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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Abbildung]
[Spaltenumbruch] ander/ und obwol der jungen Hirschen Spuhr auch fast
also beschaffen/ doch sind sie gewölbter und nicht so spi-
tzig/ sonst ist gewiß/ je älter ein Hirsch wird/ je geschlos-
sener werden seine Schalen aus der Spuhr gesehen/ so
setzt er auch die hindern Fußstapfen nie in die ersten/ son-
dern eines Fingers breit davon/ des jüngern Hirschen
Fußstapfen aber reichen die hindersten biß gar an den
Rand des vordersten Fusses/ oder wol gar biß halb hin-
ein/ die gar alten Hirschen aber haben stumpfe Schalen/
und setzen den hindern Fuß auf vier Finger hinter den
vordersten und etwas auswärts; gar wenig Hirschen
sind/ die mit dem hindern Fuß den vordern vorschlagen/
und gleichsam einen Zelt gehen.

Die Stuck Wild haben keine gewisse Ordnung im
gehen/ setzen den hindern Fuß/ bald lincks/ bald rechts
beyseits/ schlagen bißweilen über/ tretten auch bißwei-
len ein/ aber wann sie trächtig sind/ gehen sie ordentli-
cher/ und keine Spuhr ist eigentlich zu erkennen/ wann
der Hirsch in der Furcht/ oder Brunst ist/ sondern wann
er sicher seinen Gang/ oder natürlichen angebohrnen
Trab/ ohne Bewegung des Gemüthes fortsetzet; wie
Mr. de Salnove bezeuget.

Das Jnsiegel oder die Spuhr des Hirschens ist
auch offtermals ein betriegliches Zeichen/ wie vorgedach-
ter Herr de Salnove part. 1. cap. 64. fol. 176. erzehlet/
daß in Saphoy in Gegenwart Hertzogen Victors Ama-
dei,
und seines Herrn Bruders Prince Thomas, ein
alter Hirsch von 24 Zinken in der Jagt mit denen Chi-
ens Courans
sey bekommen worden/ der habe so eine
kleine Spuhr gehabt/ und das Jnsiegel sey so subtil ge-
wesen/ daß ihn die meisten Waldleute/ ehe sie ihn zu
Gesicht gebracht/ nur für ein Stuck Wild gehalten
haben.

Des Hirschen Geloß ist groß und leicht und abläng-
licht/ und hanget aneinander/ ist auch schleimicht und
[Spaltenumbruch] dicker/ als eine Spinnenweben/ des Wildes aber ist
klein/ glatt und rund/ wie die Geiß-Lorbeern; doch wer-
den sie im Majo und Anfang des Frülings viel frischer
und weicher erscheinen/ indem sie das junge Gras fres-
sen/ hingegen im Sommer dürrer und trockener fallen/
wie bey Herrn de Salnove zu sehen/ auch wie aus Un-
terscheid des Gelosses das Wildpret zu unterschei-
den.

Wenn ein frischer Schnee oder Reiff fällt/ so ist
des Hirschens Spuhr mit geschrenckten Füssen/ als ob
ihrer zween wären.

Wann der Hirsch im Wald die Aeste abbrosset/ so
beisset ers glatt ab/ als wäre es abgeschnitten/ ist aber
der Ast abgekäuet und stumpf/ so hats ein Wild ge-
than.

Jtem/ wann es geregnet oder gereiffet hat/ daß der
Hirsch naß ist/ so gehet er an einen hohen Berg/ und legt
sich dahin/ daß ihn die Sonne bescheinen mag/ daß er
trocken werde/ da bleibt er liegen/ biß um neun Uhr/ und
gehet dann/ wo das Holtz am dickesten ist/ da mag man
ihn suchen.

Wann ein schwangeres Stuck Wild geht/ und ein
Weiblein trägt/ so tritt es mit dem lincken Fuß vor/
trägts aber einen Hirschen/ so setzt es den rechten Fuß
vor/ die kleinen spitzigen Schalen gehen auch viel weiter
auseinander/ wegen des schweren Leibes.

Der Weidmann kan auch des Hirschens Grösse
zum theil aus den Sträuchen und dicken Bäumen er-
kennen/ wo er mit dem Geweihe anstreifft/ und die Nest-
lein abreisset/ und das thut er das gantze Jahr/ ausser
vom Mertzen an/ biß in Junium, biß ihm das Geweihe
wieder wächst/ und hart wird/ denn so lang es weich blei-
bet/ schonet er desselben/ kommt ungern in das Dicke/
legt das Geweihe auf den Rucken hintersich/ aus Forcht/
etwan an den harten Aesten anzustreiffen; Man erken-

net

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Abbildung]
[Spaltenumbruch] ander/ und obwol der jungen Hirſchen Spuhr auch faſt
alſo beſchaffen/ doch ſind ſie gewoͤlbter und nicht ſo ſpi-
tzig/ ſonſt iſt gewiß/ je aͤlter ein Hirſch wird/ je geſchloſ-
ſener werden ſeine Schalen aus der Spuhr geſehen/ ſo
ſetzt er auch die hindern Fußſtapfen nie in die erſten/ ſon-
dern eines Fingers breit davon/ des juͤngern Hirſchen
Fußſtapfen aber reichen die hinderſten biß gar an den
Rand des vorderſten Fuſſes/ oder wol gar biß halb hin-
ein/ die gar alten Hirſchen aber haben ſtumpfe Schalen/
und ſetzen den hindern Fuß auf vier Finger hinter den
vorderſten und etwas auswaͤrts; gar wenig Hirſchen
ſind/ die mit dem hindern Fuß den vordern vorſchlagen/
und gleichſam einen Zelt gehen.

Die Stuck Wild haben keine gewiſſe Ordnung im
gehen/ ſetzen den hindern Fuß/ bald lincks/ bald rechts
beyſeits/ ſchlagen bißweilen uͤber/ tretten auch bißwei-
len ein/ aber wann ſie traͤchtig ſind/ gehen ſie ordentli-
cher/ und keine Spuhr iſt eigentlich zu erkennen/ wann
der Hirſch in der Furcht/ oder Brunſt iſt/ ſondern wann
er ſicher ſeinen Gang/ oder natuͤrlichen angebohrnen
Trab/ ohne Bewegung des Gemuͤthes fortſetzet; wie
Mr. de Salnove bezeuget.

Das Jnſiegel oder die Spuhr des Hirſchens iſt
auch offtermals ein betriegliches Zeichen/ wie vorgedach-
ter Herr de Salnove part. 1. cap. 64. fol. 176. erzehlet/
daß in Saphoy in Gegenwart Hertzogen Victors Ama-
dei,
und ſeines Herrn Bruders Prince Thomas, ein
alter Hirſch von 24 Zinken in der Jagt mit denen Chi-
ens Courans
ſey bekommen worden/ der habe ſo eine
kleine Spuhr gehabt/ und das Jnſiegel ſey ſo ſubtil ge-
weſen/ daß ihn die meiſten Waldleute/ ehe ſie ihn zu
Geſicht gebracht/ nur fuͤr ein Stuck Wild gehalten
haben.

Des Hirſchen Geloß iſt groß und leicht und ablaͤng-
licht/ und hanget aneinander/ iſt auch ſchleimicht und
[Spaltenumbruch] dicker/ als eine Spinnenweben/ des Wildes aber iſt
klein/ glatt und rund/ wie die Geiß-Lorbeern; doch wer-
den ſie im Majo und Anfang des Fruͤlings viel friſcher
und weicher erſcheinen/ indem ſie das junge Gras freſ-
ſen/ hingegen im Sommer duͤrrer und trockener fallen/
wie bey Herrn de Salnove zu ſehen/ auch wie aus Un-
terſcheid des Geloſſes das Wildpret zu unterſchei-
den.

Wenn ein friſcher Schnee oder Reiff faͤllt/ ſo iſt
des Hirſchens Spuhr mit geſchrenckten Fuͤſſen/ als ob
ihrer zween waͤren.

Wann der Hirſch im Wald die Aeſte abbroſſet/ ſo
beiſſet ers glatt ab/ als waͤre es abgeſchnitten/ iſt aber
der Aſt abgekaͤuet und ſtumpf/ ſo hats ein Wild ge-
than.

Jtem/ wann es geregnet oder gereiffet hat/ daß der
Hirſch naß iſt/ ſo gehet er an einen hohen Berg/ und legt
ſich dahin/ daß ihn die Sonne beſcheinen mag/ daß er
trocken werde/ da bleibt er liegen/ biß um neun Uhr/ und
gehet dann/ wo das Holtz am dickeſten iſt/ da mag man
ihn ſuchen.

Wann ein ſchwangeres Stuck Wild geht/ und ein
Weiblein traͤgt/ ſo tritt es mit dem lincken Fuß vor/
traͤgts aber einen Hirſchen/ ſo ſetzt es den rechten Fuß
vor/ die kleinen ſpitzigen Schalen gehen auch viel weiter
auseinander/ wegen des ſchweren Leibes.

Der Weidmann kan auch des Hirſchens Groͤſſe
zum theil aus den Straͤuchen und dicken Baͤumen er-
kennen/ wo er mit dem Geweihe anſtreifft/ und die Neſt-
lein abreiſſet/ und das thut er das gantze Jahr/ auſſer
vom Mertzen an/ biß in Junium, biß ihm das Geweihe
wieder waͤchſt/ und hart wird/ denn ſo lang es weich blei-
bet/ ſchonet er deſſelben/ kommt ungern in das Dicke/
legt das Geweihe auf den Rucken hinterſich/ aus Forcht/
etwan an den harten Aeſten anzuſtreiffen; Man erken-

net
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[612/0630] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens [Abbildung] ander/ und obwol der jungen Hirſchen Spuhr auch faſt alſo beſchaffen/ doch ſind ſie gewoͤlbter und nicht ſo ſpi- tzig/ ſonſt iſt gewiß/ je aͤlter ein Hirſch wird/ je geſchloſ- ſener werden ſeine Schalen aus der Spuhr geſehen/ ſo ſetzt er auch die hindern Fußſtapfen nie in die erſten/ ſon- dern eines Fingers breit davon/ des juͤngern Hirſchen Fußſtapfen aber reichen die hinderſten biß gar an den Rand des vorderſten Fuſſes/ oder wol gar biß halb hin- ein/ die gar alten Hirſchen aber haben ſtumpfe Schalen/ und ſetzen den hindern Fuß auf vier Finger hinter den vorderſten und etwas auswaͤrts; gar wenig Hirſchen ſind/ die mit dem hindern Fuß den vordern vorſchlagen/ und gleichſam einen Zelt gehen. Die Stuck Wild haben keine gewiſſe Ordnung im gehen/ ſetzen den hindern Fuß/ bald lincks/ bald rechts beyſeits/ ſchlagen bißweilen uͤber/ tretten auch bißwei- len ein/ aber wann ſie traͤchtig ſind/ gehen ſie ordentli- cher/ und keine Spuhr iſt eigentlich zu erkennen/ wann der Hirſch in der Furcht/ oder Brunſt iſt/ ſondern wann er ſicher ſeinen Gang/ oder natuͤrlichen angebohrnen Trab/ ohne Bewegung des Gemuͤthes fortſetzet; wie Mr. de Salnove bezeuget. Das Jnſiegel oder die Spuhr des Hirſchens iſt auch offtermals ein betriegliches Zeichen/ wie vorgedach- ter Herr de Salnove part. 1. cap. 64. fol. 176. erzehlet/ daß in Saphoy in Gegenwart Hertzogen Victors Ama- dei, und ſeines Herrn Bruders Prince Thomas, ein alter Hirſch von 24 Zinken in der Jagt mit denen Chi- ens Courans ſey bekommen worden/ der habe ſo eine kleine Spuhr gehabt/ und das Jnſiegel ſey ſo ſubtil ge- weſen/ daß ihn die meiſten Waldleute/ ehe ſie ihn zu Geſicht gebracht/ nur fuͤr ein Stuck Wild gehalten haben. Des Hirſchen Geloß iſt groß und leicht und ablaͤng- licht/ und hanget aneinander/ iſt auch ſchleimicht und dicker/ als eine Spinnenweben/ des Wildes aber iſt klein/ glatt und rund/ wie die Geiß-Lorbeern; doch wer- den ſie im Majo und Anfang des Fruͤlings viel friſcher und weicher erſcheinen/ indem ſie das junge Gras freſ- ſen/ hingegen im Sommer duͤrrer und trockener fallen/ wie bey Herrn de Salnove zu ſehen/ auch wie aus Un- terſcheid des Geloſſes das Wildpret zu unterſchei- den. Wenn ein friſcher Schnee oder Reiff faͤllt/ ſo iſt des Hirſchens Spuhr mit geſchrenckten Fuͤſſen/ als ob ihrer zween waͤren. Wann der Hirſch im Wald die Aeſte abbroſſet/ ſo beiſſet ers glatt ab/ als waͤre es abgeſchnitten/ iſt aber der Aſt abgekaͤuet und ſtumpf/ ſo hats ein Wild ge- than. Jtem/ wann es geregnet oder gereiffet hat/ daß der Hirſch naß iſt/ ſo gehet er an einen hohen Berg/ und legt ſich dahin/ daß ihn die Sonne beſcheinen mag/ daß er trocken werde/ da bleibt er liegen/ biß um neun Uhr/ und gehet dann/ wo das Holtz am dickeſten iſt/ da mag man ihn ſuchen. Wann ein ſchwangeres Stuck Wild geht/ und ein Weiblein traͤgt/ ſo tritt es mit dem lincken Fuß vor/ traͤgts aber einen Hirſchen/ ſo ſetzt es den rechten Fuß vor/ die kleinen ſpitzigen Schalen gehen auch viel weiter auseinander/ wegen des ſchweren Leibes. Der Weidmann kan auch des Hirſchens Groͤſſe zum theil aus den Straͤuchen und dicken Baͤumen er- kennen/ wo er mit dem Geweihe anſtreifft/ und die Neſt- lein abreiſſet/ und das thut er das gantze Jahr/ auſſer vom Mertzen an/ biß in Junium, biß ihm das Geweihe wieder waͤchſt/ und hart wird/ denn ſo lang es weich blei- bet/ ſchonet er deſſelben/ kommt ungern in das Dicke/ legt das Geweihe auf den Rucken hinterſich/ aus Forcht/ etwan an den harten Aeſten anzuſtreiffen; Man erken- net

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/630>, abgerufen am 29.03.2024.