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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Sinn-Gedichte.
Auff Grisillen.
GRisillens tochter kam zu ihren reiffen jahren/
Und wünschte hertzlich sich mit einem mann zu paaren/
Die freundschafft war alsbald auff guten rath bedacht.
Eilff schneider sassen da zusammen wie die ziegen/
Und wolten mit gewalt den ausspruch so verfügen/
Daß ihr ein schneider würd zum manne zugebracht.
Sie waren gantz verpicht auff ihren ernsten willen/
Und suchten mit gewalt das dutzend auszufüllen.
Nur einer fehlte noch/ das solt ein schneider seyn;
Allein es war umsonst/ des himmels schluß sprach: nein.
Als man das dutzend nun nicht konte voll bekommen/
Hat an des schneiders statt man einen bock genommen.
* Dieses war des bräutigams name.

An Mirtillen.
MIrtille stellte sich/ als ob sie nicht verstanden/
Was ich ihr vorgesagt von meinen liebes-banden.
Nun weiß ich wie es kommt/ daß sie mich nicht versteht:
Sie kennt die sprache nicht/ die aus dem munde geht.
Wer mit ihr reden will/ der muß die sitten brechen/
Und mit den händen nur/ nicht mit den lippen sprechen.
Auff
F 2
Sinn-Gedichte.
Auff Griſillen.
GRiſillens tochter kam zu ihren reiffen jahren/
Und wuͤnſchte hertzlich ſich mit einem mann zu paaren/
Die freundſchafft war alsbald auff guten rath bedacht.
Eilff ſchneider ſaſſen da zuſammen wie die ziegen/
Und wolten mit gewalt den ausſpruch ſo verfuͤgen/
Daß ihr ein ſchneider wuͤrd zum manne zugebracht.
Sie waren gantz verpicht auff ihren ernſten willen/
Und ſuchten mit gewalt das dutzend auszufuͤllen.
Nur einer fehlte noch/ das ſolt ein ſchneider ſeyn;
Allein es war umſonſt/ des himmels ſchluß ſprach: nein.
Als man das dutzend nun nicht konte voll bekommen/
Hat an des ſchneiders ſtatt man einen bock genommen.
* Dieſes war des braͤutigams name.

An Mirtillen.
MIrtille ſtellte ſich/ als ob ſie nicht verſtanden/
Was ich ihr vorgeſagt von meinen liebes-banden.
Nun weiß ich wie es kommt/ daß ſie mich nicht verſteht:
Sie kennt die ſprache nicht/ die aus dem munde geht.
Wer mit ihr reden will/ der muß die ſitten brechen/
Und mit den haͤnden nur/ nicht mit den lippen ſprechen.
Auff
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[83/0127] Sinn-Gedichte. Auff Griſillen. C. E. GRiſillens tochter kam zu ihren reiffen jahren/ Und wuͤnſchte hertzlich ſich mit einem mann zu paaren/ Die freundſchafft war alsbald auff guten rath bedacht. Eilff ſchneider ſaſſen da zuſammen wie die ziegen/ Und wolten mit gewalt den ausſpruch ſo verfuͤgen/ Daß ihr ein ſchneider wuͤrd zum manne zugebracht. Sie waren gantz verpicht auff ihren ernſten willen/ Und ſuchten mit gewalt das dutzend auszufuͤllen. Nur einer fehlte noch/ das ſolt ein ſchneider ſeyn; Allein es war umſonſt/ des himmels ſchluß ſprach: nein. Als man das dutzend nun nicht konte voll bekommen/ Hat an des ſchneiders ſtatt man einen bock genommen. * Dieſes war des braͤutigams name. An Mirtillen. C. E. MIrtille ſtellte ſich/ als ob ſie nicht verſtanden/ Was ich ihr vorgeſagt von meinen liebes-banden. Nun weiß ich wie es kommt/ daß ſie mich nicht verſteht: Sie kennt die ſprache nicht/ die aus dem munde geht. Wer mit ihr reden will/ der muß die ſitten brechen/ Und mit den haͤnden nur/ nicht mit den lippen ſprechen. Auff F 2

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/127>, abgerufen am 28.03.2024.