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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] gleich; die Blumen sind auch Traubenweis zusammen-
gesetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a-
ber sind liechtroth/ wachsen in den gebürgigen Wildnüs-
sen häuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbrü-
chen bey Nürnberg/ werden von den Hirschen sehr ge-
sucht/ welche diese Blätter gerne fressen; darf keiner son-
dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt ist/ da setzet
er Brut genug.

Der weisse Holunder/ oder Syringa alba, ist in die
Blumengärten ein schönes und angenehmes Gewächs;
man kan gantze Gänge und Geländer damit aussetzen/
welche er dann mit seiner holdseligen und der Pomerantzen-
Blühe an Farb/ Gestalt und Geruch nicht unähnlichen
Blühe wol zieret/ und so wol als der blaue mit seinem
Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher
Lufft erfüllet; auf die Blumen folgen kleine einfache
und oben breite Knöpflein/ darinnen ligt ein länglichter
dünner Saamen/ der schwartz ist/ wann er wol zeitig
wird; er kan durch abgebrochene eingesenckte Zweig-
lein/ als auch durch die Beyschoß fortgepflantzt werden/
darzu die beste Zeit im Herbst ist/ was im Früling ge-
schiehet/ dem muß bey dürrer Zeit mit Begiessung ge-
holffen werden.

Apud nos Nobiles Matronae, sagt Carolus Clu-
sius, mutatis saepe hujus fruticis floribus, in umbra
Chirothecas. elegantissimo odore imbuunt.
Man
kan auch ein Gläslein mit frischem Mandel-Oel mit die-
sen Blumen voll füllen/ so offt solche verwesen/ mit fri-
schen Blumen wieder ablösen/ und einen Monat lang an
der Sonnen stehen lassen/ so wird man ein lieblich rie-
chendes Oel bekommen.

Der blaue Spanische oder Türckische Holder/ weil
Bellonius meldet/ er habe dergleichen Bäume bey ih-
nen gesehen/ der schier eines Elenbogen lang/ liecht
Veyelfarb geblühet/ daher sie wegen der Gestalt die
Türcken auch Vulpinam Caudam nennen/ desselben
Blätter aber seyen nie abgefallen/ so in unsern Landen
der Erfahrung zuwider; sonst hat er härter Holtz als der
weisse/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden;
die träublichte Blühe ist liechtblau mit etwas braun
untermischt/ und überaus lieblich riechend/ hat seine
Vermehrung wie der weisse; beede sind nicht gar
dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie-
geln muß. Die Spanische Mucken halten sich gerne da-
bey auf.

[Spaltenumbruch]

Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau-
den/ weil er nicht hoch aufwächset/ darum auch der Man-
tuanische Poet/ als er die Stadt Rom allen andern
vorgezogen/ also spricht:

-- Haec tantum alias inter caput extulit Urbes
Quantum lenta solent inter Viburna Cupressi.

Jst ein fast zähes und leichtbiegiges Gewächs/ der
Stamm ist gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo
Elen hoch; die Blätter gleichen dem Rüstbaum-Laub/
an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen-
einander über/ etwas zerkerbt; die Blum ist weiß und
wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erstlich
grünen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung schwartze
Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine sehr zähe
Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeste
taugen zu Widen/ etwas zusamm zu binden/ wachsen
an den Zäunen und auf ungebauten Hügeln/ kan den
Winter wol draussen bleiben; ist kalter und trockner
Natur/ seine Blätter ziehen zusamm; die Beerlein
aber befördern den Stulgang/ wann sie vollkommen
zeitig sind/ hingegen wann sie unzeitig und herb gedörrt
und gepulvert werden/ trinckt man sie in apto Vehicu-
lo
wider alle Durchbrüche des Bauches.

Der Wein/ darinn diese Blätter gesotten sind/ be-
festen die wacklende Zähne/ und ziehet alle Flüsse aus
dem Zahnfleisch; eine Laug von Blättern und Beeren
gemacht/ schwärtzet die Haar/ und bewahrt sie vor dem
Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Castor Du-
rantes
berichtet) werden eine weil unter der Erden ma-
ceri
rt/ nachmals gesotten/ gestossen und ein Vogelleim
daraus gemacht.

Vitis Americana quinque folia, wird aus Jndien
hergebracht/ werden Weinstöcke genannt/ nicht daß sie
wolschmeckende Trauben bringen/ sondern weil sie sich
mit kleinen Rancken anwinden und hochsteigen/ und
weil ihre Frucht kleine Beerlein sind/ ohngefehr wie eine
Traube zusammen gesetzt/ stehet meistentheils fünf
Blätter an einem Aestlein beysammen/ bißweilen aber
selten drey.

Vitis Americana folio juglandis; da sind an einem
Stiel allzeit drey Blätter beysammen in Form der Klee-
kräuter oder der Phaseolen/ auch sind etliche gantz/ et-
liche haben einen etwas ausgeschweifften Rand; dieses
strecket seine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/
treibt daraus neue Stengel/ und mehret sich genugsam
ohne Wartung/ wann es einmal gefast hat.

Hierauf folgen die wolriechenden Kräuter/ so bißweilen
zum Umsetzen und Bezierung der Bettlein ge-
braucht werden.

Cap. XLIX.
Abrotanum, Basilicum,
Camillen/ Hissopp/ Lavendel und
Spicanard.
[Spaltenumbruch]

ABrotanum wird von den gemeinen Gärtnern Aru-
then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens
Hyerva Lombriquera, weil es den Würmern wi-
derstehet/ und sie aus dem Leibe/ Magen und Därmern
vertreibet/ ist zweyerley Art/ ein Männlein und Weib-
[Spaltenumbruch] lein/ ist im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit
dem Wermuth fast einerley Beschaffenheit/ daß wol/ in
Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer-
den; ist/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und
öffnet die Verstopffungen der Leber und des Miltzes/

das

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] gleich; die Blumen ſind auch Traubenweis zuſammen-
geſetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a-
ber ſind liechtroth/ wachſen in den gebuͤrgigen Wildnuͤſ-
ſen haͤuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbruͤ-
chen bey Nuͤrnberg/ werden von den Hirſchen ſehr ge-
ſucht/ welche dieſe Blaͤtter gerne freſſen; darf keiner ſon-
dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt iſt/ da ſetzet
er Brut genug.

Der weiſſe Holunder/ oder Syringa alba, iſt in die
Blumengaͤrten ein ſchoͤnes und angenehmes Gewaͤchs;
man kan gantze Gaͤnge und Gelaͤnder damit ausſetzen/
welche er dañ mit ſeiner holdſeligen uñ der Pomerantzen-
Bluͤhe an Farb/ Geſtalt und Geruch nicht unaͤhnlichen
Bluͤhe wol zieret/ und ſo wol als der blaue mit ſeinem
Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher
Lufft erfuͤllet; auf die Blumen folgen kleine einfache
und oben breite Knoͤpflein/ darinnen ligt ein laͤnglichter
duͤnner Saamen/ der ſchwartz iſt/ wann er wol zeitig
wird; er kan durch abgebrochene eingeſenckte Zweig-
lein/ als auch durch die Beyſchoß fortgepflantzt werden/
darzu die beſte Zeit im Herbſt iſt/ was im Fruͤling ge-
ſchiehet/ dem muß bey duͤrrer Zeit mit Begieſſung ge-
holffen werden.

Apud nos Nobiles Matronæ, ſagt Carolus Clu-
ſius, mutatis ſæpe hujus fruticis floribus, in umbrâ
Chirothecas. elegantiſſimo odore imbuunt.
Man
kan auch ein Glaͤslein mit friſchem Mandel-Oel mit die-
ſen Blumen voll fuͤllen/ ſo offt ſolche verweſen/ mit fri-
ſchen Blumen wieder abloͤſen/ und einen Monat lang an
der Sonnen ſtehen laſſen/ ſo wird man ein lieblich rie-
chendes Oel bekommen.

Der blaue Spaniſche oder Tuͤrckiſche Holder/ weil
Bellonius meldet/ er habe dergleichen Baͤume bey ih-
nen geſehen/ der ſchier eines Elenbogen lang/ liecht
Veyelfarb gebluͤhet/ daher ſie wegen der Geſtalt die
Tuͤrcken auch Vulpinam Caudam nennen/ deſſelben
Blaͤtter aber ſeyen nie abgefallen/ ſo in unſern Landen
der Erfahrung zuwider; ſonſt hat er haͤrter Holtz als der
weiſſe/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden;
die traͤublichte Bluͤhe iſt liechtblau mit etwas braun
untermiſcht/ und uͤberaus lieblich riechend/ hat ſeine
Vermehrung wie der weiſſe; beede ſind nicht gar
dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie-
geln muß. Die Spaniſche Mucken halten ſich gerne da-
bey auf.

[Spaltenumbruch]

Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau-
den/ weil er nicht hoch aufwaͤchſet/ darum auch der Man-
tuaniſche Poet/ als er die Stadt Rom allen andern
vorgezogen/ alſo ſpricht:

Hæc tantum alias inter caput extulit Urbes
Quantum lenta ſolent inter Viburna Cupreſſi.

Jſt ein faſt zaͤhes und leichtbiegiges Gewaͤchs/ der
Stamm iſt gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo
Elen hoch; die Blaͤtter gleichen dem Ruͤſtbaum-Laub/
an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen-
einander uͤber/ etwas zerkerbt; die Blum iſt weiß und
wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erſtlich
gruͤnen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung ſchwartze
Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine ſehr zaͤhe
Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeſte
taugen zu Widen/ etwas zuſamm zu binden/ wachſen
an den Zaͤunen und auf ungebauten Huͤgeln/ kan den
Winter wol drauſſen bleiben; iſt kalter und trockner
Natur/ ſeine Blaͤtter ziehen zuſamm; die Beerlein
aber befoͤrdern den Stulgang/ wann ſie vollkommen
zeitig ſind/ hingegen wann ſie unzeitig und herb gedoͤrrt
und gepulvert werden/ trinckt man ſie in apto Vehicu-
lo
wider alle Durchbruͤche des Bauches.

Der Wein/ darinn dieſe Blaͤtter geſotten ſind/ be-
feſten die wacklende Zaͤhne/ und ziehet alle Fluͤſſe aus
dem Zahnfleiſch; eine Laug von Blaͤttern und Beeren
gemacht/ ſchwaͤrtzet die Haar/ und bewahrt ſie vor dem
Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Caſtor Du-
rantes
berichtet) werden eine weil unter der Erden ma-
ceri
rt/ nachmals geſotten/ geſtoſſen und ein Vogelleim
daraus gemacht.

Vitis Americana quinq́ue folia, wird aus Jndien
hergebracht/ werden Weinſtoͤcke genannt/ nicht daß ſie
wolſchmeckende Trauben bringen/ ſondern weil ſie ſich
mit kleinen Rancken anwinden und hochſteigen/ und
weil ihre Frucht kleine Beerlein ſind/ ohngefehr wie eine
Traube zuſammen geſetzt/ ſtehet meiſtentheils fuͤnf
Blaͤtter an einem Aeſtlein beyſammen/ bißweilen aber
ſelten drey.

Vitis Americana folio juglandis; da ſind an einem
Stiel allzeit drey Blaͤtter beyſammen in Form der Klee-
kraͤuter oder der Phaſeolen/ auch ſind etliche gantz/ et-
liche haben einen etwas ausgeſchweifften Rand; dieſes
ſtrecket ſeine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/
treibt daraus neue Stengel/ und mehret ſich genugſam
ohne Wartung/ wann es einmal gefaſt hat.

Hierauf folgen die wolriechenden Kraͤuter/ ſo bißweilen
zum Umſetzen und Bezierung der Bettlein ge-
braucht werden.

Cap. XLIX.
Abrotanum, Baſilicum,
Camillen/ Hiſſopp/ Lavendel und
Spicanard.
[Spaltenumbruch]

ABrotanum wird von den gemeinen Gaͤrtnern Aru-
then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens
Hyerva Lombriquera, weil es den Wuͤrmern wi-
derſtehet/ und ſie aus dem Leibe/ Magen und Daͤrmern
vertreibet/ iſt zweyerley Art/ ein Maͤnnlein und Weib-
[Spaltenumbruch] lein/ iſt im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit
dem Wermuth faſt einerley Beſchaffenheit/ daß wol/ in
Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer-
den; iſt/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und
oͤffnet die Verſtopffungen der Leber und des Miltzes/

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[630[628]/0666] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens gleich; die Blumen ſind auch Traubenweis zuſammen- geſetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a- ber ſind liechtroth/ wachſen in den gebuͤrgigen Wildnuͤſ- ſen haͤuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbruͤ- chen bey Nuͤrnberg/ werden von den Hirſchen ſehr ge- ſucht/ welche dieſe Blaͤtter gerne freſſen; darf keiner ſon- dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt iſt/ da ſetzet er Brut genug. Der weiſſe Holunder/ oder Syringa alba, iſt in die Blumengaͤrten ein ſchoͤnes und angenehmes Gewaͤchs; man kan gantze Gaͤnge und Gelaͤnder damit ausſetzen/ welche er dañ mit ſeiner holdſeligen uñ der Pomerantzen- Bluͤhe an Farb/ Geſtalt und Geruch nicht unaͤhnlichen Bluͤhe wol zieret/ und ſo wol als der blaue mit ſeinem Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher Lufft erfuͤllet; auf die Blumen folgen kleine einfache und oben breite Knoͤpflein/ darinnen ligt ein laͤnglichter duͤnner Saamen/ der ſchwartz iſt/ wann er wol zeitig wird; er kan durch abgebrochene eingeſenckte Zweig- lein/ als auch durch die Beyſchoß fortgepflantzt werden/ darzu die beſte Zeit im Herbſt iſt/ was im Fruͤling ge- ſchiehet/ dem muß bey duͤrrer Zeit mit Begieſſung ge- holffen werden. Apud nos Nobiles Matronæ, ſagt Carolus Clu- ſius, mutatis ſæpe hujus fruticis floribus, in umbrâ Chirothecas. elegantiſſimo odore imbuunt. Man kan auch ein Glaͤslein mit friſchem Mandel-Oel mit die- ſen Blumen voll fuͤllen/ ſo offt ſolche verweſen/ mit fri- ſchen Blumen wieder abloͤſen/ und einen Monat lang an der Sonnen ſtehen laſſen/ ſo wird man ein lieblich rie- chendes Oel bekommen. Der blaue Spaniſche oder Tuͤrckiſche Holder/ weil Bellonius meldet/ er habe dergleichen Baͤume bey ih- nen geſehen/ der ſchier eines Elenbogen lang/ liecht Veyelfarb gebluͤhet/ daher ſie wegen der Geſtalt die Tuͤrcken auch Vulpinam Caudam nennen/ deſſelben Blaͤtter aber ſeyen nie abgefallen/ ſo in unſern Landen der Erfahrung zuwider; ſonſt hat er haͤrter Holtz als der weiſſe/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden; die traͤublichte Bluͤhe iſt liechtblau mit etwas braun untermiſcht/ und uͤberaus lieblich riechend/ hat ſeine Vermehrung wie der weiſſe; beede ſind nicht gar dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie- geln muß. Die Spaniſche Mucken halten ſich gerne da- bey auf. Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau- den/ weil er nicht hoch aufwaͤchſet/ darum auch der Man- tuaniſche Poet/ als er die Stadt Rom allen andern vorgezogen/ alſo ſpricht: — Hæc tantum alias inter caput extulit Urbes Quantum lenta ſolent inter Viburna Cupreſſi. Jſt ein faſt zaͤhes und leichtbiegiges Gewaͤchs/ der Stamm iſt gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo Elen hoch; die Blaͤtter gleichen dem Ruͤſtbaum-Laub/ an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen- einander uͤber/ etwas zerkerbt; die Blum iſt weiß und wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erſtlich gruͤnen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung ſchwartze Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine ſehr zaͤhe Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeſte taugen zu Widen/ etwas zuſamm zu binden/ wachſen an den Zaͤunen und auf ungebauten Huͤgeln/ kan den Winter wol drauſſen bleiben; iſt kalter und trockner Natur/ ſeine Blaͤtter ziehen zuſamm; die Beerlein aber befoͤrdern den Stulgang/ wann ſie vollkommen zeitig ſind/ hingegen wann ſie unzeitig und herb gedoͤrrt und gepulvert werden/ trinckt man ſie in apto Vehicu- lo wider alle Durchbruͤche des Bauches. Der Wein/ darinn dieſe Blaͤtter geſotten ſind/ be- feſten die wacklende Zaͤhne/ und ziehet alle Fluͤſſe aus dem Zahnfleiſch; eine Laug von Blaͤttern und Beeren gemacht/ ſchwaͤrtzet die Haar/ und bewahrt ſie vor dem Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Caſtor Du- rantes berichtet) werden eine weil unter der Erden ma- cerirt/ nachmals geſotten/ geſtoſſen und ein Vogelleim daraus gemacht. Vitis Americana quinq́ue folia, wird aus Jndien hergebracht/ werden Weinſtoͤcke genannt/ nicht daß ſie wolſchmeckende Trauben bringen/ ſondern weil ſie ſich mit kleinen Rancken anwinden und hochſteigen/ und weil ihre Frucht kleine Beerlein ſind/ ohngefehr wie eine Traube zuſammen geſetzt/ ſtehet meiſtentheils fuͤnf Blaͤtter an einem Aeſtlein beyſammen/ bißweilen aber ſelten drey. Vitis Americana folio juglandis; da ſind an einem Stiel allzeit drey Blaͤtter beyſammen in Form der Klee- kraͤuter oder der Phaſeolen/ auch ſind etliche gantz/ et- liche haben einen etwas ausgeſchweifften Rand; dieſes ſtrecket ſeine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/ treibt daraus neue Stengel/ und mehret ſich genugſam ohne Wartung/ wann es einmal gefaſt hat. Hierauf folgen die wolriechenden Kraͤuter/ ſo bißweilen zum Umſetzen und Bezierung der Bettlein ge- braucht werden. Cap. XLIX. Abrotanum, Baſilicum, Camillen/ Hiſſopp/ Lavendel und Spicanard. ABrotanum wird von den gemeinen Gaͤrtnern Aru- then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens Hyerva Lombriquera, weil es den Wuͤrmern wi- derſtehet/ und ſie aus dem Leibe/ Magen und Daͤrmern vertreibet/ iſt zweyerley Art/ ein Maͤnnlein und Weib- lein/ iſt im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit dem Wermuth faſt einerley Beſchaffenheit/ daß wol/ in Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer- den; iſt/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und oͤffnet die Verſtopffungen der Leber und des Miltzes/ das

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 630[628]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/666>, abgerufen am 23.04.2024.