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Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889.

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Lorenz traute und um ein Stückchen Brod
bettelte, musste er sterben. Dann zerrissen
ihn die Wölfe und die Krähen hackten ihm
die Augen aus. Dann war er so todt wie der
kleine Lewin.

Er war wieder stehn geblieben.

Ein grosser, rother Strauch hatte ihm hinten
in sein zerrissenes Kittelchen einen Dorn ein¬
gehakt. Die dicken, blauen Beeren dran waren
gewiss giftig.

O, er konnte nicht einmal mehr weinen!

Die Farren standen hier noch so hoch,
dass sie ihm bis über den Bauch reichten.
Ein Bündel Glockenblumen schwamm wie eine
kleine, blaue Insel drin. Die grossen, bunten
Schmetterlinge drüber waren alle schon schlafen
gegangen. Ueber einer kleinen, runden Lich¬
tung spielte nur noch ein dicker, dunkler
Schwarm Mücken in der goldnen Luft. Jetzt,
irgendwo in der Ferne, sang ein Vogel Bülow.
Der ganze Wald roch nach Pilzen.

Der kleine Jonathan seufzte. Er konnte
sich kaum noch weiter schleppen.

Seine Händchen waren ihm dick ge¬

Lorenz traute und um ein Stückchen Brod
bettelte, musste er sterben. Dann zerrissen
ihn die Wölfe und die Krähen hackten ihm
die Augen aus. Dann war er so todt wie der
kleine Lewin.

Er war wieder stehn geblieben.

Ein grosser, rother Strauch hatte ihm hinten
in sein zerrissenes Kittelchen einen Dorn ein¬
gehakt. Die dicken, blauen Beeren dran waren
gewiss giftig.

O, er konnte nicht einmal mehr weinen!

Die Farren standen hier noch so hoch,
dass sie ihm bis über den Bauch reichten.
Ein Bündel Glockenblumen schwamm wie eine
kleine, blaue Insel drin. Die grossen, bunten
Schmetterlinge drüber waren alle schon schlafen
gegangen. Ueber einer kleinen, runden Lich¬
tung spielte nur noch ein dicker, dunkler
Schwarm Mücken in der goldnen Luft. Jetzt,
irgendwo in der Ferne, sang ein Vogel Bülow.
Der ganze Wald roch nach Pilzen.

Der kleine Jonathan seufzte. Er konnte
sich kaum noch weiter schleppen.

Seine Händchen waren ihm dick ge¬

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[139/0143] Lorenz traute und um ein Stückchen Brod bettelte, musste er sterben. Dann zerrissen ihn die Wölfe und die Krähen hackten ihm die Augen aus. Dann war er so todt wie der kleine Lewin. Er war wieder stehn geblieben. Ein grosser, rother Strauch hatte ihm hinten in sein zerrissenes Kittelchen einen Dorn ein¬ gehakt. Die dicken, blauen Beeren dran waren gewiss giftig. O, er konnte nicht einmal mehr weinen! Die Farren standen hier noch so hoch, dass sie ihm bis über den Bauch reichten. Ein Bündel Glockenblumen schwamm wie eine kleine, blaue Insel drin. Die grossen, bunten Schmetterlinge drüber waren alle schon schlafen gegangen. Ueber einer kleinen, runden Lich¬ tung spielte nur noch ein dicker, dunkler Schwarm Mücken in der goldnen Luft. Jetzt, irgendwo in der Ferne, sang ein Vogel Bülow. Der ganze Wald roch nach Pilzen. Der kleine Jonathan seufzte. Er konnte sich kaum noch weiter schleppen. Seine Händchen waren ihm dick ge¬

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Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/143>, abgerufen am 25.04.2024.