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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Cap. LXXIX.
Vom Je länger Je lieber/ & Scammonia Monpellana.
[Spaltenumbruch]

AMara dulcis, Je länger Je lieber/ oder Hintsch-
kraut/ wird auch von etlichen genennet Vitis Syl-
vestris,
oder wilde Stickwurtz/ bekommet Re-
ben wie die andern Stickwurtzen/ die Blätter aber sind
dem spitzigen Creutz-Salve etwas zu gleichen/ weil die
meisten Blätter unten am Stengel zwey kleine Oehr-
lein haben/ die Blumen sind Veyelfärbig von 5 Blät-
lein/ die in der Mitten ein gelbes Zäpflein weisen; die
Beer werden bey ihrer Zeitigung langlecht und Coral-
lenfarb/ eines unangenehmen Geschmacks/ wächst gern
an Zäunen und an feuchten Orten/ ist hitzig und trocke-
ner Natur/ die Wurtzen ist zotticht/ die Rinde der
Aeste ist im Keuen Anfangs bitter/ und nachmals eines
süssen Geschmacks/ davon es Amara dulcis benamset
wird.

Wider die eingewurtzte alte Gelbsucht/ macht man
einen Wein auf diese Weise: Man zerschneidet das
Holtz von diesen Reben klein und würfflicht/ nimmt des-
sen ein Pfund zu einer Maß weissen Weins/ thuts in ei-
nen verglasirten Hafen/ deckts mit einem gehäben De-
ckel/ der oben ein Löchlein in der Mitten hat/ verlutirt den
Deckel um und um/ siedet es bey einer Glut gemählich/
über das dritte Theil/ seihet es/ und trinckt Morgens
nüchtern im Bett ein Gläslein voll davon warm/ ruhet
eine Stund darauf/ und nimmt des Abends auch so viel;
dieser Wein treibt die Gelbsucht sänfftiglich durch den
Stulgang und Harn/ auch die faulen Magen-Fieber
aus. Jst noch besser/ wann man frühe darauf schwitzen
kan.

Die Reben dieses Gewächses/ weil sie noch zart
und jung sind/ werden auch wie Spargel angemacht/
und zur Speise genossen. Den aus denen Beerlein ge-
machten Safft brauchen (wie Durantes schreibet) die
Weibs-Personen zur Schmincke des Angesichts/ die
Haar/ Sommerflecken und Masen des Angesichts da-
mit zu vertreiben.

Unter die Spalier flechtet sich dieses Gewächs/
und gibt mit ihren Blumen und Beeren ein schönes An-
sehen.

Scammonia Monpellana oder Valentina, wird
von C. Clusio beschrieben/ daß sie in Gallia Narbonensi
und im Königreich Valenza gefunden werde; die Wur-
[Spaltenumbruch] tzen ist etwa eines kleinen Fingers dick/ welche weit um sich
kreucht und sich ausbreitet; aus der Wurtzen kommen
lange dünne Reben/ welche sich allenthalben/ wo sie was
ergreiffen mögen/ umschlingen und aufwinden; die
Blätter sind fast dem Epheu zu gleichen/ ausser daß sie
runder und spitziger/ auch Aschenfärblicht sind/ bringen
kleine weisse gestirnte Blümlein/ das gantze Gewächs ist
voller Milch/ wurtzelt gar leichtlich ein/ auch wann die
Wurtzen in Stück zerschnitten und in die Erde geleget
wird.

Die rechte und wahre Scammonia aber/ von wel-
cher der Safft Scammonium zu uns gebracht wird/ den
man auch sonst Diagridium nennet/ hat eine grosse di-
cke Wurtzen/ hat Blätter wie die Winden/ breit und
spitzig/ wie ein Pfeil formirt; die Blum ist weiß/ rund
und hohl wie ein Kelchlein/ und eines starcken Geruchs;
wächst zwar sonst nur in heissen Landen und feistem
Grunde/ als in Asia, Mysia, Syria und Creta. Wird
aber/ (wie Tabernaemontanus bezeuget/) auch in
Teutschland in den Garten gepflantzet; der Safft wird
offt mit Wolfsmilch verfälscht/ als muß man probiren/
ob es/ wann mans mit der Zungen berührt/ einen weis-
sen Safft oder Milch sehen lasse/ wie der verfälschte allzeit
zu thun pfleget; das beste ist leicht/ hell/ lucker/ schwam-
micht/ mit reinen subtilen Aederlein gleichsam durch-
wachsen/ und am Geschmack nicht zu viel scharff/ noch
auf der Zungen brennend/ wie die verfälschte zu seyn
pfleget.

Dieser Safft treibt den Schleim/ die Gall und das
böse Gewässer durch den Stulgang aus/ muß mehr nicht
als anderthalb Quintel/ und weniger nicht/ als ein halb
Quintel/ nach Beschaffenheit der Natur/ gebraucht wer-
den; doch ist er dem Magen etwas schädlich/ daher
nicht ohne eines Medici Raht sicher damit umzuge-
hen.

Die Wurtzen in Essig gesotten/ und mit Erven-
Mehl zu einem Pflaster gemacht/ vertreibt das Hüfft-
Wehe; in Essig gesotten und auf die Haut gestrichen/
heilet den Grind; das mit Hönig davon gemachte Pfla-
ster vertheilet die kleinen Apostemen samt dem Aus-
satz; wird in Rosen-Oel und Essig dissolvirt und zu dem
alten Haubt-Wehe aufgelegt.

Cap. LXXX.
Von den Band-Weiden.
[Spaltenumbruch]

WJewol diese ungereimt scheinen in den Garten
zu bringen/ weil sie an vielen Orten in feuchten
Feldern und Wiesen von sich selbst wachsen/ und
von dannen leichtlich zum Garten-Brauch können ge-
holet und gebraucht werden; so ist es doch die Warheit/
daß zwar die Weiden fast allenthalben zu finden/ die
rechten zähen/ geschwancken und subtilen Band-Weiden
aber nicht aller Orten zu bekommen/ daher/ weil sie in den
Gärten die Geländer/ Spalier/ Spatzier-Gänge und
Lust-Häuser zu binden sehr nöhtig/ soll man sich befleis-
[Spaltenumbruch] sen/ solche auf seinen Gründen etwan an den Bächen
und Enden der Wiesen zu setzen.

Von den gemeinen Weiden soll hernach im eilfften
Buch gedacht werden/ hier melden wir allein von der
kleinen zähen Art/ deren geschwancke starcke Rüthlein/
so nicht allein zum Gartemwerck/ sondern auch zu den
Weinreben-Hefften und Reiff-Abbinden taugen und
dienen; sind meistens liechtgelber/ aber auch anderer
Farben/ wachsen gern an Wassern/ Seen oder Grä-
ben/ wachsen nicht so gern von den eingesteckten Zwei-

gen/
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Cap. LXXIX.
Vom Je laͤnger Je lieber/ & Scammoniâ Monpellanâ.
[Spaltenumbruch]

AMara dulcis, Je laͤnger Je lieber/ oder Hintſch-
kraut/ wird auch von etlichen genennet Vitis Syl-
veſtris,
oder wilde Stickwurtz/ bekommet Re-
ben wie die andern Stickwurtzen/ die Blaͤtter aber ſind
dem ſpitzigen Creutz-Salve etwas zu gleichen/ weil die
meiſten Blaͤtter unten am Stengel zwey kleine Oehr-
lein haben/ die Blumen ſind Veyelfaͤrbig von 5 Blaͤt-
lein/ die in der Mitten ein gelbes Zaͤpflein weiſen; die
Beer werden bey ihrer Zeitigung langlecht und Coral-
lenfarb/ eines unangenehmen Geſchmacks/ waͤchſt gern
an Zaͤunen und an feuchten Orten/ iſt hitzig und trocke-
ner Natur/ die Wurtzen iſt zotticht/ die Rinde der
Aeſte iſt im Keuen Anfangs bitter/ und nachmals eines
ſuͤſſen Geſchmacks/ davon es Amara dulcis benamſet
wird.

Wider die eingewurtzte alte Gelbſucht/ macht man
einen Wein auf dieſe Weiſe: Man zerſchneidet das
Holtz von dieſen Reben klein und wuͤrfflicht/ nimmt deſ-
ſen ein Pfund zu einer Maß weiſſen Weins/ thuts in ei-
nen verglaſirten Hafen/ deckts mit einem gehaͤben De-
ckel/ der oben ein Loͤchlein in der Mitten hat/ verlutirt den
Deckel um und um/ ſiedet es bey einer Glut gemaͤhlich/
uͤber das dritte Theil/ ſeihet es/ und trinckt Morgens
nuͤchtern im Bett ein Glaͤslein voll davon warm/ ruhet
eine Stund darauf/ und nimmt des Abends auch ſo viel;
dieſer Wein treibt die Gelbſucht ſaͤnfftiglich durch den
Stulgang und Harn/ auch die faulen Magen-Fieber
aus. Jſt noch beſſer/ wann man fruͤhe darauf ſchwitzen
kan.

Die Reben dieſes Gewaͤchſes/ weil ſie noch zart
und jung ſind/ werden auch wie Spargel angemacht/
und zur Speiſe genoſſen. Den aus denen Beerlein ge-
machten Safft brauchen (wie Durantes ſchreibet) die
Weibs-Perſonen zur Schmincke des Angeſichts/ die
Haar/ Sommerflecken und Maſen des Angeſichts da-
mit zu vertreiben.

Unter die Spalier flechtet ſich dieſes Gewaͤchs/
und gibt mit ihren Blumen und Beeren ein ſchoͤnes An-
ſehen.

Scammonia Monpellana oder Valentina, wird
von C. Cluſio beſchrieben/ daß ſie in Galliâ Narbonenſi
und im Koͤnigreich Valenza gefunden werde; die Wur-
[Spaltenumbruch] tzen iſt etwa eines kleinẽ Fingers dick/ welche weit um ſich
kreucht und ſich ausbreitet; aus der Wurtzen kommen
lange duͤnne Reben/ welche ſich allenthalben/ wo ſie was
ergreiffen moͤgen/ umſchlingen und aufwinden; die
Blaͤtter ſind faſt dem Epheu zu gleichen/ auſſer daß ſie
runder und ſpitziger/ auch Aſchenfaͤrblicht ſind/ bringen
kleine weiſſe geſtirnte Bluͤmlein/ das gantze Gewaͤchs iſt
voller Milch/ wurtzelt gar leichtlich ein/ auch wann die
Wurtzen in Stuͤck zerſchnitten und in die Erde geleget
wird.

Die rechte und wahre Scammonia aber/ von wel-
cher der Safft Scammonium zu uns gebracht wird/ den
man auch ſonſt Diagridium nennet/ hat eine groſſe di-
cke Wurtzen/ hat Blaͤtter wie die Winden/ breit und
ſpitzig/ wie ein Pfeil formirt; die Blum iſt weiß/ rund
und hohl wie ein Kelchlein/ und eines ſtarcken Geruchs;
waͤchſt zwar ſonſt nur in heiſſen Landen und feiſtem
Grunde/ als in Aſiâ, Myſiâ, Syriâ und Cretâ. Wird
aber/ (wie Tabernæmontanus bezeuget/) auch in
Teutſchland in den Garten gepflantzet; der Safft wird
offt mit Wolfsmilch verfaͤlſcht/ als muß man probiren/
ob es/ wann mans mit der Zungen beruͤhrt/ einen weiſ-
ſen Safft oder Milch ſehen laſſe/ wie der verfaͤlſchte allzeit
zu thun pfleget; das beſte iſt leicht/ hell/ lucker/ ſchwam-
micht/ mit reinen ſubtilen Aederlein gleichſam durch-
wachſen/ und am Geſchmack nicht zu viel ſcharff/ noch
auf der Zungen brennend/ wie die verfaͤlſchte zu ſeyn
pfleget.

Dieſer Safft treibt den Schleim/ die Gall und das
boͤſe Gewaͤſſer durch den Stulgang aus/ muß mehr nicht
als anderthalb Quintel/ und weniger nicht/ als ein halb
Quintel/ nach Beſchaffenheit der Natur/ gebraucht wer-
den; doch iſt er dem Magen etwas ſchaͤdlich/ daher
nicht ohne eines Medici Raht ſicher damit umzuge-
hen.

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heilet den Grind; das mit Hoͤnig davon gemachte Pfla-
ſter vertheilet die kleinen Apoſtemen ſamt dem Aus-
ſatz; wird in Roſen-Oel und Eſſig diſſolvirt und zu dem
alten Haubt-Wehe aufgelegt.

Cap. LXXX.
Von den Band-Weiden.
[Spaltenumbruch]

WJewol dieſe ungereimt ſcheinen in den Garten
zu bringen/ weil ſie an vielen Orten in feuchten
Feldern und Wieſen von ſich ſelbſt wachſen/ und
von dannen leichtlich zum Garten-Brauch koͤnnen ge-
holet und gebraucht werden; ſo iſt es doch die Warheit/
daß zwar die Weiden faſt allenthalben zu finden/ die
rechten zaͤhen/ geſchwancken uñ ſubtilen Band-Weiden
aber nicht aller Orten zu bekommen/ daher/ weil ſie in den
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[Spaltenumbruch] ſen/ ſolche auf ſeinen Gruͤnden etwan an den Baͤchen
und Enden der Wieſen zu ſetzen.

Von den gemeinen Weiden ſoll hernach im eilfften
Buch gedacht werden/ hier melden wir allein von der
kleinen zaͤhen Art/ deren geſchwancke ſtarcke Ruͤthlein/
ſo nicht allein zum Gartemwerck/ ſondern auch zu den
Weinreben-Hefften und Reiff-Abbinden taugen und
dienen; ſind meiſtens liechtgelber/ aber auch anderer
Farben/ wachſen gern an Waſſern/ Seen oder Graͤ-
ben/ wachſen nicht ſo gern von den eingeſteckten Zwei-

gen/
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[530[528]/0546] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Cap. LXXIX. Vom Je laͤnger Je lieber/ & Scammoniâ Monpellanâ. AMara dulcis, Je laͤnger Je lieber/ oder Hintſch- kraut/ wird auch von etlichen genennet Vitis Syl- veſtris, oder wilde Stickwurtz/ bekommet Re- ben wie die andern Stickwurtzen/ die Blaͤtter aber ſind dem ſpitzigen Creutz-Salve etwas zu gleichen/ weil die meiſten Blaͤtter unten am Stengel zwey kleine Oehr- lein haben/ die Blumen ſind Veyelfaͤrbig von 5 Blaͤt- lein/ die in der Mitten ein gelbes Zaͤpflein weiſen; die Beer werden bey ihrer Zeitigung langlecht und Coral- lenfarb/ eines unangenehmen Geſchmacks/ waͤchſt gern an Zaͤunen und an feuchten Orten/ iſt hitzig und trocke- ner Natur/ die Wurtzen iſt zotticht/ die Rinde der Aeſte iſt im Keuen Anfangs bitter/ und nachmals eines ſuͤſſen Geſchmacks/ davon es Amara dulcis benamſet wird. Wider die eingewurtzte alte Gelbſucht/ macht man einen Wein auf dieſe Weiſe: Man zerſchneidet das Holtz von dieſen Reben klein und wuͤrfflicht/ nimmt deſ- ſen ein Pfund zu einer Maß weiſſen Weins/ thuts in ei- nen verglaſirten Hafen/ deckts mit einem gehaͤben De- ckel/ der oben ein Loͤchlein in der Mitten hat/ verlutirt den Deckel um und um/ ſiedet es bey einer Glut gemaͤhlich/ uͤber das dritte Theil/ ſeihet es/ und trinckt Morgens nuͤchtern im Bett ein Glaͤslein voll davon warm/ ruhet eine Stund darauf/ und nimmt des Abends auch ſo viel; dieſer Wein treibt die Gelbſucht ſaͤnfftiglich durch den Stulgang und Harn/ auch die faulen Magen-Fieber aus. Jſt noch beſſer/ wann man fruͤhe darauf ſchwitzen kan. Die Reben dieſes Gewaͤchſes/ weil ſie noch zart und jung ſind/ werden auch wie Spargel angemacht/ und zur Speiſe genoſſen. Den aus denen Beerlein ge- machten Safft brauchen (wie Durantes ſchreibet) die Weibs-Perſonen zur Schmincke des Angeſichts/ die Haar/ Sommerflecken und Maſen des Angeſichts da- mit zu vertreiben. Unter die Spalier flechtet ſich dieſes Gewaͤchs/ und gibt mit ihren Blumen und Beeren ein ſchoͤnes An- ſehen. Scammonia Monpellana oder Valentina, wird von C. Cluſio beſchrieben/ daß ſie in Galliâ Narbonenſi und im Koͤnigreich Valenza gefunden werde; die Wur- tzen iſt etwa eines kleinẽ Fingers dick/ welche weit um ſich kreucht und ſich ausbreitet; aus der Wurtzen kommen lange duͤnne Reben/ welche ſich allenthalben/ wo ſie was ergreiffen moͤgen/ umſchlingen und aufwinden; die Blaͤtter ſind faſt dem Epheu zu gleichen/ auſſer daß ſie runder und ſpitziger/ auch Aſchenfaͤrblicht ſind/ bringen kleine weiſſe geſtirnte Bluͤmlein/ das gantze Gewaͤchs iſt voller Milch/ wurtzelt gar leichtlich ein/ auch wann die Wurtzen in Stuͤck zerſchnitten und in die Erde geleget wird. Die rechte und wahre Scammonia aber/ von wel- cher der Safft Scammonium zu uns gebracht wird/ den man auch ſonſt Diagridium nennet/ hat eine groſſe di- cke Wurtzen/ hat Blaͤtter wie die Winden/ breit und ſpitzig/ wie ein Pfeil formirt; die Blum iſt weiß/ rund und hohl wie ein Kelchlein/ und eines ſtarcken Geruchs; waͤchſt zwar ſonſt nur in heiſſen Landen und feiſtem Grunde/ als in Aſiâ, Myſiâ, Syriâ und Cretâ. Wird aber/ (wie Tabernæmontanus bezeuget/) auch in Teutſchland in den Garten gepflantzet; der Safft wird offt mit Wolfsmilch verfaͤlſcht/ als muß man probiren/ ob es/ wann mans mit der Zungen beruͤhrt/ einen weiſ- ſen Safft oder Milch ſehen laſſe/ wie der verfaͤlſchte allzeit zu thun pfleget; das beſte iſt leicht/ hell/ lucker/ ſchwam- micht/ mit reinen ſubtilen Aederlein gleichſam durch- wachſen/ und am Geſchmack nicht zu viel ſcharff/ noch auf der Zungen brennend/ wie die verfaͤlſchte zu ſeyn pfleget. Dieſer Safft treibt den Schleim/ die Gall und das boͤſe Gewaͤſſer durch den Stulgang aus/ muß mehr nicht als anderthalb Quintel/ und weniger nicht/ als ein halb Quintel/ nach Beſchaffenheit der Natur/ gebraucht wer- den; doch iſt er dem Magen etwas ſchaͤdlich/ daher nicht ohne eines Medici Raht ſicher damit umzuge- hen. Die Wurtzen in Eſſig geſotten/ und mit Erven- Mehl zu einem Pflaſter gemacht/ vertreibt das Huͤfft- Wehe; in Eſſig geſotten und auf die Haut geſtrichen/ heilet den Grind; das mit Hoͤnig davon gemachte Pfla- ſter vertheilet die kleinen Apoſtemen ſamt dem Aus- ſatz; wird in Roſen-Oel und Eſſig diſſolvirt und zu dem alten Haubt-Wehe aufgelegt. Cap. LXXX. Von den Band-Weiden. WJewol dieſe ungereimt ſcheinen in den Garten zu bringen/ weil ſie an vielen Orten in feuchten Feldern und Wieſen von ſich ſelbſt wachſen/ und von dannen leichtlich zum Garten-Brauch koͤnnen ge- holet und gebraucht werden; ſo iſt es doch die Warheit/ daß zwar die Weiden faſt allenthalben zu finden/ die rechten zaͤhen/ geſchwancken uñ ſubtilen Band-Weiden aber nicht aller Orten zu bekommen/ daher/ weil ſie in den Gaͤrten die Gelaͤnder/ Spalier/ Spatzier-Gaͤnge und Luſt-Haͤuſer zu binden ſehr noͤhtig/ ſoll man ſich befleiſ- ſen/ ſolche auf ſeinen Gruͤnden etwan an den Baͤchen und Enden der Wieſen zu ſetzen. Von den gemeinen Weiden ſoll hernach im eilfften Buch gedacht werden/ hier melden wir allein von der kleinen zaͤhen Art/ deren geſchwancke ſtarcke Ruͤthlein/ ſo nicht allein zum Gartemwerck/ ſondern auch zu den Weinreben-Hefften und Reiff-Abbinden taugen und dienen; ſind meiſtens liechtgelber/ aber auch anderer Farben/ wachſen gern an Waſſern/ Seen oder Graͤ- ben/ wachſen nicht ſo gern von den eingeſteckten Zwei- gen/

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 530[528]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/546>, abgerufen am 28.03.2024.