem Rande der Gebuͤſche und bekraͤnzen die *) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/94
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/94>, abgerufen am 18.04.2024.