Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

Millionen Mark betragen und damit einen stehenden Haupt-
posten im römischen Staatsetat gebildet. Wahrscheinlich
aber ist, dass die Ablösung von den Nachfolgern der besser
gesinnten Kaiser nicht anerkannt wurde, und die Last des
obligatorischen Fuhrdienstes immer wieder auf die gedrückten
Provinzialen zurückfiel; es mag darüber die jeweilige Fi-
nanzlage des Reiches, die politische Stellung der betreffen-
den Provinzen, auch die Frequenz der bezüglichen Strasse
entschieden haben (für Gegenden, die nicht an einer Welt-
route lagen, war die Last nicht so drückend, wie man ge-
meiniglich annimmt).

Für den Orient hob Kaiser Leo (457--474) den Cursus
clabularis auf. Um so mehr aber wurde die Schnellpost
noch von Justinian ausgebildet, der eingehende Normen
erliess, und die Zahl der disponibel zu haltenden Pferde
auf zehn erhöhte.

Prinzipiell, für die Entwickelung des Wesens der Post,
ist mehr das bemerklich, was in diesen fünf
Jahrhunderten nicht geschah,
der Umstand
nämlich, dass der Fortschritt zur Eröffnung für die private
Korrespondenz, zu dem sich die Taxis schon nach fünf
Jahrzehnten entschlossen, in ebenso viel Jahrhunderten
nicht erfolgte.

2) Karolinger-Zeit.

Einen weiteren (bedingten) Anhaltspunkt für meine
Auffassung von dem "Cursus publicus" und dessen mehr
politisch-militärischen, auf die Fronpflicht beschränkten Seite
finde ich in den Ueberresten, die sich über den Untergang
des römischen Weltreiches hinübergerettet haben.

Auch nach dem Untergang des Römerreichs nämlich
suchten dessen Erben, die Ostgothen und Longobarden,
die Merowinger und Vandalen 1) den Cursus publicus auf-

1) Nach Procopius "de bello vandal., lib. I, cap. cap. 16 bediente sich
Belisar, als er Hilderich zu Hülfe eilte, der veredarii.

Millionen Mark betragen und damit einen stehenden Haupt-
posten im römischen Staatsetat gebildet. Wahrscheinlich
aber ist, dass die Ablösung von den Nachfolgern der besser
gesinnten Kaiser nicht anerkannt wurde, und die Last des
obligatorischen Fuhrdienstes immer wieder auf die gedrückten
Provinzialen zurückfiel; es mag darüber die jeweilige Fi-
nanzlage des Reiches, die politische Stellung der betreffen-
den Provinzen, auch die Frequenz der bezüglichen Strasse
entschieden haben (für Gegenden, die nicht an einer Welt-
route lagen, war die Last nicht so drückend, wie man ge-
meiniglich annimmt).

Für den Orient hob Kaiser Leo (457—474) den Cursus
clabularis auf. Um so mehr aber wurde die Schnellpost
noch von Justinian ausgebildet, der eingehende Normen
erliess, und die Zahl der disponibel zu haltenden Pferde
auf zehn erhöhte.

Prinzipiell, für die Entwickelung des Wesens der Post,
ist mehr das bemerklich, was in diesen fünf
Jahrhunderten nicht geschah,
der Umstand
nämlich, dass der Fortschritt zur Eröffnung für die private
Korrespondenz, zu dem sich die Taxis schon nach fünf
Jahrzehnten entschlossen, in ebenso viel Jahrhunderten
nicht erfolgte.

2) Karolinger-Zeit.

Einen weiteren (bedingten) Anhaltspunkt für meine
Auffassung von dem »Cursus publicus« und dessen mehr
politisch-militärischen, auf die Fronpflicht beschränkten Seite
finde ich in den Ueberresten, die sich über den Untergang
des römischen Weltreiches hinübergerettet haben.

Auch nach dem Untergang des Römerreichs nämlich
suchten dessen Erben, die Ostgothen und Longobarden,
die Merowinger und Vandalen 1) den Cursus publicus auf-

1) Nach Procopius »de bello vandal., lib. I, cap. cap. 16 bediente sich
Belisar, als er Hilderich zu Hülfe eilte, der veredarii.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="46"/>
Millionen Mark betragen und damit einen stehenden Haupt-<lb/>
posten im römischen Staatsetat gebildet. Wahrscheinlich<lb/>
aber ist, dass die Ablösung von den Nachfolgern der besser<lb/>
gesinnten Kaiser nicht anerkannt wurde, und die Last des<lb/>
obligatorischen Fuhrdienstes immer wieder auf die gedrückten<lb/>
Provinzialen zurückfiel; es mag darüber die jeweilige Fi-<lb/>
nanzlage des Reiches, die politische Stellung der betreffen-<lb/>
den Provinzen, auch die Frequenz der bezüglichen Strasse<lb/>
entschieden haben (für Gegenden, die nicht an einer Welt-<lb/>
route lagen, war die Last nicht so drückend, wie man ge-<lb/>
meiniglich annimmt).</p><lb/>
          <p>Für den Orient hob Kaiser Leo (457&#x2014;474) den Cursus<lb/>
clabularis auf. Um so mehr aber wurde die Schnellpost<lb/>
noch von Justinian ausgebildet, der eingehende Normen<lb/>
erliess, und die Zahl der disponibel zu haltenden Pferde<lb/>
auf zehn erhöhte.</p><lb/>
          <p>Prinzipiell, für die Entwickelung des Wesens der Post,<lb/>
ist <hi rendition="#g">mehr das bemerklich, was in diesen fünf<lb/>
Jahrhunderten nicht geschah,</hi> der Umstand<lb/>
nämlich, dass der Fortschritt zur Eröffnung für die private<lb/>
Korrespondenz, zu dem sich die Taxis schon nach fünf<lb/>
Jahrzehnten entschlossen, in ebenso viel Jahrhunderten<lb/>
nicht erfolgte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>2) <hi rendition="#g">Karolinger-Zeit</hi>.</head><lb/>
          <p>Einen weiteren (bedingten) Anhaltspunkt für meine<lb/>
Auffassung von dem »Cursus publicus« und dessen mehr<lb/>
politisch-militärischen, auf die Fronpflicht beschränkten Seite<lb/>
finde ich in den Ueberresten, die sich über den Untergang<lb/>
des römischen Weltreiches hinübergerettet haben.</p><lb/>
          <p>Auch nach dem Untergang des Römerreichs nämlich<lb/>
suchten dessen Erben, die Ostgothen und Longobarden,<lb/>
die Merowinger und Vandalen <note place="foot" n="1)">Nach Procopius »de bello vandal., lib. I, cap. cap. 16 bediente sich<lb/>
Belisar, als er Hilderich zu Hülfe eilte, der veredarii.</note> den Cursus publicus auf-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0062] Millionen Mark betragen und damit einen stehenden Haupt- posten im römischen Staatsetat gebildet. Wahrscheinlich aber ist, dass die Ablösung von den Nachfolgern der besser gesinnten Kaiser nicht anerkannt wurde, und die Last des obligatorischen Fuhrdienstes immer wieder auf die gedrückten Provinzialen zurückfiel; es mag darüber die jeweilige Fi- nanzlage des Reiches, die politische Stellung der betreffen- den Provinzen, auch die Frequenz der bezüglichen Strasse entschieden haben (für Gegenden, die nicht an einer Welt- route lagen, war die Last nicht so drückend, wie man ge- meiniglich annimmt). Für den Orient hob Kaiser Leo (457—474) den Cursus clabularis auf. Um so mehr aber wurde die Schnellpost noch von Justinian ausgebildet, der eingehende Normen erliess, und die Zahl der disponibel zu haltenden Pferde auf zehn erhöhte. Prinzipiell, für die Entwickelung des Wesens der Post, ist mehr das bemerklich, was in diesen fünf Jahrhunderten nicht geschah, der Umstand nämlich, dass der Fortschritt zur Eröffnung für die private Korrespondenz, zu dem sich die Taxis schon nach fünf Jahrzehnten entschlossen, in ebenso viel Jahrhunderten nicht erfolgte. 2) Karolinger-Zeit. Einen weiteren (bedingten) Anhaltspunkt für meine Auffassung von dem »Cursus publicus« und dessen mehr politisch-militärischen, auf die Fronpflicht beschränkten Seite finde ich in den Ueberresten, die sich über den Untergang des römischen Weltreiches hinübergerettet haben. Auch nach dem Untergang des Römerreichs nämlich suchten dessen Erben, die Ostgothen und Longobarden, die Merowinger und Vandalen 1) den Cursus publicus auf- 1) Nach Procopius »de bello vandal., lib. I, cap. cap. 16 bediente sich Belisar, als er Hilderich zu Hülfe eilte, der veredarii.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/62
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/62>, abgerufen am 25.04.2024.