Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuntes Buch/ Mayerhof.
Cap. LII.
Von der Nutzung der Schaafe.
[Spaltenumbruch]

ES ist ein Schäflein eines unter den holdseligsten
nutzbarlichsten Thieren/ die GOtt der Allweise-
ste Weltschöpffer dem Menschen unterthänig ge-
macht hat/ darum sie billich bey den Alten in hohen
Würden gehalten worden/ daß auch die Patriarchen
des Alten Testaments ihr Leben mit dieser Viehzucht
zugebracht/ ja sie haben/ in dem sie auf der Grasreichen
Erden ihre Schäflein geweidet/ mit ihren Gedancken
und Betrachtungen in dem angenehmen Prospect des
Himmels/ und des anmuthigen Gestirnes/ ihre Weide
genommen/ allerley nützliche Künste/ des Himmels Lauff/
des Gewitters Beschaffenheit und dergleichen erfunden/
Ja/ wie etliche wollen/ habe ein Schäfer indem er sei-
nes weidenden Schäfleins Schatten am Sonnenschein
mit dem Schäferstab im Sand abgerissen/ auch die er-
sten Fundament der Mahlerey gelegt. Wir wollen
erstlich nur die Nutzungen der lebendigen Schäflein/
deren man jährlich geniesset/ erzehlen; da ist die Milch/
die man zu essen und trincken gebrauchet; da ist die
Butter oder Schmaltz zum Kochen; da ist die Butter-
milch zum trincken; da sind die guten fetten Schaaf-
Käse/ zur Speise und zum Verkauffen; da ist die Wol-
le/ Geld zu machen/ sich selbst und sein Gesinde zu klei-
den; da ist auch endlich die Dunge/ das Baufeld zu
bessern und fruchtbar zu machen.

Herr Colerus reitet ohngefähr den Nutzen von ei-
nem Schaaf 12 gr. oder 36 kr.; das brächte von 100
Schaafen des Jahrs 60 fl. von tausend 600 fl.

Herr Wegener rechnet es also aus: Ein Schaaf
gibt jährlich 2 Pfund Wolle/ zu 10 Kreutzern ein Pfund
gerechnet/ bringt es 20 kr./ da es doch allzeit mehr gilt/
ich schlage aber/ sagt er/ das Pfund nur zu 10 Kreutzer
an/ wegen der Unkosten/ so auf die Schaafe gehen/ daß
also die Nutzung für sich gantz verbleibe; item vor die
Milch von einem Stuck 10 kr. thut von 1000 Mutter-
schaafen allein vor Woll und Milch 500 fl. jährlich von
diesen 1000 Mutterschaafen fallen 1000 Lämmer/ da
doch von manchem Schaafe zu zweyen fallen/ rechne
aber durchgehend nur eines/ davon man ebenfalls die
Wolle zweymal nimmt; Jtem unter den 1000 Läm-
mern sind die Helffte nemlich 500 Schepsen/ welche in
2 oder 3 Jahren zu Thalern verkaufft werden/ davon
man doch jährlich die Wolle zweymal hat. Alle diese
Nutzung (fähret er fort) rechne ich nur halb gegen die
Dunge/ dann wann ich nur jährlich mit 1000 Schaa-
fen ein Feld dungen kan/ darauf 50 Strich Waitzen
[Spaltenumbruch] gesäet wird/ davon mir jeder Strich jährlich 5 wieder
einbringt/ so ists ja ein grosses Interesse vier von einem;
und da wir es auch auf Oesterreichischen Brauch auf
das einfältigste ausrechnen/ so kostet zu kauffen gemei-
niglich ein Schaaf 1 fl. 15 kr. oder wol nur einen Gul-
den/ bringen also nur aufs höchste gerechnet 125 fl. hin-
gegen nimm ich von hundert Schaafen Nutzung vor
Woll und Milch Bestand 50 fl. und wann schon 20 fl.
wegen Heu und Streu Unkosten solten defalcirt wer-
den/ so bleiben doch von 125 fl. gewisses Interesse 30 fl.
welche eine hohe/ nutzbare/ und mehr als Jüdische
(dem Nutzen nach) doch Christliche wolerworbene
und vor GOtt verantwortliche Verzinsung ist/ die
ein jeder Christ mit gutem Gewissen haben und nehmen
kan.

Dabey ist noch die Dung ungerechnet/ welche das
Futter allein schier bezahlen solle. Wo sind die jungen
Lämmer und fetten Schepsen/ die neben-bey unsere
Kuchen und Tafel zieren und bereichern. Welcher Nu-
tzen zwar unter die Nutzung gehöret/ die wir nach der
Schaafe todt zu gewarten haben/ da ist das gute wol-
geschmacke Fleisch/ von Schaafen/ Lämmern und
Schepsen; da sind die Fell und Schaafhäute/ die man/
entweder zu Kleidern/ oder Pergament darauf zu schrei-
ben/ bereiten kan. Da sind die wolklingenden Seiten/
die zur Menschlichen Freude/ und förderst zu GOttes
Lob/ zur Lust/ Anmuth und Andacht gebraucht werden.
Da sind die Beinlein/ mit welchen man die Grotten/
Sale terrene, Lusthäuser und andere Gärtengänge
künstlich und sauber pflastert.

Zum Uberfluß sind noch zwey nutzbare Sachen da-
von zu haben/ die ihnen zwar mit anderm Viehe gemein
ist/ als daß man Klauen-Fett von ihnen sammlet/ in
den Lampen zu brennen/ und Leim von den Schaafen
zu machen pflegt/ welchen alle Schreiner/ Drechsler/
Holtz- und Bein-Arbeiter zu brauchen pflegen. Das
allernutzlichste ist/ daß uns dieses Thierlein eine heilsa-
me Erinnerung gibt/ des Lamms GOttes/ unsers
HErrn und Heylandes JEsu Christi/ welcher unsere
und der gantzen Welt Sünde trägt; der sich auch einen
Hirten und seine liebe Kirchen einen Schaafstall mit
einer holdseeligen Parabola selbst verglichen hat. Was
schließlich die Stück und Mittel von dem Schaafvieh
anlanget/ so zur Artzney gehören/ soll bald davon abson-
derlicher Bericht gegeben werden.

Cap. LIII.
Vom Schaafscheeren und der Wolle.
[Spaltenumbruch]

WEil die Wolle eine von denen erträglichsten/
jährlich widerholten/ und an dem Leben dieses
Thierleins unschädlichen Nutzungen ist/ so hat
billich auch ein Hausvatter grossen Fleiß anzuwenden/
mit dieser ergäbigen Wirthschafft vernünfftig und wol
umzugehen/ damit die jenigen Handwercker/ die solche
[Spaltenumbruch] erkauffen und verarbeiten/ nicht betrogen/ mit böser
Wahr überführet/ von fernerer Handlung abgeschre-
cket/ und also ihm seine gute und gewisse Einkünfften ver-
hindert und zweiffelhafft gemacht werden. Wann die
Wolle unsauber/ bund und gescheckicht untereinander
verwirret/ oder feucht und erfault ist/ wie es durch un-

ordent-
Neuntes Buch/ Mayerhof.
Cap. LII.
Von der Nutzung der Schaafe.
[Spaltenumbruch]

ES iſt ein Schaͤflein eines unter den holdſeligſten
nutzbarlichſten Thieren/ die GOtt der Allweiſe-
ſte Weltſchoͤpffer dem Menſchen unterthaͤnig ge-
macht hat/ darum ſie billich bey den Alten in hohen
Wuͤrden gehalten worden/ daß auch die Patriarchen
des Alten Teſtaments ihr Leben mit dieſer Viehzucht
zugebracht/ ja ſie haben/ in dem ſie auf der Grasreichen
Erden ihre Schaͤflein geweidet/ mit ihren Gedancken
und Betrachtungen in dem angenehmen Proſpect des
Himmels/ und des anmuthigen Geſtirnes/ ihre Weide
genommen/ allerley nuͤtzliche Kuͤnſte/ des Himmels Lauff/
des Gewitters Beſchaffenheit und dergleichen erfunden/
Ja/ wie etliche wollen/ habe ein Schaͤfer indem er ſei-
nes weidenden Schaͤfleins Schatten am Sonnenſchein
mit dem Schaͤferſtab im Sand abgeriſſen/ auch die er-
ſten Fundament der Mahlerey gelegt. Wir wollen
erſtlich nur die Nutzungen der lebendigen Schaͤflein/
deren man jaͤhrlich genieſſet/ erzehlen; da iſt die Milch/
die man zu eſſen und trincken gebrauchet; da iſt die
Butter oder Schmaltz zum Kochen; da iſt die Butter-
milch zum trincken; da ſind die guten fetten Schaaf-
Kaͤſe/ zur Speiſe und zum Verkauffen; da iſt die Wol-
le/ Geld zu machen/ ſich ſelbſt und ſein Geſinde zu klei-
den; da iſt auch endlich die Dunge/ das Baufeld zu
beſſern und fruchtbar zu machen.

Herꝛ Colerus reitet ohngefaͤhr den Nutzen von ei-
nem Schaaf 12 gr. oder 36 kr.; das braͤchte von 100
Schaafen des Jahrs 60 fl. von tauſend 600 fl.

Herꝛ Wegener rechnet es alſo aus: Ein Schaaf
gibt jaͤhrlich 2 Pfund Wolle/ zu 10 Kreutzern ein Pfund
gerechnet/ bringt es 20 kr./ da es doch allzeit mehr gilt/
ich ſchlage aber/ ſagt er/ das Pfund nur zu 10 Kreutzer
an/ wegen der Unkoſten/ ſo auf die Schaafe gehen/ daß
alſo die Nutzung fuͤr ſich gantz verbleibe; item vor die
Milch von einem Stuck 10 kr. thut von 1000 Mutter-
ſchaafen allein vor Woll und Milch 500 fl. jaͤhrlich von
dieſen 1000 Mutterſchaafen fallen 1000 Laͤmmer/ da
doch von manchem Schaafe zu zweyen fallen/ rechne
aber durchgehend nur eines/ davon man ebenfalls die
Wolle zweymal nimmt; Jtem unter den 1000 Laͤm-
mern ſind die Helffte nemlich 500 Schepſen/ welche in
2 oder 3 Jahren zu Thalern verkaufft werden/ davon
man doch jaͤhrlich die Wolle zweymal hat. Alle dieſe
Nutzung (faͤhret er fort) rechne ich nur halb gegen die
Dunge/ dann wann ich nur jaͤhrlich mit 1000 Schaa-
fen ein Feld dungen kan/ darauf 50 Strich Waitzen
[Spaltenumbruch] geſaͤet wird/ davon mir jeder Strich jaͤhrlich 5 wieder
einbringt/ ſo iſts ja ein groſſes Intereſſe vier von einem;
und da wir es auch auf Oeſterreichiſchen Brauch auf
das einfaͤltigſte ausrechnen/ ſo koſtet zu kauffen gemei-
niglich ein Schaaf 1 fl. 15 kr. oder wol nur einen Gul-
den/ bringen alſo nur aufs hoͤchſte gerechnet 125 fl. hin-
gegen nimm ich von hundert Schaafen Nutzung vor
Woll und Milch Beſtand 50 fl. und wann ſchon 20 fl.
wegen Heu und Streu Unkoſten ſolten defalcirt wer-
den/ ſo bleiben doch von 125 fl. gewiſſes Intereſſe 30 fl.
welche eine hohe/ nutzbare/ und mehr als Juͤdiſche
(dem Nutzen nach) doch Chriſtliche wolerworbene
und vor GOtt verantwortliche Verzinſung iſt/ die
ein jeder Chriſt mit gutem Gewiſſen haben und nehmen
kan.

Dabey iſt noch die Dung ungerechnet/ welche das
Futter allein ſchier bezahlen ſolle. Wo ſind die jungen
Laͤmmer und fetten Schepſen/ die neben-bey unſere
Kuchen und Tafel zieren und bereichern. Welcher Nu-
tzen zwar unter die Nutzung gehoͤret/ die wir nach der
Schaafe todt zu gewarten haben/ da iſt das gute wol-
geſchmacke Fleiſch/ von Schaafen/ Laͤmmern und
Schepſen; da ſind die Fell und Schaafhaͤute/ die man/
entweder zu Kleidern/ oder Pergament darauf zu ſchrei-
ben/ bereiten kan. Da ſind die wolklingenden Seiten/
die zur Menſchlichen Freude/ und foͤrderſt zu GOttes
Lob/ zur Luſt/ Anmuth und Andacht gebraucht werden.
Da ſind die Beinlein/ mit welchen man die Grotten/
Sale terrene, Luſthaͤuſer und andere Gaͤrtengaͤnge
kuͤnſtlich und ſauber pflaſtert.

Zum Uberfluß ſind noch zwey nutzbare Sachen da-
von zu haben/ die ihnen zwar mit anderm Viehe gemein
iſt/ als daß man Klauen-Fett von ihnen ſammlet/ in
den Lampen zu brennen/ und Leim von den Schaafen
zu machen pflegt/ welchen alle Schreiner/ Drechsler/
Holtz- und Bein-Arbeiter zu brauchen pflegen. Das
allernutzlichſte iſt/ daß uns dieſes Thierlein eine heilſa-
me Erinnerung gibt/ des Lamms GOttes/ unſers
HErꝛn und Heylandes JEſu Chriſti/ welcher unſere
und der gantzen Welt Suͤnde traͤgt; der ſich auch einen
Hirten und ſeine liebe Kirchen einen Schaafſtall mit
einer holdſeeligen Parabola ſelbſt verglichen hat. Was
ſchließlich die Stuͤck und Mittel von dem Schaafvieh
anlanget/ ſo zur Artzney gehoͤren/ ſoll bald davon abſon-
derlicher Bericht gegeben werden.

Cap. LIII.
Vom Schaafſcheeren und der Wolle.
[Spaltenumbruch]

WEil die Wolle eine von denen ertraͤglichſten/
jaͤhrlich widerholten/ und an dem Leben dieſes
Thierleins unſchaͤdlichen Nutzungen iſt/ ſo hat
billich auch ein Hausvatter groſſen Fleiß anzuwenden/
mit dieſer ergaͤbigen Wirthſchafft vernuͤnfftig und wol
umzugehen/ damit die jenigen Handwercker/ die ſolche
[Spaltenumbruch] erkauffen und verarbeiten/ nicht betrogen/ mit boͤſer
Wahr uͤberfuͤhret/ von fernerer Handlung abgeſchre-
cket/ und alſo ihm ſeine gute und gewiſſe Einkuͤnfften ver-
hindert und zweiffelhafft gemacht werden. Wann die
Wolle unſauber/ bund und geſcheckicht untereinander
verwirret/ oder feucht und erfault iſt/ wie es durch un-

ordent-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0313" n="295"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neuntes Buch/ Mayerhof.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> LII.</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Von der Nutzung der Schaafe.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t ein Scha&#x0364;flein eines unter den hold&#x017F;elig&#x017F;ten<lb/>
nutzbarlich&#x017F;ten Thieren/ die GOtt der Allwei&#x017F;e-<lb/>
&#x017F;te Welt&#x017F;cho&#x0364;pffer dem Men&#x017F;chen untertha&#x0364;nig ge-<lb/>
macht hat/ darum &#x017F;ie billich bey den Alten in hohen<lb/>
Wu&#x0364;rden gehalten worden/ daß auch die Patriarchen<lb/>
des Alten Te&#x017F;taments ihr Leben mit die&#x017F;er Viehzucht<lb/>
zugebracht/ ja &#x017F;ie haben/ in dem &#x017F;ie auf der Grasreichen<lb/>
Erden ihre Scha&#x0364;flein geweidet/ mit ihren Gedancken<lb/>
und Betrachtungen in dem angenehmen <hi rendition="#aq">Pro&#x017F;pect</hi> des<lb/>
Himmels/ und des anmuthigen Ge&#x017F;tirnes/ ihre Weide<lb/>
genommen/ allerley nu&#x0364;tzliche Ku&#x0364;n&#x017F;te/ des Himmels Lauff/<lb/>
des Gewitters Be&#x017F;chaffenheit und dergleichen erfunden/<lb/>
Ja/ wie etliche wollen/ habe ein Scha&#x0364;fer indem er &#x017F;ei-<lb/>
nes weidenden Scha&#x0364;fleins Schatten am Sonnen&#x017F;chein<lb/>
mit dem Scha&#x0364;fer&#x017F;tab im Sand abgeri&#x017F;&#x017F;en/ auch die er-<lb/>
&#x017F;ten Fundament der Mahlerey gelegt. Wir wollen<lb/>
er&#x017F;tlich nur die Nutzungen der lebendigen Scha&#x0364;flein/<lb/>
deren man ja&#x0364;hrlich genie&#x017F;&#x017F;et/ erzehlen; da i&#x017F;t die Milch/<lb/>
die man zu e&#x017F;&#x017F;en und trincken gebrauchet; da i&#x017F;t die<lb/>
Butter oder Schmaltz zum Kochen; da i&#x017F;t die Butter-<lb/>
milch zum trincken; da &#x017F;ind die guten fetten Schaaf-<lb/>
Ka&#x0364;&#x017F;e/ zur Spei&#x017F;e und zum Verkauffen; da i&#x017F;t die Wol-<lb/>
le/ Geld zu machen/ &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;ein Ge&#x017F;inde zu klei-<lb/>
den; da i&#x017F;t auch endlich die Dunge/ das Baufeld zu<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern und fruchtbar zu machen.</p><lb/>
            <p>Her&#xA75B; <hi rendition="#aq">Colerus</hi> reitet ohngefa&#x0364;hr den Nutzen von ei-<lb/>
nem Schaaf 12 gr. oder 36 kr.; das bra&#x0364;chte von 100<lb/>
Schaafen des Jahrs 60 fl. von tau&#x017F;end 600 fl.</p><lb/>
            <p>Her&#xA75B; Wegener rechnet es al&#x017F;o aus: Ein Schaaf<lb/>
gibt ja&#x0364;hrlich 2 Pfund Wolle/ zu 10 Kreutzern ein Pfund<lb/>
gerechnet/ bringt es 20 kr./ da es doch allzeit mehr gilt/<lb/>
ich &#x017F;chlage aber/ &#x017F;agt er/ das Pfund nur zu 10 Kreutzer<lb/>
an/ wegen der Unko&#x017F;ten/ &#x017F;o auf die Schaafe gehen/ daß<lb/>
al&#x017F;o die Nutzung fu&#x0364;r &#x017F;ich gantz verbleibe; item vor die<lb/>
Milch von einem Stuck 10 kr. thut von 1000 Mutter-<lb/>
&#x017F;chaafen allein vor Woll und Milch 500 fl. ja&#x0364;hrlich von<lb/>
die&#x017F;en 1000 Mutter&#x017F;chaafen fallen 1000 La&#x0364;mmer/ da<lb/>
doch von manchem Schaafe zu zweyen fallen/ rechne<lb/>
aber durchgehend nur eines/ davon man ebenfalls die<lb/>
Wolle zweymal nimmt; Jtem unter den 1000 La&#x0364;m-<lb/>
mern &#x017F;ind die Helffte nemlich 500 Schep&#x017F;en/ welche in<lb/>
2 oder 3 Jahren zu Thalern verkaufft werden/ davon<lb/>
man doch ja&#x0364;hrlich die Wolle zweymal hat. Alle die&#x017F;e<lb/>
Nutzung (fa&#x0364;hret er fort) rechne ich nur halb gegen die<lb/>
Dunge/ dann wann ich nur ja&#x0364;hrlich mit 1000 Schaa-<lb/>
fen ein Feld dungen kan/ darauf 50 Strich Waitzen<lb/><cb/>
ge&#x017F;a&#x0364;et wird/ davon mir jeder Strich ja&#x0364;hrlich 5 wieder<lb/>
einbringt/ &#x017F;o i&#x017F;ts ja ein gro&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> vier von einem;<lb/>
und da wir es auch auf Oe&#x017F;terreichi&#x017F;chen Brauch auf<lb/>
das einfa&#x0364;ltig&#x017F;te ausrechnen/ &#x017F;o ko&#x017F;tet zu kauffen gemei-<lb/>
niglich ein Schaaf 1 fl. 15 kr. oder wol nur einen Gul-<lb/>
den/ bringen al&#x017F;o nur aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te gerechnet 125 fl. hin-<lb/>
gegen nimm ich von hundert Schaafen Nutzung vor<lb/>
Woll und Milch Be&#x017F;tand 50 fl. und wann &#x017F;chon 20 fl.<lb/>
wegen Heu und Streu Unko&#x017F;ten &#x017F;olten <hi rendition="#aq">defalcirt</hi> wer-<lb/>
den/ &#x017F;o bleiben doch von 125 fl. gewi&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> 30 fl.<lb/>
welche eine hohe/ nutzbare/ und mehr als Ju&#x0364;di&#x017F;che<lb/>
(dem Nutzen nach) doch Chri&#x017F;tliche wolerworbene<lb/>
und vor GOtt verantwortliche Verzin&#x017F;ung i&#x017F;t/ die<lb/>
ein jeder Chri&#x017F;t mit gutem Gewi&#x017F;&#x017F;en haben und nehmen<lb/>
kan.</p><lb/>
            <p>Dabey i&#x017F;t noch die Dung ungerechnet/ welche das<lb/>
Futter allein &#x017F;chier bezahlen &#x017F;olle. Wo &#x017F;ind die jungen<lb/>
La&#x0364;mmer und fetten Schep&#x017F;en/ die neben-bey un&#x017F;ere<lb/>
Kuchen und Tafel zieren und bereichern. Welcher Nu-<lb/>
tzen zwar unter die Nutzung geho&#x0364;ret/ die wir nach der<lb/>
Schaafe todt zu gewarten haben/ da i&#x017F;t das gute wol-<lb/>
ge&#x017F;chmacke Flei&#x017F;ch/ von Schaafen/ La&#x0364;mmern und<lb/>
Schep&#x017F;en; da &#x017F;ind die Fell und Schaafha&#x0364;ute/ die man/<lb/>
entweder zu Kleidern/ oder Pergament darauf zu &#x017F;chrei-<lb/>
ben/ bereiten kan. Da &#x017F;ind die wolklingenden Seiten/<lb/>
die zur Men&#x017F;chlichen Freude/ und fo&#x0364;rder&#x017F;t zu GOttes<lb/>
Lob/ zur Lu&#x017F;t/ Anmuth und Andacht gebraucht werden.<lb/>
Da &#x017F;ind die Beinlein/ mit welchen man die Grotten/<lb/><hi rendition="#aq">Sale terrene,</hi> Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er und andere Ga&#x0364;rtenga&#x0364;nge<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tlich und &#x017F;auber pfla&#x017F;tert.</p><lb/>
            <p>Zum Uberfluß &#x017F;ind noch zwey nutzbare Sachen da-<lb/>
von zu haben/ die ihnen zwar mit anderm Viehe gemein<lb/>
i&#x017F;t/ als daß man Klauen-Fett von ihnen &#x017F;ammlet/ in<lb/>
den Lampen zu brennen/ und Leim von den Schaafen<lb/>
zu machen pflegt/ welchen alle Schreiner/ Drechsler/<lb/>
Holtz- und Bein-Arbeiter zu brauchen pflegen. Das<lb/>
allernutzlich&#x017F;te i&#x017F;t/ daß uns die&#x017F;es Thierlein eine heil&#x017F;a-<lb/>
me Erinnerung gibt/ des Lamms GOttes/ un&#x017F;ers<lb/>
HEr&#xA75B;n und Heylandes JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti/ welcher un&#x017F;ere<lb/>
und der gantzen Welt Su&#x0364;nde tra&#x0364;gt; der &#x017F;ich auch einen<lb/>
Hirten und &#x017F;eine liebe Kirchen einen Schaaf&#x017F;tall mit<lb/>
einer hold&#x017F;eeligen <hi rendition="#aq">Parabola</hi> &#x017F;elb&#x017F;t verglichen hat. Was<lb/>
&#x017F;chließlich die Stu&#x0364;ck und Mittel von dem Schaafvieh<lb/>
anlanget/ &#x017F;o zur Artzney geho&#x0364;ren/ &#x017F;oll bald davon ab&#x017F;on-<lb/>
derlicher Bericht gegeben werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> LIII.</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Vom Schaaf&#x017F;cheeren und der Wolle.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>Eil die Wolle eine von denen ertra&#x0364;glich&#x017F;ten/<lb/>
ja&#x0364;hrlich widerholten/ und an dem Leben die&#x017F;es<lb/>
Thierleins un&#x017F;cha&#x0364;dlichen Nutzungen i&#x017F;t/ &#x017F;o hat<lb/>
billich auch ein Hausvatter gro&#x017F;&#x017F;en Fleiß anzuwenden/<lb/>
mit die&#x017F;er erga&#x0364;bigen Wirth&#x017F;chafft vernu&#x0364;nfftig und wol<lb/>
umzugehen/ damit die jenigen Handwercker/ die &#x017F;olche<lb/><cb/>
erkauffen und verarbeiten/ nicht betrogen/ mit bo&#x0364;&#x017F;er<lb/>
Wahr u&#x0364;berfu&#x0364;hret/ von fernerer Handlung abge&#x017F;chre-<lb/>
cket/ und al&#x017F;o ihm &#x017F;eine gute und gewi&#x017F;&#x017F;e Einku&#x0364;nfften ver-<lb/>
hindert und zweiffelhafft gemacht werden. Wann die<lb/>
Wolle un&#x017F;auber/ bund und ge&#x017F;checkicht untereinander<lb/>
verwirret/ oder feucht und erfault i&#x017F;t/ wie es durch un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ordent-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0313] Neuntes Buch/ Mayerhof. Cap. LII. Von der Nutzung der Schaafe. ES iſt ein Schaͤflein eines unter den holdſeligſten nutzbarlichſten Thieren/ die GOtt der Allweiſe- ſte Weltſchoͤpffer dem Menſchen unterthaͤnig ge- macht hat/ darum ſie billich bey den Alten in hohen Wuͤrden gehalten worden/ daß auch die Patriarchen des Alten Teſtaments ihr Leben mit dieſer Viehzucht zugebracht/ ja ſie haben/ in dem ſie auf der Grasreichen Erden ihre Schaͤflein geweidet/ mit ihren Gedancken und Betrachtungen in dem angenehmen Proſpect des Himmels/ und des anmuthigen Geſtirnes/ ihre Weide genommen/ allerley nuͤtzliche Kuͤnſte/ des Himmels Lauff/ des Gewitters Beſchaffenheit und dergleichen erfunden/ Ja/ wie etliche wollen/ habe ein Schaͤfer indem er ſei- nes weidenden Schaͤfleins Schatten am Sonnenſchein mit dem Schaͤferſtab im Sand abgeriſſen/ auch die er- ſten Fundament der Mahlerey gelegt. Wir wollen erſtlich nur die Nutzungen der lebendigen Schaͤflein/ deren man jaͤhrlich genieſſet/ erzehlen; da iſt die Milch/ die man zu eſſen und trincken gebrauchet; da iſt die Butter oder Schmaltz zum Kochen; da iſt die Butter- milch zum trincken; da ſind die guten fetten Schaaf- Kaͤſe/ zur Speiſe und zum Verkauffen; da iſt die Wol- le/ Geld zu machen/ ſich ſelbſt und ſein Geſinde zu klei- den; da iſt auch endlich die Dunge/ das Baufeld zu beſſern und fruchtbar zu machen. Herꝛ Colerus reitet ohngefaͤhr den Nutzen von ei- nem Schaaf 12 gr. oder 36 kr.; das braͤchte von 100 Schaafen des Jahrs 60 fl. von tauſend 600 fl. Herꝛ Wegener rechnet es alſo aus: Ein Schaaf gibt jaͤhrlich 2 Pfund Wolle/ zu 10 Kreutzern ein Pfund gerechnet/ bringt es 20 kr./ da es doch allzeit mehr gilt/ ich ſchlage aber/ ſagt er/ das Pfund nur zu 10 Kreutzer an/ wegen der Unkoſten/ ſo auf die Schaafe gehen/ daß alſo die Nutzung fuͤr ſich gantz verbleibe; item vor die Milch von einem Stuck 10 kr. thut von 1000 Mutter- ſchaafen allein vor Woll und Milch 500 fl. jaͤhrlich von dieſen 1000 Mutterſchaafen fallen 1000 Laͤmmer/ da doch von manchem Schaafe zu zweyen fallen/ rechne aber durchgehend nur eines/ davon man ebenfalls die Wolle zweymal nimmt; Jtem unter den 1000 Laͤm- mern ſind die Helffte nemlich 500 Schepſen/ welche in 2 oder 3 Jahren zu Thalern verkaufft werden/ davon man doch jaͤhrlich die Wolle zweymal hat. Alle dieſe Nutzung (faͤhret er fort) rechne ich nur halb gegen die Dunge/ dann wann ich nur jaͤhrlich mit 1000 Schaa- fen ein Feld dungen kan/ darauf 50 Strich Waitzen geſaͤet wird/ davon mir jeder Strich jaͤhrlich 5 wieder einbringt/ ſo iſts ja ein groſſes Intereſſe vier von einem; und da wir es auch auf Oeſterreichiſchen Brauch auf das einfaͤltigſte ausrechnen/ ſo koſtet zu kauffen gemei- niglich ein Schaaf 1 fl. 15 kr. oder wol nur einen Gul- den/ bringen alſo nur aufs hoͤchſte gerechnet 125 fl. hin- gegen nimm ich von hundert Schaafen Nutzung vor Woll und Milch Beſtand 50 fl. und wann ſchon 20 fl. wegen Heu und Streu Unkoſten ſolten defalcirt wer- den/ ſo bleiben doch von 125 fl. gewiſſes Intereſſe 30 fl. welche eine hohe/ nutzbare/ und mehr als Juͤdiſche (dem Nutzen nach) doch Chriſtliche wolerworbene und vor GOtt verantwortliche Verzinſung iſt/ die ein jeder Chriſt mit gutem Gewiſſen haben und nehmen kan. Dabey iſt noch die Dung ungerechnet/ welche das Futter allein ſchier bezahlen ſolle. Wo ſind die jungen Laͤmmer und fetten Schepſen/ die neben-bey unſere Kuchen und Tafel zieren und bereichern. Welcher Nu- tzen zwar unter die Nutzung gehoͤret/ die wir nach der Schaafe todt zu gewarten haben/ da iſt das gute wol- geſchmacke Fleiſch/ von Schaafen/ Laͤmmern und Schepſen; da ſind die Fell und Schaafhaͤute/ die man/ entweder zu Kleidern/ oder Pergament darauf zu ſchrei- ben/ bereiten kan. Da ſind die wolklingenden Seiten/ die zur Menſchlichen Freude/ und foͤrderſt zu GOttes Lob/ zur Luſt/ Anmuth und Andacht gebraucht werden. Da ſind die Beinlein/ mit welchen man die Grotten/ Sale terrene, Luſthaͤuſer und andere Gaͤrtengaͤnge kuͤnſtlich und ſauber pflaſtert. Zum Uberfluß ſind noch zwey nutzbare Sachen da- von zu haben/ die ihnen zwar mit anderm Viehe gemein iſt/ als daß man Klauen-Fett von ihnen ſammlet/ in den Lampen zu brennen/ und Leim von den Schaafen zu machen pflegt/ welchen alle Schreiner/ Drechsler/ Holtz- und Bein-Arbeiter zu brauchen pflegen. Das allernutzlichſte iſt/ daß uns dieſes Thierlein eine heilſa- me Erinnerung gibt/ des Lamms GOttes/ unſers HErꝛn und Heylandes JEſu Chriſti/ welcher unſere und der gantzen Welt Suͤnde traͤgt; der ſich auch einen Hirten und ſeine liebe Kirchen einen Schaafſtall mit einer holdſeeligen Parabola ſelbſt verglichen hat. Was ſchließlich die Stuͤck und Mittel von dem Schaafvieh anlanget/ ſo zur Artzney gehoͤren/ ſoll bald davon abſon- derlicher Bericht gegeben werden. Cap. LIII. Vom Schaafſcheeren und der Wolle. WEil die Wolle eine von denen ertraͤglichſten/ jaͤhrlich widerholten/ und an dem Leben dieſes Thierleins unſchaͤdlichen Nutzungen iſt/ ſo hat billich auch ein Hausvatter groſſen Fleiß anzuwenden/ mit dieſer ergaͤbigen Wirthſchafft vernuͤnfftig und wol umzugehen/ damit die jenigen Handwercker/ die ſolche erkauffen und verarbeiten/ nicht betrogen/ mit boͤſer Wahr uͤberfuͤhret/ von fernerer Handlung abgeſchre- cket/ und alſo ihm ſeine gute und gewiſſe Einkuͤnfften ver- hindert und zweiffelhafft gemacht werden. Wann die Wolle unſauber/ bund und geſcheckicht untereinander verwirret/ oder feucht und erfault iſt/ wie es durch un- ordent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/313
Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/313>, abgerufen am 24.04.2024.