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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Siebendes Buch/ Ackerbau.
Cap. XCIV.
Vom Habergrieß/ Haberkorn und Heiden.
[Spaltenumbruch]

GAlenus will/ der Haber sey in der Speise war-
mer/ und in der Artzney kalter Eigenschafft/ er re-
stringi
rt und stopfft den Leib/ ist aber beederseits
nützlich zu gebrauchen; wird nicht allein von gemeinen
Leuten zur Speise/ sondern auch auf vornehmer Leute
und grosser Herren Tafeln aufgesetzt und genossen/ und
man hat aus Erfahrung/ daß die Kinder/ die von Ha-
ber-Gries oder Kern gespeiset sind/ sehr starck und
wol gefärbt davon werden/ und daß sonderlich die ge-
meinen Engelländer theils ihre Kinder allein mit Ha-
bern speisen/ und ihnen Morgens und Abends zur Nah-
rung einen guten dünnen Haberbrey machen/ darein sie
Brosamen von Rocken-Brod einribeln/ und damit
dick machen/ mit diesem müssen sie sich Morgens und
Abends sättigen/ davon sie dann so schön und starck wer-
den/ wie Milch und Blut gefärbet/ daß sich auch der
gelehrte Mann D. Guilielmus Turnerus darüber ver-
wundern müssen/ welcher auch seine Kinder mit solcher
Speise erzogen/ und dem Habern auch deswegen ein be-
sonders Preiß und Lob zugeschrjeben/ und denselben
mehr als zuvor in sondern Würden gehalten/ wie Ta-
bernaemontanus
bezeuget.

Die Haber-Speise dienet ins gemein für alle hi-
tzige Haubtwehen/ wie auch zu allen Kranckheiten des
[Spaltenumbruch] Haubts und der Augen/ die von Hitz entspringen/ de-
nen Schwindelsüchtigen und Hirnwütigen/ auch denen
Paralyticis, bekommt wol denen Hustenden/ und die
Aposteme und Seitenwehe haben/ wie auch denen Le-
ber- und Miltzsüchtigen/ und denen/ so mit der Tertiana
oder Quartana behafftet sind; ist auch gut für die Harn-
winden/ für die Haiserkeit/ und alle Gebrechen der
Brust/ so von der Hitze herkommen/ fürs Eyter aus-
werffen/ und ist (wie offtermeldter Tabernaemontanus
schreibet) eine gebenedeyete Speise und Artzney in al-
len hitzigen und pestilentzischen Fiebern/ dienet auch aus-
und inwendig zu allerhand Kranckheiten/ wie daselbst
weitläufftig zu finden und zu lesen ist.

Der Haiden wird zur Speise gedörrt/ und auf den
Stämpffen seiner Bälge beraubet/ oder auf der Mühl
geschrotten; ist auch für das Gesind eine gute ergäbi-
ge Speise/ wird leicht verdäuet/ setzt sich bald/ und
mächt ein zimlich gutes Geblüte/ gehört auch in eine
Wirthschafft im Vorrath/ weil man durch Abwechs-
lung der Speisen desto besser fortkommen kan. Es ist
der gemeine ungeneute Haiden eine gute Mastung/ so
wol für das Rindvieh als die Schweine/ und macht die
Hüner über die massen feist und leibig/ wann man ihnen
denselben allein zu essen gibt.

Cap. XCV.
Vom Mahensaamen-Lein-Oel und Flachsdotter- auch an-
dern Oelen.
[Spaltenumbruch]

DAs Mahen-Oel (wie Tabernaemontanus schrei-
bet) wird auf dreyerley absonderliche Weisen
zugerichtet: Erstlich wird es ausgepresst von dem
gerösteten Saamen/ und dieses ist an Krafft das ge-
ringste.

Das andere/ so viel stärcker ist/ wird von den Blu-
men auf solche Weise bereitet: Nimm frische Blumen
vom Mahensaamen 6 Loth/ zerstoß sie wol zu einem
Mueß/ thue sie in ein Glas/ gieß ein halb Pfund/ und
einen halben Vierding Baum-Oel darüber/ stells an
die Sonne/ laß es also etliche Tage beitzen/ denn setz es
in doppelten Geschirr mit Wasser über/ laß es gemäch-
lich sieden/ drucks durch ein Tuch; nimm hernach wie-
der andere frische Mahensaam-Blumen/ und verfahre
wie vor damit/ und das thue drey oder viermal.

Das dritte ist am gebräuchlichsten: Nimm grüne
unzeitige Mahensaamen-Knöpf mit dem Saamen/ der
Blätter und Blumen vom Mahensaamen jedes zwey
Loth/ zerstoß es wol/ gieß darüber zehen Loth frisches
und wolgewaschenes Baum-Oel/ stell es an die Son-
nen/ und sied es in doppeltem Geschirr/ im Wasser/ wie
vorgemeldt/ und verändere zum dritten oder vierdtenmal
die Köpffe/ Saamen/ Kraut und Blumen/ solches
Oel bringet den Schlaff wieder/ löschet alle Entzün-
dungen in hitzigen Fiebern/ mildert den hefftigen Haubt-
wehe/ stillet die bösen von dem Magen ins Haubt stei-
gende Dämpffe/ kühlet und befeuchtiget. Es sollen
[Spaltenumbruch] aber Haubt/ Schläfe/ Stirn und Naslöcher wol da-
mit bestrichen werden.

Aus dem Lein-Saamen wird ein Oel gepresst/ so
zu vielen Sachen/ sowol zu Lampen/ da dann/ nach Ago-
stini Gallo
Zeugnus/ 9 Untzen so lang dauren/ als 12
Untzen Baum-Oel/ als auch in der Artzney nützlich ge-
braucht wird; distillirt wird es auch inwendig in dem
Leib für die Colica und Darmgicht/ neben andern In-
gredienti
en gebraucht/ vertreibt die Flecken und Mähle
der Haut.

Diß Oel/ sagt Tabernaemontanus, ist eine sonde-
re gute Artzney wider das Stechen oder Seiten-Ge-
schwer/ und wider den schweren Athem/ warm getrun-
cken; Es muß aber frisch und neu seyn/ denn das alte hitzet
und macht Unwillen; diß Oel dienet auch wider den Stein
und Lendenwehe. Eusserlich wirds gebraucht wider den
Krampff/ starrende Glieder/ und wider den Gebrechen
des Afftern/ als Geschwulst der güldenen Ader/ Feig-
blattern/ Schrunden und dergleichen Schmertzen/ es
erweichet auch die Mutter.

Jn Polen/ und an etlichen Orten/ werden mit dem
Lein-Oel die Speisen gekocht/ hat aber einen widerwer-
tigen Geschmack; Jch habs gesehen/ daß sie das Lein-
Oel aufs Brod/ wie Hönig oder Butter/ geschmiert/
und also gessen/ ist aber vielleicht mehr gesund/ als
wolschmeckend. Gewonheit aber ist eine andere Na-
tur.

Das
N iij
Siebendes Buch/ Ackerbau.
Cap. XCIV.
Vom Habergrieß/ Haberkorn und Heiden.
[Spaltenumbruch]

GAlenus will/ der Haber ſey in der Speiſe war-
mer/ und in der Artzney kalter Eigenſchafft/ er re-
ſtringi
rt und ſtopfft den Leib/ iſt aber beederſeits
nuͤtzlich zu gebrauchen; wird nicht allein von gemeinen
Leuten zur Speiſe/ ſondern auch auf vornehmer Leute
und groſſer Herren Tafeln aufgeſetzt und genoſſen/ und
man hat aus Erfahrung/ daß die Kinder/ die von Ha-
ber-Gries oder Kern geſpeiſet ſind/ ſehr ſtarck und
wol gefaͤrbt davon werden/ und daß ſonderlich die ge-
meinen Engellaͤnder theils ihre Kinder allein mit Ha-
bern ſpeiſen/ und ihnen Morgens und Abends zur Nah-
rung einen guten duͤnnen Haberbrey machen/ darein ſie
Broſamen von Rocken-Brod einribeln/ und damit
dick machen/ mit dieſem muͤſſen ſie ſich Morgens und
Abends ſaͤttigen/ davon ſie dann ſo ſchoͤn und ſtarck wer-
den/ wie Milch und Blut gefaͤrbet/ daß ſich auch der
gelehrte Mann D. Guilielmus Turnerus daruͤber ver-
wundern muͤſſen/ welcher auch ſeine Kinder mit ſolcher
Speiſe erzogen/ und dem Habern auch deswegen ein be-
ſonders Preiß und Lob zugeſchrjeben/ und denſelben
mehr als zuvor in ſondern Wuͤrden gehalten/ wie Ta-
bernæmontanus
bezeuget.

Die Haber-Speiſe dienet ins gemein fuͤr alle hi-
tzige Haubtwehen/ wie auch zu allen Kranckheiten des
[Spaltenumbruch] Haubts und der Augen/ die von Hitz entſpringen/ de-
nen Schwindelſuͤchtigen und Hirnwuͤtigen/ auch denen
Paralyticis, bekommt wol denen Huſtenden/ und die
Apoſteme und Seitenwehe haben/ wie auch denen Le-
ber- und Miltzſuͤchtigen/ und denen/ ſo mit der Tertianâ
oder Quartanâ behafftet ſind; iſt auch gut fuͤr die Harn-
winden/ fuͤr die Haiſerkeit/ und alle Gebrechen der
Bruſt/ ſo von der Hitze herkommen/ fuͤrs Eyter aus-
werffen/ und iſt (wie offtermeldter Tabernæmontanus
ſchreibet) eine gebenedeyete Speiſe und Artzney in al-
len hitzigen und peſtilentziſchen Fiebern/ dienet auch aus-
und inwendig zu allerhand Kranckheiten/ wie daſelbſt
weitlaͤufftig zu finden und zu leſen iſt.

Der Haiden wird zur Speiſe gedoͤrꝛt/ und auf den
Staͤmpffen ſeiner Baͤlge beraubet/ oder auf der Muͤhl
geſchrotten; iſt auch fuͤr das Geſind eine gute ergaͤbi-
ge Speiſe/ wird leicht verdaͤuet/ ſetzt ſich bald/ und
maͤcht ein zimlich gutes Gebluͤte/ gehoͤrt auch in eine
Wirthſchafft im Vorrath/ weil man durch Abwechs-
lung der Speiſen deſto beſſer fortkommen kan. Es iſt
der gemeine ungeneute Haiden eine gute Maſtung/ ſo
wol fuͤr das Rindvieh als die Schweine/ und macht die
Huͤner uͤber die maſſen feiſt und leibig/ wann man ihnen
denſelben allein zu eſſen gibt.

Cap. XCV.
Vom Mahenſaamen-Lein-Oel und Flachsdotter- auch an-
dern Oelen.
[Spaltenumbruch]

DAs Mahen-Oel (wie Tabernæmontanus ſchrei-
bet) wird auf dreyerley abſonderliche Weiſen
zugerichtet: Erſtlich wird es ausgepreſſt von dem
geroͤſteten Saamen/ und dieſes iſt an Krafft das ge-
ringſte.

Das andere/ ſo viel ſtaͤrcker iſt/ wird von den Blu-
men auf ſolche Weiſe bereitet: Nimm friſche Blumen
vom Mahenſaamen 6 Loth/ zerſtoß ſie wol zu einem
Mueß/ thue ſie in ein Glas/ gieß ein halb Pfund/ und
einen halben Vierding Baum-Oel daruͤber/ ſtells an
die Sonne/ laß es alſo etliche Tage beitzen/ denn ſetz es
in doppelten Geſchirꝛ mit Waſſer uͤber/ laß es gemaͤch-
lich ſieden/ drucks durch ein Tuch; nimm hernach wie-
der andere friſche Mahenſaam-Blumen/ und verfahre
wie vor damit/ und das thue drey oder viermal.

Das dritte iſt am gebraͤuchlichſten: Nimm gruͤne
unzeitige Mahenſaamen-Knoͤpf mit dem Saamen/ der
Blaͤtter und Blumen vom Mahenſaamen jedes zwey
Loth/ zerſtoß es wol/ gieß daruͤber zehen Loth friſches
und wolgewaſchenes Baum-Oel/ ſtell es an die Son-
nen/ und ſied es in doppeltem Geſchirr/ im Waſſer/ wie
vorgemeldt/ und veraͤndere zum dritten oder vierdtenmal
die Koͤpffe/ Saamen/ Kraut und Blumen/ ſolches
Oel bringet den Schlaff wieder/ loͤſchet alle Entzuͤn-
dungen in hitzigen Fiebern/ mildert den hefftigen Haubt-
wehe/ ſtillet die boͤſen von dem Magen ins Haubt ſtei-
gende Daͤmpffe/ kuͤhlet und befeuchtiget. Es ſollen
[Spaltenumbruch] aber Haubt/ Schlaͤfe/ Stirn und Nasloͤcher wol da-
mit beſtrichen werden.

Aus dem Lein-Saamen wird ein Oel gepreſſt/ ſo
zu vielen Sachen/ ſowol zu Lampen/ da dann/ nach Ago-
ſtini Gallo
Zeugnus/ 9 Untzen ſo lang dauren/ als 12
Untzen Baum-Oel/ als auch in der Artzney nuͤtzlich ge-
braucht wird; diſtillirt wird es auch inwendig in dem
Leib fuͤr die Colica und Darmgicht/ neben andern In-
gredienti
en gebraucht/ vertreibt die Flecken und Maͤhle
der Haut.

Diß Oel/ ſagt Tabernæmontanus, iſt eine ſonde-
re gute Artzney wider das Stechen oder Seiten-Ge-
ſchwer/ und wider den ſchweren Athem/ warm getrun-
cken; Es muß aber friſch und neu ſeyn/ denn das alte hitzet
und macht Unwillen; diß Oel dienet auch wider den Stein
und Lendenwehe. Euſſerlich wirds gebraucht wider den
Krampff/ ſtarrende Glieder/ und wider den Gebrechen
des Afftern/ als Geſchwulſt der guͤldenen Ader/ Feig-
blattern/ Schrunden und dergleichen Schmertzen/ es
erweichet auch die Mutter.

Jn Polen/ und an etlichen Orten/ werden mit dem
Lein-Oel die Speiſen gekocht/ hat aber einen widerwer-
tigen Geſchmack; Jch habs geſehen/ daß ſie das Lein-
Oel aufs Brod/ wie Hoͤnig oder Butter/ geſchmiert/
und alſo geſſen/ iſt aber vielleicht mehr geſund/ als
wolſchmeckend. Gewonheit aber iſt eine andere Na-
tur.

Das
N iij
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[101/0119] Siebendes Buch/ Ackerbau. Cap. XCIV. Vom Habergrieß/ Haberkorn und Heiden. GAlenus will/ der Haber ſey in der Speiſe war- mer/ und in der Artzney kalter Eigenſchafft/ er re- ſtringirt und ſtopfft den Leib/ iſt aber beederſeits nuͤtzlich zu gebrauchen; wird nicht allein von gemeinen Leuten zur Speiſe/ ſondern auch auf vornehmer Leute und groſſer Herren Tafeln aufgeſetzt und genoſſen/ und man hat aus Erfahrung/ daß die Kinder/ die von Ha- ber-Gries oder Kern geſpeiſet ſind/ ſehr ſtarck und wol gefaͤrbt davon werden/ und daß ſonderlich die ge- meinen Engellaͤnder theils ihre Kinder allein mit Ha- bern ſpeiſen/ und ihnen Morgens und Abends zur Nah- rung einen guten duͤnnen Haberbrey machen/ darein ſie Broſamen von Rocken-Brod einribeln/ und damit dick machen/ mit dieſem muͤſſen ſie ſich Morgens und Abends ſaͤttigen/ davon ſie dann ſo ſchoͤn und ſtarck wer- den/ wie Milch und Blut gefaͤrbet/ daß ſich auch der gelehrte Mann D. Guilielmus Turnerus daruͤber ver- wundern muͤſſen/ welcher auch ſeine Kinder mit ſolcher Speiſe erzogen/ und dem Habern auch deswegen ein be- ſonders Preiß und Lob zugeſchrjeben/ und denſelben mehr als zuvor in ſondern Wuͤrden gehalten/ wie Ta- bernæmontanus bezeuget. Die Haber-Speiſe dienet ins gemein fuͤr alle hi- tzige Haubtwehen/ wie auch zu allen Kranckheiten des Haubts und der Augen/ die von Hitz entſpringen/ de- nen Schwindelſuͤchtigen und Hirnwuͤtigen/ auch denen Paralyticis, bekommt wol denen Huſtenden/ und die Apoſteme und Seitenwehe haben/ wie auch denen Le- ber- und Miltzſuͤchtigen/ und denen/ ſo mit der Tertianâ oder Quartanâ behafftet ſind; iſt auch gut fuͤr die Harn- winden/ fuͤr die Haiſerkeit/ und alle Gebrechen der Bruſt/ ſo von der Hitze herkommen/ fuͤrs Eyter aus- werffen/ und iſt (wie offtermeldter Tabernæmontanus ſchreibet) eine gebenedeyete Speiſe und Artzney in al- len hitzigen und peſtilentziſchen Fiebern/ dienet auch aus- und inwendig zu allerhand Kranckheiten/ wie daſelbſt weitlaͤufftig zu finden und zu leſen iſt. Der Haiden wird zur Speiſe gedoͤrꝛt/ und auf den Staͤmpffen ſeiner Baͤlge beraubet/ oder auf der Muͤhl geſchrotten; iſt auch fuͤr das Geſind eine gute ergaͤbi- ge Speiſe/ wird leicht verdaͤuet/ ſetzt ſich bald/ und maͤcht ein zimlich gutes Gebluͤte/ gehoͤrt auch in eine Wirthſchafft im Vorrath/ weil man durch Abwechs- lung der Speiſen deſto beſſer fortkommen kan. Es iſt der gemeine ungeneute Haiden eine gute Maſtung/ ſo wol fuͤr das Rindvieh als die Schweine/ und macht die Huͤner uͤber die maſſen feiſt und leibig/ wann man ihnen denſelben allein zu eſſen gibt. Cap. XCV. Vom Mahenſaamen-Lein-Oel und Flachsdotter- auch an- dern Oelen. DAs Mahen-Oel (wie Tabernæmontanus ſchrei- bet) wird auf dreyerley abſonderliche Weiſen zugerichtet: Erſtlich wird es ausgepreſſt von dem geroͤſteten Saamen/ und dieſes iſt an Krafft das ge- ringſte. Das andere/ ſo viel ſtaͤrcker iſt/ wird von den Blu- men auf ſolche Weiſe bereitet: Nimm friſche Blumen vom Mahenſaamen 6 Loth/ zerſtoß ſie wol zu einem Mueß/ thue ſie in ein Glas/ gieß ein halb Pfund/ und einen halben Vierding Baum-Oel daruͤber/ ſtells an die Sonne/ laß es alſo etliche Tage beitzen/ denn ſetz es in doppelten Geſchirꝛ mit Waſſer uͤber/ laß es gemaͤch- lich ſieden/ drucks durch ein Tuch; nimm hernach wie- der andere friſche Mahenſaam-Blumen/ und verfahre wie vor damit/ und das thue drey oder viermal. Das dritte iſt am gebraͤuchlichſten: Nimm gruͤne unzeitige Mahenſaamen-Knoͤpf mit dem Saamen/ der Blaͤtter und Blumen vom Mahenſaamen jedes zwey Loth/ zerſtoß es wol/ gieß daruͤber zehen Loth friſches und wolgewaſchenes Baum-Oel/ ſtell es an die Son- nen/ und ſied es in doppeltem Geſchirr/ im Waſſer/ wie vorgemeldt/ und veraͤndere zum dritten oder vierdtenmal die Koͤpffe/ Saamen/ Kraut und Blumen/ ſolches Oel bringet den Schlaff wieder/ loͤſchet alle Entzuͤn- dungen in hitzigen Fiebern/ mildert den hefftigen Haubt- wehe/ ſtillet die boͤſen von dem Magen ins Haubt ſtei- gende Daͤmpffe/ kuͤhlet und befeuchtiget. Es ſollen aber Haubt/ Schlaͤfe/ Stirn und Nasloͤcher wol da- mit beſtrichen werden. Aus dem Lein-Saamen wird ein Oel gepreſſt/ ſo zu vielen Sachen/ ſowol zu Lampen/ da dann/ nach Ago- ſtini Gallo Zeugnus/ 9 Untzen ſo lang dauren/ als 12 Untzen Baum-Oel/ als auch in der Artzney nuͤtzlich ge- braucht wird; diſtillirt wird es auch inwendig in dem Leib fuͤr die Colica und Darmgicht/ neben andern In- gredientien gebraucht/ vertreibt die Flecken und Maͤhle der Haut. Diß Oel/ ſagt Tabernæmontanus, iſt eine ſonde- re gute Artzney wider das Stechen oder Seiten-Ge- ſchwer/ und wider den ſchweren Athem/ warm getrun- cken; Es muß aber friſch und neu ſeyn/ denn das alte hitzet und macht Unwillen; diß Oel dienet auch wider den Stein und Lendenwehe. Euſſerlich wirds gebraucht wider den Krampff/ ſtarrende Glieder/ und wider den Gebrechen des Afftern/ als Geſchwulſt der guͤldenen Ader/ Feig- blattern/ Schrunden und dergleichen Schmertzen/ es erweichet auch die Mutter. Jn Polen/ und an etlichen Orten/ werden mit dem Lein-Oel die Speiſen gekocht/ hat aber einen widerwer- tigen Geſchmack; Jch habs geſehen/ daß ſie das Lein- Oel aufs Brod/ wie Hoͤnig oder Butter/ geſchmiert/ und alſo geſſen/ iſt aber vielleicht mehr geſund/ als wolſchmeckend. Gewonheit aber iſt eine andere Na- tur. Das N iij

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/119>, abgerufen am 29.03.2024.