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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Man hatte mir von der Strenge, der Insolenz
der Mauthbedienten gesprochen. Sie baten mich
höflich meinen Koffer zu öffnen; obenauf lagen
ein Paar Portefeuilles mit Schriften und Land-
karten, einige Bücher -- darunter war der Kof-
fer geschnallt. Ich war zur Seite getreten, um
sie nicht zu stören. "Da siehts sehr regelmäßig
aus," sagten sie unter einander. "Sie können
fortan gehen," wendete sich der eine zu mir, in-
dem er mit der Hand über einen großen mir ge-
hörigen Nachtsack strich, ohne hinein zu fassen,
und so langte ich ohne einen Sous zu zahlen in
Mainz an.

Von der alten Martinsburg ist der älteste
Theil eingeschossen oder niedergerissen, und das
Uebrige irgend einem Gewerbe -- ich glaube der
Kaufmannschaft, zur Niederlage überlassen.
Wenn man über die Brücke kommt, erblickt man
keine Veränderung; was vom alten Schloß abge-
tragen ist, kann man keinen Verlust nennen; es
war ein widrig häßliches Gebäude. Die Insel
zur rechten Hand, welche sonst die Churfürstenaue
hieß, war sonst bewachsener. Die Trümmer eines
kleinen Pavillon blicken durch die dünnen Gebüsche
-- die Häuser der ehemaligen Hollanderei stehen

B

Man hatte mir von der Strenge, der Inſolenz
der Mauthbedienten geſprochen. Sie baten mich
hoͤflich meinen Koffer zu oͤffnen; obenauf lagen
ein Paar Portefeuilles mit Schriften und Land-
karten, einige Buͤcher — darunter war der Kof-
fer geſchnallt. Ich war zur Seite getreten, um
ſie nicht zu ſtoͤren. „Da ſiehts ſehr regelmaͤßig
aus,“ ſagten ſie unter einander. „Sie koͤnnen
fortan gehen,“ wendete ſich der eine zu mir, in-
dem er mit der Hand uͤber einen großen mir ge-
hoͤrigen Nachtſack ſtrich, ohne hinein zu faſſen,
und ſo langte ich ohne einen Sous zu zahlen in
Mainz an.

Von der alten Martinsburg iſt der aͤlteſte
Theil eingeſchoſſen oder niedergeriſſen, und das
Uebrige irgend einem Gewerbe — ich glaube der
Kaufmannſchaft, zur Niederlage uͤberlaſſen.
Wenn man uͤber die Bruͤcke kommt, erblickt man
keine Veraͤnderung; was vom alten Schloß abge-
tragen iſt, kann man keinen Verluſt nennen; es
war ein widrig haͤßliches Gebaͤude. Die Inſel
zur rechten Hand, welche ſonſt die Churfuͤrſtenaue
hieß, war ſonſt bewachſener. Die Truͤmmer eines
kleinen Pavillon blicken durch die duͤnnen Gebuͤſche
— die Haͤuſer der ehemaligen Hollanderei ſtehen

B
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[17/0031] Man hatte mir von der Strenge, der Inſolenz der Mauthbedienten geſprochen. Sie baten mich hoͤflich meinen Koffer zu oͤffnen; obenauf lagen ein Paar Portefeuilles mit Schriften und Land- karten, einige Buͤcher — darunter war der Kof- fer geſchnallt. Ich war zur Seite getreten, um ſie nicht zu ſtoͤren. „Da ſiehts ſehr regelmaͤßig aus,“ ſagten ſie unter einander. „Sie koͤnnen fortan gehen,“ wendete ſich der eine zu mir, in- dem er mit der Hand uͤber einen großen mir ge- hoͤrigen Nachtſack ſtrich, ohne hinein zu faſſen, und ſo langte ich ohne einen Sous zu zahlen in Mainz an. Von der alten Martinsburg iſt der aͤlteſte Theil eingeſchoſſen oder niedergeriſſen, und das Uebrige irgend einem Gewerbe — ich glaube der Kaufmannſchaft, zur Niederlage uͤberlaſſen. Wenn man uͤber die Bruͤcke kommt, erblickt man keine Veraͤnderung; was vom alten Schloß abge- tragen iſt, kann man keinen Verluſt nennen; es war ein widrig haͤßliches Gebaͤude. Die Inſel zur rechten Hand, welche ſonſt die Churfuͤrſtenaue hieß, war ſonſt bewachſener. Die Truͤmmer eines kleinen Pavillon blicken durch die duͤnnen Gebuͤſche — die Haͤuſer der ehemaligen Hollanderei ſtehen B

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/31>, abgerufen am 25.04.2024.