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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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3) Die Verdienste der Taxis als "Entdecker"
der Post und Förderer des gemeinen Wohls
.

Eine zweite Richtigstellung scheint mir die ideali-
sierende
Uebertreibung zu bedürfen, in welcher gerade
die neueren Schriftsteller sich überbieten, um Franz und
Leonhard von Taxis als Denker und Erfinder, als gemein-
nützige Organisatoren zu verherrlichen (s. Anlage XIII). Diese
Richtung wird durch eine doppelte Autorität verstärkt,
nämlich durch die der "schriftstellernden Leute vom Fach",
sowie durch die Herausgeber der unedierten Urkunden
des Thurn- und Taxis'schen Zentralarchivs in Regensburg.

Der Blick der ersteren (duce "Veredarius") ist zu
sehr durch die Begeisterung für das seitdem so populär
gewordene Institut, vielleicht auch durch den Eifer für die
geschichtlich-juristische Befestigung des Postregals getrübt
worden. Ich sehe keinen Grund, aber auch keinen ge-
schichtlichen Anhalt dafür, warum ich in die übertriebenen
Ausmalungen der Gemeinnützigkeit und Originalität der
Taxis einstimmen soll.

Vergegenwärtigen wir uns den oben geschilderten Stand
der Botenanstalten und Reitpostrouten der Städte und an-
deren Korporationen, so erhellt von selbst, dass Roger
bezw. Franz von Taxis die bestehende Organisation nur
für den Hofdienst zu kopieren hatte; etwas Originelles hatte
sein "Postwerk" in keiner Weise an sich. Das geht auch
aus der Würdigung hervor, welche die Posteinrichtung nach
Italien widerfuhr. Schon vor den Taxis nämlich, vor 1490
hatte, wie aus einer Aeusserung Oviedos hervorgeht, der
Correo mayor von Kastilien eine Verbindung mit Rom
eingerichtet. Diese Linie muss an der Wende des 15. Jahr-
hunderts auch auf Verona, Neapel, und Paris (für den
dortigen Gesandten) ausgedehnt worden sein. Die Organi-
sation dieser Posten, welche erst 1516 unter die Taxis

3) Die Verdienste der Taxis als »Entdecker«
der Post und Förderer des gemeinen Wohls
.

Eine zweite Richtigstellung scheint mir die ideali-
sierende
Uebertreibung zu bedürfen, in welcher gerade
die neueren Schriftsteller sich überbieten, um Franz und
Leonhard von Taxis als Denker und Erfinder, als gemein-
nützige Organisatoren zu verherrlichen (s. Anlage XIII). Diese
Richtung wird durch eine doppelte Autorität verstärkt,
nämlich durch die der »schriftstellernden Leute vom Fach«,
sowie durch die Herausgeber der unedierten Urkunden
des Thurn- und Taxis’schen Zentralarchivs in Regensburg.

Der Blick der ersteren (duce »Veredarius«) ist zu
sehr durch die Begeisterung für das seitdem so populär
gewordene Institut, vielleicht auch durch den Eifer für die
geschichtlich-juristische Befestigung des Postregals getrübt
worden. Ich sehe keinen Grund, aber auch keinen ge-
schichtlichen Anhalt dafür, warum ich in die übertriebenen
Ausmalungen der Gemeinnützigkeit und Originalität der
Taxis einstimmen soll.

Vergegenwärtigen wir uns den oben geschilderten Stand
der Botenanstalten und Reitpostrouten der Städte und an-
deren Korporationen, so erhellt von selbst, dass Roger
bezw. Franz von Taxis die bestehende Organisation nur
für den Hofdienst zu kopieren hatte; etwas Originelles hatte
sein »Postwerk« in keiner Weise an sich. Das geht auch
aus der Würdigung hervor, welche die Posteinrichtung nach
Italien widerfuhr. Schon vor den Taxis nämlich, vor 1490
hatte, wie aus einer Aeusserung Oviedos hervorgeht, der
Correo mayor von Kastilien eine Verbindung mit Rom
eingerichtet. Diese Linie muss an der Wende des 15. Jahr-
hunderts auch auf Verona, Neapel, und Paris (für den
dortigen Gesandten) ausgedehnt worden sein. Die Organi-
sation dieser Posten, welche erst 1516 unter die Taxis

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[106/0122] 3) Die Verdienste der Taxis als »Entdecker« der Post und Förderer des gemeinen Wohls. Eine zweite Richtigstellung scheint mir die ideali- sierende Uebertreibung zu bedürfen, in welcher gerade die neueren Schriftsteller sich überbieten, um Franz und Leonhard von Taxis als Denker und Erfinder, als gemein- nützige Organisatoren zu verherrlichen (s. Anlage XIII). Diese Richtung wird durch eine doppelte Autorität verstärkt, nämlich durch die der »schriftstellernden Leute vom Fach«, sowie durch die Herausgeber der unedierten Urkunden des Thurn- und Taxis’schen Zentralarchivs in Regensburg. Der Blick der ersteren (duce »Veredarius«) ist zu sehr durch die Begeisterung für das seitdem so populär gewordene Institut, vielleicht auch durch den Eifer für die geschichtlich-juristische Befestigung des Postregals getrübt worden. Ich sehe keinen Grund, aber auch keinen ge- schichtlichen Anhalt dafür, warum ich in die übertriebenen Ausmalungen der Gemeinnützigkeit und Originalität der Taxis einstimmen soll. Vergegenwärtigen wir uns den oben geschilderten Stand der Botenanstalten und Reitpostrouten der Städte und an- deren Korporationen, so erhellt von selbst, dass Roger bezw. Franz von Taxis die bestehende Organisation nur für den Hofdienst zu kopieren hatte; etwas Originelles hatte sein »Postwerk« in keiner Weise an sich. Das geht auch aus der Würdigung hervor, welche die Posteinrichtung nach Italien widerfuhr. Schon vor den Taxis nämlich, vor 1490 hatte, wie aus einer Aeusserung Oviedos hervorgeht, der Correo mayor von Kastilien eine Verbindung mit Rom eingerichtet. Diese Linie muss an der Wende des 15. Jahr- hunderts auch auf Verona, Neapel, und Paris (für den dortigen Gesandten) ausgedehnt worden sein. Die Organi- sation dieser Posten, welche erst 1516 unter die Taxis

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/122>, abgerufen am 25.04.2024.