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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Kräuter gegen Abend.
Cap. CI.
Benedicten-Wurtzen/ Beyfuß/ Bilsenkraut und Conyza.
[Spaltenumbruch]

BEnedicten-Wurtzen/ Caryophyllata, Sana-
munda
und Herba Benedicti, seine Wurtzen
muß im Martio gegraben werden/ so gibt sie einen
Geruch von sich/ wie Nägele; wann mans zur unrech-
ten Zeit ausgräbt/ ist sie ohne Geruch/ ist warm und
trocken im andern Grad; verzehrt/ löset auf/ wärmet/
vertrocknet/ eröffnet und stärcket; das Pulver dieser
Wurtzen getruncken/ stillet neben andern Bauchflüssen
auch die rothe Ruhr/ vertreibet das Blutspeyen/ und
heilet die Pestilentz.

Die gesottene Brühe dieses Krauts/ verbessert die
Unverdäulichkeit des Magens/ vertreibt das Grim-
men/ eröffnet die Verstopffungen der Leber/ vertheilet
die Winde/ und das geronnene Blut; der Wurtzen
öffterer Geruch stärcket das Hertz/ erquicket die Geister/
erwärmet das erkältete Hirn/ und widerstehet dem Gifft.
Jn dem Gewandt-Kasten gelegt/ macht sie die Kleider
wolriechend und vertreibt die Schaben.

Das davon distillirte Wasser Morgens und A-
bends auf 3 Loth jedesmals getruncken/ treibet und rei-
niget alle böse Humores aus dem Leibe/ ob etwan was
Ungesundes wäre genossen worden/ und erwärmet den
Magen; ist Jemand wund inwendig im Leib/ der trin-
cke dieses Wassers/ ist aber der Schaden auswendig/
kan man solchen damit waschen; zu den Fisteln mag
mans brauchen von innen und aussen. Die abscheuli-
chen ungeschaffenen Mutter-Mähler (wie Herr Brunn-
fels lehret) soll man offt damit waschen in der Kindheit/
so vergehen sie.

Es wird auch ein gesunder trefflicher Wein von
dieser Wurtzen gemacht/ der reiniget die Brust und
Leber/ und stärckt das Hertz wol wegen seiner Gewürtz-
ten Eigenschafft.

Beyfuß/ Artemisia, Sonnenwendgürtel/ wächst
an ungebauten rauhen Orten und in den Feldern/ an dem
Gemäuer und Zäunen/ ist zweyerley Art/ roth und weiß/
aber einerley Vermögens/ wiewol die mit dem rothen
Stengel von etlichen für kräfftiger gehalten wird/ sind
beede trocken im ersten/ und warm im andern Grad;
wird das Kraut am Ende des Mäyens von den Sten-
geln abgestreifft und ausgebrannt/ zum dörren/ aber
wirds nach S. Johannis gesammlet/ reiniget und er-
wärmet die Mutter/ promovet partum, secundinas &
menstrua;
das Decoctum oder gebrannte Wasser da-
von getruncken/ oder in Bädern gebraucht; mit Wein
gesotten und mit Camillen-Blumen und Salve/ auch
die erlähmten Geäder und Nerven damit gerieben/
wärmet und kräfftiget starck.

Das ausgebrannte Wasser vertreibt die Husten/
macht schlaffen/ vertreibt Gifft/ zermalmet den Stein/
wer sich müde gegangen/ kan mit diesem Wasser/ die
[Spaltenumbruch] Müdigkeit ausziehen/ oder/ wann man das Kraut am
Hals trägt/ lässt es nicht müde werde. Der Safft die-
ses Krauts getruncken/ ist eine Artzney wider das einge-
nommene Opium.

Bilsenkraut/ Hyoscyamus, ist zweyerley Gattung/
schwartz und weiß/ darunter der weisse am besten und
zur Artzney bequemer/ der ist im dritten Grad kan; der
schwartze aber ist kalt im vierdten Grad/ derhalben nicht
zu gebrauchen/ denn es bringt nicht allein den Schwin-
del/ sondern beraubt auch den Menschen seines Ver-
stands/ und stürtzt denselben in einen tieffen/ und/ wo
excedirt wird/ wol gar in den ewigen Schlaff. Son-
derlich soll man sich hüten vor dem/ der schwartzen Saa-
men hat.

Der weisse Bilsen hat weisse Blühe und Saa-
men/ der wird mit warmen Wasser angeschwellt/ her-
nach gestossen und der Safft ausgetruckt/ der macht
schlaffen/ wird auch zu dergleichen Salben gebraucht/
und legt die Schmertzen/ mit Mehl über das Podagra
gelegt/ gibt er Linderung; die frischen Blätter von die-
sem Kraut über alle Geschwer und Glieder/ so wehe thun/
oder geschwollen sind/ gelegt/ benehmen das Wehthun.
Welchem die Zähne wehe thun/ der empfängt den Rauch
von diesem Saamen durch einen Triechter/ darnach
wäscht er den Mund wieder aus; man nimmt von die-
sem Saamen Eyerklar/ Frauen-Milch und ein wenig
Essig/ macht ein Sälblein daraus/ und streicht es an
die Stirn und Schläfe/ macht wol schlaffen/ wie auch
diß Kraut in ein Fußwasser gethan; mit Wein ver-
mischt und auf der Frauen schwerende Brüste gelegt/
löschet die Hitze.

Bellonius in seiner Orientalischen Reis-Beschrei-
bung lib. 2. cap. 54. schreibet/ daß unferne dem Fluß
Nilo, eine solche Menge des schwartzen Bilsenkrauts
wachse/ daß die Aegyptier aus dem Saamen ein Oel
pressen/ so sie zum Leuchten/ und vielen andern Dingen
gebrauchen.

Conyza, Dürrwurtz/ ist dreyerley Gattungen/
groß/ klein/ und mittelmässig; das grosse wächst hoch
auf/ hat gelbe Blumen/ mit einem inwendig etwas er-
hebten Potzen/ daraus der Saamen wird/ wächst auf
den Feldern/ Hügeln/ und feuchten lustigen Auen/ ist ei-
nes bittern und scharffen Geschmacks/ warm und tro-
cken im dritten Grad. Das gantze Gewächs auf die
Erden gestreuet/ vertreibt Schlangen/ Wantzen und
Flöhe; die Blätter reinigen und heilen die Wunden/
auf das Korn und ander Getrayd gelegt/ bewahrt sie
vor den Würmen und Wippeln; die kleinere gepül-
vert und in einem herben rothen Wein getruncken/ ver-
treibt die rothe Ruhr/ und das Haubt fein sanfft damit
geschmiert/ linderts die Haubtschmertzen.

Cap.
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Kraͤuter gegen Abend.
Cap. CI.
Benedicten-Wurtzen/ Beyfuß/ Bilſenkraut und Conyza.
[Spaltenumbruch]

BEnedicten-Wurtzen/ Caryophyllata, Sana-
munda
und Herba Benedicti, ſeine Wurtzen
muß im Martio gegraben werden/ ſo gibt ſie einen
Geruch von ſich/ wie Naͤgele; wann mans zur unrech-
ten Zeit ausgraͤbt/ iſt ſie ohne Geruch/ iſt warm und
trocken im andern Grad; verzehrt/ loͤſet auf/ waͤrmet/
vertrocknet/ eroͤffnet und ſtaͤrcket; das Pulver dieſer
Wurtzen getruncken/ ſtillet neben andern Bauchfluͤſſen
auch die rothe Ruhr/ vertreibet das Blutſpeyen/ und
heilet die Peſtilentz.

Die geſottene Bruͤhe dieſes Krauts/ verbeſſert die
Unverdaͤulichkeit des Magens/ vertreibt das Grim-
men/ eroͤffnet die Verſtopffungen der Leber/ vertheilet
die Winde/ und das geronnene Blut; der Wurtzen
oͤffterer Geruch ſtaͤrcket das Hertz/ erquicket die Geiſter/
erwaͤrmet das erkaͤltete Hirn/ und widerſtehet dem Gifft.
Jn dem Gewandt-Kaſten gelegt/ macht ſie die Kleider
wolriechend und vertreibt die Schaben.

Das davon diſtillirte Waſſer Morgens und A-
bends auf 3 Loth jedesmals getruncken/ treibet und rei-
niget alle boͤſe Humores aus dem Leibe/ ob etwan was
Ungeſundes waͤre genoſſen worden/ und erwaͤrmet den
Magen; iſt Jemand wund inwendig im Leib/ der trin-
cke dieſes Waſſers/ iſt aber der Schaden auswendig/
kan man ſolchen damit waſchen; zu den Fiſteln mag
mans brauchen von innen und auſſen. Die abſcheuli-
chen ungeſchaffenen Mutter-Maͤhler (wie Herr Brunn-
fels lehret) ſoll man offt damit waſchen in der Kindheit/
ſo vergehen ſie.

Es wird auch ein geſunder trefflicher Wein von
dieſer Wurtzen gemacht/ der reiniget die Bruſt und
Leber/ und ſtaͤrckt das Hertz wol wegen ſeiner Gewuͤrtz-
ten Eigenſchafft.

Beyfuß/ Artemiſia, Sonnenwendguͤrtel/ waͤchſt
an ungebauten rauhen Orten und in den Feldern/ an dem
Gemaͤuer und Zaͤunen/ iſt zweyerley Art/ roth und weiß/
aber einerley Vermoͤgens/ wiewol die mit dem rothen
Stengel von etlichen fuͤr kraͤfftiger gehalten wird/ ſind
beede trocken im erſten/ und warm im andern Grad;
wird das Kraut am Ende des Maͤyens von den Sten-
geln abgeſtreifft und ausgebrannt/ zum doͤrren/ aber
wirds nach S. Johannis geſammlet/ reiniget und er-
waͤrmet die Mutter/ promovet partum, ſecundinas &
menſtrua;
das Decoctum oder gebrannte Waſſer da-
von getruncken/ oder in Baͤdern gebraucht; mit Wein
geſotten und mit Camillen-Blumen und Salve/ auch
die erlaͤhmten Geaͤder und Nerven damit gerieben/
waͤrmet und kraͤfftiget ſtarck.

Das ausgebrannte Waſſer vertreibt die Huſten/
macht ſchlaffen/ vertreibt Gifft/ zermalmet den Stein/
wer ſich muͤde gegangen/ kan mit dieſem Waſſer/ die
[Spaltenumbruch] Muͤdigkeit ausziehen/ oder/ wann man das Kraut am
Hals traͤgt/ laͤſſt es nicht muͤde werde. Der Safft die-
ſes Krauts getruncken/ iſt eine Artzney wider das einge-
nommene Opium.

Bilſenkraut/ Hyoſcyamus, iſt zweyerley Gattung/
ſchwartz und weiß/ darunter der weiſſe am beſten und
zur Artzney bequemer/ der iſt im dritten Grad kan; der
ſchwartze aber iſt kalt im vierdten Grad/ derhalben nicht
zu gebrauchen/ denn es bringt nicht allein den Schwin-
del/ ſondern beraubt auch den Menſchen ſeines Ver-
ſtands/ und ſtuͤrtzt denſelben in einen tieffen/ und/ wo
excedirt wird/ wol gar in den ewigen Schlaff. Son-
derlich ſoll man ſich huͤten vor dem/ der ſchwartzen Saa-
men hat.

Der weiſſe Bilſen hat weiſſe Bluͤhe und Saa-
men/ der wird mit warmen Waſſer angeſchwellt/ her-
nach geſtoſſen und der Safft ausgetruckt/ der macht
ſchlaffen/ wird auch zu dergleichen Salben gebraucht/
und legt die Schmertzen/ mit Mehl uͤber das Podagra
gelegt/ gibt er Linderung; die friſchen Blaͤtter von die-
ſem Kraut uͤber alle Geſchwer und Glieder/ ſo wehe thun/
oder geſchwollen ſind/ gelegt/ benehmen das Wehthun.
Welchem die Zaͤhne wehe thun/ der empfaͤngt den Rauch
von dieſem Saamen durch einen Triechter/ darnach
waͤſcht er den Mund wieder aus; man nimmt von die-
ſem Saamen Eyerklar/ Frauen-Milch und ein wenig
Eſſig/ macht ein Saͤlblein daraus/ und ſtreicht es an
die Stirn und Schlaͤfe/ macht wol ſchlaffen/ wie auch
diß Kraut in ein Fußwaſſer gethan; mit Wein ver-
miſcht und auf der Frauen ſchwerende Bruͤſte gelegt/
loͤſchet die Hitze.

Bellonius in ſeiner Orientaliſchen Reis-Beſchrei-
bung lib. 2. cap. 54. ſchreibet/ daß unferne dem Fluß
Nilo, eine ſolche Menge des ſchwartzen Bilſenkrauts
wachſe/ daß die Aegyptier aus dem Saamen ein Oel
preſſen/ ſo ſie zum Leuchten/ und vielen andern Dingen
gebrauchen.

Conyza, Duͤrrwurtz/ iſt dreyerley Gattungen/
groß/ klein/ und mittelmaͤſſig; das groſſe waͤchſt hoch
auf/ hat gelbe Blumen/ mit einem inwendig etwas er-
hebten Potzen/ daraus der Saamen wird/ waͤchſt auf
den Feldern/ Huͤgeln/ und feuchten luſtigen Auen/ iſt ei-
nes bittern und ſcharffen Geſchmacks/ warm und tro-
cken im dritten Grad. Das gantze Gewaͤchs auf die
Erden geſtreuet/ vertreibt Schlangen/ Wantzen und
Floͤhe; die Blaͤtter reinigen und heilen die Wunden/
auf das Korn und ander Getrayd gelegt/ bewahrt ſie
vor den Wuͤrmen und Wippeln; die kleinere gepuͤl-
vert und in einem herben rothen Wein getruncken/ ver-
treibt die rothe Ruhr/ und das Haubt fein ſanfft damit
geſchmiert/ linderts die Haubtſchmertzen.

Cap.
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[548[546]/0564] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Kraͤuter gegen Abend. Cap. CI. Benedicten-Wurtzen/ Beyfuß/ Bilſenkraut und Conyza. BEnedicten-Wurtzen/ Caryophyllata, Sana- munda und Herba Benedicti, ſeine Wurtzen muß im Martio gegraben werden/ ſo gibt ſie einen Geruch von ſich/ wie Naͤgele; wann mans zur unrech- ten Zeit ausgraͤbt/ iſt ſie ohne Geruch/ iſt warm und trocken im andern Grad; verzehrt/ loͤſet auf/ waͤrmet/ vertrocknet/ eroͤffnet und ſtaͤrcket; das Pulver dieſer Wurtzen getruncken/ ſtillet neben andern Bauchfluͤſſen auch die rothe Ruhr/ vertreibet das Blutſpeyen/ und heilet die Peſtilentz. Die geſottene Bruͤhe dieſes Krauts/ verbeſſert die Unverdaͤulichkeit des Magens/ vertreibt das Grim- men/ eroͤffnet die Verſtopffungen der Leber/ vertheilet die Winde/ und das geronnene Blut; der Wurtzen oͤffterer Geruch ſtaͤrcket das Hertz/ erquicket die Geiſter/ erwaͤrmet das erkaͤltete Hirn/ und widerſtehet dem Gifft. Jn dem Gewandt-Kaſten gelegt/ macht ſie die Kleider wolriechend und vertreibt die Schaben. Das davon diſtillirte Waſſer Morgens und A- bends auf 3 Loth jedesmals getruncken/ treibet und rei- niget alle boͤſe Humores aus dem Leibe/ ob etwan was Ungeſundes waͤre genoſſen worden/ und erwaͤrmet den Magen; iſt Jemand wund inwendig im Leib/ der trin- cke dieſes Waſſers/ iſt aber der Schaden auswendig/ kan man ſolchen damit waſchen; zu den Fiſteln mag mans brauchen von innen und auſſen. Die abſcheuli- chen ungeſchaffenen Mutter-Maͤhler (wie Herr Brunn- fels lehret) ſoll man offt damit waſchen in der Kindheit/ ſo vergehen ſie. Es wird auch ein geſunder trefflicher Wein von dieſer Wurtzen gemacht/ der reiniget die Bruſt und Leber/ und ſtaͤrckt das Hertz wol wegen ſeiner Gewuͤrtz- ten Eigenſchafft. Beyfuß/ Artemiſia, Sonnenwendguͤrtel/ waͤchſt an ungebauten rauhen Orten und in den Feldern/ an dem Gemaͤuer und Zaͤunen/ iſt zweyerley Art/ roth und weiß/ aber einerley Vermoͤgens/ wiewol die mit dem rothen Stengel von etlichen fuͤr kraͤfftiger gehalten wird/ ſind beede trocken im erſten/ und warm im andern Grad; wird das Kraut am Ende des Maͤyens von den Sten- geln abgeſtreifft und ausgebrannt/ zum doͤrren/ aber wirds nach S. Johannis geſammlet/ reiniget und er- waͤrmet die Mutter/ promovet partum, ſecundinas & menſtrua; das Decoctum oder gebrannte Waſſer da- von getruncken/ oder in Baͤdern gebraucht; mit Wein geſotten und mit Camillen-Blumen und Salve/ auch die erlaͤhmten Geaͤder und Nerven damit gerieben/ waͤrmet und kraͤfftiget ſtarck. Das ausgebrannte Waſſer vertreibt die Huſten/ macht ſchlaffen/ vertreibt Gifft/ zermalmet den Stein/ wer ſich muͤde gegangen/ kan mit dieſem Waſſer/ die Muͤdigkeit ausziehen/ oder/ wann man das Kraut am Hals traͤgt/ laͤſſt es nicht muͤde werde. Der Safft die- ſes Krauts getruncken/ iſt eine Artzney wider das einge- nommene Opium. Bilſenkraut/ Hyoſcyamus, iſt zweyerley Gattung/ ſchwartz und weiß/ darunter der weiſſe am beſten und zur Artzney bequemer/ der iſt im dritten Grad kan; der ſchwartze aber iſt kalt im vierdten Grad/ derhalben nicht zu gebrauchen/ denn es bringt nicht allein den Schwin- del/ ſondern beraubt auch den Menſchen ſeines Ver- ſtands/ und ſtuͤrtzt denſelben in einen tieffen/ und/ wo excedirt wird/ wol gar in den ewigen Schlaff. Son- derlich ſoll man ſich huͤten vor dem/ der ſchwartzen Saa- men hat. Der weiſſe Bilſen hat weiſſe Bluͤhe und Saa- men/ der wird mit warmen Waſſer angeſchwellt/ her- nach geſtoſſen und der Safft ausgetruckt/ der macht ſchlaffen/ wird auch zu dergleichen Salben gebraucht/ und legt die Schmertzen/ mit Mehl uͤber das Podagra gelegt/ gibt er Linderung; die friſchen Blaͤtter von die- ſem Kraut uͤber alle Geſchwer und Glieder/ ſo wehe thun/ oder geſchwollen ſind/ gelegt/ benehmen das Wehthun. Welchem die Zaͤhne wehe thun/ der empfaͤngt den Rauch von dieſem Saamen durch einen Triechter/ darnach waͤſcht er den Mund wieder aus; man nimmt von die- ſem Saamen Eyerklar/ Frauen-Milch und ein wenig Eſſig/ macht ein Saͤlblein daraus/ und ſtreicht es an die Stirn und Schlaͤfe/ macht wol ſchlaffen/ wie auch diß Kraut in ein Fußwaſſer gethan; mit Wein ver- miſcht und auf der Frauen ſchwerende Bruͤſte gelegt/ loͤſchet die Hitze. Bellonius in ſeiner Orientaliſchen Reis-Beſchrei- bung lib. 2. cap. 54. ſchreibet/ daß unferne dem Fluß Nilo, eine ſolche Menge des ſchwartzen Bilſenkrauts wachſe/ daß die Aegyptier aus dem Saamen ein Oel preſſen/ ſo ſie zum Leuchten/ und vielen andern Dingen gebrauchen. Conyza, Duͤrrwurtz/ iſt dreyerley Gattungen/ groß/ klein/ und mittelmaͤſſig; das groſſe waͤchſt hoch auf/ hat gelbe Blumen/ mit einem inwendig etwas er- hebten Potzen/ daraus der Saamen wird/ waͤchſt auf den Feldern/ Huͤgeln/ und feuchten luſtigen Auen/ iſt ei- nes bittern und ſcharffen Geſchmacks/ warm und tro- cken im dritten Grad. Das gantze Gewaͤchs auf die Erden geſtreuet/ vertreibt Schlangen/ Wantzen und Floͤhe; die Blaͤtter reinigen und heilen die Wunden/ auf das Korn und ander Getrayd gelegt/ bewahrt ſie vor den Wuͤrmen und Wippeln; die kleinere gepuͤl- vert und in einem herben rothen Wein getruncken/ ver- treibt die rothe Ruhr/ und das Haubt fein ſanfft damit geſchmiert/ linderts die Haubtſchmertzen. Cap.

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 548[546]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/564>, abgerufen am 18.04.2024.