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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am Ab-
hange, bald am Fusse der Vulkane entstehen unterirdische Seeen, die mit
den Alpenbächen vielfach communiciren. Wenn Erdstösse, die allen Ausbrüchen
der Andeskette vorausgehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig erschüt-
tern, so öffnen sich die unterirdischen Gewölbe und es entstürzen ihnen
zugleich Wasser, Fische und jener tuffartige Schlamm. Dieß ist die sonderbare
Erscheinung der von Vulkanen ausgeworfenen lebendigen Fische, eine
Art Wels, pyimelodes cyclopum, von den Bewohnern des Hochlandes von
Quito Prenadilla genannt. - Bei einem Ausbruche des Imbaburu wur-
den die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt Ibarra, der zahllosen,
alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zugeschrieben.

Diese Ueberschwemmungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen
von Regenwasser, welche, wie beim Vesuv, die durch den aus dem Krater
aufsteigenden Wasserdampf während der Eruption gebildeten Wolken
herabgiessen. Das Erkalten der Wasserdämpfe, und die dadurch bewirkte
plötzliche Condensation derselben vermehrt die electrische Spannung,
und erregt das Spiel electrischer Kräfte, die ein locales, vulkani-
sches Gewitter hervorbringen, das mit einem wolkenbruchartigen Regen beglei-
tet ist. - Solch' eine Erscheinung characterisirt unter allen Zonen das
Ende einer Eruption, ohne jemals als vulkanisches Erzeugniß ange-
sehen werden zu können, was diejenigen Geognosten annehmen
mögten, die an einen unmittelbaren Zusammenhang der Vulkane mit
dem Meere glauben. Vor 5 Jahren, als ich Gelegenheit hatte, einen
Ausbruch des Vesuvs zu beobachten, fanden sich unter den Wasserströ-
men, die dem Berge entstürzten, auch zahlreiche Muscheln. Es waren
jedoch Versteinerungen einer merkwürdig neuesten Formation

der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am Ab-
ha¨nge, bald am Fusse der Vulkane entstehen unterirdische Seeen, die mit
den Alpenbächen vielfach com̃uniciren. Weñ Erdstösse, die allen Ausbrüchen
der Andeskette vorausgehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig erschüt-
tern, so öffnen sich die unterirdischen Gewölbe und es entstürzen ihnen
zugleich Wasser, Fische und jener tuffartige Schlam̃. Dieß ist die sonderbare
Erscheinung der von Vulkanen ausgeworfenen lebendigen Fische, eine
Art Wels, pyimelodes cyclopum, von den Bewohnern des Hochlandes von
Quito Prenadilla genannt. – Bei einem Ausbruche des Imbaburu wur-
den die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt Ibarra, der zahllosen,
alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zugeschrieben.

Diese Ueberschwem̃ungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen
von Regenwasser, welche, wie beim Vesuv, die durch den aus dem Krater
aufsteigenden Wasserdampf während der Eruption gebildeten Wolken
herabgiessen. Das Erkalten der Wasserdämpfe, und die dadurch bewirkte
plötzliche Condensation derselben vermehrt die electrische Spañung,
und erregt das Spiel electrischer Kräfte, die ein locales, vulkani-
sches Gewitter hervorbringen, das mit einem wolkenbruchartigen Regen beglei-
tet ist. – Solch’ eine Erscheinung characterisirt unter allen Zonen das
Ende einer Eruption, ohne jemals als vulkanisches Erzeugniß ange-
sehen werden zu können, was diejenigen Geognosten annehmen
mögten, die an einen unmittelbaren Zusam̃enhang der Vulkane mit
dem Meere glauben. Vor 5 Jahren, als ich Gelegenheit hatte, einen
Ausbruch des Vesuvs zu beobachten, fanden sich unter den Wasserströ-
men, die dem Berge entstürzten, auch zahlreiche Muscheln. Es waren
jedoch Versteinerungen einer merkwürdig neuesten Formation

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[33/0037] der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am Ab- ha¨nge, bald am Fusse der Vulkane entstehen unterirdische Seeen, die mit den Alpenbächen vielfach com̃uniciren. Weñ Erdstösse, die allen Ausbrüchen der Andeskette vorausgehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig erschüt- tern, so öffnen sich die unterirdischen Gewölbe und es entstürzen ihnen zugleich Wasser, Fische u jener tuffartige Schlam̃. Dieß ist die sonderbare Erscheinung der von Vulkanen ausgeworfenen lebendigen Fische, eine Art Wels, pyimelodes cyclopum, von den Bewohnern des Hochlandes von Quito Prenadilla genannt. – Bei einem Ausbruche des Imbaburu wur- den die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt Ibarra, der zahllosen, alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zugeschrieben. Diese Ueberschwem̃ungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen von Regenwasser, welche, wie beim Vesuv, die durch den aus dem Krater aufsteigenden Wasserdampf während der Eruption gebildeten Wolken herabgiessen. Das Erkalten der Wasserdämpfe, und die dadurch bewirkte plötzliche Condensation derselben vermehrt die electrische Spañung, und erregt das Spiel electrischer Kräfte, die ein locales, vulkani- sches Gewitter hervorbringen, das mit einem wolkenbruchartigen Regen beglei- tet ist. – Solch’ eine Erscheinung characterisirt unter allen Zonen das Ende einer Eruption, ohne jemals als vulkanisches Erzeugniß ange- sehen werden zu können, was diejenigen Geognosten annehmen mögten, die an einen unmittelbaren Zusam̃enhang der Vulkane mit dem Meere glauben. Vor 5 Jahren, als ich Gelegenheit hatte, einen Ausbruch des Vesuvs zu beobachten, fanden sich unter den Wasserströ- men, die dem Berge entstürzten, auch zahlreiche Muscheln. Es waren jedoch Versteinerungen einer merkwürdig neuesten Formation

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/37>, abgerufen am 25.04.2024.