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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders ausspricht. Auf seiner schönen
Villa hatte er eine für die damalige Zeit gewiß einzige Naturaliensamm-
lung, auf die Alexander 800 Talente gewandt haben soll. - Später wurde in
Alexandrien nach diesem Muster eine Sammlung angelegt, ein Museum, dem
bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden eben-
falls Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus ent-
stand, dessen Ausfuhr man in Egypten zu verbieten sich veranlaßt sah.

Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schriftstellern
nimmt Strabo einen ausgezeichneten Platz ein, der in Augustus Gefolge die
meisten Provinzen des römischen Reichs durchwanderte: wir haben von ihm
eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten
sind. Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen der
alten Welt in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werkes war jedoch
zu umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung
Anspruch machen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius
unter andern die Meinung bestimmt ausspricht, daß ein gemässigtes
Clima die Ausbildung des menschlichen Geistes am meisten begünstige,
während zu große Kälte an den TropenPolen ihn austrocknen, zu große
Hitze unter den Tropen ihn versengen.

Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie
mit den Neuplatonikern und Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser
besonders die egyptischen Religionen begünstigt wurden. - Von den Gno-
stikern kann man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der
Einheit der Natur zurückführten; es ist gewiß, daß sie Chemie stu-
dierten und manche schöne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von
den Phöniziern und Egyptern, von denen bekannt ist, daß sie sich ganz beson-
ders mit dem Studium der Natur der Stoffe beschäftigten: so wie denn
auch vieles, was man in den egyptischen Gräbern findet, eine
tiefe chemische Kenntniß verräth, wovon wir uns durch die schöne
Sammlung von Passalaqua überzeugen können, deren Besitz wir
der Munificenz des Königs verdanken.

des Sam̃elns, der ihm vor allen eigen ist, besonders ausspricht. Auf seiner schönen
Villa hatte er eine für die damalige Zeit gewiß einzige Naturaliensamm-
lung, auf die Alexander 800 Talente gewandt haben soll. – Später wurde in
Alexandrien nach diesem Muster eine Sam̃lung angelegt, ein Museum, dem
bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden eben-
falls Bibliotheken zusam̃engebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus ent-
stand, dessen Ausfuhr man in Egypten zu verbieten sich veranlaßt sah.

Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schriftstellern
nim̃t Strabo einen ausgezeichneten Platz ein, der in Augustus Gefolge die
meisten Provinzen des römischen Reichs durchwanderte: wir haben von ihm
eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten
sind. Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen der
alten Welt in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werkes war jedoch
zu umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung
Anspruch machen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius
unter andern die Meinung bestim̃t ausspricht, daß ein gemässigtes
Clima die Ausbildung des menschlichen Geistes am meisten begünstige,
während zu große Kälte an den TropenPolen ihn austrocknen, zu große
Hitze unter den Tropen ihn versengen.

Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie
mit den Neuplatonikern und Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser
besonders die egyptischen Religionen begünstigt wurden. – Von den Gno-
stikern kañ man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der
Einheit der Natur zurückführten; es ist gewiß, daß sie Chemie stu-
dierten und manche schöne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von
den Phöniziern und Egyptern, von denen bekañt ist, daß sie sich ganz beson-
ders mit dem Studium der Natur der Stoffe beschäftigten: so wie deñ
auch vieles, was man in den egyptischen Gräbern findet, eine
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[102/0106] des Sam̃elns, der ihm vor allen eigen ist, besonders ausspricht. Auf seiner schönen Villa hatte er eine für die damalige Zeit gewiß einzige Naturaliensamm- lung, auf die Alexander 800 Talente gewandt haben soll. – Später wurde in Alexandrien nach diesem Muster eine Sam̃lung angelegt, ein Museum, dem bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden eben- falls Bibliotheken zusam̃engebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus ent- stand, dessen Ausfuhr man in Egypten zu verbieten sich veranlaßt sah. Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schriftstellern nim̃t Strabo einen ausgezeichneten Platz ein, der in Augustus Gefolge die meisten Provinzen des römischen Reichs durchwanderte: wir haben von ihm eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten sind. Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen der alten Welt in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werkes war jedoch zu umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung Anspruch machen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius unter andern die Meinung bestim̃t ausspricht, daß ein gemässigtes Clima die Ausbildung des menschlichen Geistes am meisten begünstige, während zu große Kälte an den TropenPolen ihn austrocknen, zu große Hitze unter den Tropen ihn versengen. Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie mit den Neuplatonikern u Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser besonders die egyptischen Religionen begünstigt wurden. – Von den Gno- stikern kañ man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der Einheit der Natur zurückführten; es ist gewiß, daß sie Chemie stu- dierten u manche schöne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von den Phöniziern u Egyptern, von denen bekañt ist, daß sie sich ganz beson- ders mit dem Studium der Natur der Stoffe beschäftigten: so wie deñ auch vieles, was man in den egyptischen Gräbern findet, eine tiefe chemische Keñtniß verräth, wovon wir uns durch die schöne Sam̃lung von Passalaqua überzeugen köñen, deren Besitz wir der Munificenz des Königs verdanken.

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Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/106>, abgerufen am 20.04.2024.