Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Biß endlich uns der todt den letzten fall bereit.
Wer wolte demnach nicht getrost diß leben lassen/
So nichts als myrrhen uns und gall und wermuth zeigt?
Wer wolte ferner auch diejenigen wohl hassen/
Die schon den freuden-port der ewigkeit erreicht?
So tröste dich dann selbst! zieh ein die schwere thränen/
Schau tod und leben nur mit rechten augen an.
Jch weiß/ du wirst dich selbst von dieser erden sehnen
Und sagen/ daß der todt dir nicht zu viel gethan.
Nun Freundin/ du wirst auch diß biat nicht tadeln können
Das dir mein leyden hat so kühnlich dargestellt;
Zwar hat das schicksal mir nicht eher wollen gönnen/
Daß meine wehmuth sey zu deiner noth gesellt.
Doch ist die kummer-post mir schon was spät gekommen/
So wird ein solcher todt doch nicht zu spät betraurt/
Denn deine freundin ist auch mir zu früh genommen/
Und wird von mir so starck als von dir selbst bedaurt.
Wiewohl ich hoff/ du wirst in diesem fall dich finden/
Es kennt dein hoher geist den wechsel dieser zeit/
Es wird der himmel selbst die wunden dir verbinden/
Der uns nach angst und pein auch wiederumb erfreut.
Das wetter pflegt nicht stets mit donner uns zu schrecken/
Auff finstre kummer-nacht folgt endlich sonnen-schein.
Das feld/ so ietzund nur will dürres gras bedecken/
Kan doch im frühling drauff die schönsten blumen streun.
Nach dieser thränen-saat wirstu ins künfftge lachen/
Alsdann wird deine lust auch mein vergnügen seyn.
Solt aber noch indeß ein brieff mich glücklich machen/
Wird aller unglücks-blitz mir selbst zum sonnenschein.


Die glücklich geendigte schiffahrt
des lebens bey dem grabe Frauen Jo-
hannä Julianä Hirsch-
vogelin.
S. R.
Begraͤbniß-Gedichte.
Biß endlich uns der todt den letzten fall bereit.
Wer wolte demnach nicht getroſt diß leben laſſen/
So nichts als myrrhen uns und gall und wermuth zeigt?
Wer wolte ferner auch diejenigen wohl haſſen/
Die ſchon den freuden-port der ewigkeit erreicht?
So troͤſte dich dann ſelbſt! zieh ein die ſchwere thraͤnen/
Schau tod und leben nur mit rechten augen an.
Jch weiß/ du wirſt dich ſelbſt von dieſer erden ſehnen
Und ſagen/ daß der todt dir nicht zu viel gethan.
Nun Freundin/ du wirſt auch diß biat nicht tadeln koͤnnen
Das dir mein leyden hat ſo kuͤhnlich dargeſtellt;
Zwar hat das ſchickſal mir nicht eher wollen goͤnnen/
Daß meine wehmuth ſey zu deiner noth geſellt.
Doch iſt die kummer-poſt mir ſchon was ſpaͤt gekommen/
So wird ein ſolcher todt doch nicht zu ſpaͤt betraurt/
Denn deine freundin iſt auch mir zu fruͤh genommen/
Und wird von mir ſo ſtarck als von dir ſelbſt bedaurt.
Wiewohl ich hoff/ du wirſt in dieſem fall dich finden/
Es kennt dein hoher geiſt den wechſel dieſer zeit/
Es wird der himmel ſelbſt die wunden dir verbinden/
Der uns nach angſt und pein auch wiederumb erfreut.
Das wetter pflegt nicht ſtets mit donner uns zu ſchrecken/
Auff finſtre kummer-nacht folgt endlich ſonnen-ſchein.
Das feld/ ſo ietzund nur will duͤrres gras bedecken/
Kan doch im fruͤhling drauff die ſchoͤnſten blumen ſtreun.
Nach dieſer thraͤnen-ſaat wirſtu ins kuͤnfftge lachen/
Alsdann wird deine luſt auch mein vergnuͤgen ſeyn.
Solt aber noch indeß ein brieff mich gluͤcklich machen/
Wird aller ungluͤcks-blitz mir ſelbſt zum ſonnenſchein.


Die gluͤcklich geendigte ſchiffahrt
des lebens bey dem grabe Frauen Jo-
hannaͤ Julianaͤ Hirſch-
vogelin.
S. R.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0247" n="237"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Biß endlich uns der todt den letzten fall bereit.</l><lb/>
            <l>Wer wolte demnach nicht getro&#x017F;t diß leben la&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>So nichts als myrrhen uns und gall und wermuth zeigt?</l><lb/>
            <l>Wer wolte ferner auch diejenigen wohl ha&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chon den freuden-port der ewigkeit erreicht?</l><lb/>
            <l>So tro&#x0364;&#x017F;te dich dann &#x017F;elb&#x017F;t! zieh ein die &#x017F;chwere thra&#x0364;nen/</l><lb/>
            <l>Schau tod und leben nur mit rechten augen an.</l><lb/>
            <l>Jch weiß/ du wir&#x017F;t dich &#x017F;elb&#x017F;t von die&#x017F;er erden &#x017F;ehnen</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;agen/ daß der todt dir nicht zu viel gethan.</l><lb/>
            <l>Nun Freundin/ du wir&#x017F;t auch diß biat nicht tadeln ko&#x0364;nnen</l><lb/>
            <l>Das dir mein leyden hat &#x017F;o ku&#x0364;hnlich darge&#x017F;tellt;</l><lb/>
            <l>Zwar hat das &#x017F;chick&#x017F;al mir nicht eher wollen go&#x0364;nnen/</l><lb/>
            <l>Daß meine wehmuth &#x017F;ey zu deiner noth ge&#x017F;ellt.</l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t die kummer-po&#x017F;t mir &#x017F;chon was &#x017F;pa&#x0364;t gekommen/</l><lb/>
            <l>So wird ein &#x017F;olcher todt doch nicht zu &#x017F;pa&#x0364;t betraurt/</l><lb/>
            <l>Denn deine freundin i&#x017F;t auch mir zu fru&#x0364;h genommen/</l><lb/>
            <l>Und wird von mir &#x017F;o &#x017F;tarck als von dir &#x017F;elb&#x017F;t bedaurt.</l><lb/>
            <l>Wiewohl ich hoff/ du wir&#x017F;t in die&#x017F;em fall dich finden/</l><lb/>
            <l>Es kennt dein hoher gei&#x017F;t den wech&#x017F;el die&#x017F;er zeit/</l><lb/>
            <l>Es wird der himmel &#x017F;elb&#x017F;t die wunden dir verbinden/</l><lb/>
            <l>Der uns nach ang&#x017F;t und pein auch wiederumb erfreut.</l><lb/>
            <l>Das wetter pflegt nicht &#x017F;tets mit donner uns zu &#x017F;chrecken/</l><lb/>
            <l>Auff fin&#x017F;tre kummer-nacht folgt endlich &#x017F;onnen-&#x017F;chein.</l><lb/>
            <l>Das feld/ &#x017F;o ietzund nur will du&#x0364;rres gras bedecken/</l><lb/>
            <l>Kan doch im fru&#x0364;hling drauff die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten blumen &#x017F;treun.</l><lb/>
            <l>Nach die&#x017F;er thra&#x0364;nen-&#x017F;aat wir&#x017F;tu ins ku&#x0364;nfftge lachen/</l><lb/>
            <l>Alsdann wird deine lu&#x017F;t auch mein vergnu&#x0364;gen &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Solt aber noch indeß ein brieff mich glu&#x0364;cklich machen/</l><lb/>
            <l>Wird aller unglu&#x0364;cks-blitz mir &#x017F;elb&#x017F;t zum &#x017F;onnen&#x017F;chein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die glu&#x0364;cklich geendigte &#x017F;chiffahrt<lb/>
des lebens bey dem grabe Frauen Jo-<lb/>
hanna&#x0364; Juliana&#x0364; Hir&#x017F;ch-<lb/>
vogelin.</hi> </head><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">S. R.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0247] Begraͤbniß-Gedichte. Biß endlich uns der todt den letzten fall bereit. Wer wolte demnach nicht getroſt diß leben laſſen/ So nichts als myrrhen uns und gall und wermuth zeigt? Wer wolte ferner auch diejenigen wohl haſſen/ Die ſchon den freuden-port der ewigkeit erreicht? So troͤſte dich dann ſelbſt! zieh ein die ſchwere thraͤnen/ Schau tod und leben nur mit rechten augen an. Jch weiß/ du wirſt dich ſelbſt von dieſer erden ſehnen Und ſagen/ daß der todt dir nicht zu viel gethan. Nun Freundin/ du wirſt auch diß biat nicht tadeln koͤnnen Das dir mein leyden hat ſo kuͤhnlich dargeſtellt; Zwar hat das ſchickſal mir nicht eher wollen goͤnnen/ Daß meine wehmuth ſey zu deiner noth geſellt. Doch iſt die kummer-poſt mir ſchon was ſpaͤt gekommen/ So wird ein ſolcher todt doch nicht zu ſpaͤt betraurt/ Denn deine freundin iſt auch mir zu fruͤh genommen/ Und wird von mir ſo ſtarck als von dir ſelbſt bedaurt. Wiewohl ich hoff/ du wirſt in dieſem fall dich finden/ Es kennt dein hoher geiſt den wechſel dieſer zeit/ Es wird der himmel ſelbſt die wunden dir verbinden/ Der uns nach angſt und pein auch wiederumb erfreut. Das wetter pflegt nicht ſtets mit donner uns zu ſchrecken/ Auff finſtre kummer-nacht folgt endlich ſonnen-ſchein. Das feld/ ſo ietzund nur will duͤrres gras bedecken/ Kan doch im fruͤhling drauff die ſchoͤnſten blumen ſtreun. Nach dieſer thraͤnen-ſaat wirſtu ins kuͤnfftge lachen/ Alsdann wird deine luſt auch mein vergnuͤgen ſeyn. Solt aber noch indeß ein brieff mich gluͤcklich machen/ Wird aller ungluͤcks-blitz mir ſelbſt zum ſonnenſchein. Die gluͤcklich geendigte ſchiffahrt des lebens bey dem grabe Frauen Jo- hannaͤ Julianaͤ Hirſch- vogelin. S. R.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/247
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/247>, abgerufen am 18.04.2024.