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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Hochzeit-Gedichte.

Nicht Croesus reiches kind/ noch eine Bathseba/
Nein: sondern/ wie ihr seht/ nur eine Christin/ haben.



Himmel auf erden/ in der süssesten ver-
gnügung keuscher liebe/ bey der Hoch-Frey-
herrlichen Sandretzkischen und Haug-
witzischen vermählung.

B. S.

WEr ist wol auf der welt/ der nicht vergnügung sucht?
Die kurtze lebens-zeit ist eine bittre frucht/
Die man mit freude muß/ als wie mit zucker/ würtzen.
Ein unmensch gräbt sich nur in blasse traurigkeit/
Und wer sein leben haßt/ der stirbet vor der zeit/
Wenn er sich selbsten wil in gram und sorge stürtzen.
Des kummers folter steht nur feigen hertzen an/
Ein aufgeweckter geist bricht lilgen in den nesseln/
Und kocht aus wermuth selbst was zucker gleichen kan;
Kein niederträchtig schmertz mag seine sinnen fesseln/
Weil er die freudigkeit als seine schwester küßt/
Und die vergnügung ihm das halbe leben ist.
Jm schachte findt man gold/ und in der asche glut/
Der mohr fischt aus der see das theure perlen-gut/
Wo aber sol der mensch vergngügungs-schätze graben?
Der nimmer-satte geist lacht seinen klumpen an/
Das marck der erden ist was ihn vergnügen kan/
Und was die hände füllt/ sol auch das hertze laben.
Allein! wie schwärmt der geist bey dieser eitelkeit?
Er bleibt ein selave doch auch in den göldnen banden/
Des reichthums überfluß frißt die zufriedenheit/
Wenn vor den schatz kein schutz in glut und raub verhanden/
Daß offt ein leeres hertz beym vollen kasten liegt/
Und diese worte seufzt: Hier lebt man unvergnügt.
Ein andrer speiset sich mit einer hand voll wind/
Wenn pracht und herrligkeit sein ander leben sind.
Allein die erhsucht springt/ wie leichte wasser-blasen/
Offt wird vor Diamant nur bley und glas getauscht/
Wenn

Hochzeit-Gedichte.

Nicht Croeſus reiches kind/ noch eine Bathſeba/
Nein: ſondern/ wie ihr ſeht/ nur eine Chriſtin/ haben.



Him̃el auf erden/ in der ſuͤſſeſten ver-
gnuͤgung keuſcher liebe/ bey der Hoch-Frey-
herrlichen Sandretzkiſchen und Haug-
witziſchen vermaͤhlung.

B. S.

WEr iſt wol auf der welt/ der nicht vergnuͤgung ſucht?
Die kurtze lebens-zeit iſt eine bittre frucht/
Die man mit freude muß/ als wie mit zucker/ wuͤrtzen.
Ein unmenſch graͤbt ſich nur in blaſſe traurigkeit/
Und wer ſein leben haßt/ der ſtirbet vor der zeit/
Wenn er ſich ſelbſten wil in gram und ſorge ſtuͤrtzen.
Des kummers folter ſteht nur feigen hertzen an/
Ein aufgeweckter geiſt bricht lilgen in den neſſeln/
Und kocht aus wermuth ſelbſt was zucker gleichen kan;
Kein niedertraͤchtig ſchmertz mag ſeine ſinnen feſſeln/
Weil er die freudigkeit als ſeine ſchweſter kuͤßt/
Und die vergnuͤgung ihm das halbe leben iſt.
Jm ſchachte findt man gold/ und in der aſche glut/
Der mohr fiſcht aus der ſee das theure perlen-gut/
Wo aber ſol der menſch vergnguͤgungs-ſchaͤtze graben?
Der nimmer-ſatte geiſt lacht ſeinen klumpen an/
Das marck der erden iſt was ihn vergnuͤgen kan/
Und was die haͤnde fuͤllt/ ſol auch das hertze laben.
Allein! wie ſchwaͤrmt der geiſt bey dieſer eitelkeit?
Er bleibt ein ſelave doch auch in den goͤldnen banden/
Des reichthums uͤberfluß frißt die zufriedenheit/
Wenn vor den ſchatz kein ſchutz in glut und raub verhanden/
Daß offt ein leeres hertz beym vollen kaſten liegt/
Und dieſe worte ſeufzt: Hier lebt man unvergnuͤgt.
Ein andrer ſpeiſet ſich mit einer hand voll wind/
Wenn pracht und herrligkeit ſein ander leben ſind.
Allein die erhſucht ſpringt/ wie leichte waſſer-blaſen/
Offt wird vor Diamant nur bley und glas getauſcht/
Wenn
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[146/0156] Hochzeit-Gedichte. Nicht Croeſus reiches kind/ noch eine Bathſeba/ Nein: ſondern/ wie ihr ſeht/ nur eine Chriſtin/ haben. Him̃el auf erden/ in der ſuͤſſeſten ver- gnuͤgung keuſcher liebe/ bey der Hoch-Frey- herrlichen Sandretzkiſchen und Haug- witziſchen vermaͤhlung. B. S. WEr iſt wol auf der welt/ der nicht vergnuͤgung ſucht? Die kurtze lebens-zeit iſt eine bittre frucht/ Die man mit freude muß/ als wie mit zucker/ wuͤrtzen. Ein unmenſch graͤbt ſich nur in blaſſe traurigkeit/ Und wer ſein leben haßt/ der ſtirbet vor der zeit/ Wenn er ſich ſelbſten wil in gram und ſorge ſtuͤrtzen. Des kummers folter ſteht nur feigen hertzen an/ Ein aufgeweckter geiſt bricht lilgen in den neſſeln/ Und kocht aus wermuth ſelbſt was zucker gleichen kan; Kein niedertraͤchtig ſchmertz mag ſeine ſinnen feſſeln/ Weil er die freudigkeit als ſeine ſchweſter kuͤßt/ Und die vergnuͤgung ihm das halbe leben iſt. Jm ſchachte findt man gold/ und in der aſche glut/ Der mohr fiſcht aus der ſee das theure perlen-gut/ Wo aber ſol der menſch vergnguͤgungs-ſchaͤtze graben? Der nimmer-ſatte geiſt lacht ſeinen klumpen an/ Das marck der erden iſt was ihn vergnuͤgen kan/ Und was die haͤnde fuͤllt/ ſol auch das hertze laben. Allein! wie ſchwaͤrmt der geiſt bey dieſer eitelkeit? Er bleibt ein ſelave doch auch in den goͤldnen banden/ Des reichthums uͤberfluß frißt die zufriedenheit/ Wenn vor den ſchatz kein ſchutz in glut und raub verhanden/ Daß offt ein leeres hertz beym vollen kaſten liegt/ Und dieſe worte ſeufzt: Hier lebt man unvergnuͤgt. Ein andrer ſpeiſet ſich mit einer hand voll wind/ Wenn pracht und herrligkeit ſein ander leben ſind. Allein die erhſucht ſpringt/ wie leichte waſſer-blaſen/ Offt wird vor Diamant nur bley und glas getauſcht/ Wenn

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/156>, abgerufen am 29.03.2024.