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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.
Hirten-gedichte.
ALs nechst ein schöner tag den himmel ausgekläret/
Und neuen sonnenschein dem trüben feld bescheret/
Jst/ wo der Guttalus sein gelbes ufer tränckt/
Und um das Rosenthal die breiten armen schwenckt/
Der schäffer Tityrus zu seinem Damon kommen/
Und haben platz und raum bey einem baum genommen.
Die gürtel auffgelöst/ die taschen abgelegt/
Sich in das graß gestreckt/ wie sonst ein hirte pflegt/
Drauf ihre noth geklagt/ wie sie die liebe frässe/
Und wie ein nagend wurm in ihrem hertzen sässe;
Daß weder neid noch zeit veränderte die pein/
Und daß die liebe müst als stroh und feuer seyn.
Biß endlich Tityrus der liebsten schönheit preiste/
Wie seine Galathee sich so gebehrdend weiste/
Als irgend eine mag. Der Damon sprach gar wohl.
Wir streiten durch ein lied/ wer seine loben soll.
Und drauf sprach Tityrus: des frühlings rosen bleichen/
Der sommer muß dem herbst/ der herbst dem winter weichen/
Die nacht verhült den tag/ nur deiner augen licht/
O! schönste Galathee/ vergeht und schwärtzt sich nicht.
Kein apffel färbt sich so/ als lippen/ mund und wangen/
Der schnee hat sich zugleich an hals und brust gehangen/
Und ob des winters frost dem baum die blätter raubt/
So ist der glieder May mit kräntzen doch belaubt.
Damon.
Die schöne Chloris ist mein andre morgenröthe/
Seht ob ihr angesicht nicht alle blumen tödte/
Sie ist mein westen-wind/ der mich beleben kan/
Sie/ eine königin/ und ich ihr unterthan.
Das schwartzgestochtne haar gleist schöner als die raben/
Und lust und liebe will bey ihr die wohnung haben/
Die erdbeer ist nicht roth vor ihrer lippen schein/
Die brüste reiffen so/ wie trauben voller wein.
Tityrus.
Wie junge Pfirsch-bäum blühn/ so lacht der Galatheen
Liebreiches angesicht/ und wo sie kommt zu gehen/
Da
Verliebte Gedichte.
Hirten-gedichte.
ALs nechſt ein ſchoͤner tag den himmel ausgeklaͤret/
Und neuen ſonnenſchein dem truͤben feld beſcheret/
Jſt/ wo der Guttalus ſein gelbes ufer traͤnckt/
Und um das Roſenthal die breiten armen ſchwenckt/
Der ſchaͤffer Tityrus zu ſeinem Damon kommen/
Und haben platz und raum bey einem baum genommen.
Die guͤrtel auffgeloͤſt/ die taſchen abgelegt/
Sich in das graß geſtreckt/ wie ſonſt ein hirte pflegt/
Drauf ihre noth geklagt/ wie ſie die liebe fraͤſſe/
Und wie ein nagend wurm in ihrem hertzen ſaͤſſe;
Daß weder neid noch zeit veraͤnderte die pein/
Und daß die liebe muͤſt als ſtroh und feuer ſeyn.
Biß endlich Tityrus der liebſten ſchoͤnheit preiſte/
Wie ſeine Galathee ſich ſo gebehrdend weiſte/
Als irgend eine mag. Der Damon ſprach gar wohl.
Wir ſtreiten durch ein lied/ wer ſeine loben ſoll.
Und drauf ſprach Tityrus: des fruͤhlings roſen bleichen/
Der ſommer muß dem herbſt/ der herbſt dem winter weichen/
Die nacht verhuͤlt den tag/ nur deiner augen licht/
O! ſchoͤnſte Galathee/ vergeht und ſchwaͤrtzt ſich nicht.
Kein apffel faͤrbt ſich ſo/ als lippen/ mund und wangen/
Der ſchnee hat ſich zugleich an hals und bruſt gehangen/
Und ob des winters froſt dem baum die blaͤtter raubt/
So iſt der glieder May mit kraͤntzen doch belaubt.
Damon.
Die ſchoͤne Chloris iſt mein andre morgenroͤthe/
Seht ob ihr angeſicht nicht alle blumen toͤdte/
Sie iſt mein weſten-wind/ der mich beleben kan/
Sie/ eine koͤnigin/ und ich ihr unterthan.
Das ſchwartzgeſtochtne haar gleiſt ſchoͤner als die raben/
Und luſt und liebe will bey ihr die wohnung haben/
Die erdbeer iſt nicht roth vor ihrer lippen ſchein/
Die bruͤſte reiffen ſo/ wie trauben voller wein.
Tityrus.
Wie junge Pfirſch-baͤum bluͤhn/ ſo lacht der Galatheen
Liebreiches angeſicht/ und wo ſie kommt zu gehen/
Da
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[63/0071] Verliebte Gedichte. Hirten-gedichte. ALs nechſt ein ſchoͤner tag den himmel ausgeklaͤret/ Und neuen ſonnenſchein dem truͤben feld beſcheret/ Jſt/ wo der Guttalus ſein gelbes ufer traͤnckt/ Und um das Roſenthal die breiten armen ſchwenckt/ Der ſchaͤffer Tityrus zu ſeinem Damon kommen/ Und haben platz und raum bey einem baum genommen. Die guͤrtel auffgeloͤſt/ die taſchen abgelegt/ Sich in das graß geſtreckt/ wie ſonſt ein hirte pflegt/ Drauf ihre noth geklagt/ wie ſie die liebe fraͤſſe/ Und wie ein nagend wurm in ihrem hertzen ſaͤſſe; Daß weder neid noch zeit veraͤnderte die pein/ Und daß die liebe muͤſt als ſtroh und feuer ſeyn. Biß endlich Tityrus der liebſten ſchoͤnheit preiſte/ Wie ſeine Galathee ſich ſo gebehrdend weiſte/ Als irgend eine mag. Der Damon ſprach gar wohl. Wir ſtreiten durch ein lied/ wer ſeine loben ſoll. Und drauf ſprach Tityrus: des fruͤhlings roſen bleichen/ Der ſommer muß dem herbſt/ der herbſt dem winter weichen/ Die nacht verhuͤlt den tag/ nur deiner augen licht/ O! ſchoͤnſte Galathee/ vergeht und ſchwaͤrtzt ſich nicht. Kein apffel faͤrbt ſich ſo/ als lippen/ mund und wangen/ Der ſchnee hat ſich zugleich an hals und bruſt gehangen/ Und ob des winters froſt dem baum die blaͤtter raubt/ So iſt der glieder May mit kraͤntzen doch belaubt. Damon. Die ſchoͤne Chloris iſt mein andre morgenroͤthe/ Seht ob ihr angeſicht nicht alle blumen toͤdte/ Sie iſt mein weſten-wind/ der mich beleben kan/ Sie/ eine koͤnigin/ und ich ihr unterthan. Das ſchwartzgeſtochtne haar gleiſt ſchoͤner als die raben/ Und luſt und liebe will bey ihr die wohnung haben/ Die erdbeer iſt nicht roth vor ihrer lippen ſchein/ Die bruͤſte reiffen ſo/ wie trauben voller wein. Tityrus. Wie junge Pfirſch-baͤum bluͤhn/ ſo lacht der Galatheen Liebreiches angeſicht/ und wo ſie kommt zu gehen/ Da

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/71>, abgerufen am 29.03.2024.