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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Vermischte Gedichte.
Was diese von der list/ und die von hoffart klagen/
Das hat die feindschafft offt auch ohne recht gethan.
Jch kan in beyden ja die klugen geister rühmen/
Diß was die höffligkeit an beyden vorgestellt/
Wie jeder seinen fehl mit klugheit kan verblühmen/
Jst was an jedem mir mit rechte wohlgefällt.
Das hertze Schlesiens hat mich zur welt gebo hren/
Doch scheints/ als wäre ich nach jedem ort gemacht.
Ob mir zwar Breßlau ist zur mutter-stadt erkohren/
So ist ein ieder ort von mir doch wehrt geacht/
Jch bin nicht solch ein baum der nur in gärten grünet/
Und blumen/ die nur bloß in weyden-erde blühn.
Ein selabe/ der niemand alß seinem herren dienet/
Und schwalben gleicher art/ die vor den winter fliehn;
Ein ieder ort kan mir mein vaterland ja werden/
Wo mir vergnügung legt des glückes weisen stein.
Es nährt mich jedes land und trägt mich jede erden/
Und jeder ort kan mir mein wehrtes Breßlau seyn.
Jch bin bey rauhem sturm in wassers-noth gewesen/
Und hasse fluth und schiff und wind und wellen nicht.
Jch habe offt bey blitz und donner doch gelesen/
Mir hat kein wetter auch den schlaff und spiel vernicht.
Jch müste mich ja selbst zu einem lügner machen/
Es hielte meine red und feder ja nicht stich/
Wenn ich was hassen solt' auch unter allen sachen;
Vier wörter schreib ich noch: den teuffel hässe ich.


Hoffnung und schickung.
DEr himmel wirckt mir lauter ungelücke/
Mein hoffen ist das lust-spiel seiner macht/
Den vorsatz treibt offt nur sein schluß zurücke/
Den hoffnung schon in guten stand gebracht.
Die schickung schlägt mein schiffchen bald zurücke/
Das hoffnung doch bließ in die hohe see:
Die hoffnung gab die wärmsten sonnen-blicke/
Und schickung macht aus wärme kält und schnee.
Die
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Vermiſchte Gedichte.
Was dieſe von der liſt/ und die von hoffart klagen/
Das hat die feindſchafft offt auch ohne recht gethan.
Jch kan in beyden ja die klugen geiſter ruͤhmen/
Diß was die hoͤffligkeit an beyden vorgeſtellt/
Wie jeder ſeinen fehl mit klugheit kan verbluͤhmen/
Jſt was an jedem mir mit rechte wohlgefaͤllt.
Das hertze Schleſiens hat mich zur welt gebo hren/
Doch ſcheints/ als waͤre ich nach jedem ort gemacht.
Ob mir zwar Breßlau iſt zur mutter-ſtadt erkohren/
So iſt ein ieder ort von mir doch wehrt geacht/
Jch bin nicht ſolch ein baum der nur in gaͤrten gruͤnet/
Und blumen/ die nur bloß in weyden-erde bluͤhn.
Ein ſelabe/ der niemand alß ſeinem herren dienet/
Und ſchwalben gleicher art/ die vor den winter fliehn;
Ein ieder ort kan mir mein vaterland ja werden/
Wo mir vergnuͤgung legt des gluͤckes weiſen ſtein.
Es naͤhrt mich jedes land und traͤgt mich jede erden/
Und jeder ort kan mir mein wehrtes Breßlau ſeyn.
Jch bin bey rauhem ſturm in waſſers-noth geweſen/
Und haſſe fluth und ſchiff und wind und wellen nicht.
Jch habe offt bey blitz und donner doch geleſen/
Mir hat kein wetter auch den ſchlaff und ſpiel vernicht.
Jch muͤſte mich ja ſelbſt zu einem luͤgner machen/
Es hielte meine red und feder ja nicht ſtich/
Wenn ich was haſſen ſolt’ auch unter allen ſachen;
Vier woͤrter ſchreib ich noch: den teuffel haͤſſe ich.


Hoffnung und ſchickung.
DEr himmel wirckt mir lauter ungeluͤcke/
Mein hoffen iſt das luſt-ſpiel ſeiner macht/
Den vorſatz treibt offt nur ſein ſchluß zuruͤcke/
Den hoffnung ſchon in guten ſtand gebracht.
Die ſchickung ſchlaͤgt mein ſchiffchen bald zuruͤcke/
Das hoffnung doch bließ in die hohe ſee:
Die hoffnung gab die waͤrmſten ſonnen-blicke/
Und ſchickung macht aus waͤrme kaͤlt und ſchnee.
Die
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[337/0347] Vermiſchte Gedichte. Was dieſe von der liſt/ und die von hoffart klagen/ Das hat die feindſchafft offt auch ohne recht gethan. Jch kan in beyden ja die klugen geiſter ruͤhmen/ Diß was die hoͤffligkeit an beyden vorgeſtellt/ Wie jeder ſeinen fehl mit klugheit kan verbluͤhmen/ Jſt was an jedem mir mit rechte wohlgefaͤllt. Das hertze Schleſiens hat mich zur welt gebo hren/ Doch ſcheints/ als waͤre ich nach jedem ort gemacht. Ob mir zwar Breßlau iſt zur mutter-ſtadt erkohren/ So iſt ein ieder ort von mir doch wehrt geacht/ Jch bin nicht ſolch ein baum der nur in gaͤrten gruͤnet/ Und blumen/ die nur bloß in weyden-erde bluͤhn. Ein ſelabe/ der niemand alß ſeinem herren dienet/ Und ſchwalben gleicher art/ die vor den winter fliehn; Ein ieder ort kan mir mein vaterland ja werden/ Wo mir vergnuͤgung legt des gluͤckes weiſen ſtein. Es naͤhrt mich jedes land und traͤgt mich jede erden/ Und jeder ort kan mir mein wehrtes Breßlau ſeyn. Jch bin bey rauhem ſturm in waſſers-noth geweſen/ Und haſſe fluth und ſchiff und wind und wellen nicht. Jch habe offt bey blitz und donner doch geleſen/ Mir hat kein wetter auch den ſchlaff und ſpiel vernicht. Jch muͤſte mich ja ſelbſt zu einem luͤgner machen/ Es hielte meine red und feder ja nicht ſtich/ Wenn ich was haſſen ſolt’ auch unter allen ſachen; Vier woͤrter ſchreib ich noch: den teuffel haͤſſe ich. Hoffnung und ſchickung. DEr himmel wirckt mir lauter ungeluͤcke/ Mein hoffen iſt das luſt-ſpiel ſeiner macht/ Den vorſatz treibt offt nur ſein ſchluß zuruͤcke/ Den hoffnung ſchon in guten ſtand gebracht. Die ſchickung ſchlaͤgt mein ſchiffchen bald zuruͤcke/ Das hoffnung doch bließ in die hohe ſee: Die hoffnung gab die waͤrmſten ſonnen-blicke/ Und ſchickung macht aus waͤrme kaͤlt und ſchnee. Die Y 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/347>, abgerufen am 29.03.2024.