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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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alles für einen Fiebertraum halten, daß ich vielleicht
selbst auf der Stelle überschnappen soll, so sagen Sie
mir nur, von wem Sie reden, von was für einem Ge¬
fangenen." -- "Wie," erwiderte die Dame,
ich verstehe Sie nicht, wollen Sie vielleicht gar läug¬
nen, daß er wirklich in Ihre Gefangenschaft gerieth? --
War ich denn nicht dabei, als er, da Sie die Jagd
kauften" --

"Wer," schrie Peregrin ganz außer sich, wer
ist der Er? -- Zum erstenmal in meinem Leben sehe
ich Sie mein Fräulein, wer sind Sie, wer ist der Er?"

Da fiel aber die Dame ganz aufgelöst in Schmerz
dem Peregrin zu Füßen und rief, indem ihr die Thrä¬
nen reichlich aus den Augen strömten: "Peregrin,
sey menschlich, sey barmherzig, gib ihn mir wieder! --
gib ihn mir wieder!" Und dazwischen schrie Herr Pe¬
regrinus: "Ich werde wahnsinnig -- ich werde
toll!" --

Plötzlich raffte sich die Dame auf. Sie erschien
viel größer als vorher, ihre Augen sprühten Feuer,
ihre Lippen bebten, sie rief mit wilder Gebehrde:
"Ha Barbar! -- in dir wohnt kein menschliches
Herz -- du bist unerbittlich -- du willst meinen Tod,
mein Verderben -- du gibst ihn mir nicht wieder! --
Nein -- nimmer -- nimmer -- ha ich Unglückse¬

alles für einen Fiebertraum halten, daß ich vielleicht
ſelbſt auf der Stelle überſchnappen ſoll, ſo ſagen Sie
mir nur, von wem Sie reden, von was für einem Ge¬
fangenen.» — »Wie,» erwiderte die Dame,
ich verſtehe Sie nicht, wollen Sie vielleicht gar läug¬
nen, daß er wirklich in Ihre Gefangenſchaft gerieth? —
War ich denn nicht dabei, als er, da Sie die Jagd
kauften» —

»Wer,» ſchrie Peregrin ganz außer ſich, wer
iſt der Er? — Zum erſtenmal in meinem Leben ſehe
ich Sie mein Fräulein, wer ſind Sie, wer iſt der Er

Da fiel aber die Dame ganz aufgelöſt in Schmerz
dem Peregrin zu Füßen und rief, indem ihr die Thrä¬
nen reichlich aus den Augen ſtrömten: »Peregrin,
ſey menſchlich, ſey barmherzig, gib ihn mir wieder! —
gib ihn mir wieder!» Und dazwiſchen ſchrie Herr Pe¬
regrinus: »Ich werde wahnſinnig — ich werde
toll!» —

Plötzlich raffte ſich die Dame auf. Sie erſchien
viel größer als vorher, ihre Augen ſprühten Feuer,
ihre Lippen bebten, ſie rief mit wilder Gebehrde:
»Ha Barbar! — in dir wohnt kein menſchliches
Herz — du biſt unerbittlich — du willſt meinen Tod,
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Nein — nimmer — nimmer — ha ich Unglückſe¬

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[44/0049] alles für einen Fiebertraum halten, daß ich vielleicht ſelbſt auf der Stelle überſchnappen ſoll, ſo ſagen Sie mir nur, von wem Sie reden, von was für einem Ge¬ fangenen.» — »Wie,» erwiderte die Dame, ich verſtehe Sie nicht, wollen Sie vielleicht gar läug¬ nen, daß er wirklich in Ihre Gefangenſchaft gerieth? — War ich denn nicht dabei, als er, da Sie die Jagd kauften» — »Wer,» ſchrie Peregrin ganz außer ſich, wer iſt der Er? — Zum erſtenmal in meinem Leben ſehe ich Sie mein Fräulein, wer ſind Sie, wer iſt der Er?» Da fiel aber die Dame ganz aufgelöſt in Schmerz dem Peregrin zu Füßen und rief, indem ihr die Thrä¬ nen reichlich aus den Augen ſtrömten: »Peregrin, ſey menſchlich, ſey barmherzig, gib ihn mir wieder! — gib ihn mir wieder!» Und dazwiſchen ſchrie Herr Pe¬ regrinus: »Ich werde wahnſinnig — ich werde toll!» — Plötzlich raffte ſich die Dame auf. Sie erſchien viel größer als vorher, ihre Augen ſprühten Feuer, ihre Lippen bebten, ſie rief mit wilder Gebehrde: »Ha Barbar! — in dir wohnt kein menſchliches Herz — du biſt unerbittlich — du willſt meinen Tod, mein Verderben — du gibſt ihn mir nicht wieder! — Nein — nimmer — nimmer — ha ich Unglückſe¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/49>, abgerufen am 29.03.2024.