Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
An Dafnens Kanarienvogel.

1772.


Liebes Vögelein, ach! wie ruhig schläfst du,
Dein gesunkenes Köpflein unterm Fittig;
Träumst Gesänge des Tages, pickst aus Dafnens
Schönen Händen ein Stücklein Zucker, oder
Was vor herliche Träume dich umgaukeln!
Neidenswehrter, ach! zehnmal neidenswehrter
Ist, o Vogel, dein Schicksal, als das meine!
Nie umflattert des Schlummers Rosensittig
Diese weinenden Augen! Dafne klopfet
Mir in jeglichem Puls; und fern ist Dafne!
O verwandelten mich die guten Götter
In dies Vögelein! O wie wollt' ich zwitschernd
Dafnens wallender Brust entgegenflattern,
Auf dem Strausse mich wiegen, und vom Kranze
Ihrer Locken ein Minneliedchen flöten!
In
An Dafnens Kanarienvogel.

1772.


Liebes Vögelein, ach! wie ruhig ſchläfſt du,
Dein geſunkenes Köpflein unterm Fittig;
Träumſt Geſänge des Tages, pickſt aus Dafnens
Schönen Händen ein Stücklein Zucker, oder
Was vor herliche Träume dich umgaukeln!
Neidenswehrter, ach! zehnmal neidenswehrter
Iſt, o Vogel, dein Schickſal, als das meine!
Nie umflattert des Schlummers Roſenſittig
Dieſe weinenden Augen! Dafne klopfet
Mir in jeglichem Puls; und fern iſt Dafne!
O verwandelten mich die guten Götter
In dies Vögelein! O wie wollt' ich zwitſchernd
Dafnens wallender Bruſt entgegenflattern,
Auf dem Strauſſe mich wiegen, und vom Kranze
Ihrer Locken ein Minneliedchen flöten!
In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0120" n="80"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>An Dafnens Kanarienvogel.<lb/></head>
          <p rendition="#c">1772.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">L</hi>iebes Vögelein, ach! wie ruhig &#x017F;chläf&#x017F;t du,</l><lb/>
            <l>Dein ge&#x017F;unkenes Köpflein unterm Fittig;</l><lb/>
            <l>Träum&#x017F;t Ge&#x017F;änge des Tages, pick&#x017F;t aus Dafnens</l><lb/>
            <l>Schönen Händen ein Stücklein Zucker, oder</l><lb/>
            <l>Was vor herliche Träume dich umgaukeln!</l><lb/>
            <l>Neidenswehrter, ach! zehnmal neidenswehrter</l><lb/>
            <l>I&#x017F;t, o Vogel, dein Schick&#x017F;al, als das meine!</l><lb/>
            <l>Nie umflattert des Schlummers Ro&#x017F;en&#x017F;ittig</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e weinenden Augen! Dafne klopfet</l><lb/>
            <l>Mir in jeglichem Puls; und fern i&#x017F;t Dafne!</l><lb/>
            <l>O verwandelten mich die guten Götter</l><lb/>
            <l>In dies Vögelein! O wie wollt' ich zwit&#x017F;chernd</l><lb/>
            <l>Dafnens wallender Bru&#x017F;t entgegenflattern,</l><lb/>
            <l>Auf dem Strau&#x017F;&#x017F;e mich wiegen, und vom Kranze</l><lb/>
            <l>Ihrer Locken ein Minneliedchen flöten!</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">In<lb/></fw>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0120] An Dafnens Kanarienvogel. 1772. Liebes Vögelein, ach! wie ruhig ſchläfſt du, Dein geſunkenes Köpflein unterm Fittig; Träumſt Geſänge des Tages, pickſt aus Dafnens Schönen Händen ein Stücklein Zucker, oder Was vor herliche Träume dich umgaukeln! Neidenswehrter, ach! zehnmal neidenswehrter Iſt, o Vogel, dein Schickſal, als das meine! Nie umflattert des Schlummers Roſenſittig Dieſe weinenden Augen! Dafne klopfet Mir in jeglichem Puls; und fern iſt Dafne! O verwandelten mich die guten Götter In dies Vögelein! O wie wollt' ich zwitſchernd Dafnens wallender Bruſt entgegenflattern, Auf dem Strauſſe mich wiegen, und vom Kranze Ihrer Locken ein Minneliedchen flöten! In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/120
Zitationshilfe: Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/120>, abgerufen am 29.03.2024.