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Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889.

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findig. Der grosse Thienwiebel kam nie da¬
hinter.

Er hatte sich jetzt nach und nach bis unten
in die Hafenspelunken verirrt. Mehrere Sack¬
träger waren bereits seine Dutzbrüder gewor¬
den. Bevor nicht "der Hahn, der als Trom¬
pete dient dem Morgen" bereits mehrere Male
nachdrücklich gekräht hatte, kam er jetzt selten
mehr die Treppen in die Höhe gestolpert.

Amalie nähte noch immer ihre Tricottaillen.
Der Stumpfsinn hatte sie nach und nach zur
reinen Maschine gemacht. Die reizende Ophelia
in ihr war jetzt endgültig begraben. Für alle
Zeiten! . . . Ihre Brust war noch schwächer
geworden . . .

Dem kleinen Fortinbras ging es noch jäm¬
merlicher. Sein ganzes Gesichtchen war jetzt
dicht mit rothen Pusteln betupft. Ein Schäch¬
telchen Zinksalbe, zu dem sich die Familie im
Anfang denn doch noch aufgeschwungen hatte,
lag jetzt, zusammengequetscht, verstaubt hin¬
term Ofen. Es war nicht mehr erneuert
worden.

Der grosse Thienwiebel hatte nicht so ganz
Unrecht: Die ganze Wirthschaft bei ihm zu

findig. Der grosse Thienwiebel kam nie da¬
hinter.

Er hatte sich jetzt nach und nach bis unten
in die Hafenspelunken verirrt. Mehrere Sack¬
träger waren bereits seine Dutzbrüder gewor¬
den. Bevor nicht „der Hahn, der als Trom¬
pete dient dem Morgen“ bereits mehrere Male
nachdrücklich gekräht hatte, kam er jetzt selten
mehr die Treppen in die Höhe gestolpert.

Amalie nähte noch immer ihre Tricottaillen.
Der Stumpfsinn hatte sie nach und nach zur
reinen Maschine gemacht. Die reizende Ophelia
in ihr war jetzt endgültig begraben. Für alle
Zeiten! . . . Ihre Brust war noch schwächer
geworden . . .

Dem kleinen Fortinbras ging es noch jäm¬
merlicher. Sein ganzes Gesichtchen war jetzt
dicht mit rothen Pusteln betupft. Ein Schäch¬
telchen Zinksalbe, zu dem sich die Familie im
Anfang denn doch noch aufgeschwungen hatte,
lag jetzt, zusammengequetscht, verstaubt hin¬
term Ofen. Es war nicht mehr erneuert
worden.

Der grosse Thienwiebel hatte nicht so ganz
Unrecht: Die ganze Wirthschaft bei ihm zu

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[72/0076] findig. Der grosse Thienwiebel kam nie da¬ hinter. Er hatte sich jetzt nach und nach bis unten in die Hafenspelunken verirrt. Mehrere Sack¬ träger waren bereits seine Dutzbrüder gewor¬ den. Bevor nicht „der Hahn, der als Trom¬ pete dient dem Morgen“ bereits mehrere Male nachdrücklich gekräht hatte, kam er jetzt selten mehr die Treppen in die Höhe gestolpert. Amalie nähte noch immer ihre Tricottaillen. Der Stumpfsinn hatte sie nach und nach zur reinen Maschine gemacht. Die reizende Ophelia in ihr war jetzt endgültig begraben. Für alle Zeiten! . . . Ihre Brust war noch schwächer geworden . . . Dem kleinen Fortinbras ging es noch jäm¬ merlicher. Sein ganzes Gesichtchen war jetzt dicht mit rothen Pusteln betupft. Ein Schäch¬ telchen Zinksalbe, zu dem sich die Familie im Anfang denn doch noch aufgeschwungen hatte, lag jetzt, zusammengequetscht, verstaubt hin¬ term Ofen. Es war nicht mehr erneuert worden. Der grosse Thienwiebel hatte nicht so ganz Unrecht: Die ganze Wirthschaft bei ihm zu

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Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/76>, abgerufen am 25.04.2024.