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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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die Wirkuug der Heilmittel wesentlich zu beschränken. Wieweit diese
Hoffnung als plausibel gelten mag, wird aber eben auch nur dann
zu bestimmen sein, wenn sich competente Autoritäten und ein unter
ihrem Einfluß sich bildender Consensus der betheiligten Kreise von
Geistlichen und Laien erst darüber verständigt haben, worin die
notorische Unzulänglichkeit unserer kirchlichen Ordnungen oder Praxis
liegt, was unserer Kirche in ihren gegenwärtigen Zuständen noch
fehlt, um im Kampfe gegen ihre Nothstände durch die Mittel des
Revivals -- sofern kein anderes und wirksameres Heilverfahren
nachzuweisen ist -- in Anwendung zu bringen, und wieweit und
in welcher Form ihr dies möglich sein dürste. Ueber diese Punkte
gestatten Sie mir in meinem nächsten und in dieser Angelegenheit
jedenfalls letzten Schreiben noch einige ganz unmaaßgebliche Be-
merkungen. Bis dahin u. s. w.



Siebenter Brief.


Jhre mir immer wieder ziemlich unerwartete und um so erfreu-
lichere Zustimmung zu dem wesentlichen Jnhalt meines letzten Brie-
fes, geehrtester Freund, und die daran geknüpfte Erwartung hin-
sichtlich meiner Behandlung des für dieses Schreiben vorbehaltenen
Themas kann und darf mich doch nicht verleiten, to go beyond my
depth,
wie ein sehr bezeichnender englischer Ausdruck sagt, und mich
auf ein weiteres Ziel einzulaßen, als was ich mir von vorne herein
gestellt, nämlich durch praktische und theoretische Sachkunde beßer
berufene Männer dazu anzuregen, diesen Fragen die Beachtung
auch in öffentlichen Verhandlungen zu geben und zu verschaffen, die
sie verdient und bisher nicht gefunden hat.

Zugegeben also, daß unsere kirchliche Arbeit dem aus unsern
geistlichen Nothständen erwachsenden Bedürfniß nicht genügt -- und
zwar zugegeben trotz der vollsten Anerkennung dessen, was seit
Jahren nach verschiedenen Seiten zur Verstärkung der Wirksamkeit
der in der bisherigen Praxis gegebenen Faktoren, Lehre, Predigt,
Liturgie, Seelsorge, Werke christlicher Liebe im weitesten Sinne, sowohl
von Seiten des geistlichen Amtes als von freien Kräften geschehen
ist -- zugegeben, daß von alle dem nichts etwa aufgegeben werden

die Wirkuug der Heilmittel weſentlich zu beſchränken. Wieweit dieſe
Hoffnung als plauſibel gelten mag, wird aber eben auch nur dann
zu beſtimmen ſein, wenn ſich competente Autoritäten und ein unter
ihrem Einfluß ſich bildender Conſenſus der betheiligten Kreiſe von
Geiſtlichen und Laien erſt darüber verſtändigt haben, worin die
notoriſche Unzulänglichkeit unſerer kirchlichen Ordnungen oder Praxis
liegt, was unſerer Kirche in ihren gegenwärtigen Zuſtänden noch
fehlt, um im Kampfe gegen ihre Nothſtände durch die Mittel des
Revivals — ſofern kein anderes und wirkſameres Heilverfahren
nachzuweiſen iſt — in Anwendung zu bringen, und wieweit und
in welcher Form ihr dies möglich ſein dürſte. Ueber dieſe Punkte
geſtatten Sie mir in meinem nächſten und in dieſer Angelegenheit
jedenfalls letzten Schreiben noch einige ganz unmaaßgebliche Be-
merkungen. Bis dahin u. ſ. w.



Siebenter Brief.


Jhre mir immer wieder ziemlich unerwartete und um ſo erfreu-
lichere Zuſtimmung zu dem weſentlichen Jnhalt meines letzten Brie-
fes, geehrteſter Freund, und die daran geknüpfte Erwartung hin-
ſichtlich meiner Behandlung des für dieſes Schreiben vorbehaltenen
Themas kann und darf mich doch nicht verleiten, to go beyond my
depth,
wie ein ſehr bezeichnender engliſcher Ausdruck ſagt, und mich
auf ein weiteres Ziel einzulaßen, als was ich mir von vorne herein
geſtellt, nämlich durch praktiſche und theoretiſche Sachkunde beßer
berufene Männer dazu anzuregen, dieſen Fragen die Beachtung
auch in öffentlichen Verhandlungen zu geben und zu verſchaffen, die
ſie verdient und bisher nicht gefunden hat.

Zugegeben alſo, daß unſere kirchliche Arbeit dem aus unſern
geiſtlichen Nothſtänden erwachſenden Bedürfniß nicht genügt — und
zwar zugegeben trotz der vollſten Anerkennung deſſen, was ſeit
Jahren nach verſchiedenen Seiten zur Verſtärkung der Wirkſamkeit
der in der bisherigen Praxis gegebenen Faktoren, Lehre, Predigt,
Liturgie, Seelſorge, Werke chriſtlicher Liebe im weiteſten Sinne, ſowohl
von Seiten des geiſtlichen Amtes als von freien Kräften geſchehen
iſt — zugegeben, daß von alle dem nichts etwa aufgegeben werden

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[66/0072] die Wirkuug der Heilmittel weſentlich zu beſchränken. Wieweit dieſe Hoffnung als plauſibel gelten mag, wird aber eben auch nur dann zu beſtimmen ſein, wenn ſich competente Autoritäten und ein unter ihrem Einfluß ſich bildender Conſenſus der betheiligten Kreiſe von Geiſtlichen und Laien erſt darüber verſtändigt haben, worin die notoriſche Unzulänglichkeit unſerer kirchlichen Ordnungen oder Praxis liegt, was unſerer Kirche in ihren gegenwärtigen Zuſtänden noch fehlt, um im Kampfe gegen ihre Nothſtände durch die Mittel des Revivals — ſofern kein anderes und wirkſameres Heilverfahren nachzuweiſen iſt — in Anwendung zu bringen, und wieweit und in welcher Form ihr dies möglich ſein dürſte. Ueber dieſe Punkte geſtatten Sie mir in meinem nächſten und in dieſer Angelegenheit jedenfalls letzten Schreiben noch einige ganz unmaaßgebliche Be- merkungen. Bis dahin u. ſ. w. Siebenter Brief. Jhre mir immer wieder ziemlich unerwartete und um ſo erfreu- lichere Zuſtimmung zu dem weſentlichen Jnhalt meines letzten Brie- fes, geehrteſter Freund, und die daran geknüpfte Erwartung hin- ſichtlich meiner Behandlung des für dieſes Schreiben vorbehaltenen Themas kann und darf mich doch nicht verleiten, to go beyond my depth, wie ein ſehr bezeichnender engliſcher Ausdruck ſagt, und mich auf ein weiteres Ziel einzulaßen, als was ich mir von vorne herein geſtellt, nämlich durch praktiſche und theoretiſche Sachkunde beßer berufene Männer dazu anzuregen, dieſen Fragen die Beachtung auch in öffentlichen Verhandlungen zu geben und zu verſchaffen, die ſie verdient und bisher nicht gefunden hat. Zugegeben alſo, daß unſere kirchliche Arbeit dem aus unſern geiſtlichen Nothſtänden erwachſenden Bedürfniß nicht genügt — und zwar zugegeben trotz der vollſten Anerkennung deſſen, was ſeit Jahren nach verſchiedenen Seiten zur Verſtärkung der Wirkſamkeit der in der bisherigen Praxis gegebenen Faktoren, Lehre, Predigt, Liturgie, Seelſorge, Werke chriſtlicher Liebe im weiteſten Sinne, ſowohl von Seiten des geiſtlichen Amtes als von freien Kräften geſchehen iſt — zugegeben, daß von alle dem nichts etwa aufgegeben werden

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/72>, abgerufen am 28.03.2024.