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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Hochzeit-Gedichte.
Der verkleidete Cupido/ bey Hoch-
fürstl. Verlöbniß ihrer Durchl. Eleonoren Erdmuth
Louysen/ verwittbeter Brandenburgischen Marg-
gräfin von Anspach/ mit seiner Churfürstl. Durchl.
von Sachsen/ Johann Georgen dem
Vierdten.
DIe schöne Marggräfin/ die ieder also nennet/
Die auch die mißgunst selbst bey diesem namen kennet/
Saß noch vor jener zeit in ihrem wittwen-flor/
Als sie durch frühen tod ihr eh-gemahl verlohr.
Sie lebte noch verwäist/ und dacht' es auch zu bleiben:
Nichts konte den verlust aus ihrem hertzen treiben/
Sie schloß in einsamkeit die perlen-glieder ein/
Und wolte/ wie ihr fürst/ ihr abgestorben seyn.
Die atlas-reine brust/ der purpur ihrer wangen/
Der augen lieblichkeit/ des rothen mundes prangen/
Das sternen-gleiche haupt/ bewundert von der welt/
Lag/ ihrem wunsche nach/ verwarlost und verstellt/
Und solte keine gunst ihr iemals mehr erwecken.
Wie aber konte sie so hellen glantz verstecken?
Ihr lieb-reitz war zu reich/ ihr tugend-ruff zu groß/
Und ihre schönheit wuchs/ ie mehr sie sich verschloß.
Sie weint/ und dannoch war nichts schöners anzuschauen/
Als der bethränte mund der wehmuths-vollen frauen.
Die ungebärden selbst/ von trauer ausgestreut/
Bewegten mehr an ihr/ als andrer freundlichkeit.
Kurtz: diese weinende gefiel bey ihrer leichen.
Sie war in ihrer nacht der tulpen zuvergleichen/
Die man die* wittbe nennt/ und die auch unbemüht
Weit über allen schmuck gepflegter tulpen blüht.
O was
* In Franckreich hat man eine tulpe la Veuve die wittwe genannt/
welche die schönste von allen tulpen ist.
Hochzeit-Gedichte.
Der verkleidete Cupido/ bey Hoch-
fuͤrſtl. Verloͤbniß ihrer Durchl. Eleonoren Erdmuth
Louyſen/ verwittbeter Brandenburgiſchen Marg-
graͤfin von Anſpach/ mit ſeiner Churfuͤrſtl. Durchl.
von Sachſen/ Johann Georgen dem
Vierdten.
DIe ſchoͤne Marggraͤfin/ die ieder alſo nennet/
Die auch die mißgunſt ſelbſt bey dieſem namen kennet/
Saß noch vor jener zeit in ihrem wittwen-flor/
Als ſie durch fruͤhen tod ihr eh-gemahl verlohr.
Sie lebte noch verwaͤiſt/ und dacht’ es auch zu bleiben:
Nichts konte den verluſt aus ihrem hertzen treiben/
Sie ſchloß in einſamkeit die perlen-glieder ein/
Und wolte/ wie ihr fuͤrſt/ ihr abgeſtorben ſeyn.
Die atlas-reine bruſt/ der purpur ihrer wangen/
Der augen lieblichkeit/ des rothen mundes prangen/
Das ſternen-gleiche haupt/ bewundert von der welt/
Lag/ ihrem wunſche nach/ verwarloſt und verſtellt/
Und ſolte keine gunſt ihr iemals mehr erwecken.
Wie aber konte ſie ſo hellen glantz verſtecken?
Ihr lieb-reitz war zu reich/ ihr tugend-ruff zu groß/
Und ihre ſchoͤnheit wuchs/ ie mehr ſie ſich verſchloß.
Sie weint/ und dannoch war nichts ſchoͤners anzuſchauen/
Als der bethraͤnte mund der wehmuths-vollen frauen.
Die ungebaͤrden ſelbſt/ von trauer ausgeſtreut/
Bewegten mehr an ihr/ als andrer freundlichkeit.
Kurtz: dieſe weinende gefiel bey ihrer leichen.
Sie war in ihrer nacht der tulpen zuvergleichen/
Die man die* wittbe nennt/ und die auch unbemuͤht
Weit uͤber allen ſchmuck gepflegter tulpen bluͤht.
O was
* In Franckreich hat man eine tulpe la Veuve die wittwe genannt/
welche die ſchoͤnſte von allen tulpen iſt.
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[94/0138] Hochzeit-Gedichte. Der verkleidete Cupido/ bey Hoch- fuͤrſtl. Verloͤbniß ihrer Durchl. Eleonoren Erdmuth Louyſen/ verwittbeter Brandenburgiſchen Marg- graͤfin von Anſpach/ mit ſeiner Churfuͤrſtl. Durchl. von Sachſen/ Johann Georgen dem Vierdten. DIe ſchoͤne Marggraͤfin/ die ieder alſo nennet/ Die auch die mißgunſt ſelbſt bey dieſem namen kennet/ Saß noch vor jener zeit in ihrem wittwen-flor/ Als ſie durch fruͤhen tod ihr eh-gemahl verlohr. Sie lebte noch verwaͤiſt/ und dacht’ es auch zu bleiben: Nichts konte den verluſt aus ihrem hertzen treiben/ Sie ſchloß in einſamkeit die perlen-glieder ein/ Und wolte/ wie ihr fuͤrſt/ ihr abgeſtorben ſeyn. Die atlas-reine bruſt/ der purpur ihrer wangen/ Der augen lieblichkeit/ des rothen mundes prangen/ Das ſternen-gleiche haupt/ bewundert von der welt/ Lag/ ihrem wunſche nach/ verwarloſt und verſtellt/ Und ſolte keine gunſt ihr iemals mehr erwecken. Wie aber konte ſie ſo hellen glantz verſtecken? Ihr lieb-reitz war zu reich/ ihr tugend-ruff zu groß/ Und ihre ſchoͤnheit wuchs/ ie mehr ſie ſich verſchloß. Sie weint/ und dannoch war nichts ſchoͤners anzuſchauen/ Als der bethraͤnte mund der wehmuths-vollen frauen. Die ungebaͤrden ſelbſt/ von trauer ausgeſtreut/ Bewegten mehr an ihr/ als andrer freundlichkeit. Kurtz: dieſe weinende gefiel bey ihrer leichen. Sie war in ihrer nacht der tulpen zuvergleichen/ Die man die * wittbe nennt/ und die auch unbemuͤht Weit uͤber allen ſchmuck gepflegter tulpen bluͤht. O was * In Franckreich hat man eine tulpe la Veuve die wittwe genannt/ welche die ſchoͤnſte von allen tulpen iſt.

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/138>, abgerufen am 24.04.2024.