Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Zarte Rücksichten.
Wir waren es! o Heil, daß wir es waren,
Die einst erfanden vor vierhundert Jahren
Dich, Pflegetochter hoher Gnad' und Gunst,
Dich, weltberühmte edle Druckerkunst!
Herbei aus allen deutschen Gau'n in Schaaren!
Kommt, lasst uns unsern Dank Ihm offenbaren,
Ihm, der das Wort gefreit aus seinem Bann,
Daß es die ganze Welt erfreuen kann.
Von allen Thürmen soll es hell erschallen,
Aus allen Feuerschlünden wiederhallen!
Dank, Guttenberg, du hast das Wort gefreit,
Frei sei's und bleib's bei uns auch allezeit!
Doch nein! es ist manch allerhöchster Wille,
Daß wir uns jetzt nur freu'n ganz stille, stille:
Ein Jubelfest von Deutschland nur allein
Säh' aus, als sollt' es Schadenfreude sein.
Was würde Holland wohl, was China sagen,
Wenn wir so jubelten in diesen Tagen?
Es ist kein schönes, ist kein würdig Fest,
Wozu sich nicht der Nachbar laden läßt.

Zarte Rückſichten.
Wir waren es! o Heil, daß wir es waren,
Die einſt erfanden vor vierhundert Jahren
Dich, Pflegetochter hoher Gnad' und Gunſt,
Dich, weltberühmte edle Druckerkunſt!
Herbei aus allen deutſchen Gau'n in Schaaren!
Kommt, laſſt uns unſern Dank Ihm offenbaren,
Ihm, der das Wort gefreit aus ſeinem Bann,
Daß es die ganze Welt erfreuen kann.
Von allen Thürmen ſoll es hell erſchallen,
Aus allen Feuerſchlünden wiederhallen!
Dank, Guttenberg, du haſt das Wort gefreit,
Frei ſei's und bleib's bei uns auch allezeit!
Doch nein! es iſt manch allerhöchſter Wille,
Daß wir uns jetzt nur freu'n ganz ſtille, ſtille:
Ein Jubelfeſt von Deutſchland nur allein
Säh' aus, als ſollt' es Schadenfreude ſein.
Was würde Holland wohl, was China ſagen,
Wenn wir ſo jubelten in dieſen Tagen?
Es iſt kein ſchönes, iſt kein würdig Feſt,
Wozu ſich nicht der Nachbar laden läßt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0041" n="23"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Zarte Rück&#x017F;ichten.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wir waren es! o Heil, daß <hi rendition="#g">wir</hi> es waren,</l><lb/>
              <l>Die ein&#x017F;t erfanden vor vierhundert Jahren</l><lb/>
              <l>Dich, Pflegetochter hoher Gnad' und Gun&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Dich, weltberühmte edle Druckerkun&#x017F;t!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Herbei aus allen deut&#x017F;chen Gau'n in Schaaren!</l><lb/>
              <l>Kommt, la&#x017F;&#x017F;t uns un&#x017F;ern Dank Ihm offenbaren,</l><lb/>
              <l>Ihm, der das Wort gefreit aus &#x017F;einem Bann,</l><lb/>
              <l>Daß es die ganze Welt erfreuen kann.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Von allen Thürmen &#x017F;oll es hell er&#x017F;challen,</l><lb/>
              <l>Aus allen Feuer&#x017F;chlünden wiederhallen!</l><lb/>
              <l>Dank, Guttenberg, du ha&#x017F;t das Wort gefreit,</l><lb/>
              <l>Frei &#x017F;ei's und bleib's bei uns auch allezeit!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Doch nein! es i&#x017F;t manch allerhöch&#x017F;ter Wille,</l><lb/>
              <l>Daß wir uns jetzt nur freu'n ganz &#x017F;tille, &#x017F;tille:</l><lb/>
              <l>Ein Jubelfe&#x017F;t von Deut&#x017F;chland nur allein</l><lb/>
              <l>Säh' aus, als &#x017F;ollt' es Schadenfreude &#x017F;ein.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Was würde Holland wohl, was China &#x017F;agen,</l><lb/>
              <l>Wenn wir &#x017F;o jubelten in die&#x017F;en Tagen?</l><lb/>
              <l>Es i&#x017F;t kein &#x017F;chönes, i&#x017F;t kein würdig Fe&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Wozu &#x017F;ich nicht der Nachbar laden läßt.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0041] Zarte Rückſichten. Wir waren es! o Heil, daß wir es waren, Die einſt erfanden vor vierhundert Jahren Dich, Pflegetochter hoher Gnad' und Gunſt, Dich, weltberühmte edle Druckerkunſt! Herbei aus allen deutſchen Gau'n in Schaaren! Kommt, laſſt uns unſern Dank Ihm offenbaren, Ihm, der das Wort gefreit aus ſeinem Bann, Daß es die ganze Welt erfreuen kann. Von allen Thürmen ſoll es hell erſchallen, Aus allen Feuerſchlünden wiederhallen! Dank, Guttenberg, du haſt das Wort gefreit, Frei ſei's und bleib's bei uns auch allezeit! Doch nein! es iſt manch allerhöchſter Wille, Daß wir uns jetzt nur freu'n ganz ſtille, ſtille: Ein Jubelfeſt von Deutſchland nur allein Säh' aus, als ſollt' es Schadenfreude ſein. Was würde Holland wohl, was China ſagen, Wenn wir ſo jubelten in dieſen Tagen? Es iſt kein ſchönes, iſt kein würdig Feſt, Wozu ſich nicht der Nachbar laden läßt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_unpolitische01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_unpolitische01_1840/41
Zitationshilfe: Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_unpolitische01_1840/41>, abgerufen am 24.04.2024.