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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Vermuthung auf, daß die Lesung des Ctesias den Alexander vielleicht
zu seinem großen Zuge veranlaßt haben mögte.

Es sind uns so viele Relationen von diesem Zuge aufbehalten worden,
daß wir im Stande sind, ihn genau zu verfolgen. - Zu den [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]neuen
Gegenständen
, welche die Aufmerksamkeit der Griechen besonders er-
regten, gehörten Bäume von einer solchen Höhe, daß die Pfeile nicht
bis zu ihrem Gipfel hinaufreichten. Sie fanden ferner die Frucht der
Bananen und eine Menge fremdartiger Thiergestalten. (Ich will hier
die geistreiche Bemerkung des ebenerwähnten Gelehrten, Schlegel,
einschalten, der in dem mit seltsamen Thiergestalten überfüllten
Indien, die Ornamente ihrer Architectur nach Thieren gebildet, findet,
wogegen in dem bewässerten, pflanzenreichen Egypten die Formen
von Pflanzen entlehnt sind.) Am Indus fanden sie zuerst Elephanten,
die als titanische Ochsen angeführt wurden. In der Schlacht bei Arbeta
geriethen fünfzehn Streitelephanten des Darius in die Gewalt der
Griechen und es ist nicht unwahrscheinlich, daß eben diese Elephanten
später von Pyrrhus nach Italien übergeführt wurden. Auch die
Monsonwinde erregten Aufmerksamkeit, welche, in bestimmten Jahres-
zeiten nach entgegengesetzten Richtungen wehend, der Schiffarth
vom südlichen Afrika nach Ostindien bald hinderlich, bald fördernd
sind. - Nearch glaubte im Indus den Nil zu erkennen, nicht blos
wegen der Krokodille, welche man diesem Flusse allein eigen glaub-
te, sondern hauptsächlich des periodischen Steigens und Fallens wegen,
das man fälschlich von dem geschmolzenen Schnee, nicht aber von
den tropischen Regengüssen herleitete. - Was die Menschenracen
betrifft, so bemerkte man in Indien zuerst, daß nicht alle Aethiopen
gleicher Farbe und Gestalt sind, sondern sich in verschiedene Stämme theilen.
Wie jetzt, kam man schon damals auf die Vermuthung, daß das Clima

Vermuthung auf, daß die Lesung des Ctesias den Alexander vielleicht
zu seinem großen Zuge veranlaßt haben mögte.

Es sind uns so viele Relationen von diesem Zuge aufbehalten worden,
daß wir im Stande sind, ihn genau zu verfolgen. – Zu den [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]neuen
Gegenständen
, welche die Aufmerksamkeit der Griechen besonders er-
regten, gehörten Bäume von einer solchen Höhe, daß die Pfeile nicht
bis zu ihrem Gipfel hinaufreichten. Sie fanden ferner die Frucht der
Bananen und eine Menge fremdartiger Thiergestalten. (Ich will hier
die geistreiche Bemerkung des ebenerwähnten Gelehrten, Schlegel,
einschalten, der in dem mit seltsamen Thiergestalten überfüllten
Indien, die Ornamente ihrer Architectur nach Thieren gebildet, findet,
wogegen in dem bewässerten, pflanzenreichen Egypten die Formen
von Pflanzen entlehnt sind.) Am Indus fanden sie zuerst Elephanten,
die als titanische Ochsen angeführt wurden. In der Schlacht bei Arbeta
geriethen fünfzehn Streitelephanten des Darius in die Gewalt der
Griechen und es ist nicht unwahrscheinlich, daß eben diese Elephanten
später von Pyrrhus nach Italien übergeführt wurden. Auch die
Monsonwinde erregten Aufmerksamkeit, welche, in bestim̃ten Jahres-
zeiten nach entgegengesetzten Richtungen wehend, der Schiffarth
vom südlichen Afrika nach Ostindien bald hinderlich, bald fördernd
sind. – Nearch glaubte im Indus den Nil zu erkennen, nicht blos
wegen der Krokodille, welche man diesem Flusse allein eigen glaub-
te, sondern hauptsächlich des periodischen Steigens und Fallens wegen,
das man fälschlich von dem geschmolzenen Schnee, nicht aber von
den tropischen Regengüssen herleitete. – Was die Menschenracen
betrifft, so bemerkte man in Indien zuerst, daß nicht alle Aethiopen
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[100/0104] Vermuthung auf, daß die Lesung des Ctesias den Alexander vielleicht zu seinem großen Zuge veranlaßt haben mögte. Es sind uns so viele Relationen von diesem Zuge aufbehalten worden, daß wir im Stande sind, ihn genau zu verfolgen. – Zu den _neuen Gegenständen, welche die Aufmerksamkeit der Griechen besonders er- regten, gehörten Bäume von einer solchen Höhe, daß die Pfeile nicht bis zu ihrem Gipfel hinaufreichten. Sie fanden ferner die Frucht der Bananen u eine Menge fremdartiger Thiergestalten. /Ich will hier die geistreiche Bemerkung des ebenerwähnten Gelehrten, Schlegel, einschalten, der in dem mit seltsamen Thiergestalten überfüllten Indien, die Ornamente ihrer Architectur nach Thieren gebildet, findet, wogegen in dem bewässerten, pflanzenreichen Egypten die Formen von Pflanzen entlehnt sind./ Am Indus fanden sie zuerst Elephanten, die als titanische Ochsen angeführt wurden. In der Schlacht bei Arbeta geriethen fünfzehn Streitelephanten des Darius in die Gewalt der Griechen u es ist nicht unwahrscheinlich, daß eben diese Elephanten später von Pyrrhus nach Italien übergeführt wurden. Auch die Monsonwinde erregten Aufmerksamkeit, welche, in bestim̃ten Jahres- zeiten nach entgegengesetzten Richtungen wehend, der Schiffarth vom südlichen Afrika nach Ostindien bald hinderlich, bald fördernd sind. – Nearch glaubte im Indus den Nil zu erkennen, nicht blos wegen der Krokodille, welche man diesem Flusse allein eigen glaub- te, sondern hauptsächlich des periodischen Steigens und Fallens wegen, das man fälschlich von dem geschmolzenen Schnee, nicht aber von den tropischen Regengüssen herleitete. – Was die Menschenracen betrifft, so bemerkte man in Indien zuerst, daß nicht alle Aethiopen gleicher Farbe u Gestalt sind, sondern sich in verschiedene Stäm̃e theilen. Wie jetzt, kam man schon damals auf die Vermuthung, daß das Clima

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Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/104>, abgerufen am 29.03.2024.