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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vorrede.
Poeten/ dem Opitz/ stecket. Es ist keiner von den
alten frantzösischen dichtern so glücklich/ daß man
ihn heutiges tages mehr achten solte: aber gewiß/
so lange der welt-kreyß stehet/ und die deutsche spra-
che nur deutsch verbleibet/ wird wohl niemand die-
ses/ was ich aus unserm Opitz hier angezogen/ we-
der tadeln noch verbessern können. Und wenn wir
uns alle bemüheten/ den weg zugehen/ den er ge-
gangen; das ist: durch lesung der Griechen und
Römer klug zu werden; ihre gedancken mit an-
muth anzubringen/ und endlich eigne aus unsrem
gehirne auszubrüten/ so würden wir denen Fran-
tzosen bald näher kommen/ und über die ungleich-
heit unsrer und ihrer schrifften nicht mehr klagen
dörffen: massen sie doch alles/ was sie sagen/ de-
nen alten entweder nachgeafft oder abgestohlen.
Nach Opitzen sind Tscherning/ Dach und Flem-
ming gefolget/ deren erster ihm aber nicht beykom-
met: Der andere ist unvergleichlich in geistlichen
liedern und ungemein glücklich in übersetzung der
psalmen/ und ist nur schade/ daß man seine sachen
der welt nicht mehr bekandt gemacht: Den drit-
ten ziehet Herr Morhoff nicht allein Opitzen/ son-
dern auch fast allen andern vor. Allein meines er-
achtens ist er zwar ein guter Poet/ und behält noch
wohl heute den ruhm/ daß er unter seinen lands-
leuten am besten gesungen; wenn ich ihn aber bey
die drey berühmten männer/ Gryphius, Hoff-

manns-
b 2

Vorrede.
Poeten/ dem Opitz/ ſtecket. Es iſt keiner von den
alten frantzoͤſiſchen dichtern ſo gluͤcklich/ daß man
ihn heutiges tages mehr achten ſolte: aber gewiß/
ſo lange der welt-kreyß ſtehet/ und die deutſche ſpra-
che nur deutſch verbleibet/ wird wohl niemand die-
ſes/ was ich aus unſerm Opitz hier angezogen/ we-
der tadeln noch verbeſſern koͤnnen. Und wenn wir
uns alle bemuͤheten/ den weg zugehen/ den er ge-
gangen; das iſt: durch leſung der Griechen und
Roͤmer klug zu werden; ihre gedancken mit an-
muth anzubringen/ und endlich eigne aus unſrem
gehirne auszubruͤten/ ſo wuͤrden wir denen Fran-
tzoſen bald naͤher kommen/ und uͤber die ungleich-
heit unſrer und ihrer ſchrifften nicht mehr klagen
doͤrffen: maſſen ſie doch alles/ was ſie ſagen/ de-
nen alten entweder nachgeafft oder abgeſtohlen.
Nach Opitzen ſind Tſcherning/ Dach und Flem-
ming gefolget/ deren erſter ihm aber nicht beykom-
met: Der andere iſt unvergleichlich in geiſtlichen
liedern und ungemein gluͤcklich in uͤberſetzung der
pſalmen/ und iſt nur ſchade/ daß man ſeine ſachen
der welt nicht mehr bekandt gemacht: Den drit-
ten ziehet Herr Morhoff nicht allein Opitzen/ ſon-
dern auch faſt allen andern vor. Allein meines er-
achtens iſt er zwar ein guter Poet/ und behaͤlt noch
wohl heute den ruhm/ daß er unter ſeinen lands-
leuten am beſten geſungen; wenn ich ihn aber bey
die drey beruͤhmten maͤnner/ Gryphius, Hoff-

manns-
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[0023] Vorrede. Poeten/ dem Opitz/ ſtecket. Es iſt keiner von den alten frantzoͤſiſchen dichtern ſo gluͤcklich/ daß man ihn heutiges tages mehr achten ſolte: aber gewiß/ ſo lange der welt-kreyß ſtehet/ und die deutſche ſpra- che nur deutſch verbleibet/ wird wohl niemand die- ſes/ was ich aus unſerm Opitz hier angezogen/ we- der tadeln noch verbeſſern koͤnnen. Und wenn wir uns alle bemuͤheten/ den weg zugehen/ den er ge- gangen; das iſt: durch leſung der Griechen und Roͤmer klug zu werden; ihre gedancken mit an- muth anzubringen/ und endlich eigne aus unſrem gehirne auszubruͤten/ ſo wuͤrden wir denen Fran- tzoſen bald naͤher kommen/ und uͤber die ungleich- heit unſrer und ihrer ſchrifften nicht mehr klagen doͤrffen: maſſen ſie doch alles/ was ſie ſagen/ de- nen alten entweder nachgeafft oder abgeſtohlen. Nach Opitzen ſind Tſcherning/ Dach und Flem- ming gefolget/ deren erſter ihm aber nicht beykom- met: Der andere iſt unvergleichlich in geiſtlichen liedern und ungemein gluͤcklich in uͤberſetzung der pſalmen/ und iſt nur ſchade/ daß man ſeine ſachen der welt nicht mehr bekandt gemacht: Den drit- ten ziehet Herr Morhoff nicht allein Opitzen/ ſon- dern auch faſt allen andern vor. Allein meines er- achtens iſt er zwar ein guter Poet/ und behaͤlt noch wohl heute den ruhm/ daß er unter ſeinen lands- leuten am beſten geſungen; wenn ich ihn aber bey die drey beruͤhmten maͤnner/ Gryphius, Hoff- manns- b 2

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/23>, abgerufen am 28.03.2024.