Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Galante Gedichte.

Allzeit lachen/ keinmahl weinen/
Kom o lieb/ du bringst nicht pein!

3.
Drum wird nicht ihr vorsatz blühen/
Weil der nebel fleucht vorm licht/
Venus selbst wird sich bemühen/
Und sie bringen zu der pflicht/
Treues seuftzen/ treues klagen/
Wird doch ändern ihren sinn/
Bis sie endlich doch wird sagen:
Strenge einsamkeit fahr hin.


Wie sein vogel starb/ mit dem er vor
diesem gerne speisen wolte/ wie selbi-
ger einer jungfer aus dem
munde aß.
DAs hab ich wohl gedacht/ dein allzu gut geschicke/
Mein zeißgen/ dräute dir den jähen untergang.
Wer sich nicht mäßiget bey gar zu grossen glücke/
Gewißlich er genießt des wechsels gar nicht lang.
Da hast du nun die frucht der ungewehnten speisen/
Von denen ich gesagt/ sie dienen vögeln nicht.
Du kanst mir andere auf dein exempel weisen
Wann sie an diesen tisch zu gehn der haber sticht.
Was nützt dir nun der neid der mich zurück getrieben/
Als ich dein gast zu seyn so sehnlich von dir bat.
Der speisen ist ja noch viel vorrath überblieben/
Da dich nunmehr der todt schon in den klauen hat.
Hätt ich dirs vorgemacht/ und du mir zugesehen/
Wie man von lippen trinckt/ und aus dem munde speißt
So wäre es vielleicht noch nicht umb dich geschehen.
Und deine seele zu dem grabe fortgereißt.
Jch hätte dich gelehrt/ wie die Rubinen höle
Zwar muß ein sammel platz der lebensgeister seyn;
Doch so/ daß wiederum die satt geküste seele
Sich

Galante Gedichte.

Allzeit lachen/ keinmahl weinen/
Kom o lieb/ du bringſt nicht pein!

3.
Drum wird nicht ihr vorſatz bluͤhen/
Weil der nebel fleucht vorm licht/
Venus ſelbſt wird ſich bemuͤhen/
Und ſie bringen zu der pflicht/
Treues ſeuftzen/ treues klagen/
Wird doch aͤndern ihren ſinn/
Bis ſie endlich doch wird ſagen:
Strenge einſamkeit fahr hin.


Wie ſein vogel ſtarb/ mit dem er vor
dieſem gerne ſpeiſen wolte/ wie ſelbi-
ger einer jungfer aus dem
munde aß.
DAs hab ich wohl gedacht/ dein allzu gut geſchicke/
Mein zeißgen/ draͤute dir den jaͤhen untergang.
Wer ſich nicht maͤßiget bey gar zu groſſen gluͤcke/
Gewißlich er genießt des wechſels gar nicht lang.
Da haſt du nun die frucht der ungewehnten ſpeiſen/
Von denen ich geſagt/ ſie dienen voͤgeln nicht.
Du kanſt mir andere auf dein exempel weiſen
Wann ſie an dieſen tiſch zu gehn der haber ſticht.
Was nuͤtzt dir nun der neid der mich zuruͤck getrieben/
Als ich dein gaſt zu ſeyn ſo ſehnlich von dir bat.
Der ſpeiſen iſt ja noch viel vorrath uͤberblieben/
Da dich nunmehr der todt ſchon in den klauen hat.
Haͤtt ich dirs vorgemacht/ und du mir zugeſehen/
Wie man von lippen trinckt/ und aus dem munde ſpeißt
So waͤre es vielleicht noch nicht umb dich geſchehen.
Und deine ſeele zu dem grabe fortgereißt.
Jch haͤtte dich gelehrt/ wie die Rubinen hoͤle
Zwar muß ein ſammel platz der lebensgeiſter ſeyn;
Doch ſo/ daß wiederum die ſatt gekuͤſte ſeele
Sich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="2">
            <l>
              <pb facs="#f0030" n="22"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Gedichte.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Allzeit lachen/ keinmahl weinen/</l><lb/>
            <l>Kom o lieb/ du bring&#x017F;t nicht pein!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <head>3.</head><lb/>
            <l>Drum wird nicht ihr vor&#x017F;atz blu&#x0364;hen/</l><lb/>
            <l>Weil der nebel fleucht vorm licht/</l><lb/>
            <l>Venus &#x017F;elb&#x017F;t wird &#x017F;ich bemu&#x0364;hen/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie bringen zu der pflicht/</l><lb/>
            <l>Treues &#x017F;euftzen/ treues klagen/</l><lb/>
            <l>Wird doch a&#x0364;ndern ihren &#x017F;inn/</l><lb/>
            <l>Bis &#x017F;ie endlich doch wird &#x017F;agen:</l><lb/>
            <l>Strenge ein&#x017F;amkeit fahr hin.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Wie &#x017F;ein vogel &#x017F;tarb/ mit dem er vor<lb/>
die&#x017F;em gerne &#x017F;pei&#x017F;en wolte/ wie &#x017F;elbi-<lb/>
ger einer jungfer aus dem<lb/>
munde aß.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>As hab ich wohl gedacht/ dein allzu gut ge&#x017F;chicke/</l><lb/>
            <l>Mein zeißgen/ dra&#x0364;ute dir den ja&#x0364;hen untergang.</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;ich nicht ma&#x0364;ßiget bey gar zu gro&#x017F;&#x017F;en glu&#x0364;cke/</l><lb/>
            <l>Gewißlich er genießt des wech&#x017F;els gar nicht lang.</l><lb/>
            <l>Da ha&#x017F;t du nun die frucht der ungewehnten &#x017F;pei&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Von denen ich ge&#x017F;agt/ &#x017F;ie dienen vo&#x0364;geln nicht.</l><lb/>
            <l>Du kan&#x017F;t mir andere auf dein exempel wei&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Wann &#x017F;ie an die&#x017F;en ti&#x017F;ch zu gehn der haber &#x017F;ticht.</l><lb/>
            <l>Was nu&#x0364;tzt dir nun der neid der mich zuru&#x0364;ck getrieben/</l><lb/>
            <l>Als ich dein ga&#x017F;t zu &#x017F;eyn &#x017F;o &#x017F;ehnlich von dir bat.</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;pei&#x017F;en i&#x017F;t ja noch viel vorrath u&#x0364;berblieben/</l><lb/>
            <l>Da dich nunmehr der todt &#x017F;chon in den klauen hat.</l><lb/>
            <l>Ha&#x0364;tt ich dirs vorgemacht/ und du mir zuge&#x017F;ehen/</l><lb/>
            <l>Wie man von lippen trinckt/ und aus dem munde &#x017F;peißt</l><lb/>
            <l>So wa&#x0364;re es vielleicht noch nicht umb dich ge&#x017F;chehen.</l><lb/>
            <l>Und deine &#x017F;eele zu dem grabe fortgereißt.</l><lb/>
            <l>Jch ha&#x0364;tte dich gelehrt/ wie die Rubinen ho&#x0364;le</l><lb/>
            <l>Zwar muß ein &#x017F;ammel platz der lebensgei&#x017F;ter &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;o/ daß wiederum die &#x017F;att geku&#x0364;&#x017F;te &#x017F;eele</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Sich</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0030] Galante Gedichte. Allzeit lachen/ keinmahl weinen/ Kom o lieb/ du bringſt nicht pein! 3. Drum wird nicht ihr vorſatz bluͤhen/ Weil der nebel fleucht vorm licht/ Venus ſelbſt wird ſich bemuͤhen/ Und ſie bringen zu der pflicht/ Treues ſeuftzen/ treues klagen/ Wird doch aͤndern ihren ſinn/ Bis ſie endlich doch wird ſagen: Strenge einſamkeit fahr hin. Wie ſein vogel ſtarb/ mit dem er vor dieſem gerne ſpeiſen wolte/ wie ſelbi- ger einer jungfer aus dem munde aß. DAs hab ich wohl gedacht/ dein allzu gut geſchicke/ Mein zeißgen/ draͤute dir den jaͤhen untergang. Wer ſich nicht maͤßiget bey gar zu groſſen gluͤcke/ Gewißlich er genießt des wechſels gar nicht lang. Da haſt du nun die frucht der ungewehnten ſpeiſen/ Von denen ich geſagt/ ſie dienen voͤgeln nicht. Du kanſt mir andere auf dein exempel weiſen Wann ſie an dieſen tiſch zu gehn der haber ſticht. Was nuͤtzt dir nun der neid der mich zuruͤck getrieben/ Als ich dein gaſt zu ſeyn ſo ſehnlich von dir bat. Der ſpeiſen iſt ja noch viel vorrath uͤberblieben/ Da dich nunmehr der todt ſchon in den klauen hat. Haͤtt ich dirs vorgemacht/ und du mir zugeſehen/ Wie man von lippen trinckt/ und aus dem munde ſpeißt So waͤre es vielleicht noch nicht umb dich geſchehen. Und deine ſeele zu dem grabe fortgereißt. Jch haͤtte dich gelehrt/ wie die Rubinen hoͤle Zwar muß ein ſammel platz der lebensgeiſter ſeyn; Doch ſo/ daß wiederum die ſatt gekuͤſte ſeele Sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/30
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/30>, abgerufen am 25.04.2024.