Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochzeit-Gedichte.
Der Brillen-Drehbuden- und
Stech-Buch-Mann
Cupido.
MEßieurs/ es war mit mir gantz auf die neige kommen/
Die Pohlen hatten mir den vorrath abgenommen/
Verboten mir das land/ da war mein handel aus/
So daß ich wieder kam zu meinen Deutschen raus.
Jch zog im lande rum und hatte meine fratzen/
Doch wenn ich ohngefehr mit einer wolte schwatzen/
So krümmte sie das maul und sah mich finster an/
Als hätt ich ihr viel leid und überlast gethan/
Jch fing zu löflen an/ und war dahin beflissen/
Ob ich durch höflichkeit und liebes hände-küssen
Die gunst erzwingen könt/ ich macht ihr treulich kund/
Jch sey ihr selave/ knecht/ schulappe/ wasserhund/
Doch alles war umsonst; ich dachte sie zu zwingen/
Und wolte Cavaliers dem sauer-topfe bringen;
Doch stund kein stecken recht/ der war ihr gar zu alt
Und jener allzuklein/ der ander ungestalt/
Die einfalt sähe dem leibhafftig aus den augen/
Derwegen könt er nicht zu solchen sachen taugen/
Der ginge wie ein artzt/ der hätt ein loch im hut/
Der wäre gar ein narr/ es wär ihm keine gut/
Jch ließ die jungfern stehn/ und ging zu junggesellen/
Jn meinung daß sie sich weit anders würden stellen.
Da sperrt ich alsobald naß/ maul und ohren auf/
Wie diese gleichfalls auch zum dicksten schmälten drauf.
Da must sich unter den bald die/ bald jene leiden/
Die hätte keinen rock und könte sich nicht kleiden/
Das wär ein alber ding/ die hätt ein bösen kopf/
Denselben deckten zu die spitzen und der zopf.
Die sähe garstig aus/ die hätte gar den schneider/
Und jenes gute ding/ das wäre nun auch leider/
Jn etwas gar zu alt: Das waren ihre wort:
Da ward ich feuer-roth/ und eilte wieder fort.
Jch
Hochzeit-Gedichte.
Der Brillen-Drehbuden- und
Stech-Buch-Mann
Cupido.
MEßieurs/ es war mit mir gantz auf die neige kommen/
Die Pohlen hatten mir den vorrath abgenommen/
Verboten mir das land/ da war mein handel aus/
So daß ich wieder kam zu meinen Deutſchen raus.
Jch zog im lande rum und hatte meine fratzen/
Doch wenn ich ohngefehr mit einer wolte ſchwatzen/
So kruͤmmte ſie das maul und ſah mich finſter an/
Als haͤtt ich ihr viel leid und uͤberlaſt gethan/
Jch fing zu loͤflen an/ und war dahin befliſſen/
Ob ich durch hoͤflichkeit und liebes haͤnde-kuͤſſen
Die gunſt erzwingen koͤnt/ ich macht ihr treulich kund/
Jch ſey ihr ſelave/ knecht/ ſchulappe/ waſſerhund/
Doch alles war umſonſt; ich dachte ſie zu zwingen/
Und wolte Cavaliers dem ſauer-topfe bringen;
Doch ſtund kein ſtecken recht/ der war ihr gar zu alt
Und jener allzuklein/ der ander ungeſtalt/
Die einfalt ſaͤhe dem leibhafftig aus den augen/
Derwegen koͤnt er nicht zu ſolchen ſachen taugen/
Der ginge wie ein artzt/ der haͤtt ein loch im hut/
Der waͤre gar ein narr/ es waͤr ihm keine gut/
Jch ließ die jungfern ſtehn/ und ging zu junggeſellen/
Jn meinung daß ſie ſich weit anders wuͤrden ſtellen.
Da ſperrt ich alſobald naß/ maul und ohren auf/
Wie dieſe gleichfalls auch zum dickſten ſchmaͤlten drauf.
Da muſt ſich unter den bald die/ bald jene leiden/
Die haͤtte keinen rock und koͤnte ſich nicht kleiden/
Das waͤr ein alber ding/ die haͤtt ein boͤſen kopf/
Denſelben deckten zu die ſpitzen und der zopf.
Die ſaͤhe garſtig aus/ die haͤtte gar den ſchneider/
Und jenes gute ding/ das waͤre nun auch leider/
Jn etwas gar zu alt: Das waren ihre wort:
Da ward ich feuer-roth/ und eilte wieder fort.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0182" n="172"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Brillen-Drehbuden- und<lb/>
Stech-Buch-Mann<lb/>
Cupido.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>Eßieurs/ es war mit mir gantz auf die neige kommen/</l><lb/>
            <l>Die Pohlen hatten mir den vorrath abgenommen/</l><lb/>
            <l>Verboten mir das land/ da war mein handel aus/</l><lb/>
            <l>So daß ich wieder kam zu meinen Deut&#x017F;chen raus.</l><lb/>
            <l>Jch zog im lande rum und hatte meine fratzen/</l><lb/>
            <l>Doch wenn ich ohngefehr mit einer wolte &#x017F;chwatzen/</l><lb/>
            <l>So kru&#x0364;mmte &#x017F;ie das maul und &#x017F;ah mich fin&#x017F;ter an/</l><lb/>
            <l>Als ha&#x0364;tt ich ihr viel leid und u&#x0364;berla&#x017F;t gethan/</l><lb/>
            <l>Jch fing zu lo&#x0364;flen an/ und war dahin befli&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Ob ich durch ho&#x0364;flichkeit und liebes ha&#x0364;nde-ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Die gun&#x017F;t erzwingen ko&#x0364;nt/ ich macht ihr treulich kund/</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;ey ihr &#x017F;elave/ knecht/ &#x017F;chulappe/ wa&#x017F;&#x017F;erhund/</l><lb/>
            <l>Doch alles war um&#x017F;on&#x017F;t; ich dachte &#x017F;ie zu zwingen/</l><lb/>
            <l>Und wolte Cavaliers dem &#x017F;auer-topfe bringen;</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;tund kein &#x017F;tecken recht/ der war ihr gar zu alt</l><lb/>
            <l>Und jener allzuklein/ der ander unge&#x017F;talt/</l><lb/>
            <l>Die einfalt &#x017F;a&#x0364;he dem leibhafftig aus den augen/</l><lb/>
            <l>Derwegen ko&#x0364;nt er nicht zu &#x017F;olchen &#x017F;achen taugen/</l><lb/>
            <l>Der ginge wie ein artzt/ der ha&#x0364;tt ein loch im hut/</l><lb/>
            <l>Der wa&#x0364;re gar ein narr/ es wa&#x0364;r ihm keine gut/</l><lb/>
            <l>Jch ließ die jungfern &#x017F;tehn/ und ging zu jungge&#x017F;ellen/</l><lb/>
            <l>Jn meinung daß &#x017F;ie &#x017F;ich weit anders wu&#x0364;rden &#x017F;tellen.</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;perrt ich al&#x017F;obald naß/ maul und ohren auf/</l><lb/>
            <l>Wie die&#x017F;e gleichfalls auch zum dick&#x017F;ten &#x017F;chma&#x0364;lten drauf.</l><lb/>
            <l>Da mu&#x017F;t &#x017F;ich unter den bald die/ bald jene leiden/</l><lb/>
            <l>Die ha&#x0364;tte keinen rock und ko&#x0364;nte &#x017F;ich nicht kleiden/</l><lb/>
            <l>Das wa&#x0364;r ein alber ding/ die ha&#x0364;tt ein bo&#x0364;&#x017F;en kopf/</l><lb/>
            <l>Den&#x017F;elben deckten zu die &#x017F;pitzen und der zopf.</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;a&#x0364;he gar&#x017F;tig aus/ die ha&#x0364;tte gar den &#x017F;chneider/</l><lb/>
            <l>Und jenes gute ding/ das wa&#x0364;re nun auch leider/</l><lb/>
            <l>Jn etwas gar zu alt: Das waren ihre wort:</l><lb/>
            <l>Da ward ich feuer-roth/ und eilte wieder fort.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0182] Hochzeit-Gedichte. Der Brillen-Drehbuden- und Stech-Buch-Mann Cupido. MEßieurs/ es war mit mir gantz auf die neige kommen/ Die Pohlen hatten mir den vorrath abgenommen/ Verboten mir das land/ da war mein handel aus/ So daß ich wieder kam zu meinen Deutſchen raus. Jch zog im lande rum und hatte meine fratzen/ Doch wenn ich ohngefehr mit einer wolte ſchwatzen/ So kruͤmmte ſie das maul und ſah mich finſter an/ Als haͤtt ich ihr viel leid und uͤberlaſt gethan/ Jch fing zu loͤflen an/ und war dahin befliſſen/ Ob ich durch hoͤflichkeit und liebes haͤnde-kuͤſſen Die gunſt erzwingen koͤnt/ ich macht ihr treulich kund/ Jch ſey ihr ſelave/ knecht/ ſchulappe/ waſſerhund/ Doch alles war umſonſt; ich dachte ſie zu zwingen/ Und wolte Cavaliers dem ſauer-topfe bringen; Doch ſtund kein ſtecken recht/ der war ihr gar zu alt Und jener allzuklein/ der ander ungeſtalt/ Die einfalt ſaͤhe dem leibhafftig aus den augen/ Derwegen koͤnt er nicht zu ſolchen ſachen taugen/ Der ginge wie ein artzt/ der haͤtt ein loch im hut/ Der waͤre gar ein narr/ es waͤr ihm keine gut/ Jch ließ die jungfern ſtehn/ und ging zu junggeſellen/ Jn meinung daß ſie ſich weit anders wuͤrden ſtellen. Da ſperrt ich alſobald naß/ maul und ohren auf/ Wie dieſe gleichfalls auch zum dickſten ſchmaͤlten drauf. Da muſt ſich unter den bald die/ bald jene leiden/ Die haͤtte keinen rock und koͤnte ſich nicht kleiden/ Das waͤr ein alber ding/ die haͤtt ein boͤſen kopf/ Denſelben deckten zu die ſpitzen und der zopf. Die ſaͤhe garſtig aus/ die haͤtte gar den ſchneider/ Und jenes gute ding/ das waͤre nun auch leider/ Jn etwas gar zu alt: Das waren ihre wort: Da ward ich feuer-roth/ und eilte wieder fort. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/182
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/182>, abgerufen am 28.03.2024.