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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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größeren Höhen in Südamerika niemand diese Bemerkung wieder-
holt hat, so möchte dieß Vorgeben nicht anzunehmen sein. - Es
gibt übrigens Menschen, welche sich durch eine ganz besondere Stärke
des Gesichtssinnes auszeichnen
. So versichert Prof. Benzenberg einen
Herrn von Eschwege in Göttingen gekannt zu haben, der mit blossen Au-
gen den Regulus, einen Stern erster Größe, bei Tage sehen und
das Fernrohr darauf stellen konnte. Ebenfalls gibt es Menschen, wel-
che die Jupiterstrabanten mit blossen Augen entdecken (nicht wie
jene Dame in Göttingen, welche vorgab, diese Monde zu erkennen,
bei genauerer Prüfung aber die Stellung derselben nach einem
Sterncatalog auswendig gelernt hatte.) Das Zeugniß wahrhafter
und gründlicher Beobachter setzt dieß ausser Zweifel, das um so we-
niger ausser dem Reich der Möglichkeit liegt, als die Trabanten
dem Planeten nicht so nahe stehen, um durch sein Licht verdunkelt
zu werden. Der nächste ist um ein Viertel einer Mondbreite
entfernt.

Ein sonderbares Beispiel von großer Schärfe der Sinne gewährt ein zu
Genf lebender Herr Chevalier, dem ein so sicheres Gefühl der Zeitdauer
einwohnt, daß er mit der Genauigkeit eines Secundenpendels die Länge
eines Zeitabschnitts anzugeben vermag. Ausgezeichnete Naturforscher
haben stets übereinstimmende Versuche mit diesem jetzt schon bejahrten
Manne gemacht. -

Man gibt die Zahl der Sterne erster bis sechster Größe, die man mit
blossen Augen sehen kann, gewöhnlich auf 5000 an; dieß ist aber unge-
nau: Herschel zählte über 8000. Das Sehen beruht aber nicht blos
auf der Größe der Himmelskörper, sondern ist hauptsächlich abhängig
von der Art des Lichteindrucks. So hat Veja nach Herschel 1/3 Sekunde

größeren Höhen in Südamerika niemand diese Bemerkung wieder-
holt hat, so möchte dieß Vorgeben nicht anzunehmen sein. – Es
gibt übrigens Menschen, welche sich durch eine ganz besondere Stärke
des Gesichtssinnes auszeichnen
. So versichert Prof. Benzenberg einen
Herrn von Eschwege in Göttingen gekañt zu haben, der mit blossen Au-
gen den Regulus, einen Stern erster Größe, bei Tage sehen und
das Fernrohr darauf stellen konnte. Ebenfalls gibt es Menschen, wel-
che die Jupiterstrabanten mit blossen Augen entdecken (nicht wie
jene Dame in Göttingen, welche vorgab, diese Monde zu erkeñen,
bei genauerer Prüfung aber die Stellung derselben nach einem
Sterncatalog auswendig gelernt hatte.) Das Zeugniß wahrhafter
und gründlicher Beobachter setzt dieß ausser Zweifel, das um so we-
niger ausser dem Reich der Möglichkeit liegt, als die Trabanten
dem Planeten nicht so nahe stehen, um durch sein Licht verdunkelt
zu werden. Der nächste ist um ein Viertel einer Mondbreite
entfernt.

Ein sonderbares Beispiel von großer Schärfe der Sinne gewährt ein zu
Genf lebender Herr Chevalier, dem ein so sicheres Gefühl der Zeitdauer
einwohnt, daß er mit der Genauigkeit eines Secundenpendels die Länge
eines Zeitabschnitts anzugeben vermag. Ausgezeichnete Naturforscher
haben stets übereinstim̃ende Versuche mit diesem jetzt schon bejahrten
Manne gemacht. –

Man gibt die Zahl der Sterne erster bis sechster Größe, die man mit
blossen Augen sehen kañ, gewöhnlich auf 5000 an; dieß ist aber unge-
nau: Herschel zählte über 8000. Das Sehen beruht aber nicht blos
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von der Art des Lichteindrucks. So hat Veja nach Herschel ⅓ Sekunde

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[133/0137] größeren Höhen in Südamerika niemand diese Bemerkung wieder- holt hat, so möchte dieß Vorgeben nicht anzunehmen sein. – Es gibt übrigens Menschen, welche sich durch eine ganz besondere Stärke des Gesichtssinnes auszeichnen. So versichert Prof. Benzenberg einen H von Eschwege in Göttingen gekañt zu haben, der mit blossen Au- gen den Regulus, einen Stern erster Größe, bei Tage sehen und das Fernrohr darauf stellen konnte. Ebenfalls gibt es Menschen, wel- che die Jupiterstrabanten mit blossen Augen entdecken /nicht wie jene Dame in Göttingen, welche vorgab, diese Monde zu erkeñen, bei genauerer Prüfung aber die Stellung derselben nach einem Sterncatalog auswendig gelernt hatte./ Das Zeugniß wahrhafter u gründlicher Beobachter setzt dieß ausser Zweifel, das um so we- niger ausser dem Reich der Möglichkeit liegt, als die Trabanten dem Planeten nicht so nahe stehen, um durch sein Licht verdunkelt zu werden. Der nächste ist um ein Viertel einer Mondbreite entfernt. Ein sonderbares Beispiel von großer Schärfe der Sinne gewährt ein zu Genf lebender Herr Chevalier, dem ein so sicheres Gefühl der Zeitdauer einwohnt, daß er mit der Genauigkeit eines Secundenpendels die Länge eines Zeitabschnitts anzugeben vermag. Ausgezeichnete Naturforscher haben stets übereinstim̃ende Versuche mit diesem jetzt schon bejahrten Manne gemacht. – Man gibt die Zahl der Sterne erster bis sechster Größe, die man mit blossen Augen sehen kañ, gewöhnlich auf 5000 an; dieß ist aber unge- nau: Herschel zählte über 8000. Das Sehen beruht aber nicht blos auf der Größe der Him̃elskörper, sondern ist hauptsächlich abhängig von der Art des Lichteindrucks. So hat Veja nach Herschel ⅓ Sekunde

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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  • I/J: Lautwert transkribiert



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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/137>, abgerufen am 29.03.2024.