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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Vierdten Buchs Erster Theil/ Wein-Garten.
Cap. XII.
Von den Weinhecken.
[Spaltenumbruch]

DJe Hecken Pergulae vel apertae, die an die
Mauren aufgeführt/ vel Compluviatae, die wie
ein Bogengang in Gärten formiret sind/ und
also bey den Häusern/ und in den Gärten auferzogen
werden/ kommen allein und am besten von Gruben
und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/
und diese nimmt man von der besten Gattung/ die an Art
und Fruchtbarkeit die Edlisten sind/ allein die Erde muß
man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund
undienlich/ mit einer bessern als Gassenkot und Dung
verbessern/ sie werden erstlich darum weit von einander
gesetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das
Gruben gleich auszutheilen/ und also die Hecken desto
grösser zu machen/ man läst den Stamm nach Belie-
ben höher und niederer wachsen/ und werden offt von
einer Wurtzel etliche Stämme getragen/ die sich dann
wieder in unterschiedliche Reben und Zweige austhei-
len/ sie müssen aber gegen Morgen und Mittag/ damit
sie die Sonnen haben können/ gesetzt an Geländer/ Lat-
ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm-
winde Anfall mit genugsamen Banden gehefftet und
versichert seyn; doch also/ daß sie das Band nicht ver-
sehren möge/ und das muß nach und nach geschehen/
nachdem die Hecken viel Schößling und Schübe von
sich gibt/ den gantzen Sommer durch/ sonderlich im Au-
gusto/ da man die überflüssigen Wipfel zugleich abschnei-
den lässet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den
unnützen Zweigen/ sondern den Weintrauben zum be-
sten komme/ sie tragen zwar mehr Früchte als die niedern
Weinstöcke/ bedörffen aber auch mehr Sorg und
Aufsicht.

Mit der Dung muß man ihrer sonderlich wol war-
ten/ doch muß sie nicht hart an die Wurtzen/ sondern
aussen her gelegt seyn/ in kalten Ländern ist der Roß-
mist/ und in den warmen der Kühmist täuglicher; der
Taubenmist/ und die Abschnittlinge vom Buchsbaum
sind noch besser; doch ist weniger schädlich/ wann die
Dung/ als die übrige Arbeit/ unterlassen wird. Die
[Spaltenumbruch] Hecken-Trauben sind vor den Winden/ weil sie wol an-
gebunden/ und vor der Fäulung/ weil sie hoch hangen/
sicherer als die niedern Stöcke/ weil sie von denen aus
der Erden dünstenden Dämpfen nicht so leichtlich be-
rührt werden wie die niedern Stöcke/ so gar bey der
Erden stehen.

Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/
sie werden aber offt so verhartet/ daß sie das zarte Holtz
in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/
also nehmen etliche Spaget oder groben starcken
Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder
Gabeln und Stützen/ darauf die Reben ligen/ müssen
keine Band entzwischen kommen/ weil sie bald reissen/
oder den Reben sonst schädlich seyn möchten. An dem
Gemäuer/ wo der Sonnen Widerschlag die Wärme
verdoppelt/ tragen sie trefflich viel/ und werden desto
zeitiger und wolgeschmacker. Man macht wol auch von
dergleichen Hecken gantze Gänge als wie gewölbt in
dem Garten/ können aber nicht so wol reif werden/ weil
eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten
daran verhindert wird/ es sey dann/ daß sie vom Mittage
nach Mitternacht gerichtet; Osten zu einer/ und Abend
zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung
und Vorstand haben.

Die Höhe der Hecken wird nach der Mauer oder
des Geländers/ auch des Gewitters Beschaffenheit bald
höher/ bald niedriger gezügelt. Jn Jtalien und Sa-
phoyen/ wo die Trauben an den Bäumen Reyenweise
erhöhet/ und darzwischen Aecker mit Getrayd gebauet
werden/ braucht man insgemein nicht alle Bäume/
sondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/
als Nuß-Baum/ Eschen/ Dörnel-Baum/ Velber
oder Weiden/ so von den Alten darzu gebraucht wor-
den/ jetzt aber haben Kerschen- und Weichsel-Bäume
bey den meisten den Vorzug; andere Bäume/ die gros-
sen Schatten mit den Aesten machen/ und mit der
Wurtzen weiten Platz einnehmen/ sind zu diesem Han-
del nicht dienlich.

Cap. XIII.
Wie man die Reben peltzt.
[Spaltenumbruch]

DAs Peltzen scheinet eine unnothwendige Sache
in der Wirthschafft zu seyn/ aber gleich nutzlich
und curios; das Peltzen ist darum erfunden/
daß man erstlich die Reben/ so gar kleines March neh-
men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch diese Kunst
fortbringen/ und da sich etwan in unserm Weingebürge/
ein oder der andere Stock finde/ von schlechter geringer
Gattung/ oder der wenig Frucht brächte/ man auf den-
selben eine bessere Art aufpeltzen/ und alsobald wieder
verbessern könnte. Die Alten habens auf solche Weise
verrichtet: Erstlich haben sie den Stock nach der
Zwerch von unten an biß oben/ so hoch als ihnen gefal-
len/ an einem festen Ort durchbohret/ und unten Peltz-
zweig hinein gesteckt/ daß er das gantze Loch ausgefüllt/
sie haben den Zweig zwar gesäubert und von aller gro-
[Spaltenumbruch] ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geschehlet/
noch die Augen verwüstet/ darnach haben sie den Zweig
4 Finger hoch oben abgeschnitten/ und ein oder zwey
Augen gelassen/ das Loch haben sie mit Wachs und Leim
vermacht/ und mit Rinden und Tüchern sorgfältig ver-
bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin-
gen können/ der Stamm war vorher etwan einen
Schuch hoch über der Erden abgeschnitten/ und der
Zweig ward von dem nächsten guten edlen Stock ge-
nommen/ durchgeschoben (weil die Augen noch gar klein
und subtiel sind) aber nicht abgeschnitten/ und ein paar
Jahr also an seiner Mutter gelassen/ biß er des neuen
Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeschnitten.

Weil man aber diese Gelegenheit nicht überall ha-
ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen

kan/
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Vierdten Buchs Erſter Theil/ Wein-Garten.
Cap. XII.
Von den Weinhecken.
[Spaltenumbruch]

DJe Hecken Pergulæ vel apertæ, die an die
Mauren aufgefuͤhrt/ vel Compluviatæ, die wie
ein Bogengang in Gaͤrten formiret ſind/ und
alſo bey den Haͤuſern/ und in den Gaͤrten auferzogen
werden/ kommen allein und am beſten von Gruben
und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/
und dieſe nim̃t man von der beſten Gattung/ die an Art
und Fruchtbarkeit die Edliſten ſind/ allein die Erde muß
man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund
undienlich/ mit einer beſſern als Gaſſenkot und Dung
verbeſſern/ ſie werden erſtlich darum weit von einander
geſetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das
Gruben gleich auszutheilen/ und alſo die Hecken deſto
groͤſſer zu machen/ man laͤſt den Stamm nach Belie-
ben hoͤher und niederer wachſen/ und werden offt von
einer Wurtzel etliche Staͤmme getragen/ die ſich dann
wieder in unterſchiedliche Reben und Zweige austhei-
len/ ſie muͤſſen aber gegen Morgen und Mittag/ damit
ſie die Sonnen haben koͤnnen/ geſetzt an Gelaͤnder/ Lat-
ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm-
winde Anfall mit genugſamen Banden gehefftet und
verſichert ſeyn; doch alſo/ daß ſie das Band nicht ver-
ſehren moͤge/ und das muß nach und nach geſchehen/
nachdem die Hecken viel Schoͤßling und Schuͤbe von
ſich gibt/ den gantzen Sommer durch/ ſonderlich im Au-
guſto/ da man die uͤberfluͤſſigen Wipfel zugleich abſchnei-
den laͤſſet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den
unnuͤtzen Zweigen/ ſondern den Weintrauben zum be-
ſten komme/ ſie tragen zwar mehr Fruͤchte als die niedern
Weinſtoͤcke/ bedoͤrffen aber auch mehr Sorg und
Aufſicht.

Mit der Dung muß man ihrer ſonderlich wol war-
ten/ doch muß ſie nicht hart an die Wurtzen/ ſondern
auſſen her gelegt ſeyn/ in kalten Laͤndern iſt der Roß-
miſt/ und in den warmen der Kuͤhmiſt taͤuglicher; der
Taubenmiſt/ und die Abſchnittlinge vom Buchsbaum
ſind noch beſſer; doch iſt weniger ſchaͤdlich/ wann die
Dung/ als die uͤbrige Arbeit/ unterlaſſen wird. Die
[Spaltenumbruch] Hecken-Trauben ſind vor den Winden/ weil ſie wol an-
gebunden/ und vor der Faͤulung/ weil ſie hoch hangen/
ſicherer als die niedern Stoͤcke/ weil ſie von denen aus
der Erden duͤnſtenden Daͤmpfen nicht ſo leichtlich be-
ruͤhrt werden wie die niedern Stoͤcke/ ſo gar bey der
Erden ſtehen.

Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/
ſie werden aber offt ſo verhartet/ daß ſie das zarte Holtz
in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/
alſo nehmen etliche Spaget oder groben ſtarcken
Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder
Gabeln und Stuͤtzen/ darauf die Reben ligen/ muͤſſen
keine Band entzwiſchen kommen/ weil ſie bald reiſſen/
oder den Reben ſonſt ſchaͤdlich ſeyn moͤchten. An dem
Gemaͤuer/ wo der Sonnen Widerſchlag die Waͤrme
verdoppelt/ tragen ſie trefflich viel/ und werden deſto
zeitiger und wolgeſchmacker. Man macht wol auch von
dergleichen Hecken gantze Gaͤnge als wie gewoͤlbt in
dem Garten/ koͤnnen aber nicht ſo wol reif werden/ weil
eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten
daran verhindert wird/ es ſey dann/ daß ſie vom Mittage
nach Mitternacht gerichtet; Oſten zu einer/ und Abend
zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung
und Vorſtand haben.

Die Hoͤhe der Hecken wird nach der Mauer oder
des Gelaͤnders/ auch des Gewitters Beſchaffenheit bald
hoͤher/ bald niedriger gezuͤgelt. Jn Jtalien und Sa-
phoyen/ wo die Trauben an den Baͤumen Reyenweiſe
erhoͤhet/ und darzwiſchen Aecker mit Getrayd gebauet
werden/ braucht man insgemein nicht alle Baͤume/
ſondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/
als Nuß-Baum/ Eſchen/ Doͤrnel-Baum/ Velber
oder Weiden/ ſo von den Alten darzu gebraucht wor-
den/ jetzt aber haben Kerſchen- und Weichſel-Baͤume
bey den meiſten den Vorzug; andere Baͤume/ die groſ-
ſen Schatten mit den Aeſten machen/ und mit der
Wurtzen weiten Platz einnehmen/ ſind zu dieſem Han-
del nicht dienlich.

Cap. XIII.
Wie man die Reben peltzt.
[Spaltenumbruch]

DAs Peltzen ſcheinet eine unnothwendige Sache
in der Wirthſchafft zu ſeyn/ aber gleich nutzlich
und curios; das Peltzen iſt darum erfunden/
daß man erſtlich die Reben/ ſo gar kleines March neh-
men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch dieſe Kunſt
fortbringen/ und da ſich etwan in unſerm Weingebuͤrge/
ein oder der andere Stock finde/ von ſchlechter geringer
Gattung/ oder der wenig Frucht braͤchte/ man auf den-
ſelben eine beſſere Art aufpeltzen/ und alſobald wieder
verbeſſern koͤnnte. Die Alten habens auf ſolche Weiſe
verrichtet: Erſtlich haben ſie den Stock nach der
Zwerch von unten an biß oben/ ſo hoch als ihnen gefal-
len/ an einem feſten Ort durchbohret/ und unten Peltz-
zweig hinein geſteckt/ daß er das gantze Loch ausgefuͤllt/
ſie haben den Zweig zwar geſaͤubert und von aller gro-
[Spaltenumbruch] ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geſchehlet/
noch die Augen verwuͤſtet/ darnach haben ſie den Zweig
4 Finger hoch oben abgeſchnitten/ und ein oder zwey
Augen gelaſſen/ das Loch haben ſie mit Wachs und Leim
vermacht/ und mit Rinden und Tuͤchern ſorgfaͤltig ver-
bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin-
gen koͤnnen/ der Stamm war vorher etwan einen
Schuch hoch uͤber der Erden abgeſchnitten/ und der
Zweig ward von dem naͤchſten guten edlen Stock ge-
nommen/ durchgeſchoben (weil die Augen noch gar klein
und ſubtiel ſind) aber nicht abgeſchnitten/ und ein paar
Jahr alſo an ſeiner Mutter gelaſſen/ biß er des neuen
Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeſchnitten.

Weil man aber dieſe Gelegenheit nicht uͤberall ha-
ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen

kan/
U u ij
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[339/0357] Vierdten Buchs Erſter Theil/ Wein-Garten. Cap. XII. Von den Weinhecken. DJe Hecken Pergulæ vel apertæ, die an die Mauren aufgefuͤhrt/ vel Compluviatæ, die wie ein Bogengang in Gaͤrten formiret ſind/ und alſo bey den Haͤuſern/ und in den Gaͤrten auferzogen werden/ kommen allein und am beſten von Gruben und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/ und dieſe nim̃t man von der beſten Gattung/ die an Art und Fruchtbarkeit die Edliſten ſind/ allein die Erde muß man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund undienlich/ mit einer beſſern als Gaſſenkot und Dung verbeſſern/ ſie werden erſtlich darum weit von einander geſetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das Gruben gleich auszutheilen/ und alſo die Hecken deſto groͤſſer zu machen/ man laͤſt den Stamm nach Belie- ben hoͤher und niederer wachſen/ und werden offt von einer Wurtzel etliche Staͤmme getragen/ die ſich dann wieder in unterſchiedliche Reben und Zweige austhei- len/ ſie muͤſſen aber gegen Morgen und Mittag/ damit ſie die Sonnen haben koͤnnen/ geſetzt an Gelaͤnder/ Lat- ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm- winde Anfall mit genugſamen Banden gehefftet und verſichert ſeyn; doch alſo/ daß ſie das Band nicht ver- ſehren moͤge/ und das muß nach und nach geſchehen/ nachdem die Hecken viel Schoͤßling und Schuͤbe von ſich gibt/ den gantzen Sommer durch/ ſonderlich im Au- guſto/ da man die uͤberfluͤſſigen Wipfel zugleich abſchnei- den laͤſſet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den unnuͤtzen Zweigen/ ſondern den Weintrauben zum be- ſten komme/ ſie tragen zwar mehr Fruͤchte als die niedern Weinſtoͤcke/ bedoͤrffen aber auch mehr Sorg und Aufſicht. Mit der Dung muß man ihrer ſonderlich wol war- ten/ doch muß ſie nicht hart an die Wurtzen/ ſondern auſſen her gelegt ſeyn/ in kalten Laͤndern iſt der Roß- miſt/ und in den warmen der Kuͤhmiſt taͤuglicher; der Taubenmiſt/ und die Abſchnittlinge vom Buchsbaum ſind noch beſſer; doch iſt weniger ſchaͤdlich/ wann die Dung/ als die uͤbrige Arbeit/ unterlaſſen wird. Die Hecken-Trauben ſind vor den Winden/ weil ſie wol an- gebunden/ und vor der Faͤulung/ weil ſie hoch hangen/ ſicherer als die niedern Stoͤcke/ weil ſie von denen aus der Erden duͤnſtenden Daͤmpfen nicht ſo leichtlich be- ruͤhrt werden wie die niedern Stoͤcke/ ſo gar bey der Erden ſtehen. Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/ ſie werden aber offt ſo verhartet/ daß ſie das zarte Holtz in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/ alſo nehmen etliche Spaget oder groben ſtarcken Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder Gabeln und Stuͤtzen/ darauf die Reben ligen/ muͤſſen keine Band entzwiſchen kommen/ weil ſie bald reiſſen/ oder den Reben ſonſt ſchaͤdlich ſeyn moͤchten. An dem Gemaͤuer/ wo der Sonnen Widerſchlag die Waͤrme verdoppelt/ tragen ſie trefflich viel/ und werden deſto zeitiger und wolgeſchmacker. Man macht wol auch von dergleichen Hecken gantze Gaͤnge als wie gewoͤlbt in dem Garten/ koͤnnen aber nicht ſo wol reif werden/ weil eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten daran verhindert wird/ es ſey dann/ daß ſie vom Mittage nach Mitternacht gerichtet; Oſten zu einer/ und Abend zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung und Vorſtand haben. Die Hoͤhe der Hecken wird nach der Mauer oder des Gelaͤnders/ auch des Gewitters Beſchaffenheit bald hoͤher/ bald niedriger gezuͤgelt. Jn Jtalien und Sa- phoyen/ wo die Trauben an den Baͤumen Reyenweiſe erhoͤhet/ und darzwiſchen Aecker mit Getrayd gebauet werden/ braucht man insgemein nicht alle Baͤume/ ſondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/ als Nuß-Baum/ Eſchen/ Doͤrnel-Baum/ Velber oder Weiden/ ſo von den Alten darzu gebraucht wor- den/ jetzt aber haben Kerſchen- und Weichſel-Baͤume bey den meiſten den Vorzug; andere Baͤume/ die groſ- ſen Schatten mit den Aeſten machen/ und mit der Wurtzen weiten Platz einnehmen/ ſind zu dieſem Han- del nicht dienlich. Cap. XIII. Wie man die Reben peltzt. DAs Peltzen ſcheinet eine unnothwendige Sache in der Wirthſchafft zu ſeyn/ aber gleich nutzlich und curios; das Peltzen iſt darum erfunden/ daß man erſtlich die Reben/ ſo gar kleines March neh- men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch dieſe Kunſt fortbringen/ und da ſich etwan in unſerm Weingebuͤrge/ ein oder der andere Stock finde/ von ſchlechter geringer Gattung/ oder der wenig Frucht braͤchte/ man auf den- ſelben eine beſſere Art aufpeltzen/ und alſobald wieder verbeſſern koͤnnte. Die Alten habens auf ſolche Weiſe verrichtet: Erſtlich haben ſie den Stock nach der Zwerch von unten an biß oben/ ſo hoch als ihnen gefal- len/ an einem feſten Ort durchbohret/ und unten Peltz- zweig hinein geſteckt/ daß er das gantze Loch ausgefuͤllt/ ſie haben den Zweig zwar geſaͤubert und von aller gro- ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geſchehlet/ noch die Augen verwuͤſtet/ darnach haben ſie den Zweig 4 Finger hoch oben abgeſchnitten/ und ein oder zwey Augen gelaſſen/ das Loch haben ſie mit Wachs und Leim vermacht/ und mit Rinden und Tuͤchern ſorgfaͤltig ver- bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin- gen koͤnnen/ der Stamm war vorher etwan einen Schuch hoch uͤber der Erden abgeſchnitten/ und der Zweig ward von dem naͤchſten guten edlen Stock ge- nommen/ durchgeſchoben (weil die Augen noch gar klein und ſubtiel ſind) aber nicht abgeſchnitten/ und ein paar Jahr alſo an ſeiner Mutter gelaſſen/ biß er des neuen Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeſchnitten. Weil man aber dieſe Gelegenheit nicht uͤberall ha- ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen kan/ U u ij

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/357>, abgerufen am 25.04.2024.