Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Auf den ersten Geburts-tag
eines jungen Töchterleins.

J. G. R.

VErzeihe/ theures paar/ daß ich mich untersteh/
Und deiner zarten frucht/ der noch die sprache fehlet/
Doch schon mit einer schrifft gleich heut entgegen geh/
Da dieser holde zweig den ersten jahrs-tag zehlet.
Ein kind/ dem so ein haupt zum vater ist erkiest/
Das wie Johannes lebt/ das wie Johannes lehret/
Und dessen Mutter-hertz gleich einer Rahel ist/
Verdient/ daß man es schon in wieg und windeln ehret.
Ließ Rom doch solche pflicht bey seinen kindern zu/
Wenn unter derer haupt ein wunsch ward eingeleget/
Zu lehren/ daß ein kind darauff am besten ruh/
Und daß man nicht zu früh ihm heil zu wünschen pfleget.
Ja ward mir überdiß zu wohlbewuster zeit
Ein holder krantz verehrt durch dieser Tochter hände/
So nehm ich/ wie mich deucht/ mit recht gelegenheit/
Daß ich ihr einen krantz von dichter-blumen sende.
Jch winde zwar nicht viel von lob und rühmen ein;
Doch seh ich nur im geist ihr künfftiges erziehen/
So können allbereit zwey Töchter zeugen seyn/
Daß auf dem Dornenfeld die schönsten rosen blühen.
Wir loben noch die kunst und wunder-volle that/
Die des Homeri werck in eine nuß verstecket;
Man rühmt Alumni fleiß/ der so geschrieben hat/
Daß hundert wörter offt ein pfennig hat bedecket:
Euch aber geht solch lob vielmehr/ hochwerthen/ an/
Die ihr den glaubens-grund/ der Christen bestes wissen/
Den ein erwachsner offt nicht leicht begreiffen kan/
Auf kinder-hertzen habt so weißlich abgerissen.
Und gleiche hoffnung giebt auch diese jüngste frucht/
Der selbst die anmuth hat ihr ebenbild geschencket.
Jhr habet schon ihr wohl und bestes heil gesucht/
Weil ihr durch beten längst den ersten grund gesencket.
Zwar
Vermiſchte Gedichte.
Auf den erſten Geburts-tag
eines jungen Toͤchterleins.

J. G. R.

VErzeihe/ theures paar/ daß ich mich unterſteh/
Und deiner zarten frucht/ der noch die ſprache fehlet/
Doch ſchon mit einer ſchrifft gleich heut entgegen geh/
Da dieſer holde zweig den erſten jahrs-tag zehlet.
Ein kind/ dem ſo ein haupt zum vater iſt erkieſt/
Das wie Johannes lebt/ das wie Johannes lehret/
Und deſſen Mutter-hertz gleich einer Rahel iſt/
Verdient/ daß man es ſchon in wieg und windeln ehret.
Ließ Rom doch ſolche pflicht bey ſeinen kindern zu/
Wenn unter derer haupt ein wunſch ward eingeleget/
Zu lehren/ daß ein kind darauff am beſten ruh/
Und daß man nicht zu fruͤh ihm heil zu wuͤnſchen pfleget.
Ja ward mir uͤberdiß zu wohlbewuſter zeit
Ein holder krantz verehrt durch dieſer Tochter haͤnde/
So nehm ich/ wie mich deucht/ mit recht gelegenheit/
Daß ich ihr einen krantz von dichter-blumen ſende.
Jch winde zwar nicht viel von lob und ruͤhmen ein;
Doch ſeh ich nur im geiſt ihr kuͤnfftiges erziehen/
So koͤnnen allbereit zwey Toͤchter zeugen ſeyn/
Daß auf dem Dornenfeld die ſchoͤnſten roſen bluͤhen.
Wir loben noch die kunſt und wunder-volle that/
Die des Homeri werck in eine nuß verſtecket;
Man ruͤhmt Alumni fleiß/ der ſo geſchrieben hat/
Daß hundert woͤrter offt ein pfennig hat bedecket:
Euch aber geht ſolch lob vielmehr/ hochwerthen/ an/
Die ihr den glaubens-grund/ der Chriſten beſtes wiſſen/
Den ein erwachſner offt nicht leicht begreiffen kan/
Auf kinder-hertzen habt ſo weißlich abgeriſſen.
Und gleiche hoffnung giebt auch dieſe juͤngſte frucht/
Der ſelbſt die anmuth hat ihr ebenbild geſchencket.
Jhr habet ſchon ihr wohl und beſtes heil geſucht/
Weil ihr durch beten laͤngſt den erſten grund geſencket.
Zwar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0332" n="322"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Auf den er&#x017F;ten Geburts-tag<lb/>
eines jungen To&#x0364;chterleins.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">J. G. R.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">V</hi>Erzeihe/ theures paar/ daß ich mich unter&#x017F;teh/</l><lb/>
            <l>Und deiner zarten frucht/ der noch die &#x017F;prache fehlet/</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;chon mit einer &#x017F;chrifft gleich heut entgegen geh/</l><lb/>
            <l>Da die&#x017F;er holde zweig den er&#x017F;ten jahrs-tag zehlet.</l><lb/>
            <l>Ein kind/ dem &#x017F;o ein haupt zum vater i&#x017F;t erkie&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Das wie Johannes lebt/ das wie Johannes lehret/</l><lb/>
            <l>Und de&#x017F;&#x017F;en Mutter-hertz gleich einer Rahel i&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Verdient/ daß man es &#x017F;chon in wieg und windeln ehret.</l><lb/>
            <l>Ließ Rom doch &#x017F;olche pflicht bey &#x017F;einen kindern zu/</l><lb/>
            <l>Wenn unter derer haupt ein wun&#x017F;ch ward eingeleget/</l><lb/>
            <l>Zu lehren/ daß ein kind darauff am be&#x017F;ten ruh/</l><lb/>
            <l>Und daß man nicht zu fru&#x0364;h ihm heil zu wu&#x0364;n&#x017F;chen pfleget.</l><lb/>
            <l>Ja ward mir u&#x0364;berdiß zu wohlbewu&#x017F;ter zeit</l><lb/>
            <l>Ein holder krantz verehrt durch die&#x017F;er Tochter ha&#x0364;nde/</l><lb/>
            <l>So nehm ich/ wie mich deucht/ mit recht gelegenheit/</l><lb/>
            <l>Daß ich ihr einen krantz von dichter-blumen &#x017F;ende.</l><lb/>
            <l>Jch winde zwar nicht viel von lob und ru&#x0364;hmen ein;</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;eh ich nur im gei&#x017F;t ihr ku&#x0364;nfftiges erziehen/</l><lb/>
            <l>So ko&#x0364;nnen allbereit zwey To&#x0364;chter zeugen &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Daß auf dem Dornenfeld die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten ro&#x017F;en blu&#x0364;hen.</l><lb/>
            <l>Wir loben noch die kun&#x017F;t und wunder-volle that/</l><lb/>
            <l>Die des Homeri werck in eine nuß ver&#x017F;tecket;</l><lb/>
            <l>Man ru&#x0364;hmt Alumni fleiß/ der &#x017F;o ge&#x017F;chrieben hat/</l><lb/>
            <l>Daß hundert wo&#x0364;rter offt ein pfennig hat bedecket:</l><lb/>
            <l>Euch aber geht &#x017F;olch lob vielmehr/ hochwerthen/ an/</l><lb/>
            <l>Die ihr den glaubens-grund/ der Chri&#x017F;ten be&#x017F;tes wi&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Den ein erwach&#x017F;ner offt nicht leicht begreiffen kan/</l><lb/>
            <l>Auf kinder-hertzen habt &#x017F;o weißlich abgeri&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Und gleiche hoffnung giebt auch die&#x017F;e ju&#x0364;ng&#x017F;te frucht/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;elb&#x017F;t die anmuth hat ihr ebenbild ge&#x017F;chencket.</l><lb/>
            <l>Jhr habet &#x017F;chon ihr wohl und be&#x017F;tes heil ge&#x017F;ucht/</l><lb/>
            <l>Weil ihr durch beten la&#x0364;ng&#x017F;t den er&#x017F;ten grund ge&#x017F;encket.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Zwar</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0332] Vermiſchte Gedichte. Auf den erſten Geburts-tag eines jungen Toͤchterleins. J. G. R. VErzeihe/ theures paar/ daß ich mich unterſteh/ Und deiner zarten frucht/ der noch die ſprache fehlet/ Doch ſchon mit einer ſchrifft gleich heut entgegen geh/ Da dieſer holde zweig den erſten jahrs-tag zehlet. Ein kind/ dem ſo ein haupt zum vater iſt erkieſt/ Das wie Johannes lebt/ das wie Johannes lehret/ Und deſſen Mutter-hertz gleich einer Rahel iſt/ Verdient/ daß man es ſchon in wieg und windeln ehret. Ließ Rom doch ſolche pflicht bey ſeinen kindern zu/ Wenn unter derer haupt ein wunſch ward eingeleget/ Zu lehren/ daß ein kind darauff am beſten ruh/ Und daß man nicht zu fruͤh ihm heil zu wuͤnſchen pfleget. Ja ward mir uͤberdiß zu wohlbewuſter zeit Ein holder krantz verehrt durch dieſer Tochter haͤnde/ So nehm ich/ wie mich deucht/ mit recht gelegenheit/ Daß ich ihr einen krantz von dichter-blumen ſende. Jch winde zwar nicht viel von lob und ruͤhmen ein; Doch ſeh ich nur im geiſt ihr kuͤnfftiges erziehen/ So koͤnnen allbereit zwey Toͤchter zeugen ſeyn/ Daß auf dem Dornenfeld die ſchoͤnſten roſen bluͤhen. Wir loben noch die kunſt und wunder-volle that/ Die des Homeri werck in eine nuß verſtecket; Man ruͤhmt Alumni fleiß/ der ſo geſchrieben hat/ Daß hundert woͤrter offt ein pfennig hat bedecket: Euch aber geht ſolch lob vielmehr/ hochwerthen/ an/ Die ihr den glaubens-grund/ der Chriſten beſtes wiſſen/ Den ein erwachſner offt nicht leicht begreiffen kan/ Auf kinder-hertzen habt ſo weißlich abgeriſſen. Und gleiche hoffnung giebt auch dieſe juͤngſte frucht/ Der ſelbſt die anmuth hat ihr ebenbild geſchencket. Jhr habet ſchon ihr wohl und beſtes heil geſucht/ Weil ihr durch beten laͤngſt den erſten grund geſencket. Zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/332
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/332>, abgerufen am 16.04.2024.