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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Galante Getichte.
Die seide hatte kaum dem marmel weichen müssen,
Als sich der leichte rock von ihrem leibe schied;
Doch als die sichre hand die weisse brust verrieth,
So ward ich unvermerckt in ohnmacht hingerissen:
Die augen suncken hin, die beine wurden matt.
Die nackte Silvia stieg sicher in das bad,
Eh ich mein auge konnt' aus der verwirrung führen.
Und also ward sie mir kein gantz entdecktes land.
Doch hat die blosse brust mir so viel krafft entwandt;
Was würde Silvius nicht in der schos verliehren.


Als Flavia in seiner gegenwart ihrem
hündgen liebkosete.

Sonnet.
ES hatte Flavia ihr hündgen auf dem schos,
Sie stopffet' ihm das maul mit lauter mandelkernen,
Es fiel manch süsser blick aus ihren holden sternen,
Den dieses lumpenthier, doch ohn verdienst, genos.
Sie stellet ihm den schnee der reinen brüste blos,
Und wolte nicht den mund von seinem kuß entfernen,
Jch muste den verdruß dabey verbeissen lernen,
So starck mir auch die gall in mund und hertze flos.
Jndessen konnt' ich mich der wörter nicht erwehren:
"Wie glücklich würde sich doch meine zeit verzehren,
"Wär' ich, ach Flavia! dein so geliebter hund!
"Doch weil der himmel mich zum menschen auserkohren,
"So bin ich durch den grimm der Flavia verlohren,
"Denn meine flamme lescht nur ihr geküster mund.


C. L. Ch. z. H. pf. a. R. &c.
mit
M. S. Degenfeldin gepflogene
liebes-handlung,

Jn
A 2
Galante Getichte.
Die ſeide hatte kaum dem marmel weichen muͤſſen,
Als ſich der leichte rock von ihrem leibe ſchied;
Doch als die ſichre hand die weiſſe bruſt verrieth,
So ward ich unvermerckt in ohnmacht hingeriſſen:
Die augen ſuncken hin, die beine wurden matt.
Die nackte Silvia ſtieg ſicher in das bad,
Eh ich mein auge konnt’ aus der verwirrung fuͤhren.
Und alſo ward ſie mir kein gantz entdecktes land.
Doch hat die bloſſe bruſt mir ſo viel krafft entwandt;
Was wuͤrde Silvius nicht in der ſchos verliehren.


Als Flavia in ſeiner gegenwart ihrem
huͤndgen liebkoſete.

Sonnet.
ES hatte Flavia ihr huͤndgen auf dem ſchos,
Sie ſtopffet’ ihm das maul mit lauter mandelkernen,
Es fiel manch ſuͤſſer blick aus ihren holden ſternen,
Den dieſes lumpenthier, doch ohn verdienſt, genos.
Sie ſtellet ihm den ſchnee der reinen bruͤſte blos,
Und wolte nicht den mund von ſeinem kuß entfernen,
Jch muſte den verdruß dabey verbeiſſen lernen,
So ſtarck mir auch die gall in mund und hertze flos.
Jndeſſen konnt’ ich mich der woͤrter nicht erwehren:
„Wie gluͤcklich wuͤrde ſich doch meine zeit verzehren,
„Waͤr’ ich, ach Flavia! dein ſo geliebter hund!
„Doch weil der himmel mich zum menſchen auserkohren,
„So bin ich durch den grimm der Flavia verlohren,
„Denn meine flamme leſcht nur ihr gekuͤſter mund.


C. L. Ch. z. H. pf. a. R. &c.
mit
M. S. Degenfeldin gepflogene
liebes-handlung,

Jn
A 2
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[3/0027] Galante Getichte. Die ſeide hatte kaum dem marmel weichen muͤſſen, Als ſich der leichte rock von ihrem leibe ſchied; Doch als die ſichre hand die weiſſe bruſt verrieth, So ward ich unvermerckt in ohnmacht hingeriſſen: Die augen ſuncken hin, die beine wurden matt. Die nackte Silvia ſtieg ſicher in das bad, Eh ich mein auge konnt’ aus der verwirrung fuͤhren. Und alſo ward ſie mir kein gantz entdecktes land. Doch hat die bloſſe bruſt mir ſo viel krafft entwandt; Was wuͤrde Silvius nicht in der ſchos verliehren. Als Flavia in ſeiner gegenwart ihrem huͤndgen liebkoſete. Sonnet. ES hatte Flavia ihr huͤndgen auf dem ſchos, Sie ſtopffet’ ihm das maul mit lauter mandelkernen, Es fiel manch ſuͤſſer blick aus ihren holden ſternen, Den dieſes lumpenthier, doch ohn verdienſt, genos. Sie ſtellet ihm den ſchnee der reinen bruͤſte blos, Und wolte nicht den mund von ſeinem kuß entfernen, Jch muſte den verdruß dabey verbeiſſen lernen, So ſtarck mir auch die gall in mund und hertze flos. Jndeſſen konnt’ ich mich der woͤrter nicht erwehren: „Wie gluͤcklich wuͤrde ſich doch meine zeit verzehren, „Waͤr’ ich, ach Flavia! dein ſo geliebter hund! „Doch weil der himmel mich zum menſchen auserkohren, „So bin ich durch den grimm der Flavia verlohren, „Denn meine flamme leſcht nur ihr gekuͤſter mund. C. L. Ch. z. H. pf. a. R. &c. mit M. S. Degenfeldin gepflogene liebes-handlung, Jn A 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/27>, abgerufen am 20.04.2024.