Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil II. seit Justinian,
gen ihrer Unbestimmtheit, in Ansehung der
Strafen selbst, gemacht hat, denn welche
Proceßordnung enthält ein Rechtssystem?
und gewiß würde Johann von Schwar-
zenberg
sich eben so sehr wundern, wenn er
hörte, daß nun die Rechtsverständigen selbst
jedes seiner Worte abwägen, und gerne noch
aus der Bambergischen Gerichtsordnung Be-
lehrung schöpfen, so sehr als Carl V. sich
wundern müßte, daß von allen seinen Anstal-
ten fast keine sich erhalten habe, als diese.
Kann man die Härte der Halsgerichtord-
nung tadeln, da sie so weise dem Einflusse
anderer Sitten und anderer Meynungen Platz
ließ? So wie die Rechtsverständigen sprä-
chen, so sollte es Recht seyn, wessen Schuld
ist es nun, wenn diese sich nur mit Chi-
canen zu helfen wissen, um die Fälle der
poena extraordinaria recht häufig zu machen?

§. 192.

Es ist schwer, die Menge der Rechtsge-
lehrten, die wir aus der letzten Periode seit
dem Winderaufleben der alten Litteratur ken-
nen, ohne große Unbequemlichkeiten zu ord-
nen. Weder das Vaterland, noch die Jahr-
zahl, noch das Fach sind ganz bestimmte Cha-
ractere, und am schwersten müßte es seyn,
sie nach den Methoden zu stellen. Was ist

wich-

Theil II. ſeit Juſtinian,
gen ihrer Unbeſtimmtheit, in Anſehung der
Strafen ſelbſt, gemacht hat, denn welche
Proceßordnung enthaͤlt ein Rechtsſyſtem?
und gewiß wuͤrde Johann von Schwar-
zenberg
ſich eben ſo ſehr wundern, wenn er
hoͤrte, daß nun die Rechtsverſtaͤndigen ſelbſt
jedes ſeiner Worte abwaͤgen, und gerne noch
aus der Bambergiſchen Gerichtsordnung Be-
lehrung ſchoͤpfen, ſo ſehr als Carl V. ſich
wundern muͤßte, daß von allen ſeinen Anſtal-
ten faſt keine ſich erhalten habe, als dieſe.
Kann man die Haͤrte der Halsgerichtord-
nung tadeln, da ſie ſo weiſe dem Einfluſſe
anderer Sitten und anderer Meynungen Platz
ließ? So wie die Rechtsverſtaͤndigen ſpraͤ-
chen, ſo ſollte es Recht ſeyn, weſſen Schuld
iſt es nun, wenn dieſe ſich nur mit Chi-
canen zu helfen wiſſen, um die Faͤlle der
poena extraordinaria recht haͤufig zu machen?

§. 192.

Es iſt ſchwer, die Menge der Rechtsge-
lehrten, die wir aus der letzten Periode ſeit
dem Winderaufleben der alten Litteratur ken-
nen, ohne große Unbequemlichkeiten zu ord-
nen. Weder das Vaterland, noch die Jahr-
zahl, noch das Fach ſind ganz beſtimmte Cha-
ractere, und am ſchwerſten muͤßte es ſeyn,
ſie nach den Methoden zu ſtellen. Was iſt

wich-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0242" n="230"/><fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">II.</hi> &#x017F;eit Ju&#x017F;tinian,</fw><lb/>
gen ihrer Unbe&#x017F;timmtheit, in An&#x017F;ehung der<lb/>
Strafen &#x017F;elb&#x017F;t, gemacht hat, denn welche<lb/>
Proceßordnung entha&#x0364;lt ein Rechts&#x017F;y&#x017F;tem?<lb/>
und gewiß wu&#x0364;rde <hi rendition="#fr">Johann von Schwar-<lb/>
zenberg</hi> &#x017F;ich eben &#x017F;o &#x017F;ehr wundern, wenn er<lb/>
ho&#x0364;rte, daß nun die Rechtsver&#x017F;ta&#x0364;ndigen &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
jedes &#x017F;einer Worte abwa&#x0364;gen, und gerne noch<lb/>
aus der Bambergi&#x017F;chen Gerichtsordnung Be-<lb/>
lehrung &#x017F;cho&#x0364;pfen, &#x017F;o &#x017F;ehr als <hi rendition="#fr">Carl</hi> <hi rendition="#aq">V.</hi> &#x017F;ich<lb/>
wundern mu&#x0364;ßte, daß von allen &#x017F;einen An&#x017F;tal-<lb/>
ten fa&#x017F;t keine &#x017F;ich erhalten habe, als die&#x017F;e.<lb/>
Kann man die Ha&#x0364;rte der Halsgerichtord-<lb/>
nung tadeln, da &#x017F;ie &#x017F;o wei&#x017F;e dem Einflu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
anderer Sitten und anderer Meynungen Platz<lb/>
ließ? So wie die Rechtsver&#x017F;ta&#x0364;ndigen &#x017F;pra&#x0364;-<lb/>
chen, &#x017F;o &#x017F;ollte es Recht &#x017F;eyn, we&#x017F;&#x017F;en Schuld<lb/>
i&#x017F;t es nun, wenn die&#x017F;e &#x017F;ich nur mit Chi-<lb/>
canen zu helfen wi&#x017F;&#x017F;en, um die Fa&#x0364;lle der<lb/><hi rendition="#aq">poena extraordinaria</hi> recht ha&#x0364;ufig zu machen?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 192.</head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t &#x017F;chwer, die Menge der Rechtsge-<lb/>
lehrten, die wir aus der letzten Periode &#x017F;eit<lb/>
dem Winderaufleben der alten Litteratur ken-<lb/>
nen, ohne große Unbequemlichkeiten zu ord-<lb/>
nen. Weder das Vaterland, noch die Jahr-<lb/>
zahl, noch das Fach &#x017F;ind ganz be&#x017F;timmte Cha-<lb/>
ractere, und am &#x017F;chwer&#x017F;ten mu&#x0364;ßte es &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;ie nach den Methoden zu &#x017F;tellen. Was i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wich-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0242] Theil II. ſeit Juſtinian, gen ihrer Unbeſtimmtheit, in Anſehung der Strafen ſelbſt, gemacht hat, denn welche Proceßordnung enthaͤlt ein Rechtsſyſtem? und gewiß wuͤrde Johann von Schwar- zenberg ſich eben ſo ſehr wundern, wenn er hoͤrte, daß nun die Rechtsverſtaͤndigen ſelbſt jedes ſeiner Worte abwaͤgen, und gerne noch aus der Bambergiſchen Gerichtsordnung Be- lehrung ſchoͤpfen, ſo ſehr als Carl V. ſich wundern muͤßte, daß von allen ſeinen Anſtal- ten faſt keine ſich erhalten habe, als dieſe. Kann man die Haͤrte der Halsgerichtord- nung tadeln, da ſie ſo weiſe dem Einfluſſe anderer Sitten und anderer Meynungen Platz ließ? So wie die Rechtsverſtaͤndigen ſpraͤ- chen, ſo ſollte es Recht ſeyn, weſſen Schuld iſt es nun, wenn dieſe ſich nur mit Chi- canen zu helfen wiſſen, um die Faͤlle der poena extraordinaria recht haͤufig zu machen? §. 192. Es iſt ſchwer, die Menge der Rechtsge- lehrten, die wir aus der letzten Periode ſeit dem Winderaufleben der alten Litteratur ken- nen, ohne große Unbequemlichkeiten zu ord- nen. Weder das Vaterland, noch die Jahr- zahl, noch das Fach ſind ganz beſtimmte Cha- ractere, und am ſchwerſten muͤßte es ſeyn, ſie nach den Methoden zu ſtellen. Was iſt wich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/242
Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/242>, abgerufen am 19.04.2024.