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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Drittes Buch/ Haus-Mutter.
[Spaltenumbruch] Feuer (wie Wachs/ Qel/ oder Jnslet einem Tocht)
keine Nahrung mehr geben kan/ oder wann durch kalte
feuchte Kranckheiten/ und das hohe Alter/ dieses Liecht-
lein überfallen und ausgethan wird. Die gewaltsame
Austilgung geschihet auf zweyerley Weise/ wann man
verwundet gar zu viel Blutes verleuret/ oder wann die-
ses Lebens-Feuer/ aus Ermangelung der Lufft/ davon
sie ernähret wird/ durch Ersteckung/ mit samt dem Leben
ausgeblasen wird/ wie bey den Gehenckten/ Ertränck-
ten/ oder Erdrosselten zu sehen ist. Daher das Blut/
als ein theurer Schatz/ werth zu halten/ und sind die A-
dern gleichsam Vehicula Spirituum, daher die weisen
Medici aus den Puls-Adern die Beschaffenheit des
Patienten auskundschafften: Davon aber Cornelius
Celsus
weißlich sagt: Venis maxime credimus, fal-
lacissimae rei, quia saepe lentiores, celerioresq; sunt,
& aetate, & sexu, & corporum natura Venae sub-
eunt, quiescunt, modo se submittunt, modo attol-
lunt, saepe eas concitat & resolvit Sol, & balneum, &
exercitatio, & motus, & ira, & quilibet animi affe-
ctus, adeo ut cum primum Medicus venit, sollicitu-
do aegri dubitantis, quomodo illi se habere videatur,
eas moveat. Ob quam causam periti Medici est, non
protinus, ut venit, apprehendere manu brachium, sed
primum residere hilari vultu, percontarique, quo-
modo se habeat, & si quis ejus metus est, eum pro-
babili sermone levare, tum deinde ejus corpori ma-
num admovere.
Das beste Geblüt führt seinen weis-
sen Wasserfärbigen Chylum mit sich/ gelbes Blut be-
deutet die Gallen/ bleiches die Schleim/ und Bleyfar-
bes die Melancholie, welche Feuchtigkeiten dann durch
der Medicorum Raht auszuführen; dickes Geblüt be-
zeuget die Verstopffungen und Obstructiones, die zu er-
öfnen durch Diuretica; gar zu dünnes bedeutet Schwach-
heit der Leber/ die zu stärcken; das sehr schaumende Blut
bedeutet Hitze/ die zu kühlen.

Was aber das Aderlassen betrifft/ so schreibet Pater
Martinus Martinius,
daß die Chineser-Aertzte/ sol-
ches für einen grossen Jrrthum halten/ und glauben/ das
Geblüte sey durch Fasten und andere Erkühlungen viel
leichter zur rechten Mittelmaß zu bringen/ indem sie sa-
gen: Man soll nicht die Suppen deßwegen gar aus-
schütten/ wann der Topff aufwallet/ sondern man soll
ihm lieber das Feuer entziehen. Die Unmässigkeit aber/
die im Essen und Trincken begangen wird/ verursachet/
daß man das Aderlassen nicht gar abschaffen kan. Wir
wollen die verbottene und erwehlte Laß-Täge beyseits
setzen/ weil es mehr Aberglaubisch/ als in der Natur
gegründet scheinet/ und nur dieses melden/ daß man so
wol in grosser Hitze/ als auch in grosser Kälte/ das A-
derlassen meiden solle/ wiewol in hitzigen grossen Kranck-
heiten keine Zeit anzusehen ist/ darinn man/ je eher/ je
besser/ Lufft machen solle: Sonst ist die bequemste Zeit im
April, Majo, und wann die Rosen blühen/ theils wol-
len/ weil im Herbst die Melancholische Feuchtigkeiten
regiren/ soll man die Miltz-Ader/ im Winter über auf
der lincken Seiten/ im Früling zum Hertzen/ im Som-
mer zur Leber/ im Herbst zu den Füssen/ und im Win-
ter zum Haubt lassen. Die Haubt-Ader ist am sicher-
sten zu lassen/ weil sie keine Flächsen oder Puls in der
Nähend hat. Die Median ist mittelmässig/ weil eine
Flächs darunter ligt; die Leber-Ader ist noch gesährli-
cher; die Miltz-Ader aber ist gar klein/ und hart zu tref-
[Spaltenumbruch] fen/ es wäre dann die Hand vorher in warm Wasser
gehalten: Wird Jemand inficirt/ soll man ihm von
Stund an lassen/ ohn allen Verzug; ist unter der rech-
ten Achsel etwas aufgefahren/ oder befindet man ein
Brennen/ soll man am rechten Arm lassen; ist es an der
lincken Seiten/ soll man am lincken Arm lassen; ist es
unterhalb der Gürtel/ soll man die Ruck-Ader/ oder
an der grossen Zähen/ oder die Rosen-Ader fornen am
Fuß schlagen: Jsts an rechter Seiten/ auf selbiger
Seiten; ists an der lincken/ auch daselbst. An welcher
Seiten es oberhalb der Gürtel ist/ soll man die Hertz-
Ader/ oder unterhalb die Ruck- oder Rosen-Ader schla-
gen. Also auch/ wann es innwendig stecket/ wo es der
Krancke am meisten empfindet/ daselbst soll er ihm eine
Ader öffnen lassen/ und gehörige Mittel brauchen.

Nach der Aderlaß soll man keine starcke Ubung
vornehmen/ nicht an kalte und feuchte Lufft gehen. Die
im Calender gesetzte Zeichen zu lassen oder zu schröpffen/
sind mehr aus Gewonheit/ als Nothdurfft/ und ist das
beste Zeichen/ wann das Wetter schön und Wind-
still ist.

So einem die Ader so tief im Fleisch wäre/ daß
man sie nicht treffen oder schlagen könnte/ soll man 24.
Stund/ vorhin/ ehe man lässet/ Salve-Kraut auf die
Adern binden/ das zeucht die Adern heraus; das übri-
ge wollen wir den Medicis und den Patienten selbst
heimstellen.

Das Schröpffen wird gleichfalls in Zweifel ge-
setzt/ weil mehr gutes als böses Blut heraus gesogen und
gezogen wird. Galenus aber lobet es in solchen Zustän-
den/ wo phlegma und Winde verhanden/ doch soll der
Leib vorher wol gereiniget seyn/ und sagt/ wann sich
Grimmen und Winden im Leib erregen/ soll man eine
wol-erwärmte Ventosa über den Nabel setzen/ und
solches offt erneuren/ soll gewiß und bald helffen/ die
Winde auszuziehen. Sonst halten etliche das trockene
Streichen mit warmen und mit Weyrauch und Fluß-
Rauch geräucherten Tüchern für besser/ die Flüsse zu ver-
theilen/ als die Köpffel-Lässe.

Die Fontanellen sind zwar beschwerlich/ aber den
flüssigen phlegmatischen Naturen/ und denen/ die ein
feuchtes Hirn und hitzige Leber haben/ sich vor dem
Schlag förchten/ und an Augen/ Ohren/ Zahn/ und
Ohren/ Schmertzen leiden/ sehr bequem/ sind auch gut
in Infections-Zeiten/ weil sich die gantze Natur durch
das Fontanell/ von aller Fäulung reiniget; dieser Unge-
legenheiten aber aller ist ein Mensch/ der mässig lebet/
gäntzlich uberhoben.

Die Egeln werden allein an solchen Orten gesetzt/
wo man die Ventosen nicht kan hinsetzen/ als an der
Nasen/ an dem Zahnfleisch/ an den Fingern/ an heim-
lichen Orten/ man soll sie aber nicht aus faulen Mora-
stigen/ sondern aus frischen fliessenden Wassern erweh-
len/ die am Rucken gelbfarblicht und grau sind/ denn
die großköpffichten dunckelfärbigen sind gifftig und zu
meiden; so muß man die Egeln auch nicht ansetzen/ wann
sie erst frisch sind gefangen worden/ sondern sie einen gan-
tzen Tag über im frischen klaren Wasser erhalten/ da-
mit sie das Jenige/ was sie im Bauch haben/ von sich
geben. Es ist auch gut/ daß man sie 3. oder 4. Stunden
ohne Wasser lässet/ ehe man sie applicirt/ sie werden
dardurch desto begieriger; das Ort/ wohin man sie anse-
tzen will/ muß man vorher mit lauem Wasser waschen/

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K k iij

Drittes Buch/ Haus-Mutter.
[Spaltenumbruch] Feuer (wie Wachs/ Qel/ oder Jnſlet einem Tocht)
keine Nahrung mehr geben kan/ oder wann durch kalte
feuchte Kranckheiten/ und das hohe Alter/ dieſes Liecht-
lein uͤberfallen und ausgethan wird. Die gewaltſame
Austilgung geſchihet auf zweyerley Weiſe/ wann man
verwundet gar zu viel Blutes verleuret/ oder wann die-
ſes Lebens-Feuer/ aus Ermangelung der Lufft/ davon
ſie ernaͤhret wird/ durch Erſteckung/ mit ſamt dem Leben
ausgeblaſen wird/ wie bey den Gehenckten/ Ertraͤnck-
ten/ oder Erdroſſelten zu ſehen iſt. Daher das Blut/
als ein theurer Schatz/ werth zu halten/ und ſind die A-
dern gleichſam Vehicula Spirituum, daher die weiſen
Medici aus den Puls-Adern die Beſchaffenheit des
Patienten auskundſchafften: Davon aber Cornelius
Celſus
weißlich ſagt: Venis maxime credimus, fal-
laciſſimæ rei, quia ſæpè lentiores, celerioresq́; ſunt,
& ætate, & ſexu, & corporum naturâ Venæ ſub-
eunt, quieſcunt, modò ſe ſubmittunt, modò attol-
lunt, ſæpe eas concitat & reſolvit Sol, & balneum, &
exercitatio, & motus, & ira, & quilibet animi affe-
ctus, adeò ut cum primùm Medicus venit, ſollicitu-
do ægri dubitantis, quomodo illi ſe habere videatur,
eas moveat. Ob quam cauſam periti Medici eſt, non
protinus, ut venit, apprehendere manu brachium, ſed
primùm reſidere hilari vultu, percontariq́ue, quo-
modo ſe habeat, & ſi quis ejus metus eſt, eum pro-
babili ſermone levare, tùm deinde ejus corpori ma-
num admovere.
Das beſte Gebluͤt fuͤhrt ſeinen weiſ-
ſen Waſſerfaͤrbigen Chylum mit ſich/ gelbes Blut be-
deutet die Gallen/ bleiches die Schleim/ und Bleyfar-
bes die Melancholie, welche Feuchtigkeiten dann durch
der Medicorum Raht auszufuͤhren; dickes Gebluͤt be-
zeuget die Verſtopffungen und Obſtructiones, die zu er-
oͤfnen durch Diuretica; gar zu duͤnnes bedeutet Schwach-
heit der Leber/ die zu ſtaͤrcken; das ſehr ſchaumende Blut
bedeutet Hitze/ die zu kuͤhlen.

Was aber das Aderlaſſen betrifft/ ſo ſchreibet Pater
Martinus Martinius,
daß die Chineſer-Aertzte/ ſol-
ches fuͤr einen groſſen Jrrthum halten/ und glauben/ das
Gebluͤte ſey durch Faſten und andere Erkuͤhlungen viel
leichter zur rechten Mittelmaß zu bringen/ indem ſie ſa-
gen: Man ſoll nicht die Suppen deßwegen gar aus-
ſchuͤtten/ wann der Topff aufwallet/ ſondern man ſoll
ihm lieber das Feuer entziehen. Die Unmaͤſſigkeit aber/
die im Eſſen und Trincken begangen wird/ verurſachet/
daß man das Aderlaſſen nicht gar abſchaffen kan. Wir
wollen die verbottene und erwehlte Laß-Taͤge beyſeits
ſetzen/ weil es mehr Aberglaubiſch/ als in der Natur
gegruͤndet ſcheinet/ und nur dieſes melden/ daß man ſo
wol in groſſer Hitze/ als auch in groſſer Kaͤlte/ das A-
derlaſſen meiden ſolle/ wiewol in hitzigen groſſen Kranck-
heiten keine Zeit anzuſehen iſt/ darinn man/ je eher/ je
beſſer/ Lufft machen ſolle: Sonſt iſt die bequemſte Zeit im
April, Majo, und wann die Roſen bluͤhen/ theils wol-
len/ weil im Herbſt die Melancholiſche Feuchtigkeiten
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der lincken Seiten/ im Fruͤling zum Hertzen/ im Som-
mer zur Leber/ im Herbſt zu den Fuͤſſen/ und im Win-
ter zum Haubt laſſen. Die Haubt-Ader iſt am ſicher-
ſten zu laſſen/ weil ſie keine Flaͤchſen oder Puls in der
Naͤhend hat. Die Median iſt mittelmaͤſſig/ weil eine
Flaͤchs darunter ligt; die Leber-Ader iſt noch geſaͤhrli-
cher; die Miltz-Ader aber iſt gar klein/ und hart zu tref-
[Spaltenumbruch] fen/ es waͤre dann die Hand vorher in warm Waſſer
gehalten: Wird Jemand inficirt/ ſoll man ihm von
Stund an laſſen/ ohn allen Verzug; iſt unter der rech-
ten Achſel etwas aufgefahren/ oder befindet man ein
Brennen/ ſoll man am rechten Arm laſſen; iſt es an der
lincken Seiten/ ſoll man am lincken Arm laſſen; iſt es
unterhalb der Guͤrtel/ ſoll man die Ruck-Ader/ oder
an der groſſen Zaͤhen/ oder die Roſen-Ader fornen am
Fuß ſchlagen: Jſts an rechter Seiten/ auf ſelbiger
Seiten; iſts an der lincken/ auch daſelbſt. An welcher
Seiten es oberhalb der Guͤrtel iſt/ ſoll man die Hertz-
Ader/ oder unterhalb die Ruck- oder Roſen-Ader ſchla-
gen. Alſo auch/ wann es innwendig ſtecket/ wo es der
Krancke am meiſten empfindet/ daſelbſt ſoll er ihm eine
Ader oͤffnen laſſen/ und gehoͤrige Mittel brauchen.

Nach der Aderlaß ſoll man keine ſtarcke Ubung
vornehmen/ nicht an kalte und feuchte Lufft gehen. Die
im Calender geſetzte Zeichen zu laſſen oder zu ſchroͤpffen/
ſind mehr aus Gewonheit/ als Nothdurfft/ und iſt das
beſte Zeichen/ wann das Wetter ſchoͤn und Wind-
ſtill iſt.

So einem die Ader ſo tief im Fleiſch waͤre/ daß
man ſie nicht treffen oder ſchlagen koͤnnte/ ſoll man 24.
Stund/ vorhin/ ehe man laͤſſet/ Salve-Kraut auf die
Adern binden/ das zeucht die Adern heraus; das uͤbri-
ge wollen wir den Medicis und den Patienten ſelbſt
heimſtellen.

Das Schroͤpffen wird gleichfalls in Zweifel ge-
ſetzt/ weil mehr gutes als boͤſes Blut heraus geſogen und
gezogen wird. Galenus aber lobet es in ſolchen Zuſtaͤn-
den/ wo phlegma und Winde verhanden/ doch ſoll der
Leib vorher wol gereiniget ſeyn/ und ſagt/ wann ſich
Grimmen und Winden im Leib erregen/ ſoll man eine
wol-erwaͤrmte Ventoſa uͤber den Nabel ſetzen/ und
ſolches offt erneuren/ ſoll gewiß und bald helffen/ die
Winde auszuziehen. Sonſt halten etliche das trockene
Streichen mit warmen und mit Weyrauch und Fluß-
Rauch geraͤucherten Tuͤchern fuͤr beſſer/ die Fluͤſſe zu ver-
theilen/ als die Koͤpffel-Laͤſſe.

Die Fontanellen ſind zwar beſchwerlich/ aber den
fluͤſſigen phlegmatiſchen Naturen/ und denen/ die ein
feuchtes Hirn und hitzige Leber haben/ ſich vor dem
Schlag foͤrchten/ und an Augen/ Ohren/ Zahn/ und
Ohren/ Schmertzen leiden/ ſehr bequem/ ſind auch gut
in Infections-Zeiten/ weil ſich die gantze Natur durch
das Fontanell/ von aller Faͤulung reiniget; dieſer Unge-
legenheiten aber aller iſt ein Menſch/ der maͤſſig lebet/
gaͤntzlich uberhoben.

Die Egeln werden allein an ſolchen Orten geſetzt/
wo man die Ventoſen nicht kan hinſetzen/ als an der
Naſen/ an dem Zahnfleiſch/ an den Fingern/ an heim-
lichen Orten/ man ſoll ſie aber nicht aus faulen Mora-
ſtigen/ ſondern aus friſchen flieſſenden Waſſern erweh-
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die großkoͤpffichten dunckelfaͤrbigen ſind gifftig und zu
meiden; ſo muß man die Egeln auch nicht anſetzen/ wann
ſie erſt friſch ſind gefangen worden/ ſondern ſie einen gan-
tzen Tag uͤber im friſchen klaren Waſſer erhalten/ da-
mit ſie das Jenige/ was ſie im Bauch haben/ von ſich
geben. Es iſt auch gut/ daß man ſie 3. oder 4. Stunden
ohne Waſſer laͤſſet/ ehe man ſie applicirt/ ſie werden
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K k iij
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[261/0279] Drittes Buch/ Haus-Mutter. Feuer (wie Wachs/ Qel/ oder Jnſlet einem Tocht) keine Nahrung mehr geben kan/ oder wann durch kalte feuchte Kranckheiten/ und das hohe Alter/ dieſes Liecht- lein uͤberfallen und ausgethan wird. Die gewaltſame Austilgung geſchihet auf zweyerley Weiſe/ wann man verwundet gar zu viel Blutes verleuret/ oder wann die- ſes Lebens-Feuer/ aus Ermangelung der Lufft/ davon ſie ernaͤhret wird/ durch Erſteckung/ mit ſamt dem Leben ausgeblaſen wird/ wie bey den Gehenckten/ Ertraͤnck- ten/ oder Erdroſſelten zu ſehen iſt. Daher das Blut/ als ein theurer Schatz/ werth zu halten/ und ſind die A- dern gleichſam Vehicula Spirituum, daher die weiſen Medici aus den Puls-Adern die Beſchaffenheit des Patienten auskundſchafften: Davon aber Cornelius Celſus weißlich ſagt: Venis maxime credimus, fal- laciſſimæ rei, quia ſæpè lentiores, celerioresq́; ſunt, & ætate, & ſexu, & corporum naturâ Venæ ſub- eunt, quieſcunt, modò ſe ſubmittunt, modò attol- lunt, ſæpe eas concitat & reſolvit Sol, & balneum, & exercitatio, & motus, & ira, & quilibet animi affe- ctus, adeò ut cum primùm Medicus venit, ſollicitu- do ægri dubitantis, quomodo illi ſe habere videatur, eas moveat. Ob quam cauſam periti Medici eſt, non protinus, ut venit, apprehendere manu brachium, ſed primùm reſidere hilari vultu, percontariq́ue, quo- modo ſe habeat, & ſi quis ejus metus eſt, eum pro- babili ſermone levare, tùm deinde ejus corpori ma- num admovere. Das beſte Gebluͤt fuͤhrt ſeinen weiſ- ſen Waſſerfaͤrbigen Chylum mit ſich/ gelbes Blut be- deutet die Gallen/ bleiches die Schleim/ und Bleyfar- bes die Melancholie, welche Feuchtigkeiten dann durch der Medicorum Raht auszufuͤhren; dickes Gebluͤt be- zeuget die Verſtopffungen und Obſtructiones, die zu er- oͤfnen durch Diuretica; gar zu duͤnnes bedeutet Schwach- heit der Leber/ die zu ſtaͤrcken; das ſehr ſchaumende Blut bedeutet Hitze/ die zu kuͤhlen. Was aber das Aderlaſſen betrifft/ ſo ſchreibet Pater Martinus Martinius, daß die Chineſer-Aertzte/ ſol- ches fuͤr einen groſſen Jrrthum halten/ und glauben/ das Gebluͤte ſey durch Faſten und andere Erkuͤhlungen viel leichter zur rechten Mittelmaß zu bringen/ indem ſie ſa- gen: Man ſoll nicht die Suppen deßwegen gar aus- ſchuͤtten/ wann der Topff aufwallet/ ſondern man ſoll ihm lieber das Feuer entziehen. Die Unmaͤſſigkeit aber/ die im Eſſen und Trincken begangen wird/ verurſachet/ daß man das Aderlaſſen nicht gar abſchaffen kan. Wir wollen die verbottene und erwehlte Laß-Taͤge beyſeits ſetzen/ weil es mehr Aberglaubiſch/ als in der Natur gegruͤndet ſcheinet/ und nur dieſes melden/ daß man ſo wol in groſſer Hitze/ als auch in groſſer Kaͤlte/ das A- derlaſſen meiden ſolle/ wiewol in hitzigen groſſen Kranck- heiten keine Zeit anzuſehen iſt/ darinn man/ je eher/ je beſſer/ Lufft machen ſolle: Sonſt iſt die bequemſte Zeit im April, Majo, und wann die Roſen bluͤhen/ theils wol- len/ weil im Herbſt die Melancholiſche Feuchtigkeiten regiren/ ſoll man die Miltz-Ader/ im Winter uͤber auf der lincken Seiten/ im Fruͤling zum Hertzen/ im Som- mer zur Leber/ im Herbſt zu den Fuͤſſen/ und im Win- ter zum Haubt laſſen. Die Haubt-Ader iſt am ſicher- ſten zu laſſen/ weil ſie keine Flaͤchſen oder Puls in der Naͤhend hat. Die Median iſt mittelmaͤſſig/ weil eine Flaͤchs darunter ligt; die Leber-Ader iſt noch geſaͤhrli- cher; die Miltz-Ader aber iſt gar klein/ und hart zu tref- fen/ es waͤre dann die Hand vorher in warm Waſſer gehalten: Wird Jemand inficirt/ ſoll man ihm von Stund an laſſen/ ohn allen Verzug; iſt unter der rech- ten Achſel etwas aufgefahren/ oder befindet man ein Brennen/ ſoll man am rechten Arm laſſen; iſt es an der lincken Seiten/ ſoll man am lincken Arm laſſen; iſt es unterhalb der Guͤrtel/ ſoll man die Ruck-Ader/ oder an der groſſen Zaͤhen/ oder die Roſen-Ader fornen am Fuß ſchlagen: Jſts an rechter Seiten/ auf ſelbiger Seiten; iſts an der lincken/ auch daſelbſt. An welcher Seiten es oberhalb der Guͤrtel iſt/ ſoll man die Hertz- Ader/ oder unterhalb die Ruck- oder Roſen-Ader ſchla- gen. Alſo auch/ wann es innwendig ſtecket/ wo es der Krancke am meiſten empfindet/ daſelbſt ſoll er ihm eine Ader oͤffnen laſſen/ und gehoͤrige Mittel brauchen. Nach der Aderlaß ſoll man keine ſtarcke Ubung vornehmen/ nicht an kalte und feuchte Lufft gehen. Die im Calender geſetzte Zeichen zu laſſen oder zu ſchroͤpffen/ ſind mehr aus Gewonheit/ als Nothdurfft/ und iſt das beſte Zeichen/ wann das Wetter ſchoͤn und Wind- ſtill iſt. So einem die Ader ſo tief im Fleiſch waͤre/ daß man ſie nicht treffen oder ſchlagen koͤnnte/ ſoll man 24. Stund/ vorhin/ ehe man laͤſſet/ Salve-Kraut auf die Adern binden/ das zeucht die Adern heraus; das uͤbri- ge wollen wir den Medicis und den Patienten ſelbſt heimſtellen. Das Schroͤpffen wird gleichfalls in Zweifel ge- ſetzt/ weil mehr gutes als boͤſes Blut heraus geſogen und gezogen wird. Galenus aber lobet es in ſolchen Zuſtaͤn- den/ wo phlegma und Winde verhanden/ doch ſoll der Leib vorher wol gereiniget ſeyn/ und ſagt/ wann ſich Grimmen und Winden im Leib erregen/ ſoll man eine wol-erwaͤrmte Ventoſa uͤber den Nabel ſetzen/ und ſolches offt erneuren/ ſoll gewiß und bald helffen/ die Winde auszuziehen. Sonſt halten etliche das trockene Streichen mit warmen und mit Weyrauch und Fluß- Rauch geraͤucherten Tuͤchern fuͤr beſſer/ die Fluͤſſe zu ver- theilen/ als die Koͤpffel-Laͤſſe. Die Fontanellen ſind zwar beſchwerlich/ aber den fluͤſſigen phlegmatiſchen Naturen/ und denen/ die ein feuchtes Hirn und hitzige Leber haben/ ſich vor dem Schlag foͤrchten/ und an Augen/ Ohren/ Zahn/ und Ohren/ Schmertzen leiden/ ſehr bequem/ ſind auch gut in Infections-Zeiten/ weil ſich die gantze Natur durch das Fontanell/ von aller Faͤulung reiniget; dieſer Unge- legenheiten aber aller iſt ein Menſch/ der maͤſſig lebet/ gaͤntzlich uberhoben. Die Egeln werden allein an ſolchen Orten geſetzt/ wo man die Ventoſen nicht kan hinſetzen/ als an der Naſen/ an dem Zahnfleiſch/ an den Fingern/ an heim- lichen Orten/ man ſoll ſie aber nicht aus faulen Mora- ſtigen/ ſondern aus friſchen flieſſenden Waſſern erweh- len/ die am Rucken gelbfarblicht und grau ſind/ deñ die großkoͤpffichten dunckelfaͤrbigen ſind gifftig und zu meiden; ſo muß man die Egeln auch nicht anſetzen/ wann ſie erſt friſch ſind gefangen worden/ ſondern ſie einen gan- tzen Tag uͤber im friſchen klaren Waſſer erhalten/ da- mit ſie das Jenige/ was ſie im Bauch haben/ von ſich geben. Es iſt auch gut/ daß man ſie 3. oder 4. Stunden ohne Waſſer laͤſſet/ ehe man ſie applicirt/ ſie werden dardurch deſto begieriger; das Ort/ wohin man ſie anſe- tzen will/ muß man vorher mit lauem Waſſer waſchen/ wieder K k iij

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/279>, abgerufen am 25.04.2024.