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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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wurde später wegen einer Fälschung zum Tode verurtheilt. Sein Vertheidiger
führte diese Dissertation als augenscheinlichen Beweis an, daß er schon
seit seiner frühen Jugend den Verstand verloren habe. -

Indem ich nun das Naturgemälde beendige, das ich aufzustellen
bemüht gewesen, bleibt es mir nur übrig zu danken für die Theil-
nahme, welche mein Bestreben, das Bild eines Naturganzen zu ent-
werfen, gefunden hat. Doch will ich diese Versammlung nicht ermü-
den mit der Schilderung eines Gefühls, das zu seiner Dauer keiner
Erneuerung bedarf und jetzt nur noch hinzufügen, welche Ursachen in
der n[e]usten Zeit dem Studium der Natur so fördernd gewesen sind,

und wodurch die Liebe zur Betrachtung der Natur so lebhaft erregt
worden ist.

Eine mehr ästethische Behandlung der Naturwissenschaften überhaupt
mag dazu beigetragen haben, der Anblick der schönen Pflanzenfor-
men in den botanischen Gärten, die in so manchen ausgezeich-
neten Exemplaren ein Bild der Tropenwelt geben und in neue-
rer Zeit endlich die Art der Landschaftmalerei, die Pflanzenphy-
siognomik darstellend, die uns die Ansicht fremdartiger Natur-
scenen versinnlicht.

Wenn ich angeben soll, was in mir zuerst die Sehnsucht nach er-
weiterter Weltansicht erweckt, und mich zur Unternehmung gro-
ßer Reisen wegggetrieben hat, so waren es G. Forsters Schilderungen
der Südseeinseln, der Anblick des großen Drachenbaums im hiesi-
gen botanischen Garten und Hodges vortreffliche Zeichnungen, welche
ich bei meiner frühesten Reise nach England zu sehen Gelegenheit
hatte.

wurde später wegen einer Fälschung zum Tode verurtheilt. Sein Vertheidiger
führte diese Dissertation als augenscheinlichen Beweis an, daß er schon
seit seiner frühen Jugend den Verstand verloren habe. –

Indem ich nun das Naturgemälde beendige, das ich aufzustellen
bemüht gewesen, bleibt es mir nur übrig zu danken für die Theil-
nahme, welche mein Bestreben, das Bild eines Naturganzen zu ent-
werfen, gefunden hat. Doch will ich diese Versammlung nicht ermü-
den mit der Schilderung eines Gefühls, das zu seiner Dauer keiner
Erneuerung bedarf und jetzt nur noch hinzufügen, welche Ursachen in
der n[e]usten Zeit dem Studium der Natur so fördernd gewesen sind,

und wodurch die Liebe zur Betrachtung der Natur so lebhaft erregt
worden ist.

Eine mehr ästethische Behandlung der Naturwissenschaften überhaupt
mag dazu beigetragen haben, der Anblick der schönen Pflanzenfor-
men in den botanischen Gärten, die in so manchen ausgezeich-
neten Exemplaren ein Bild der Tropenwelt geben und in neue-
rer Zeit endlich die Art der Landschaftmalerei, die Pflanzenphy-
siognomik darstellend, die uns die Ansicht fremdartiger Natur-
scenen versinnlicht.

Weñ ich angeben soll, was in mir zuerst die Sehnsucht nach er-
weiterter Weltansicht erweckt, und mich zur Unternehmung gro-
ßer Reisen wegggetrieben hat, so waren es G. Forsters Schilderungen
der Südseeinseln, der Anblick des großen Drachenbaums im hiesi-
gen botanischen Garten und Hodges vortreffliche Zeichnungen, welche
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[149/0153] wurde später wegen einer Fälschung zum Tode verurtheilt. Sein Vertheidiger führte diese Dissertation als augenscheinlichen Beweis an, daß er schon seit seiner frühen Jugend den Verstand verloren habe. – Indem ich nun das Naturgemälde beendige, das ich aufzustellen bemüht gewesen, bleibt es mir nur übrig zu danken für die Theil- nahme, welche mein Bestreben, das Bild eines Naturganzen zu ent- werfen, gefunden hat. Doch will ich diese Versammlung nicht ermü- den mit der Schilderung eines Gefühls, das zu seiner Dauer keiner Erneuerung bedarf u jetzt nur noch hinzufügen, welche Ursachen in der neusten Zeit dem Studium der Natur so fördernd gewesen sind, u wodurch die Liebe zur Betrachtung der Natur so lebhaft erregt worden ist. Eine mehr ästethische Behandlung der Naturwissenschaften überhaupt mag dazu beigetragen haben, der Anblick der schönen Pflanzenfor- men in den botanischen Gärten, die in so manchen ausgezeich- neten Exemplaren ein Bild der Tropenwelt geben und in neue- rer Zeit endlich die Art der Landschaftmalerei, die Pflanzenphy- siognomik darstellend, die uns die Ansicht fremdartiger Natur- scenen versinnlicht. Weñ ich angeben soll, was in mir zuerst die Sehnsucht nach er- weiterter Weltansicht erweckt, u mich zur Unternehmung gro- ßer Reisen wegggetrieben hat, so waren es G. Forsters Schilderungen der Südseeinseln, der Anblick des großen Drachenbaums im hiesi- gen botanischen Garten u Hodges vortreffliche Zeichnungen, welche ich bei meiner frühesten Reise nach England zu sehen Gelegenheit hatte.

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Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/153>, abgerufen am 29.03.2024.