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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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und der Geist der Kunst hatte sich seiner so
ganz und gar bemächtigt, daß er nichts an¬
ders denken konnte. Daher hielt er auch die
Kunst höher, als alle Ehre und Pracht auf
Erden, und alles übrige Thun und Treiben
der Menschen erschien ihm als ein klägliches
Bemühen um eitlen Tand. Er konnte von
der Kunst und von dem Meister, der schon
hoch in den Jahren war, nicht lassen, und
schrieb daher dem Vater zurück, daß er
wohl den Pinsel, aber nicht den Szepter zu
führen verstehe, und bei Leonardo bleiben
wolle. Da war der alte stolze Fürst Camil¬
lo hoch erzürnt, schalt den Sohn einen un¬
würdigen Thoren, und schickte vertraute Die¬
ner ab, die den Sohn zurückbringen sollten.
Als nun aber Francesko standhaft verwei¬
gerte, zurückzukehren, als er erklärte,
daß ein Fürst, von allem Glanz des Throns
umstralt, ihm nur ein elendiglich Wesen dün¬
ke gegen einen tüchtigen Mahler, und daß
die größten Kriegesthaten nur ein grausames

und der Geiſt der Kunſt hatte ſich ſeiner ſo
ganz und gar bemaͤchtigt, daß er nichts an¬
ders denken konnte. Daher hielt er auch die
Kunſt hoͤher, als alle Ehre und Pracht auf
Erden, und alles uͤbrige Thun und Treiben
der Menſchen erſchien ihm als ein klaͤgliches
Bemuͤhen um eitlen Tand. Er konnte von
der Kunſt und von dem Meiſter, der ſchon
hoch in den Jahren war, nicht laſſen, und
ſchrieb daher dem Vater zuruͤck, daß er
wohl den Pinſel, aber nicht den Szepter zu
fuͤhren verſtehe, und bei Leonardo bleiben
wolle. Da war der alte ſtolze Fuͤrſt Camil¬
lo hoch erzuͤrnt, ſchalt den Sohn einen un¬
wuͤrdigen Thoren, und ſchickte vertraute Die¬
ner ab, die den Sohn zuruͤckbringen ſollten.
Als nun aber Francesko ſtandhaft verwei¬
gerte, zuruͤckzukehren, als er erklaͤrte,
daß ein Fuͤrſt, von allem Glanz des Throns
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[207/0215] und der Geiſt der Kunſt hatte ſich ſeiner ſo ganz und gar bemaͤchtigt, daß er nichts an¬ ders denken konnte. Daher hielt er auch die Kunſt hoͤher, als alle Ehre und Pracht auf Erden, und alles uͤbrige Thun und Treiben der Menſchen erſchien ihm als ein klaͤgliches Bemuͤhen um eitlen Tand. Er konnte von der Kunſt und von dem Meiſter, der ſchon hoch in den Jahren war, nicht laſſen, und ſchrieb daher dem Vater zuruͤck, daß er wohl den Pinſel, aber nicht den Szepter zu fuͤhren verſtehe, und bei Leonardo bleiben wolle. Da war der alte ſtolze Fuͤrſt Camil¬ lo hoch erzuͤrnt, ſchalt den Sohn einen un¬ wuͤrdigen Thoren, und ſchickte vertraute Die¬ ner ab, die den Sohn zuruͤckbringen ſollten. Als nun aber Francesko ſtandhaft verwei¬ gerte, zuruͤckzukehren, als er erklaͤrte, daß ein Fuͤrſt, von allem Glanz des Throns umſtralt, ihm nur ein elendiglich Weſen duͤn¬ ke gegen einen tuͤchtigen Mahler, und daß die groͤßten Kriegesthaten nur ein grauſames

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/215>, abgerufen am 19.04.2024.