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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.

Ach daß der süssen stunden
Noch solten tausend seyn.

5.
Sie stellte mir das küssen/
Und beste lieben frey;
Doch niemand solte wissen/
Daß ich ihr liebster sey.
6.
Diß will ich euch vertrauen/
Jhr auen weit und breit/
Jhr aber müsset schauen/
Daß ihr verschwiegen seyd.
7.
Drumb sagt/ was ich getrieben
Den stummen felsen an:
Die gröste kunst im lieben
Jst/ daß man schweigen kan.


Schönheit bestehet in der ein-
bildung.
1.
DEr eiteln schönheit unbestand
Jst ein recht zweiffelhafftes wesen/
Ein blick/ ein blitz/ ein tand/
Sie wird von diesem auserlesen/
Von jenem aber gantz veracht:
So daß nur blinder wahn die schönheit schöne macht.
2.
Sie ist vor den/ so sie besitzt/
Ein unglückhafftes glück voll schmertzen/
Und welchen sie erhitzt/
Dem bringt sie noth und tod zum hertzen.
Jhr
G g

Verliebte Gedichte.

Ach daß der ſuͤſſen ſtunden
Noch ſolten tauſend ſeyn.

5.
Sie ſtellte mir das kuͤſſen/
Und beſte lieben frey;
Doch niemand ſolte wiſſen/
Daß ich ihr liebſter ſey.
6.
Diß will ich euch vertrauen/
Jhr auen weit und breit/
Jhr aber muͤſſet ſchauen/
Daß ihr verſchwiegen ſeyd.
7.
Drumb ſagt/ was ich getrieben
Den ſtummen felſen an:
Die groͤſte kunſt im lieben
Jſt/ daß man ſchweigen kan.


Schoͤnheit beſtehet in der ein-
bildung.
1.
DEr eiteln ſchoͤnheit unbeſtand
Jſt ein recht zweiffelhafftes weſen/
Ein blick/ ein blitz/ ein tand/
Sie wird von dieſem auserleſen/
Von jenem aber gantz veracht:
So daß nur blinder wahn die ſchoͤnheit ſchoͤne macht.
2.
Sie iſt vor den/ ſo ſie beſitzt/
Ein ungluͤckhafftes gluͤck voll ſchmertzen/
Und welchen ſie erhitzt/
Dem bringt ſie noth und tod zum hertzen.
Jhr
G g
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[97/0107] Verliebte Gedichte. Ach daß der ſuͤſſen ſtunden Noch ſolten tauſend ſeyn. 5. Sie ſtellte mir das kuͤſſen/ Und beſte lieben frey; Doch niemand ſolte wiſſen/ Daß ich ihr liebſter ſey. 6. Diß will ich euch vertrauen/ Jhr auen weit und breit/ Jhr aber muͤſſet ſchauen/ Daß ihr verſchwiegen ſeyd. 7. Drumb ſagt/ was ich getrieben Den ſtummen felſen an: Die groͤſte kunſt im lieben Jſt/ daß man ſchweigen kan. Schoͤnheit beſtehet in der ein- bildung. 1. DEr eiteln ſchoͤnheit unbeſtand Jſt ein recht zweiffelhafftes weſen/ Ein blick/ ein blitz/ ein tand/ Sie wird von dieſem auserleſen/ Von jenem aber gantz veracht: So daß nur blinder wahn die ſchoͤnheit ſchoͤne macht. 2. Sie iſt vor den/ ſo ſie beſitzt/ Ein ungluͤckhafftes gluͤck voll ſchmertzen/ Und welchen ſie erhitzt/ Dem bringt ſie noth und tod zum hertzen. Jhr G g

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/107>, abgerufen am 19.04.2024.